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Tagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft

Aktuelles zur CMV-Infektion

<p class="article-intro">Das Zytomegalievirus (CMV) gehört zu jenen viralen Erregern, die vor allem bei immunsupprimierten Patienten Probleme machen können. Die Reaktivierung einer latenten Infektion mit dem CMV kommt bei kritisch kranken Patienten und bei Patienten nach Organtransplantationen häufig vor. Neue Optionen in der Prophylaxe und vielleicht auch in der Therapie ergänzen das Behandlungsrepertoire.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Basics zur CMV-Infektion</h2> <p>&bdquo;Das CMV bef&auml;llt bei der Prim&auml;rinfektion vor allem myeloide Vorl&auml;uferzellen&ldquo;, erkl&auml;rte Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Lukas Weseslindtner, Zentrum f&uuml;r Virologie, Med- Uni Wien. &bdquo;Wenn sich daraus nun reifere Zellen entwickeln, kann es aus diesen zu einer Reaktivierung der Infektion kommen. Dies betrifft haupts&auml;chlich Makrophagen und dendritische Zellen.&ldquo; Aber auch in anderen Organen kann CMV replizieren, zum Beispiel in den Gef&auml;&szlig;en, der Lunge, der Leber, der Niere oder dem Darm. <br />Bei immunkompetenten Personen wird die CMV-Infektion oder deren Reaktivierung durch eine virusspezifische Immunantwort (vor allem CD8<sup>+</sup>- und CD4<sup>+</sup>-Zellen) in Schach gehalten und bedarf in der Regel keiner Therapie. <br />Anders ist das bei Immunsuppression &ndash; insbesondere Empf&auml;nger von Organtransplantaten sind h&auml;ufig von CMV-Reaktivierungen betroffen. Je nach Wirkung der postoperativen immunsuppressiven Behandlung, die eine Transplantatabsto&szlig;ung verhindern soll, ist dies typischerweise in der mittleren (1&ndash;6 Monate post transplant) und sp&auml;ten Phase (&gt;6 Monate) nach dem Eingriff der Fall. Ein besonders hohes Risiko liegt vor allem dann vor, wenn der Organspender CMV-positiv, der Empf&auml;nger jedoch CMV-negativ ist, da es in diesem Fall durch die Transplantation eines CMV-infizierten Organs zur Erstinfektion unter Immunsuppression kommt &ndash; bei Fehlen eines ausgebildeten immunologischen Ged&auml;chtnisses. <br />Durch eine antivirale Prophylaxe kann das Risiko einer CMV-Reaktivierung signifikant gesenkt werden. Die zur Prophylaxe und/oder Therapie bisher verwendeten antiviralen Substanzen, Ganciclovir, Cidofovir und Foscarnet, haben im Wesentlichen alle den gleichen Ansatzpunkt, n&auml;mlich die DNA-Polymerase des CMV. Allerdings sind die genauen Wirkmechanismen bei jeder der drei Substanzen etwas anders. <br />Zwei neue Substanzen, Maribavir<sup>a</sup> und Letermovir<sup>b</sup>, haben jeweils andere Ansatzpunkte: Im Fall von Maribavir ist es eine CMV-Proteinkinase, im Fall von Letermovir hingegen der virale Terminasekomplex, der f&uuml;r die Spaltung der reproduzierten viralen DNA vor der Verpackung zust&auml;ndig ist.</p> <h2>Unterschiedliche Strategien</h2> <p>Beim Versuch, die klinischen Folgen einer CMV-Infektion nach der Transplantation zu minimieren, m&uuml;ssen zwei Strategien unterschieden werden: die antivirale Prophylaxe und die pr&auml;emptive Therapie. Nicht selten wird auch eine Kombination von CMV-Prophylaxe und pr&auml;emptiver Therapie eingesetzt, beispielsweise bei Patienten nach Lungentransplantation oder auch anderen Transplantationen solider Organe. &bdquo;Die notwendige Voraussetzung f&uuml;r eine pr&auml;emptive Therapie ist eine ad&auml;quate Diagnostik, wobei die Standardmethode heute das CMV &sbquo;Nucleic Acid Amplification Testing&lsquo;, kurz NAT, ist&ldquo;, so Weseslindtner.</p> <p>&bdquo;Ein wesentlicher Punkt ist der gew&auml;hlte Cut-off-Wert der Viruslast, ab dem man eine Therapie beginnt. Dies ist eine keineswegs triviale Entscheidung&ldquo;, betonte der Virologe. Die bisher verwendeten Substanzen haben allerdings Nebenwirkungen, die gerade bei Transplantationspatienten problematisch sein k&ouml;nnen, etwa Nephrotoxizit&auml;t bei Nierentransplantierten (Tab. 1).</p> <p>Die beiden wesentlichen Gr&uuml;nde f&uuml;r die Entwicklung neuer Therapeutika gegen CMV bestehen einerseits im Nebenwirkungsspektrum, andererseits in der Resistenzentwicklung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1804_Weblinks_s15_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="480" /></p> <h2>Fakten zu Letermovir</h2> <p>Die aktuelle Zulassung von Letermovir lautet: Prophylaxe einer CMV-Reaktivierung und -Erkrankung bei erwachsenen CMV-seropositiven Empf&auml;ngernc einer allogenen h&auml;matopoetischen Stammzelltransplantation.<br /> Letermovir hemmt die drei Untereinheiten des Terminasekomplexes, UL51, UL56 und UL89. Bisher sind keine Kreuzresistenzen mit anderen antiviralen Substanzen bekannt. Die Substanz ist daher aktiv gegen CMV-St&auml;mme, die Resistenzen gegen andere Anti-CMV-Medikamente aufweisen. &bdquo;Letermovir ist nur gegen CMV, nicht gegen irgendwelche anderen Viren aktiv&ldquo;, betonte Weseslindtner. Als m&ouml;gliche, wenngleich derzeit nicht zugelassene Verwendungsm&ouml;glichkeit ist einerseits die Behandlung von Patienten mit hoher CMVViruslast, andererseits auch die Therapie von multiresistenten CMV-St&auml;mmen zu diskutieren.<br /> Letermovir wird in der Regel gut vertragen und weist insgesamt wenige Nebenwirkungen auf. An h&auml;ufigen Nebenwirkungen sind &Uuml;belkeit, Erbrechen, Diarrh&ouml;, Bauchschmerzen, periphere &Ouml;deme, Husten, Kopfschmerzen und M&uuml;digkeit beschrieben. Der Wirkstoff verursacht nach derzeitigem Wissensstand jedoch keine Nephrotoxizit&auml;t und keine Myelosuppression.<br /> Die mediane Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration von Letermovir betr&auml;gt 1,5 Stunden, die Halbwertszeit liegt bei 10 Stunden. Die Standarddosis liegt bei 480mg pro Tag (bei gleichzeitiger Gabe von Ciclosporin wird eine Dosisreduktion auf 240mg empfohlen).<br /> &bdquo;F&uuml;r Patienten nach Nierentransplantation gibt es einerseits eine Phase-II-Studie zur pr&auml;emptiven Therapie, andererseits l&auml;uft eine weitere Phase-III-Studie zur Prophylaxe&ldquo;, so Weseslindtner abschlie&szlig;end.</p> <h2>Wertigkeit des CMV-Nachweises bei intensivstation&auml;ren (ICU) Patienten</h2> <p>&bdquo;Zun&auml;chst muss man wohl feststellen, dass es ,den&lsquo; ICU-Patienten nat&uuml;rlich nicht gibt, das ist doch eine sehr heterogene Patientengruppe&ldquo;, betonte Prof. Dr. Thomas Mertens, Institut f&uuml;r Virologie, Universit&auml;tsklinikum Ulm. &bdquo;Hier ist es im Zusammenhang mit CMV sinnvoll, zwischen immunkompetenten und immundefizienten ICU-Patienten zu unterscheiden, wobei der &Uuml;bergang nat&uuml;rlich flie&szlig;end ist; es gibt keine scharfe Grenze. Zudem kommt es auch darauf an, welches Organsystem &ndash; im Kontext der Grundkrankheit &ndash; von der CMV-Reaktivierung betroffen ist.&ldquo; Bei Patienten nach Nierentransplantation wurde gezeigt, dass nicht nur die Immunsuppression, sondern auch die Organabsto&szlig;ung mit dem Auftreten von CMV-Reaktivierungen assoziiert ist.<br /> &bdquo;Im Rahmen einer prospektiven klinischen Studie bei Patienten ohne besondere Immunsuppression konnten wir Folgendes beobachten&ldquo;, fuhr Mertens fort. &bdquo;Eine aktive CMV-Infektion trat in der fr&uuml;hen Phase eines septischen Schocks bei 7 von 23 seropositiven Patienten auf. Eine aktive CMV-Infektion war mit l&auml;ngerer Beatmungszeit und l&auml;ngerer Verweildauer auf der ICU assoziiert.&ldquo;<br /> Eine proinflammatorische Immunantwort k&ouml;nnte die CMV-Reaktivierung ausl&ouml;sen. CMV kann auch in Anwesenheit spezifischer Th1-Zellen reaktiviert werden; umgekehrt f&uuml;hrt die aktive CMV-Infektion zur Expansion spezifischer Th1- Zellen und die aktive CMV-Infektion wird spontan beendet. Nat&uuml;rliche Killerzellen bleiben dabei supprimiert. &bdquo;Es d&uuml;rfte also die adaptive T-Zell-Antwort und nicht die NK-Aktivit&auml;t sein, die in dieser Situation zur spontanen Terminierung der CMV-Infektion auch ohne antivirale Therapie f&uuml;hrt&ldquo;, kommentierte Mertens.<br /> Eine 2017 publizierte Metaanalyse von 22 Studien zeigte, dass eine CMV-Reaktivierung bei kritisch kranken Patienten mit schlechteren klinischen Outcomes und h&ouml;heren Kosten f&uuml;r das Gesundheitssystem verbunden ist. Es bleibt dabei noch unklar, ob die CMV-Reaktivierung eine kausale Rolle spielt oder ob sie einen Surrogatparameter f&uuml;r eine schwerere Erkrankung darstellt.<br /> &bdquo;Bei ICU-Patienten kommt eine CMV-Reaktivierung h&auml;ufig vor. Wenn es sich um nicht immunkompetente Patienten handelt, zum Beispiel nach Transplantationen, sollte regelm&auml;&szlig;ig quantitativ virologisch untersucht werden, um gegebenenfalls fr&uuml;hzeitig eine Therapie beginnen zu k&ouml;nnen&ldquo;, so Mertens abschlie&szlig;end.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Neue Therapieoptionen bei CMV-Infektionen“, Vortrag von Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Lukas Weseslindtner, Zentrum für Virologie, MedUni Wien, und „Wertigkeit des CMV- bzw. HSV-Nachweises bei ICU-Patienten“, Vortrag von Prof. Dr. Thomas Mertens, Institut für Virologie, Universitätsklinikum Ulm, im Rahmen der 26. Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft, 4. Oktober 2018, Wien </p>
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