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Prostatabiopsie bei negativem mpMRT
Urologik
Autor:
Dr. Stephan Korn
Universitätsklinik für Urologie<br> Medizinische Universität Wien
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Shahrokh F. Shariat
Universitätsklinik für Urologie<br> Medizinische Universität Wien
30
Min. Lesezeit
21.08.2019
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<p class="article-intro">In diesem Kommentar möchten wir aufgrund der aktuellen Debatten die Vor- und Nachteile diskutieren, eine Prostatabiopsie bei Patienten mit erhöhten Werten des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) und unauffälliger multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) der Prostata zu vermeiden. Einerseits können durch das Unterlassen einer Standardbiopsie die Komplikationsraten deutlich gesenkt werden. Andererseits ist die Detektionsqualität mittels mpMRT durchaus kontroversiell zu betrachten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Seit nunmehr zwei Jahren untersuchen die großen Studien PROMIS, PRECISION, MRI-FIRST und die 4M-Studie die Möglichkeit, eine Prostatabiopsie bei Patienten mit erhöhten PSA-Werten und negativer mpMRT zu vermeiden. Die Ergebnisse dieser Studien haben zu den aktuellen Änderungen in den EAU-Leitlinien 2019 geführt. <br />Die Empfehlungen der EAU bei Biopsienaiven Patienten lauten:</p> <ul> <li>eine mpMRT der Prostata vor Biopsie durchzuführen (Level of Evidence [LE] 1a, schwache Empfehlung)</li> <li>bei einer PI-RADS-Läsion ≥ 3 eine kombinierte MRT-gezielte und systematische Biopsie durchzuführen (LE 2a, starke Empfehlung)</li> <li>bei einer PI-RADS-Läsion ≤ 2 und einer geringen klinischen Wahrscheinlichkeit für Prostatakarzinom in Absprache mit dem Patienten eine Biopsie zu vermeiden (LE 2a, schwache Empfehlung)</li> </ul> <p>Bei Patienten mit vorangegangener Negativbiopsie empfiehlt die EAU:</p> <ul> <li>eine mpMRT der Prostata vor Biopsie durchzuführen (LE 1a, starke Empfehlung)</li> <li>bei einer PI-RADS-Läsion ≥ 3 lediglich eine MRT-gezielte Biopsie durchzuführen (LE 2a, schwache Empfehlung)</li> <li>bei einer PI-RADS-Läsion ≤ 2 und einer großen klinischen Wahrscheinlichkeit für Prostatakarzinom in Absprache mit dem Patienten eine systematische Biopsie durchzuführen (LE 2a, starke Empfehlung)</li> </ul> <p>Während einer Leitlinien-Debatte im Rahmen der Jahrestagung der EAU 2019 in Barcelona, Spanien, beschäftigten sich unabhängige Experten mit der Evidenz für diese neuen Empfehlungen. Im Anschluss an die Debatte nahm das Publikum an der Diskussion teil und stimmte über das Thema ab. Die Abstimmung hätte enger nicht ausfallen können: Knapp 50 % stimmten gegen die Durchführung einer Standardbiopsie bei den zuvor beschriebenen Patienten. Diese 50/50-Haltung in der urologischen Gemeinschaft spricht einmal mehr dafür, dass weitere Analysen und Diskussionen notwendig sein werden, um den optimalen Weg mit und für den Patienten eingehen zu können.</p> <h2>mpMRT bei Patienten mit erhöhten PSA-Werten</h2> <p>Neben der Diskussion, ob eine mpMRT eine Biopsie in Zukunft möglicherweise ersetzen kann, zeigt diese Untersuchungsmethode mittlerweile bekannte, große Vorteile. MRT-gezielte Biopsien erhöhen die Chancen, klinisch signifikante Prostatakarzinome zu detektieren und zeitgleich die Rate an klinisch insignifikanten Prostatakarzinomen zu senken. Des Weiteren können die Größe und der exakte Gleason-Score einer Läsion genauer als mit einer Standardbiopsie erkannt werden. <br />Kontroversiell wird weiterhin die Rolle eines negativen mpMRT-Ergebnisses gesehen. Die Autoren der PRECISION-Studie zogen die Schlussfolgerung, dass ein negatives mpMRT-Ergebnis im Vergleich zu einer negativen Standardbiopsie zu einer geringeren Anzahl an weiterführenden Tests führt und somit die mpMRT möglicherweise einer Standardbiopsie überlegen ist. Anhand der Ergebnisse der MRI-FIRST-Studie konnte gezeigt werden, dass die systematische Biopsie bei Biopsie-naiven Patienten nicht durch eine mpMRT ersetzt werden kann. Insbesondere in den USA kann eine Verzögerung der Diagnose Prostatakrebs durch das Unterlassen einer Biopsie schwerwiegende Haftungsfolgen haben. Erwähnenswert ist auch hier die mitunter große Variabilität der Befundung einzelner Untersucher, selbst unter erfahrenen Uroradiologen. Zu guter Letzt ist der negativ prädiktive Wert der mpMRT nicht hoch genug, um eine begründete Empfehlung gegen eine Biopsie bei Patienten mit negativer mpMRT auszusprechen. <br />Ein gewichtiges Gegenargument sind die Risiken, die mit einer Standardbiopsie einhergehen: erhöhte Infektionsraten und Hospitalisierungen sowie Überdiagnosen von insignifikantem Prostatakarzinom. <br />In Zukunft wird möglicherweise das Zusammenspiel aus Biomarkern und klinischer Information (z. B. PSA-Dichte, ...) die Niedrig-Risiko-Patienten filtern können, die anstelle einer Biopsie eine mpMRT wahrnehmen können.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1903_Weblinks_uro_1903_s46_abb1_shariat.jpg" alt="" width="1455" height="599" /></p></p>
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