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Antrittsvorlesung

Antimikrobielle Resistenzen und Gegenstrategien

<p class="article-intro">In der Infektiologie gibt es eine sehr klare Problemstellung: Die zunehmende Zahl von resistenten Bakterienstämmen führt zu erhöhter Mortalität; gleichzeitig hinkt die Entwicklung neuer antimikrobieller Substanzen weiterhin der Resistenzentwicklung hinterher. Was man dagegen tun kann und sollte, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann, neuer Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien, in seiner Antrittsvorlesung.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die goldene &Auml;ra der Antibiotika dauerte etwa von 1950 bis zum Ende der Siebzigerjahre&ldquo;, erl&auml;uterte Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann, Leiter der Klinischen Abteilung f&uuml;r Infektionen und Tropenmedizin, MedUni Wien, bei seiner Antrittsvorlesung. &bdquo;Damals war man der Meinung, die Infektionskrankheiten im Wesentlichen besiegt zu haben.&ldquo;</p> <h2>Resistenzbildung untersch&auml;tzt</h2> <p>Diese allzu optimistische Ansicht f&uuml;hrte dazu, dass in den letzten zwei Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts kaum neue Antibiotika eingef&uuml;hrt wurden. Gleichzeitig stiegen die Raten der Resistenzen gegen die verf&uuml;gbaren Substanzen an. Laut einem britischen Report soll die Zahl der Menschen, die an multiresistenten Keimen sterben, bis zum Jahr 2050 allein in Europa auf 390 000 ansteigen &ndash; in Afrika und Asien w&auml;ren es jeweils mehr als vier Millionen. &bdquo;Die Antibiotikaresistenz ist nat&uuml;rlich nicht nur ein Problem der Infektiologen, sondern betrifft nahezu die gesamte Medizin &ndash; viele moderne Verfahren, wie z.B. Transplantationen, w&auml;ren ohne Antibiotika gar nicht m&ouml;glich&ldquo;, betonte Burgmann.<br /> Resistenzbildungen sind jedoch kein neues Ph&auml;nomen. Resistenzen gegen in der Natur vorkommende antimikrobielle Substanzen &ndash; und gegen die davon abgeleiteten Antibiotika &ndash; wurden selbst bei Bakterien gefunden, die nie in Kontakt mit Antibiotika gekommen waren. Resistenzbildung ist also ein nat&uuml;rlicher Prozess der Evolution.</p> <h2>Was ist die L&ouml;sung?</h2> <p>Die L&ouml;sung des Resistenzproblems kann nur durch einen multidisziplin&auml;ren Ansatz erfolgen, der alle Verwender von Antibiotika einschlie&szlig;t, nicht zuletzt die Landwirtschaft &ndash; werden doch 45 % aller Antibiotika in der Tierzucht verwendet.<br /> Der nationale Aktionsplan zur Antibiotikaresistenz, der 2018 publiziert wurde, fordert sogenannte ASP-Teams (&bdquo;Antibiotic Stewardship Program&ldquo;) f&uuml;r alle Krankenanstalten in &Ouml;sterreich. Weiters muss jedes Krankenhaus seinen Antibiotikaverbrauch standardisiert dokumentieren.<br /> Dar&uuml;ber hinaus ist die Erhebung der lokalen Resistenzsituation in Zusammenarbeit mit der Mikrobiologie von Bedeutung. Und schlie&szlig;lich werden die erhobenen Daten spitalsweit und an den einzelnen Abteilungen besprochen und entsprechende Konsequenzen abgeleitet.<br /> Der zweite wichtige Punkt ist Forschung. &bdquo;Diese muss innovativ, interdisziplin&auml;r und translational sein&ldquo;, forderte der Infektiologe. Mit anderen Worten: Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung m&uuml;ssen es auch bis in die klinische Entwicklung schaffen.<br /> Leider sieht es mit den Investitionen in die Entwicklung neuer antimikrobieller Wirkstoffe schlecht aus: Weniger als 5 % des Venture-Kapitals, das zwischen 2003 und 2013 f&uuml;r pharmazeutische Forschung und Entwicklung ausgegeben wurde, wurde f&uuml;r Antibiotikaentwicklung verwendet.</p> <h2>Neue Forschungsprojekte</h2> <p>&bdquo;Wir haben im Rahmen eines stark vernetzten Forschungsprojekts 1600 marine Mikroben untersucht und 5000 Extrakte sowie 500 Substanzen gescreent; dieses Projekt ist noch im Gang&ldquo;, erl&auml;uterte Burgmann.<br /> Ebenso wichtig ist es jedoch, die Verwendung der vorhandenen Antibiotika weiter zu untersuchen, etwa was die Pharmakokinetik angeht. Hier spielt die Mikrodialyse eine gro&szlig;e Rolle. Mit dieser Methode k&ouml;nnen lokale Gewebskonzentrationen gemessen werden.<br /> Um die Versuche an h&ouml;her entwickelten Tieren wie Ratten oder M&auml;usen zu reduzieren, wurde ein Infektionsmodell an der Gro&szlig;en Wachsmotte (<em>Galleria mellonella</em>) entwickelt, welches das Studium von Infektionen erlaubt. &bdquo;Auch die Erforschung von Biofilmen ist ein wichtiger Aspekt&ldquo;, so Burgmann.<br /> Einer der n&auml;chsten geplanten Schritte ist die Etablierung eines Kompetenzzentrums f&uuml;r Infektionsmedizin zur Optimierung von Patientenpfaden, wie Burgmann abschlie&szlig;end erkl&auml;rte.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Heinz Burgmann, Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, 30. November 2018, MedUni Wien </p>
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