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Das moderne Gesicht der Dermatologie
Jatros
30
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22.11.2019
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<p class="article-intro">Der Jahreskongress der European Academy of Dermatology and Venereology (EADV) brachte Sprecher und Besucher aus weltweit über 70 Ländern zusammen, um über neueste Forschungsergebnisse und Trends zu informieren und diskutieren. Es hat sich wieder einiges getan – hier eine Auswahl aus den interessantesten Themen.</p>
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<p class="article-content"><h2>IL-17-Blocker zeigen auch bei Kindern mit Psoriasis gute Wirkung</h2> <p>„Obwohl bis zu einem Drittel der Psoriasispatienten ihre ersten Symptome bereits in der Kindheit entwickeln, besteht ein bisher unerfüllter Bedarf an wirksamen und sicheren Therapien für Kinder und Jugendliche mit moderater bis schwerer Plaque-Psoriasis“, sagte Prof. Kim Papp, Probity Medical Research Inc., Waterloo, Kanada.<sup>1</sup> Dies war ein wichtiger Grund dafür, mit der IXORA-PEDS-Studie die Wirksamkeit und Sicherheit von Ixekizumab für diese Patientengruppe zu untersuchen.<br /> Das Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 6 und 18 Jahren, wobei alle eingeschlossenen Patienten die typischen Merkmale aufwiesen, die sie zu Kandidaten für eine systemische Therapie machten. Die Studie bestand aus einer doppelblinden Induktionsphase von 12 Wochen, an die sich eine offene Erhaltungsperiode bis Woche 60 und eine Verlängerungsphase bis Woche 108 anschlossen. Je nach Körpergewicht wurden die Patienten mit Ixekizumab in drei verschiedenen Dosierungen therapiert. Die beiden primären Endpunkte der Studie waren: Anteil der Patienten, die im Vergleich zum Ausgangsbefund in Woche 12 eine 75 % ige Verbesserung im Psoriasis Area and Severity Index Score (PASI75) erreichten bzw. einen Befund von erscheinungsfreier oder nahezu erscheinungsfreier Haut entsprechend einem static Physician’s Global Assessment (sPGA) von 0 oder 1 aufwiesen.<br /> „Ich glaube, es ist besonders bei pädiatrischen Patienten wichtig, auf die Sicherheit zu achten, und wir sahen nichts Überraschendes im Hinblick auf die Nebenwirkungen“, äußerte Prof. Papp. Die meisten Nebenwirkungen, die auftraten, waren der Kategorie „leicht“ oder „moderat“ zuzuordnen. In der Doppelblindphase gab es ein schwerwiegendes Ereignis, das allerdings nicht mit Ixekizumab in Zusammenhang stand, sondern auf eine Überdosis an Antihistaminika zurückzuführen war. 89 % der Patienten in der Verumgruppe erreichten PASI 75 in Woche 12, mit Placebo waren dies 25 % . Einen sPGA von 0/1 erreichten mit Ixekizumab 81 % der Patienten, unter Placebo 11 % . 78 % in der Verumgruppe kamen auf eine PASI- 90-Therapieantwort und 50 % auf PASI 100, was einer läsionsfreien Haut entspricht.</p> <p><strong>Klare Reduktion des Pruritus</strong><br /> Die Intensität des Juckreizes wurde auf einer numerischen Rating-Skala (NRS) bewertet. Nach 12 Wochen verzeichneten 71 % der Ixekizumab-behandelten Patienten eine Verbesserung von ≥ 4 auf der NRS. In der Placebogruppe waren es 20 % . Die Behandlung mit dem Interleukin-17(IL-17)- Inhibitor führte auch zu einer klinisch relevanten Verbesserung der Lebensqualität, gemessen am Children’s Dermatology Life Quality Index (CDLQI): Im Vergleich zwischen Ixekizumab und Placebo war nach 12 Wochen bei 65 % der mit dem Biologikum behandelten Kinder im Vergleich zu 23 % bei Placebo die Lebensqualität nicht mehr durch Psoriasis eingeschränkt. „Diese Studie liefert ermutigende Daten, die das Potenzial von Ixekizumab als Behandlungsoption für diese Patientenpopulation unterstützt“, so das Fazit von Papp.</p> <h2>Rituximab besser als MMF bei Pemphigus vulgaris</h2> <p>Die randomisierte Multicenter-Phase- III-Studie PEMPHIX untersuchte Rituximab zur Behandlung des Pemphigus vulgaris in direktem Vergleich zu Mycophenolatmofetil (MMF).<sup>2</sup> Obwohl die Wirksamkeit von MMF nie in einer klinischen Studie bewiesen wurde, wird der Wirkstoff verbreitet eingesetzt, um bei Pemphiguspatienten Kortikosteroide einzusparen. Rituximab hingegen wurde dieses Jahr von der Food and Drug Administration (FDA) und der Europäischen Kommission für die Therapie von Erwachsenen mit moderatem bis schwerem Pemphigus vulgaris zugelassen. Diese Zulassung beruhte auf der Phase-IIIStudie Ritux, die die Überlegenheit des i.v. verabreichten, monoklonalen Anti- CD20-Antikörpers in Verbindung mit einer Kurzzeit-Kortisontherapie gegenüber hoch dosierter Kortisonmonotherapie nachweisen konnte.<sup>3</sup> Es ist das erste Biologikum und damit der erste große Fortschritt in der Behandlung dieser seltenen, bullösen Erkrankung, die zu lebensbedrohlichen Flüssigkeitsverlusten und Infektionen führen kann.<br /> PEMPHIX schloss insgesamt 135 Patienten mit moderatem bis schwerem Pemphigus ein.<sup>2</sup> Alle Patienten erhielten zusätzlich zur Studienmedikation eine Prednison- Therapie von 1,0–1,5 mg/kg pro Tag, die über 4–6 Monate ausgeschlichen werden sollte. Der primäre Studienendpunkt wurde als der Anteil von Patienten definiert, der zu Woche 52 eine komplette Remission über mindestens 16 Wochen erreichte, ohne in dieser Zeit Prednison einzunehmen. 66 Patienten in der Rituximabund 58 in der MMF-Gruppe schlossen Woche 52 ab. Zu diesem Zeitpunkt erlangten statistisch signifikant (p < 0,0001) mehr Patienten mit Rituximab (40,3 % ) den Studienendpunkt als mit MMF (9,5 % ). Darüber hinaus war die Therapie mit Rituximab auch in allen sekundären Endpunkten überlegen. Im Vergleich betrug der kumulative Kortikosteroidverbrauch im Median bei Rituximab 2775 mg und bei MMF 4005 mg (p = 0,0005). Es kam auch zu signifikant weniger Pemphigus-Schüben in der Rituximab-Gruppe als im MMF-Arm (6 versus 44; p < 0,0001). Schübe traten bei 5 der mit dem Biologikum Behandelten und 26 der MMF-Patienten auf. Diese Ergebnisse spiegelten sich auch in Veränderungen der Lebensqualität wider: 61,5 % der Rituximab- Patienten gaben in Woche 52 an, dass ihre Lebensqualität nicht durch die Krankheit beeinträchtigt war (Dermatology Life Quality Index = 0), in der MMF-Gruppe traf dies nur auf 25 % der Teilnehmer zu.<br /> Insgesamt zeigte Rituximab auch ein besseres Sicherheitsprofil als MMF. Der Unterschied im Auftreten von einer oder mehreren Nebenwirkungen (9 % bei Rituximab und 7,4 % bei MMF) wurde als nicht bedeutsam bewertet. Schwere Infusionsreaktionen, die zum Studienabbruch führten, traten bei drei Rituximab- und einem MMF-Patienten auf. Demgegenüber kam es im Vergleich zu MMF unter Rituximab zu wesentlich weniger Steroid-bedingten Nebenwirkungen: 1,5 % versus 7,5 % . „Diese Resultate bedeuten wahrscheinlich das ‚Aus‘ für MMF bei Pemphigus vulgaris“, so die Meinung von Prof. Pascal Joly, Universitätsklinik Rouen, Frankreich.</p> <h2>Neuer JAK1/2-Inhibitor erfolgreich bei Alopecia areata</h2> <p>Alopecia areata (AA) ist eine schlecht therapierbare Autoimmunerkrankung, die weltweit Erwachsene und Kinder jeden Alters betrifft und deren Lebensqualität stark einschränken kann.<sup>4</sup> AA ist mit Angststörungen, Depression und auch anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert. Der Wirkstoff CTP-543, der die Januskinasen 1 (JAK1) und 2 (JAK2) inhibiert, stellt eine Modifikation des JAKInhibitors Ruxolitinib dar, der bereits für die Therapie von Myelofibrose und Polycythaemia vera zugelassen ist. Die randomisierte, placebokontrollierte Phase-IIa- Dosisfindungsstudie untersuchte CTP-543 bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AA. Zu den Einschlusskriterien gehörte ein Haarverlust von ≥ 50 % im „Severity of Alopecia Tool (SALT)“-Score. Die Patienten erhielten über 24 Wochen zweimal täglich 4,8 bzw. 12 mg CTP-543 oder ein Placebo. Eine 50 % ige Reduktion im SALT-Score wurde als primärer Endpunkt für die Wirksamkeit festgelegt. Als weitere klinische Endpunkte dienten auch der Anteil an Patienten, der eine 75 % ige Besserung erreichte, und die Patientenbeurteilung der Veränderung insgesamt. Unter einer Dosierung von 12 mg (58 % ) oder 8 mg (47 % ) erreichten signifikant mehr Patienten mit CTP-543 den primären Endpunkt nach 24 Wochen als mit Placebo (8,6 % ; p < 0,001). In der 12 mg- Dosierung war CTP-543 besonders wirksam: 42 % erlangten eine SALT-Veränderung von ≥ 75 % im Vergleich zum Ausgangswert (p < 0,001), 36 % eine ≥ 90 % ige Verbesserung. 78 % der Patienten in dieser Gruppe bewerteten die Krankheit in Woche 24 als „stark verbessert“ oder „sehr stark verbessert“ im Vergleich zu Placebo (p < 0,001 für beide Vergleiche).<br /> „Wir konnten auch eine gute Wirkung bei der Behandlung an Augenbrauen und Wimpern beobachten“, sagte Dr. James Cassella, Chefentwickler von Concert Pharmaceuticals, Lexington, USA. Numerisch war die Höchstdosis der 8 mg-Dosis überlegen. Sie führte zu schnellerem Wirkeintritt und größerem Ausmaß an Erfolg. Die Therapie mit dem neuen JAKInhibitor wurde generell gut vertragen. „Es gab keine Zunahme und auch keine Unterschiede bei hämatologischen Veränderungen von Grad 3 oder 4“, äußerte sich Casella. Die meisten Patienten aus der 12 mg-Gruppe befinden sich nun in einer offenen Langzeit-Verlängerungsstudie. „Diese vielversprechenden Ergebnisse sprechen für die Untersuchung von 8 mg und 12 mg CTP-543 in Phase-III-Studien“, schloss Casella.</p> <h2>Akne: starker Einfluss von Klima und ungesunder Ernährung</h2> <p>Eine multinationale Studie beschäftigte sich mit dem Einfluss des Exposoms auf Akne.<sup>5</sup> Dies setzt sich aus der Summe aller exogenen und endogenen Umweltfaktoren zusammen, die sich auf Auftreten, Dauer und Schwere der Akne auswirken können. Die Studie wertete Daten von 6679 Personen aus, die an einer Online-Umfrage teilnahmen. Um zur Gruppe mit den 2826 Aknepatienten zu gehören, musste die Krankheit von einem Arzt diagnostiziert bzw. behandelt worden sein.<br /> Es stellte sich heraus, dass Aknepatienten signifikant häufiger in warmem Klima und Gegenden mit Luftverschmutzung lebten. Auch die Ernährung unterschied sich zwischen den Studienteilnehmern mit und ohne Akne, z. B. im Hinblick auf den Konsum von Milch (48,2 % Aknepatienten versus 38,8 % ohne Akne, p < 0,001), zuckerhaltigen Getränken (35,4 % versus 31,0 % ; p < 0,001), Backwaren (39,9 % versus 28,5 % ; p < 0,001) und Weizenproteinen (11 % versus 7,3 % ; p < 0,001). Signifikant beeinflusst wurde die Akne auch von der Benutzung scharfer Kosmetika wie Peelings. Interessanterweise konnte im Gegensatz zu früheren Untersuchungen kein Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Akne gefunden werden, wogegen in der Aknegruppe mehr Cannabis konsumiert wurde.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 28. EADV-Kongress, 9.–13. Oktober 2019, Madrid
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<p><strong>1</strong> Paller A et al.: EADV 2019; LBA #D3T01.1B <strong>2</strong> Werth VP et al.: EADV 2019; LBA #D3T01.1C <strong>3</strong> Joly P et al.: Lancet 2017; 389: 2031-40 <strong>4</strong> Cassella J et al.: EADV 2019; LBA #D3T01.1E <strong>5</strong> Kerob B et al.: EADV 2019; LBA #D3T01.1G</p>
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