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Frontiers in Urology

Highlights vom Michael J. Marberger Annual Meeting

<p class="article-intro">Bereits zum vierten Mal waren Urologen, Onkologen und Spezialisten aus anderen Fachgebieten der Einladung der Klinik für Urologie der Medizinischen Universität gefolgt. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Shahrokh F. Shariat wurden hochkarätige Vorträge von erstklassigen internationalen Experten präsentiert und aktuelle Themen – u. a. die Behandlung von Blasen-, Prostata- und Nierenkrebs – diskutiert. Eine kleine Auswahl der spannenden Vorträge bietet der folgende Bericht.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Aktuelle Fortschritte in der Therapie beim Blasenkrebs</h2> <p>PD Dr. Roland Seiler vom Inselspital Bern gab einen &Uuml;berblick &uuml;ber die Therapie beim Blasenkrebs. Gem&auml;&szlig; den Richtlinien der EAU, der AUA und der ASCO ist der Therapiestandard beim muskelinvasiven Blasenkrebs die neoadjuvante Cisplatinbasierte Chemotherapie (NAC) gefolgt von radikaler Zystektomie. Mehrere klinische Studien haben allerdings nachgewiesen, dass nur ein Teil der Patienten einen Vorteil von dieser Behandlung hat. Dar&uuml;ber hinaus kommt die NAC in der t&auml;glichen klinischen Praxis oftmals nicht zum Einsatz. Aus diesem Grund sind neue Modelle und neue Therapien f&uuml;r die Behandlung des muskelinvasiven Blasenkrebses dringend n&ouml;tig.</p> <p><strong>Auswahl der Patienten</strong><br />Eine deutliche Verbesserung im Management des Therapiestandards k&ouml;nnte eine Selektion jener Patienten sein, die auf die NAC ansprechen. Auf der einen Seite k&ouml;nnten dies mittels DNA-Sequenzierung identifizierte genomische Alterationen sein, welche Gene betreffen, die in die DNA-Reparatur involviert sind. Als Beispiel f&uuml;hrte Seiler das Gen <em>ERCC2</em> (&bdquo;Excision Repair Cross-Complementing Rodent Repair Deficiency, Complementation Group 2&ldquo;) an, das &ndash; wenn es durch Mutationen beeintr&auml;chtigt ist &ndash; dazu f&uuml;hrt, das die Zelle empf&auml;nglicher f&uuml;r Cisplatin ist. Dies konnte bereits durch eine klinische Studie vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center belegt werden, die Patienten untersuchte, die entweder auf eine Ciplatin-basierte NAC ansprachen oder nicht. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Patienten, die auf die Therapie ansprachen, h&auml;ufig Mutationen im <em>ERCC2</em>-Gen hatten.<br /> Ein anderer Biomarker f&uuml;r das Therapienansprechen k&ouml;nnten molekulare Subtypen sein. Aktuelle Ans&auml;tze teilen muskelinvasiven Blasenkrebs anhand genetischer Expressionsprofile in einen luminalen und einen basalen Typ ein. Mehrere klinische Studien konnten belegen, dass Patienten mit einem basalen Tumortyp eine g&uuml;nstige Prognose f&uuml;r ein Ansprechen auf NAC aufweisen.</p> <p><strong>Molekulare Subtypen</strong><br />Seiler ging auf das vor zwei Jahren von Robertson AG et al. im Journal &bdquo;Cell&ldquo; publizierte Paper zur molekularen Charakterisierung von Blasenkrebspatienten ein und schlussfolgerte, dass es bei den 400 untersuchten Blasentumoren 400 molekulare Subtypen gibt. Auch aus diesem Grund wird der derzeitige Therapiestandard, der f&uuml;r alle Patienten gleich ist, nicht bei allen Patienten zu einem Ansprechen f&uuml;hren. In Zukunft muss der Tumor jedes einzelnen Patienten untersucht und eine speziell darauf abgerichtete Therapie ausgew&auml;hlt werden, so Seiler.</p> <p><strong>NEXUS &ndash; Algorithmus zur Auswahl der optimalen Therapie</strong><br />Dies hat Seiler mit seinem Team im vergangenen Jahr bereits gemacht. Sie verwendeten den Algorithmus NEXUS, der f&uuml;r den Einsatz bei Brustkrebs und Melanom entwickelt wurde. Mithilfe des Algorithmus k&ouml;nnen DNA-Alterationen identifiziert werden, gegen welche zielgerichtete Therapien verf&uuml;gbar sind. Unter Einbeziehung verschiedener Datenbanken wie FDA, ClinicalTrials. gov oder Swissmedic kann so die beste individuelle Therapie identifiziert werden. Mit diesem System konnten anhand von DNA-Sequenzierung 44 Gene mit gesch&auml;digten Varianten gefunden werden, die in zumindest 10 % der analysierten Proben vorhanden waren. Insgesamt 88 Wirkstoffe stehen f&uuml;r die Patienten zur Verf&uuml;gung, individuell nach der jeweils vorliegenden Mutation ausgew&auml;hlt. Unter Verwendung von RNA-Sequenzierung wurden dar&uuml;ber hinaus lineare Modelle f&uuml;r 89 Wirkstoffe entwickelt.<br /> Die optimale Behandlung von Patienten mit muskelinvasivem Blasenkrebs sollte k&uuml;nftig also auf der Wahrscheinlichkeit des Ansprechens basieren, so Seiler: F&uuml;r die Behandlung basaler Tumoren oder Tumoren mit Mutationen in DNA-Reparatur- Genen ist die Cisplatin-basierte NAC am besten geeignet, f&uuml;r infiltrierte Tumoren mit einer hohen Mutationslast Checkpoint- Inhibitoren und f&uuml;r luminale Tumoren sind dies zielgerichtete Therapien. Dar&uuml;ber hinaus wird es neue Strategien, neue Targets, neue Modelle und neue Biomarker f&uuml;r neue Therapien geben.</p> <h2>Immuntherapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom</h2> <p>Univ.-Prof. Dr. Manuela Schmidinger, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin, Medizinische Universit&auml;t Wien, berichtete in ihrem Vortrag &uuml;ber die Optimierung der Therapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC). Die Einf&uuml;hrung der Kombination des PD-1-Inhibitors Nivolumab mit dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab in die Erstlinienbehandlung von Patienten mit intermedi&auml;rem/ung&uuml;nstigem Risikoprofil stellen einen neuen Standard in der Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms dar. Die Ergebnisse der CheckMate-214-Studie, die im &bdquo;New England Journal of Medicine&ldquo; publiziert wurden, f&uuml;hrten im J&auml;nner 2019 auch in Europa zur Zulassung der Kombinationstherapie. Die Studie ergab ein komplettes Ansprechen von bis zu 16 % und ein bis dahin noch nie beim mRCC boebachtetes Gesamt&uuml;berleben (OS): Das mediane OS war unter der Checkpoint-Inhibitor-Kombination noch nicht erreicht und betrug unter Sunitinib 26 Monate (HR: 0,63; 99,8 % CI: 0,44&ndash;0,89; p &lt;0,001). Sogar nach Therapieabbruch konnten Verbesserungen bei Patienten beobachtet werden. Auch bei Patienten mit sarkomatoider Differenzierung kam es zu deutlichen Fortschritten.</p> <p><strong>Verbesserungen sind n&ouml;tig</strong><br /> Aber es gibt noch Raum f&uuml;r Verbesserung, denn nicht jeder Patient profitiert von der Checkpoint-Inhibitor-Kombination, so Schmidinger. In der CheckMate-214-Studie (Nivolumab + Ipilimumab) zeigten 51 % der Patienten kein Ansprechen, in der IMmotion- 151-Studie (Atezolizumab + Bevazizumab) ebenfalls 51 % und in der JAVELIN- 101-Studie (Avelumab + Axitinib) waren es 38 % . Dazu kommt, dass bei den letzten beiden genannten Studien das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) in einem Bereich liegt, der auch mit einem Tyrosinkinase- Inhibitor (TKI) ohne Checkpoint-Inhibitor erreicht werden kann, so Schmidinger.</p> <p><strong>Optimierung der Immuntherapie</strong><br />F&uuml;r Schmidinger gibt es vier Wege, um die Immuntherapie zu optimieren. Als Erstes muss vor der Therapie der prim&auml;re Treiber der Krankheit jedes einzelnen Patienten identifiziert werden. Mittels Transkriptomanalyse kann die passende Therapie gew&auml;hlt werden. So w&auml;re f&uuml;r Patienten mit einer Angiogenese-Signatur eine TKI-Therapie alleine ausreichend. Patienten mit einer hohen T-Effektor-Signatur hingegen ben&ouml;tigen eine Therapie mit einem Checkpoint- Inhibitor. Haben Patienten eine hohe Signatur an myeloider Inflammation, ist eine Kombination aus TKI und Checkpoint- Inhibitor am besten. Als zweiten Weg f&uuml;r die Optimierung der Immuntherapie f&uuml;hrte Schmidinger die Miteinbeziehung der Heterogenit&auml;t der Population an, denn Gensignaturen sind in den verschiedenen Risikogruppen unterschiedlich. Der dritte Weg ist das Verst&auml;ndnis des Escape-Mechanismus des Tumors beim jeweiligen Patienten. Je nach Escape-Mechanismus gibt es unterschiedliche Therapieans&auml;tze. Die gest&ouml;rte Erkennung des Tumors durch das Immunsystem k&ouml;nnte durch den Einsatz von Chemotherapie, CAR-T-Zellen oder Histon-Deacetylase-Inhibitoren verbessert werden. Bei gest&ouml;rtem T-Zell-Metabolismus k&ouml;nnte der Einsatz von IDO-Inhibitoren von Vorteil sein. Monoklonale Antik&ouml;rper gegen IL-10, COX2-Inhibitoren oder VEGF-Inhibitoren k&ouml;nnten bei T-Zell-Dysregulation angezeigt sein. Denkbare Therapieans&auml;tze f&uuml;r Immunzellen, die vom Tumor f&uuml;r sich genutzt werden, sind VEGFInhibitoren, Radiotherapie oder Metformin. Induziert der Tumor T-Zell-Apoptose oder f&uuml;hrt zur Hochregulierung von inhibitorischen Molek&uuml;len, k&ouml;nnte ein Ipilimumab- Boost helfen. VEGF-Inhibitoren k&ouml;nnten auch zum Einsatz kommen, wenn der Zugang der T-Zellen zum Tumor gest&ouml;rt ist. Probiotika k&ouml;nnen bei einem falschen/ unerw&uuml;nschten Mikrobiom eingesetzt werden.<br /> Als letzten Punkt zur Optimierung der Immuntherapie f&uuml;hrt Schmidinger das Timing der Kombinationstherapie an. Demnach w&auml;re es sinnvoller, TKI und Checkpoint- Inhibitor nicht gleichzeitig zu verabreichen, sondern den Tumor mit dem TKI zuerst zu primen, bevor die Immuntherapie zum Einsatz kommt.<br /> Die Anwendung dieser wichtigen Erkenntnisse bei k&uuml;nftigen Therapien wird das Outcome bei dieser Erkrankung f&uuml;r immer ver&auml;ndern, so Schmidinger abschlie&szlig;end.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 4<sup>th</sup> Michael J. Marber (MJM) Annual Meeting – Frontiers in Urology. 14. Dezember 2018, Medizinsche Universität Wien </p>
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