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Wann Checkpoint-Inhibitor, wann Tyrosinkinase-Inhibitor in der Erstlinientherapie?
Urologik
Autor:
Prof. Dr. Markus A. Kuczyk
Ärztlicher Direktor<br> Klinik für Urologie und Urologische Onkologie<br> Medizinische Hochschule Hannover<br> E-Mail: Kuczyk.Markus@mh-hannover.de
30
Min. Lesezeit
13.12.2018
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<p class="article-intro">In den vergangenen Jahren haben die zielgerichtete Therapie und die Immuntherapie zu einer deutlichen Verbesserung der Behandlung von Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom geführt. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über Inhibitoren, die derzeit zum Einsatz kommen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Cabozantinib und Nivolumab in der Zweitlinie</h2> <p>Im Jahre 2015 wurden zwei randomisierte Studien (CheckMate 025 und METEOR) vorgestellt, die die Effektivität der Zweitlinientherapie mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab (CheckMate-025-Studie)<sup>1</sup> oder dem Tyrosinkinase(TK)-Inhibitor Cabozantinib (METEOR-Studie)<sup>2</sup> im Vergleich zum mTOR-Inhibitor Everolimus untersuchten. Beide Studien ergaben in der Zweitlinie einen Überlebensvorteil des PD-1- bzw. TKI-Inhibitors gegenüber der systemischen Therapie im Kontrollarm (CheckMate 025: 25 vs. 19,6 Monate für Nivolumab vs. Everolimus; HR: 0,73; bzw. METEOR: 21,4 vs. 16,5 Monate für Cabozantinib vs. Everolimus; HR: 0,66).</p> <h2>Cabozantinib in der Erstlinie</h2> <p>Diese signifikanten Überlebensvorteile in beiden Studien trotz intensiv vorbehandelter Patienten resultierten in der Wirksamkeitsüberprüfung beider Substanzen auch im Erstlinienansatz. In der CABOSUN- Studie wurden 157 Patienten mit intermediärer oder schlechter Prognose entsprechend den IMDC-Kriterien für Cabozantinib (n=79) oder Sunitinib (n=78) randomisiert, wobei der Fokus auf die Prognosegruppen mit der erzielbaren Repräsentanz der meisten Erstlinienfälle begründet wurde.<sup>3</sup> Hinsichtlich des medianen progressionsfreien Überlebens (PFS, primärer Studienendpunkt) war Cabozantinib signifikant überlegen (8,2 vs. 5,6 Monate für Cabozantinib vs. Sunitinib; HR: 0,66). Zudem war die unter Cabozantinib beobachtete Remissionsrate (ORR) im Sinne partieller Remissionen (44,3 % ) im Vergleich zum Kompetitor (16,7 % ) deutlich höher. Das Langzeitüberleben (OS, sekundärer Endpunkt) betrug in einer Zwischenanalyse nach einem Follow-up von 21,4 Monaten und einem Unterschied von vier Todesfällen 30,3 Monate unter Cabozantinib im Vergleich zu 21,4 Monaten unter Sunitinib. Das Substanz-assoziierte Toxizitätsspektrum wies keinen klar erkennbaren Unterschied zwischen den beiden Substanzen auf (AE: 98,7 vs. 98,6 % und Grad-3- oder -4-Toxizität: 66,7 vs. 68,1 % für Cabozantinib vs. Sunitinib). <br />Jüngst wurde bei einer hinsichtlich der Bewertung der Langzeitüberlebensdaten jetzt längeren Nachbeobachtungszeit von 35,4 Monaten die im Rahmen eines unabhängigen Reviews erfolgte Reevaluierung der in der CABOSUN-Studie generierten Daten vorgestellt.<sup>4</sup> Im Hinblick auf die nun für Cabozantinib mit nur noch 20 % angegebene objektive Ansprechrate wurde diese gegenüber der Erstvorstellung der Studie deutliche Divergenz nicht auf eine entgegen der durch die Investigatoren vorgenommenen Bewertung nun doch geringere Effektivität der Substanz zurückgeführt, sondern mit der vorherigen Fehlbewertung stabiler Krankheitsverläufe im Sinne vermeintlicher Partialremissionen erklärt. Darüber hinaus erging der Hinweis auf eine unter Cabozantinib insbesondere im Bereich der Target-Läsionen deutlichere Remissionstendenz. <br />Unter Berücksichtigung des sich unter der Therapie mit Cabozantinib oder Sunitinib mit 26,6 und 21,2 Monaten nicht signifikant unterscheidenden medianen Langzeitüberlebens (HR: 0,80) ist auch – aufgrund der geringen Fallzahl – auf die fehlende statistische Power der Studie beim sekundären Endpunkt hinzuweisen.</p> <h2>Nivolumab in der Erstlinie</h2> <p>Eine im Vergleich mit Cabozantinib im Rahmen der Therapie von Patienten mit ebenfalls intermediärer und schlechter Prognose entsprechend den IMDC-Kriterien höhere Effektivität beschrieb die CheckMate-214-Studie. 1096 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen und entweder mit Sunitinib oder der Kombination aus Nivolumab und dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab behandelt.<sup>5</sup> Wurden für die genannten Prognosegruppen zusätzlich zur objektiven Ansprechrate das progressionsfreie und das Langzeitüberleben als koprimäre Endpunkte definiert, fanden sich im immuntherapeutischen Kombinationsarm neben einer signifikant höheren Remissionsrate (42 vs. 27 % ; p<0,001) auch ein überlegenes medianes PFS (11,6 vs. 8,4 Monate; HR: 0,82; p=0,03) und OS (26 Monate vs. noch nicht erreicht für Sunitinib vs. Nivolumab/Ipilimumab) (Abb. 1). Lediglich für Patienten mit guter Prognose (22,7 % des Gesamtkollektivs) erwies sich Sunitinib als deutlich wirksamer gegenüber der Immuntherapie. <br />Nachdem die EAU-Leitliniengruppe die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab zwischenzeitlich als neuen Standard für die Erstlinienbehandlung von Patienten mit intermediärer und schlechter Prognose definierte, erging jüngst vonseiten der Europäischen Zulassungsbehörde (CHMP) eine mit dem unzureichend definierten Effektivitätsbeitrag von Ipilimumab begründete negative Bewertung der Immuntherapie. Demzufolge sehen wir uns mit der merkwürdigen Situation konfrontiert, dass eine effektive onkologische Therapieform ihre Zulassung in den USA sowie in Kanada, Australien und der Schweiz erfahren hat, nicht aber in der Europäischen Union. Welche Konsequenzen hieraus auch für die Zulassung anderer Substanzkombinationen resultieren, bleibt derzeit nur abzuwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Urologik_Uro_1804_Weblinks_s45_abb1.jpg" alt="" width="1473" height="895" /></p></p>
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<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Motzer RJ et al.: Nivolumab versus everolimus in advanced renal-cell carcinoma. N Engl J Med 2015; 373(19): 1803-13 <strong>2</strong> Choueiri TK et al.: Cabozantinib versus everolimus in advanced renal-cell carcinoma. N Engl J Med 2015; 373(19): 1814-23 <strong>3</strong> Choueiri TK et al.: Overall survival (OS) in METEOR, a randomized phase 3 trial of cabozantinib (Cabo) versus everolimus (Eve) in patients (pts) with advanced renal cell carcinoma (RCC). ASCO 2016, Abstr. #4506 <strong>4</strong> Choueiri TK et al.: Cabozantinib versus sunitinib as initial therapy for metastatic renal cell carcinoma of intermediate or poor risk (Alliance A031203 CABOSUN randomised trial): progression- free survival by independent review and overall survival update. Eur J Cancer 2018; 94: 115-25 <strong>5</strong> Motzer RJ et al.: Nivolumab plus ipilimumab versus sunitinib in advanced renal-cell carcinoma. N Engl J Med 2018; 378: 1277-90</p>
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