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Verbesserung in kleinen Schritten bei Urothel- und Hodenkarzinomen

<p class="article-intro">Die wesentlichen Neuerungen bei der diesjährigen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2019 in Chicago betrafen hauptsächlich das Prostatakarzinom und das klarzellige Nierenzellkarzinom. Einige Neuigkeiten gibt es bei den Urothelkarzinomen der Harnblase und bei Hodentumoren dennoch.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Checkpoint-Inhibitoren sind neuer Therapiestandard in der Zweitlinientherapie metastasierter Urothelkarzinome. Insgesamt f&uuml;nf dieser Medikamente wurden in Phase-II- und -III-Studien untersucht.</li> <li>Eine Cisplatin-haltige Kombinationstherapie bleibt Standard in der Erstlinientherapie metastasierter Urothelkarzinome. Dies wird in einer Stellungnahme der Europ&auml;ischen Arzneimittelbeh&ouml;rde EMA nochmals deutlich unterstrichen.</li> <li>Checkpoint-Inhibitoren werden in der perioperativen Therapie lokalisierter, muskelinvasiver Urothelkarzinome in einer grossen Zahl von Studien untersucht.</li> <li>Bei Hodenkrebs kann der Nachweis von MicroRNA m&ouml;glicherweise k&uuml;nftig Staging und Nachsorge erleichtern.</li> </ul> </div> <h2>Urothelkarzinom</h2> <p>Der Einsatz der Checkpoint-Inhibitoren ist ein wesentlicher Fortschritt in der Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms und stellt in der Zweitlinientherapie nach Versagen einer Platin-haltigen Chemotherapie den neuen Therapiestandard dar. Insgesamt f&uuml;nf dieser Medikamente wurden in Phase-II- und III-Studien untersucht und liegen publiziert vor (Tab. 1).<br />Noch nicht etabliert und Gegenstand mehrerer aktueller Therapiestudien ist dagegen der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren in der Erstlinientherapie metastasierter Patienten. Deren &Uuml;berlegenheit gegen&uuml;ber einer Cisplatin-basierten Kombinationstherapie konnte bislang noch nicht nachgewiesen werden. Bei Patienten, die f&uuml;r eine Cisplatin-haltige Chemotherapie in Betracht kommen, stellt daher eine Cisplatin-haltige Kombinationstherapie unver&auml;ndert den aktuellen Therapiestandard dar, wie die Europ&auml;ische Arzneimittelbeh&ouml;rde EMA in einer Mitteilung betont.<sup>1</sup> In einer am ASCO 2019 vorgestellten, prospektiven, randomisierten Phase-III- Studie wurde gezeigt, dass die zus&auml;tzliche Gabe von Bevacizumab zu der Kombination von Cisplatin und Gemcitabin keinen relevanten zus&auml;tzlichen Nutzen bietet.<sup>2</sup> Die Daten zu einer Erhaltungstherapie mit Pembrolizumab nach erfolgreicher Therapie mit Cisplatin und Gemcitabin sind interessant, aber noch zu prelimin&auml;r und rechtfertigen einen Einsatz dieser Strategie in der klinischen Routine noch nicht.<sup>3</sup><br /> Bei Patienten, die f&uuml;r eine Cisplatin- haltige Chemotherapie z. B. aufgrund von Komorbidit&auml;ten nicht infrage kommen, kann dagegen der Einsatz der Checkpoint-Inhibitoren Pembrolizumab oder Atezolizumab als Monotherapie eine sinnvolle Alternative zu einer Carboplatin- basierten Therapiekombination darstellen.<sup>4, 5</sup><br /> Gegenstand intensiver Studienaktivit&auml;t ist die perioperative Therapie lokalisierter, muskelinvasiver Urothelkarzinome. Die Ergebnisse einer ersten Phase-II-Studie zum neoadjuvanten Einsatz von Pembrolizumab als Monotherapie wurden soeben publiziert.<sup>6</sup> Zum einen besteht die Hoffnung, die Wirksamkeit der neoadjuvanten Chemotherapie durch Kombination mit einem Checkpoint-Inhibitor zu verbessern. Dieser Ansatz wird in der laufenden Studie 06/17 der Schweizer Arbeitsgemeinschaft f&uuml;r Klinische Krebsforschung SAKK derzeit untersucht (NCT 03234153; PI: PD Dr. Richard Cathomas). Zum anderen k&ouml;nnten Checkpoint-Inhibitoren k&uuml;nftig eine neoadjuvante Therapie bei Patienten erm&ouml;glichen, bei denen diese aufgrund von Kontraindikationen gegen&uuml;ber Cisplatin bislang nicht m&ouml;glich war. Der Einsatz einer neoadjuvanten Cisplatin-freien Therapie mit Durvalumab und Tremelimumab wird aktuell in einer prospektiven Phase-II-Studie am Inselspital in Bern untersucht (NCT 03234153, PI: PD Dr. Julian Schardt).<br /> W&auml;hrend die radikale Zystektomie unver&auml;ndert den Standard vor allem bei j&uuml;ngeren Patienten in gutem Allgemeinzustand ohne relevante Komorbidit&auml;ten darstellt, kann bei korrekter Indikationsstellung eine trimodale Therapie bestehend aus ausgiebiger transurethraler Resektion gefolgt von Radiochemotherapie bei &auml;lteren Patienten mit Komorbidit&auml;ten bzw. bei Patienten mit Wunsch nach Harnblasenerhalt sehr gute und der radikalen Zystektomie vergleichbare Ergebnisse erzielen.<sup>7</sup> Auch bei der trimodalen Therapie wird der Nutzen einer zus&auml;tzlichen Gabe von Checkpoint-Inhibitoren in aktuellen Studien untersucht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Uro_1902_Weblinks_tab1.jpg" alt="" width="820" height="325" /></p> <h2>Hodentumoren</h2> <p>Der ASCO 2019 war einer der wenigen Kongresse, bei denen kein Vortrag zu Hodentumoren ausgew&auml;hlt wurde. In mehreren Abstracts wurden im Wesentlichen epidemiologische Untersuchungen und Daten zur Toxizit&auml;t der Therapie berichtet. Neu ist allerdings die Erkenntnis, dass zirkulierende freie Tumor-DNA vor allem bei metastasierten Patienten im peripheren Blut nachgewiesen werden kann.<sup>8</sup> Hierzu fand sich dann auch ein Abstract am diesj&auml;hrigen ASCO.<sup>9</sup> Der Nutzen zirkulierender Tumor-DNA in der Nachsorge von Stadium-I-Patienten wird an mehreren Zentren in der Schweiz unter der Leitung von Kollegen des Universit&auml;tsspitals Z&uuml;rich angewandt und &uuml;ber die dort erstmalig etablierte interdisziplin&auml;re Hodentumorsprechstunde koordiniert.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Es sind oft eine Vielzahl &laquo;kleiner Schritte&raquo;, welche die Therapie von Krebsbetroffenen verbessern. Grosse Hoffnungen werden dagegen auf den Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren beim Urothelkarzinom der Harnblase gesetzt. Bei Hodentumoren k&ouml;nnte der routinem&auml;ssige Nachweis zirkulierender Tumor-DNA im Blut Diagnostik und Nachsorge deutlich verbessern.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gourd E: EMA restricts use of anti-PD-1 drugs for bladder cancer. Lancet Oncol 2018; 19: e341<strong> 2</strong> Rosenberg JE et al.: CALGB 90601 (Alliance): randomized, double-blind, placebo- controlled phase III trial comparing gemcitabine and cisplatin with bevacizumab or placebo in patients with metastatic urothelial carcinoma. J Clin Oncol 2019; 37 (suppl; abstr 4503) <strong>3</strong> Galsky MD et al.: Randomized double-blind phase II study of maintenance pembrolizumab versus placebo after first-line chemotherapy in patients (pts) with metastatic urothelial cancer (mUC): HCRN GU14-182. J Clin Oncol 2019; 37 (suppl; abstr 4504) <strong>4</strong> Balar AV et al.: Firstline pembrolizumab in cisplatin-ineligible patients with locally advanced and unresectable or metastatic urothelial cancer (KEYNOTE-052): a multicentre, single-arm, phase 2 study. Lancet Oncol 2017; 18: 1483-92<strong> 5</strong> Balar AV et al.: Atezolizumab as first-line treatment in cisplatin-ineligible patients with locally advanced and metastatic urothelial carcinoma: a single-arm, multicentre, phase 2 trial. Lancet 2017; 389: 67-76 <strong>6</strong> Necchi A et al.: Pembrolizumab as neoadjuvant therapy before radical cystectomy in patients with muscle-invasive urothelial bladder carcinoma (PURE- 01): an open-label, single-arm, phase II Study. J Clin Oncol 2018; 36: 3353-60 <strong>7</strong> James N et al.: Radiotherapy with or without chemotherapy in muscle-invasive bladder cancer. N Engl J Med 2012; 366: 1477-88 <strong>8</strong> Dieckmann KP et al.: Serum levels of microRNA-371a-3p (M371 Test) as a new biomarker of testicular germ cell tumors: results of a prospective multicentric study. J Clin Oncol 2019; 37: 1412-23 <strong>9</strong> Nassar A et al.: Circulating tumor (ct)-DNA alterations in patients with testicular germ tumors. J Clin Oncol 2019; 37 (suppl; abstr e16063) <strong>10</strong> Bellmunt et al.: New Engl J Med 2017; 376: 1015 <strong>11</strong> Powles et al.: Lancet 2018; 391: 748; <strong>12</strong> Sharma et al.: Lancet Oncol 2017; 18: 312 <strong>13</strong> Powles et al.: JAMA Oncol 2017; 3: e172411 <strong>14</strong> Apolo et al.: J Clin Oncol 2017; 35: 1015(387): 2117</p> </div> </p>
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