<p class="article-intro">Bei der Entwicklung neuer Psoriasistherapien wie etwa einer Therapie mit Biologika ist einerseits die Verfügbarkeit, andererseits die Wirksamkeit des Therapeutikums im Zielgewebe entscheidend. Eine neue minimal invasive Methode ermöglicht die kontinuierliche Messung von Zielmolekülen und Therapeutika direkt in der Haut für die klinische dermatologische Forschung. </p>
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<p class="article-content"><p>Psoriasis vulgaris ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die durch ein komplexes Zusammenspiel von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen ausgelöst wird. Bei der Entwicklung neuer Therapien sind die pharmakokinetischen Eigenschaften des Therapeutikums von großer Bedeutung. In welcher Konzentration das Therapeutikum im Zielgewebe ankommt und wie lange es dort nach einmaliger Gabe zur Verfügung steht, gehört dabei zu den wesentlichen Fragestellungen. <br /> Die Messung von Wirkstoffkonzentrationen im Blut ist einfach, weil eine Blutabnahme schnell und fast schmerzfrei möglich ist. Blutproben liefern aber nur begrenzt relevante Informationen über die tatsächliche Konzentration des Wirkstoffs am vorgesehenen Wirkort, wie etwa der Dermis und der Epidermis im Fall von Psoriasis. Eine direkte Probennahme in der Haut hingegen ermöglicht nicht nur Aussagen über den Wirkstoff selbst, sondern es können auch endogene Substanzen untersucht werden und so neue pharmakologische Ziele sowie lokale Biomarker identifiziert und beobachtet werden. <br /> Messungen in Zielgeweben wie der Haut sind derzeit mit unterschiedlichen Methoden wie etwa Biopsien, Mikrodialyse und der offenen Mikroperfusion (OFM) durchführbar.<sup>1, 2</sup> Die OFM besticht durch eine große Bandbreite von adressierbaren Substanzklassen und durch die Möglichkeit eines kontinuierlichen Monitorings.<sup>3, 4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s28_1.jpg" alt="" width="2149" height="793" /></p> <h2>Neue Technologien</h2> <p>Zu den neuesten Behandlungsmethoden für Psoriasis zählen biologische Therapien, bei denen monoklonale Antikörper hochspezifisch an das pharmakologische Ziel im Gewebe binden und so eine effektive, spezifische Wirkung entfalten, bei oft nur geringen Nebenwirkungen. Der Transport und die Verteilung der monoklonalen Antikörper im Zielgewebe sind von großem Interesse, jedoch macht die für Therapeutika relativ hohe Molekülgröße der monoklonalen Antikörper eine pharmakokinetische Vorhersage besonders herausfordernd. Es ist daher ausschlaggebend, die Pharmakokinetik solch großer Wirkstoffe wie etwa monoklonaler Antikörper direkt am Wirkort in der Haut zu untersuchen.<br /> Die Größe der monoklonalen Antikörper erschwert auch die Probennahme mithilfe der gut etablierten membranbasierten Mikrodialyse. Auch der standardmäßige Einsatz von Biopsien für die Darstellung von zeitlichen Verläufen während einer Studie über mehrere Wochen stellt wegen der hohen Invasivität für die Probanden eine zusätzliche Belastung dar. Dagegen zeichnet sich die membranfreie offene Mikroperfusion (OFM) durch eine kontinuierliche Probennahme aus der interstitiellen Flüssigkeit unabhängig von der Größe des Wirkstoffs und – aufgrund der minimalen Invasivität – durch die Anwendbarkeit in Studien aus.<sup>3, 5</sup> Es wird dabei ein Katheter in einer Tiefe von etwa 0,8mm in die Dermis eingebracht und kann dort für die Probennahme bis zu 48h verbleiben (Abb. 1). Die geringe Invasivität erlaubt den gleichzeitigen Einsatz von bis zu 15 Kathetern pro Proband.<br /> Unter Einsatz der OFM wurde die Effektivität des IL-17A-Hemmers Secukinumab in einer klinischen Studie an der Medizinischen Universität Graz bei gesunden Probanden und Psoriasispatienten getestet.<sup>6</sup> IL-17 ist ein zentrales Zytokin in der Psoriasispathogenese. In der Therapie mit Biologika binden IL-17-Antagonisten an IL-17A und haben eine entzündungshemmende und immunmodulierende Wirkung. Den Studienteilnehmern wurde am Tag 1 eine 300mg-Dosis Secukinumab subkutan verabreicht und an Tag 1 (vor Verabreichung), Tag 8 und Tag 15 wurden sowohl Serum- als auch OFM-Proben entnommen, anhand deren das Zielpeptid IL-17A und das Therapeutikum Secukinumab gemessen wurden. <br /> Am Tag 1 (vor Beginn der Behandlung) konnte mit der OFM erstmalig gezeigt werden, dass die IL-17A-Konzentrationen in der läsionalen Haut signifikant höher waren als in der nicht läsionalen und in der gesunden Haut (Abb. 2A).<sup>7</sup> Bei der Untersuchung des Therapeutikums während der darauffolgenden zwei Wochen zeigte sich eine stabile Konzentration sowohl in den Serum- als auch in den OFM-Proben (Abb. 2B). Die analytischen Ergebnisse wurden durch eine Beobachtung des Rückgangs der sichtbaren Läsionen verifiziert und es konnten darüber hinaus noch Biomarker in der Haut identifiziert werden.<sup>6, 7 </sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1703_Weblinks_s28_2.jpg" alt="" width="1417" height="790" /></p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Mit dieser Studie konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass der Einsatz neuer Methoden zur Untersuchung der lokalen Vorgänge im Gewebe einzigartige Einblicke in die Wirkweise von Therapeutika gibt. Drei grundlegende Fragestellungen konnten gleichzeitig untersucht werden: <br /> • Gibt es einen effektiven Transport zum Wirkort?<br /> • Wie hoch ist die Konzentration der Wirksubstanz direkt im Zielgewebe? <br /> • Wie wirkt das Therapeutikum im Zielgewebe?<br /> Gleichzeitig konnte deutlich gezeigt werden, welch großes Potenzial im lokalen Monitoring von Therapien direkt im Zielgewebe steckt. Anwendungsgebiete für diese Art von Studien stellen sowohl die Identifikation von neuen pharmakologischen Zielen als auch die Überprüfung des Wirkmechanismus auf molekularer Ebene dar. Neben der Haut ist die Anwendung der OFM auch in anderen Geweben wie etwa im Fettgewebe möglich.<sup>8, 9</sup> Zudem kann direkt im Zielgewebe überprüft werden, ob die Wirksamkeitskonzentration erreicht wird. <br /> Die Verwendung der OFM erlaubt ein ähnliches Studiendesign auch bei anderen chronischen und akuten Hauterkrankungen, wie etwa beim Monitoring von Verbrennungen, bei denen lokale Veränderungen in der Haut in präklinischen und klinischen Studien untersucht werden. Die OFM stellt somit ein generelles diagnostisches Werkzeug zur Beobachtung von Abläufen in der Haut dar und lässt sich hervorragend für pharmakokinetische und pharmakodynamische Studien verwenden.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Quist SR et al.: Pharmacokinetic profile of methotrexate in psoriatic skin via the oral or subcutaneous route using dermal microdialysis showing higher methotrexate bioavailability in psoriasis plaques than in non-lesional skin. J Eur Acad Dermatology Venereol 2016; 30: 1537-43 <strong>2</strong> Jadhav SB et al.: Microdialysis of large molecules. J Pharm Sci 2016; 105: 3233-42 <strong>3</strong> Bodenlenz M et al.: Clinical applicability of dOFM devices for dermal sampling. Skin Res Technol 2013; 19: 474-83 <strong>4</strong> Bodenlenz M et al.: Dermal PK/PD of a lipophilic topical drug in psoriatic pa­tients by continuous intradermal membrane-free sampling. Eur J Pharm Biopharm 2012; 81: 635-41 <strong>5</strong> Pieber TR et al.: Open flow microperfusion: an alternative method to microdialysis? In: Müller M, ed. Microdialysis in Drug Devel­opment. Springer 2012; 283-302 <strong>6</strong> Dragatin C et al.: Secukinumab distributes into dermal interstitial fluid of psoriasis patients as demonstrated by open flow microperfusion. Exp Dermatol 2016; 25: 157-9 <strong>7</strong> Kolbinger F et al.: β-defensin 2 is a responsive biomarker of IL-17A-driven skin pathology in patients with psoriasis. J Allergy Clin Immunol 2017; 139: 923-32.e8 <strong>8</strong> Höfferer C et al.: Open flow microperfusion: pharmacokinetics of human insulin and insulin detemir in the interstitial fluid of subcutaneous adipose tissue. Diabetes Obes Metab 2015; 17: 121-7 <strong>9</strong> Tiffner K et al.: Quantification of basal insulin peglispro and human insulin in adipose tissue interstitial fluid by open-flow microperfusion. Diabetes Technol Ther 2017; 19: dia.2016.0384</p>
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