ADHS bei Kindern

«Das persönliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen»

<p class="article-intro">Kürzlich wurde in der EU ein neues Medikament gegen ADHS zugelassen. Prof. Susanne Walitza aus Zürich gibt eine Beurteilung zu diesem Medikament und anderen neuen Therapieansätzen ab. Sie erklärt auch, wie eine leitliniengerechte Behandlungsstrategie aussieht und warum ein individueller Ansatz mit viel Zeit für Kind und Familie so wichtig ist.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Im September 2015 wurde in Europa der zentrale Alpha2A-Rezeptor-Agonist Guanfacin mit verz&ouml;gerter Freisetzung (Intuniv&reg;) zugelassen,<sup>1</sup> in der Schweiz bisher jedoch noch nicht. Brauchen wir neue ADHS-Medikamente? Muss man ADHS immer mit Medikamenten therapieren?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Der Schweregrad der ADHS-Symptomatik und die psychosoziale Beeintr&auml;chtigung durch die ADHS bestimmen Art und Intensit&auml;t der Therapie. Ein Kind sollte dann eine Therapie erhalten, wenn es durch die Symptomatik in Schule, Familie oder Freizeit beeintr&auml;chtigt ist. Die Eltern sollten bei der Planung der Therapie und bei der Behandlung selbst immer miteinbezogen werden. Ich versuche, wenn m&ouml;glich, die Lehrer &uuml;ber die Krankheit aufzukl&auml;ren.<br /> <br /><strong> Was ist das Ziel der Therapie bei einem Kind mit ADHS?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Bei jeder Behandlung von Kindern und Jugendlichen m&ouml;chten wir das &laquo;psychosoziale Funktionsniveau&raquo; verbessern und die beeintr&auml;chtigenden Symptome lindern. Ziel ist, das Kind und die Familie zu unterst&uuml;tzen, damit das Kind seine Entwicklungsschritte altersentsprechend in allen Lebensbez&uuml;gen vollziehen kann.<br /> <br /><strong> Wie sieht das in Ihrem Alltag aus?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Manche Familien kommen von alleine, weil ihnen selbst etwas aufgefallen ist, oder der Hausarzt leitet sie weiter. Oft werden die Kinder auch von Lehrern geschickt, die mich um eine Abkl&auml;rung bitten. F&uuml;r Anamnese und Diagnostik muss man sich viel Zeit nehmen. Eine ausf&uuml;hrliche Eigen- und st&ouml;rungsspezifische Anamnese erg&auml;nze ich durch eine ausf&uuml;hrliche Familienanamnese. Das Kind muss beobachtet werden, in Testsituationen, wenn m&ouml;glich in seinem nat&uuml;rlichen Umfeld, also etwa in der Schule oder zu Hause mit den Geschwistern. F&uuml;r die Situation in der Schule spielen die Lehrer eine wichtige Rolle. Eltern und Lehrer beurteilen die Symptome in standardisierten Frageb&ouml;gen<sup>2</sup> &uuml;ber mehrere Tage und wir werten sie dann aus. In einer unserer aktuellen Studien untersuchen wir standardisierte Beobachtungsinstrumente in der Schule: In Fragenb&ouml;gen sollen Eltern oder Lehrer zum Beispiel angeben, ob das Kind Schwierigkeiten hat, Aufgaben oder Aktivit&auml;ten zu organisieren, ob es sich leicht ablenken l&auml;sst oder h&auml;ufig Fl&uuml;chtigkeitsfehler macht. Sp&auml;ter, wenn wir eine Therapie begonnen haben, nutzen wir wieder diese Frageb&ouml;gen, um zu sehen, ob die Behandlung geholfen hat. Konzentrationsst&ouml;rungen und Inhibitionsf&auml;higkeit erfassen wir unter anderem mit neuropsychologischen computerbasierten Tests. Andere psychische St&ouml;rungen wie Depressionen, St&ouml;rungen im Sozialverhalten oder St&ouml;rungen schulischer Fertigkeiten wie Lese-Rechtschreib-St&ouml;rung, die ebenfalls eine ADHS &laquo;vort&auml;uschen&raquo; k&ouml;nnen, m&uuml;ssen als Ursache der ADHS ausgeschlossen werden und allenfalls als gleichzeitig auftretende St&ouml;rungen erkannt werden.<br /> <br /><strong> Was ist mit der k&ouml;rperlichen Untersuchung?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Die geh&ouml;rt selbstverst&auml;ndlich dazu und muss sorgf&auml;ltig gemacht werden. Eine nicht korrigierte Seh- oder H&ouml;rst&ouml;rung kann zum Beispiel den Eindruck erwecken, das Kind sei unaufmerksam. Dabei liegt es einfach daran, dass es nicht gut genug sieht oder h&ouml;rt. Die Untersuchungen werden in der Regel vom P&auml;diater, der die Kinder schon lange kennt, durchgef&uuml;hrt oder veranlasst. Neben diesen medizinischen Aspekten schaue ich mir die psychosozialen Umst&auml;nde an. Gibt es bestimmte Situationen, die das Kind belasten, zum Beispiel eine Scheidung der Eltern? Ist ein Elternteil ebenfalls an ADHS erkrankt? Gibt es in der Schule Probleme, zum Beispiel weil die Familie umgezogen ist und das Kind neu an der Schule ist? Diese psychosozialen Umst&auml;nde sind in der Regel nicht die Ausl&ouml;ser einer ADHS, aber sie k&ouml;nnen die ADHS verst&auml;rken.<br /> <br /><strong> Welche Behandlung wird standardm&auml;ssig empfohlen?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> F&uuml;r die Therapie der ADHS haben wir eine ganze Reihe von Leitlinien. Die deutschsprachigen S3-Leitlinien werden gerade aktualisiert und sind in der finalen Bearbeitung. Experten beurteilen die NICE-Guidelines besonders gut, sie werden regelm&auml;ssig aktualisiert.<sup>3</sup> Nach NICE und meiner klinischen Erfahrung reicht es bei einer leichten Symptomatik oft, die Eltern und das Kind &uuml;ber die Besonderheiten und Schwierigkeiten, die durch die ADHS entstehen k&ouml;nnen, zu informieren und die Betroffenen und ihre Lehrer zu beraten. Bei schweren Symptomen, bei denen das Kind in der Schule zum Beispiel deutlich beeintr&auml;chtigt ist und in eine Negativspirale zu geraten droht, k&ouml;nnen Medikamente indiziert sein. Diese setzen wir aber immer im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzeptes ein. Bei der medikament&ouml;sen Behandlung sollten nat&uuml;rlich die Wirkungen die Nebenwirkungen &uuml;berwiegen. Idealerweise m&ouml;chten wir eine Wirkung erzielen, ohne dass es zu Nebenwirkungen kommt.<br /> <br /><strong> Welchem Kind raten Sie zu einer station&auml;ren Therapie?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Eine reine ADHS l&auml;sst sich fast immer ambulant behandeln. Zu einer station&auml;ren Aufnahme rate ich, wenn ambulante und teilstation&auml;re Interventionen gescheitert sind oder aussichtslos erscheinen und das Ausmass der Begleitst&ouml;rungen eine station&auml;re Therapie erfordert. Die Indikation f&uuml;r eine station&auml;re Behandlung ist dann aber in der Regel nicht die ADHS, sondern zum Beispiel Schulversagen, drohender Schulverweis oder auch Suizidalit&auml;t als Folge einer Depression, die durch die ADHS mit verursacht wurde.<br /> <br /><strong> Wie unterst&uuml;tzen Sie die Eltern?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Wir binden die Eltern immer in die Behandlung mit ein. Je j&uuml;nger das Kind ist, umso wichtiger ist das. F&uuml;r Eltern j&uuml;ngerer Kinder werden zum Beispiel Kurse angeboten, wie man als Eltern mit ADHS-Kindern umgeht, und es gibt Gruppen, in denen sich Eltern betroffener Kinder untereinander austauschen k&ouml;nnen. Manche Eltern profitieren auch von Elterngruppen, in denen es nicht nur spezifisch um ADHS geht.<br /> <br /><strong> Wie unterscheiden sich die Therapiestrategien bei j&uuml;ngeren und &auml;lteren Kindern?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Je j&uuml;nger ein Kind ist, umso mehr wird mit den Eltern zusammen die Therapie geplant. In der Verhaltenstherapie m&uuml;ssen die Schritte bei j&uuml;ngeren Kindern klein und &uuml;berschaubar sein, die Abstraktionsf&auml;higkeit w&auml;chst ja erst mit zunehmendem Alter. Die erreichten Schritte und Ziele m&uuml;ssen immer gelobt und verst&auml;rkt werden, wenn m&ouml;glich mit gemeinsamen sch&ouml;nen Aktivit&auml;ten, etwa zusammen etwas zu spielen oder einen Ausflug zu machen.<br /> <br /><strong> Wann stellen Sie die Indikation f&uuml;r eine medikament&ouml;se Therapie?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Bei sehr ausgepr&auml;gtem Schweregrad und massiver Beeintr&auml;chtigung. Wir orientieren uns dabei an den NICE-Leitlinien. In diesem Jahr erwarten wir wie erw&auml;hnt auch eine neue deutschsprachige S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der ADHS &uuml;ber die gesamte Lebensspanne.<br /> <br /><strong> Was kann man mit Medikamenten bei ADHS erreichen?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Bislang gibt es keine Intervention, die bei ADHS so gut wirkt wie Medikamente. Eine neue Cochrane-Analyse<sup>4</sup> geht zwar von einer etwas niedrigeren Wirkst&auml;rke als bisher gedacht aus, aber diese ist immer noch deutlich h&ouml;her als die anderer Therapien. So fand man in dieser Analyse grosse Effektst&auml;rken von 0,77 bis 0,9 f&uuml;r die Reduktion der ADHS-Symptomatik und eine Verbesserung des allgemeinen Verhaltens in der Schule im Lehrerurteil. Die Effekte im Elternurteil, die hinsichtlich der Lebensqualit&auml;t ermittelt wurden, lagen im mittleren Effektst&auml;rkebereich von 0,6. Im Vergleich dazu erreicht man mit Anxiolytika oder Antidepressiva bei den entsprechenden Indikationen Effektst&auml;rken von weniger als 0,5. Die Autoren der Cochrane-Analyse hatten die Qualit&auml;t der eingeschlossenen Studien infrage gestellt. Mittlerweile gibt es aber schon wieder eine sehr spannende Kontroverse dieser Beurteilung. Zusammenfassend sind die Ergebnisse auch in der Cochrane-Analyse f&uuml;r die Medikation bisher besser als f&uuml;r jede andere Intervention bei ADHS. Trotzdem sollte man immer genau pr&uuml;fen, ob nicht andere Interventionen ausreichend sind.<br /> <br /><strong> Welche Pr&auml;parate setzen Sie wann ein und warum?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Es gibt eine gute Evidenz und Empfehlungen in den Leitlinien, welche Medikamente man wann einsetzt. Die erste Wahl bei der Medikation sind Stimulanzien wie Methylphenidat (Ritalin&reg; und Medikinet&reg;). Sollte Methylphenidat nicht ausreichend wirken oder zu starke Nebenwirkungen verursachen, kommen Medikamente der zweiten Wahl zum Zug. Das sind Amphetamine, etwa das jetzt zugelassene Elvanse&reg; oder der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Atomoxetin (Strattera&reg;).<br /> <br /><strong> Auf Methylphenidat und Amphetamin sprechen etwa 80 Prozent der Patienten an. Was ist mit den &uuml;brigen?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Bei den restlichen 20 Prozent wirken die Medikamente zu wenig oder die Patienten leiden unter zu vielen Nebenwirkungen. Dies kann wie bei allen Pharmaka viele Ursachen haben, etwa dass sie das Pr&auml;parat anders resorbieren oder verstoffwechseln. Eine Ansprechrate von 80 Prozent ist verglichen mit anderen Medikamenten, etwa Antidepressiva, sehr hoch. Ich frage mich eher, warum ein solch breit wirksames Medikament wie Methylphenidat bei ADHS so h&auml;ufig so gut und so spezifisch auf die Symptome wirkt. Dies untersuchen wir gerade in unserem Labor: Wir wollen die Wirkweise noch besser verstehen und Alternativen entwickeln.<br /> <br /><strong> Warum helfen Methylphenidat und Amphetamin?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Wenn ich Ihnen das in einem Satz sagen k&ouml;nnte, w&uuml;rde ich sicher den n&auml;chsten ADHS-Forschungspreis gewinnen. Das wissen wir leider noch nicht genau. Sicher ist, dass Stimulanzien die dopaminerge Neurotransmission beeinflussen, unter anderem, indem sie die striatalen Dopamintransporter blockieren. Dies f&uuml;hrt letztendlich zu einer Regulation der Neurotransmission und verbessert oder normalisiert die Funktion der Netzwerke f&uuml;r Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Aber das reicht noch lange nicht aus f&uuml;r die Erkl&auml;rung der Wirkung auf alle Kardinalsymp&shy;tome der ADHS. Wenn Sie mehr wissen m&ouml;chten, k&ouml;nnen Sie das nachlesen in der neuesten Auflage von &laquo;Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter&raquo;.<sup>5</sup> Bei der Lekt&uuml;re des 30 Seiten langen Kapitels &uuml;ber Stimulanzien sehen Sie, wie kompliziert das alles ist. In den anschliessenden Kapiteln geht es dann aber von den Grundlagen zu praktischen Behandlungsempfehlungen, auch bei ADHS, und diese orientieren sich immer noch klar an der klinischen Beobachtung und letztlich an der klinischen Erfahrung der behandelnden &Auml;rzte.<br /> <br /><strong> Wie gehen Sie bei der Einstellung der Medikation vor?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Wichtig ist, dass jedes Kind individuell eingestellt werden muss. Ich lasse mir viel Zeit mit Diagnostik und Einstellung. Dann kommt es praktisch auch nie zu Abbr&uuml;chen und auch nicht zu unangenehmen Nebenwirkungen.<br /> <br /><strong> Unter welchen unerw&uuml;nschten Effekten leiden die Kinder am h&auml;ufigsten?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Stimulanzien, die nicht &uuml;berdosiert sind, verursachen kaum Nebenwirkungen. Am h&auml;ufigsten vermindert sich der Appetit. Das kann in sehr seltenen F&auml;llen so ausgepr&auml;gt sein, dass die Kinder nicht mehr wachsen. Zum Gl&uuml;ck ist das aber meist reversibel. Weitere relativ h&auml;ufige Nebenwirkungen sind Schlafst&ouml;rungen. Oft k&ouml;nnen Kinder lange nicht einschlafen. Neuere Studien zeigen aber, dass sich die Schlafqualit&auml;t nicht reduziert.<br /> <br /><strong> K&ouml;nnen Stimulantien dazu f&uuml;hren, dass die Kinder sp&auml;ter s&uuml;chtig werden?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Die aktuelle Studienlage zeigt, dass Betroffene, die keine Therapie bekommen, eher eine Sucht entwickeln als behandelte ADHS-Patienten. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Jugendlichen &ndash; wahrscheinlich aufgrund der reduzierten Steuerungsf&auml;higkeit &ndash; leichter verleiten lassen und dass illegale Drogen und Nikotin als Selbstmedikation genutzt werden.<br /> <br /><strong> Was machen Sie mit den Kindern in der Verhaltenstherapie?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Es gibt unterschiedliche Programme, die gut wirken. Wichtig ist generell in der Verhaltenstherapie, dass man die individuelle Situation des Kindes und sein Verhalten analysiert und darauf die Therapie abstimmt. Wir k&ouml;nnen nicht das Verhalten des Kindes alleine &auml;ndern, sondern m&uuml;ssen immer das ganze System ber&uuml;cksichtigen.<br /><br /><strong> Wie sorgen Sie daf&uuml;r, dass die Kinder die Medikamente einnehmen bzw. regelm&auml;ssig zur Psychotherapie gehen?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig es ist, den Betroffenen und ihren Eltern zu erkl&auml;ren, was wie und wann am besten und nachhaltigsten hilft &ndash; das ist der Schl&uuml;ssel zum Erfolg der Therapie. Die Betroffenen haben viele Fragen, die man beantworten muss. Es gibt zwar ausf&uuml;hrliche Aufkl&auml;rungsb&ouml;gen, aber das pers&ouml;nliche Gespr&auml;ch ist durch nichts zu ersetzen. Dann bitte ich die Kinder oder Jugendlichen und ihre Eltern immer um engmaschige R&uuml;ckmeldungen zu Wirkung und Nebenwirkungen.<br /> <br /><strong> Welche neuen Medikamente werden zurzeit in Studien getestet?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Es wird zum Beispiel die Wirksamkeit von Amphetaminen im Vergleich zu den Methylphenidaten untersucht. Man weiss schon lange, dass die Effektst&auml;rken etwas h&ouml;her sind bei Amphetamin, das liegt am Wirkmechanismus, der bei Amphetamin noch breiter ist als bei Methylphenidat. Dadurch kann es aber auch zu mehr Nebenwirkungen kommen.<br /> <br /><strong> Zur&uuml;ck zur Eingangsfrage: Ist Guanfacin besser als herk&ouml;mmliche Medikamente?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Sicher nicht. Guanfacin kommt wie Clonidin, das in den USA schon l&auml;nger als Medikation der zweiten Wahl eingesetzt wird, aus der Gruppe der alpha-adrenergen Sympathomimetika, ist also ein Antisympathotonikum. Es k&ouml;nnte in Zukunft eine Rolle spielen als Medikament der zweiten Wahl bei ADHS oder bei der Behandlung von ADHS und komorbiden Ticst&ouml;rungen.<br /> <br /><strong> Und Omega-3-Fetts&auml;uren?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Ich bin &uuml;berrascht, wie gut diese in den aktuellen Studien wirken. Die Effektst&auml;rke betr&auml;gt knapp ein Drittel des Effekts von Stimulanzien und Atomoxetin. Omega-3-Fetts&auml;uren sind das einzige Nahrungserg&auml;nzungsmittel, das in einer bestimmten Konzentration zu helfen scheint. Aber hier macht es eben auch die Konzentration und ein bestimmtes Verh&auml;ltnis der spezifischen Fetts&auml;uren zueinander aus. Nicht jede Omega-3-Fetts&auml;ure kann ADHS-Symptome lindern.<br /> <br /><strong> Was halten Sie von Neurofeedback?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Neurofeedback ist sicher eine sehr gute Methode, die eine lang anhaltende Wirkung erbringen k&ouml;nnte. Allerdings ist nicht jedes Neurofeedback gleich gut, und die Studienlage ist noch kontrovers, vor allem wenn man verblindete Studien anschaut. Wir untersuchen gerade im Rahmen eines Projektes des Schweizerischen Nationalfonds ein spezifisches Neurofeedback,<sup>6</sup> das in die Schule implementiert ist. Wahrscheinlich muss Neurofeedback noch spezifischer und individualisierter werden, aber wir sehen darin sehr gute M&ouml;glichkeiten f&uuml;r die Zukunft.<br /> <br /><strong> Gibt es eine ADHS-Di&auml;t?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Bis heute ist keine Eliminationsdi&auml;t bekannt, die bei ADHS hilft. Weniger S&uuml;ssigkeiten zu essen ist sicherlich gut, wirkt aber nicht spezifisch gegen ADHS. Di&auml;ten im Kindesalter sind, wenn nicht aus somatischen Gr&uuml;nden wie Allergien oder Adipositas indiziert, in der Entwicklungsphase des Kindes- und Jugendalters abzulehnen.<br /> <br /><strong> Das Thema ADHS erhitzt die Gem&uuml;ter unver&auml;ndert. Was kann man dagegen tun?</strong><br /> <strong>S. Walitza:</strong> Wir m&uuml;ssen gemeinsam versuchen, die Wissenschaftlichkeit und Evidenz von Ursachen, Aufrechterhaltung und Therapie zu vermitteln und gleichzeitig das Wohl der Betroffenen und der Familien zu ber&uuml;cksichtigen. Das kann je nach Kind eine ganz unterschiedliche Vorgehensweise bedeuten. Wir m&uuml;ssen sowohl das Zuviel als auch das Zuwenig an Diagnosen und Behandlungen zu vermeiden suchen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong>&nbsp;<a href="http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/003759/human_med_001910.jsp&amp;mid=WC0b01ac058001d124" target="_blank">http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/human/medicines/003759/human_med_001910.jsp&amp;mid=WC0b01ac058001d124</a> <br /><strong>2</strong> Herunterladbar zum Beispiel hier: <a href="http://www.pukzh.ch/zuweiser-fachpersonen/kinder-und-jugendliche/praxismaterialien/" target="_blank">http://www.pukzh.ch/zuweiser-fachpersonen/kinder-und-jugendliche/praxismaterialien/</a> <br /><strong>3</strong> <a href="https://www.nice.org.uk/guidance/CG72/chapter/Recommendations#treatment-for-children-and-young-people" target="_blank">https://www.nice.org.uk/guidance/CG72/chapter/Recommendations#treatment-for-children-and-young-people</a> <br /><strong>4</strong> Storeb&oslash; OJ et al: Cochrane Database Syst Rev 2015; (11): CD009885 <br /><strong>5</strong> Gerlach M et al (Hg.): Neuro-/Psychopharmaka im Kindes- und Jugendalter. Grundlagen und Therapie. 3., akt. Aufl. Springer Verlag 2016&nbsp; <br /><strong>6</strong> <a href="http://www.kjpd.uzh.ch/de/klinische-forschung/neuropsychologie/projekte.html" target="_blank">www.kjpd.uzh.ch/de/klinische-forschung/neuropsychologie/projekte.html</a></p> </div> </p>
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