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Highlights aus der Uroonkologie
Urologik
30
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13.09.2018
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<p class="article-intro">Auch dieses Jahr wurden am 54. Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology wieder spannende Studien zum Nierenzell- und Prostatakarzinom präsentiert. Eine Auswahl davon finden Sie in dem folgenden Bericht.</p>
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<p class="article-content"><h2>Nierenzellkarzinom</h2> <p><strong>Gute Lebensqualität unter kombinierter PD-L1- und VEGFR-gerichteter Therapie</strong> <br />In der IMmotion151-Studie wurde Atezolizumab plus Bevacizumab bei therapienaiven Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom mit Sunitinib verglichen und die Überlegenheit der Kombinationstherapie bezüglich des progressionsfreien Überlebens (PFS) gezeigt. Beim ASCO wurden nun Ergebnisse der Patientenbefragung zur Lebensqualität präsentiert, die Atezolizumab plus Bevacizumab als überlegenes Regime bestätigen.<sup>1</sup><br /> In die Phase-III-Studie IMmotion151 wurden 915 therapienaive Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Nierenzellkarzinom eingeschlossen und randomisiert mit dem PD-L1-Inhibitor Atezolizumab (1200mg, q3w) plus Bevacizumab (15mg/kg, q3w) versus Sunitinib (50mg, d1–28, q6w) behandelt. 362 der Patienten hatten einen positiven PD-L1- Status. Die koprimären Endpunkte waren das progressionsfreie Überleben bei PD-L1-positiven Patienten sowie das Gesamtüberleben (OS) innerhalb der ITT-Population. Zu den sekundären Endpunkten zählte u.a. der von den Patienten berichtete Therapieerfolg (PRO, „patientreported outcome“).<br /> Das mediane PFS der PD-L1-positiven Population war mit 11,2 Monaten unter kombinierter Anti-PD-L1-/Anti-VEGFRTherapie versus 7,7 Monate dem Standard Sunitinib signifikant überlegen (HR: 0,74; p=0,02). Auch in der ITT-Population war das mediane PFS im experimentellen Arm mit 11,2 Monaten versus 8,4 signifikant verlängert (HR: 0,83; 95 % CI: 0,70–0,97). Die Behandlung mit Atezolizumab/Bevacizumab erwies sich zudem als die verträglichere Therapieoption: Nebenwirkungen von Grad 3/4 wurden bei 40 % versus 54 % der Patienten beobachtet, obwohl die Kombination über einen längeren Zeitraum gegeben wurde (12,0 vs. 9,2 Monate). 5 % versus 8 % der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab, 12 % der Patienten im Kombinationsarm brachen einen Teil der Therapie ab. Letale Ereignisse wurden für 5 Patienten im Kombinationsarm und einen Patienten im Sunitinib-Arm berichtet.<br /> Die Studienteilnehmer wurden an Tag 1 und 22 in jedem 6-Wochen-Zyklus, am Ende der Therapie und während der Nachbeobachtungszeit gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Dem kamen mehr als 80 % der Patienten bei Studieneinschluss und mehr als 70 % bis Woche 54 nach. Die Lebensqualität und die Symptomlast waren zu Beginn der Studie in beiden Studienarmen vergleichbar. Bei Patienten unter Atezolizumab/Bevacizumab wurden im Vergleich zu Sunitinib weniger Störungen des alltäglichen Lebens durch Symptome berichtet. Auch kam es später zu einer relevanten Verschlechterung der Störungen durch Symptome (Abb. 1). Die Frage nach der Belastung durch Nebenwirkungen wurde im experimentellen Arm häufiger mit „gar nicht“ beantwortet als im Kontrollarm. „Etwas“ und „schon ein wenig“ wurden häufiger unter Sunitinib angegeben. Die Lebensqualität verschlechterte sich unter Atezolizumab/Bevacizumab weniger als unter Sunitinib.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Urologik_Uro_1803_Weblinks_s40_abb1_korr.jpg" alt="" width="600" height="441" /><br /><br /> <strong>Pembrolizumab-Monotherapie in der Erstlinientherapie</strong><br /> Die Immuntherapie mit Checkpoint- Inhibitoren hat sich beim Nierenzellkarzinom als wirksam erwiesen und wurde im fortgeschrittenen Setting bereits zugelassen. Die KEYNOTE-427-Studie prüfte Pembrolizumab als Monotherapie beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom in der Erstlinienbehandlung.<br /> In die Phase-II-Studie KEYNOTE-427 wurden 110 Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom (Kohorte A) und 164 Patienten mit nicht klarzelligem Nierenzellkarzinom (Kohorte B) eingeschlossen und mit 200mg (q3w) Pembrolizumab behandelt. Der primäre Studienendpunkt war das Ansprechen in Woche 12 sowie alle 6 Wochen danach bis Woche 54 und dann alle 12 Wochen. Beim ASCO wurden Ergebnisse für die Kohorte A mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 12,1 Monaten präsentiert.<sup>2</sup><br /> Die Patienten waren im Median 64 Jahre alt, annähernd die Hälfte der Patienten war 65 Jahre oder älter. 37,3 % der Patienten wiesen ein geringes Risiko laut IMDCRisikokategorien auf, 47,3 % ein mittleres Risiko und 15,5 % ein hohes Risiko. 42 % der Patienten hatten einen positiven (CPS =1) und 48 % einen negativen PD-L1-Status (CPS <1). Bei 10 % der Patienten wurde kein PD-L1-Status angegeben. Zum Zeitpunkt der Auswertung hatten 61 der 110 behandelten Studienteilnehmer die Medikation abgebrochen, 33 aufgrund eines Tumorprogresses und 18 aufgrund von Nebenwirkungen.<br /> Ein bestätigtes Ansprechen wurde für 38,2 % der Patienten berichtet, die Krankheitskontrollrate (CR + PR + SD =6 Monate) betrug 59,1 % . Eine Reduktion der Tumorlast wurde bei 67,3 % der Patienten beobachtet und bei 14,5 % der Patienten war die Reduktion =80 % . Bis zum Ansprechen vergingen median 2,8 Monate. Die mediane Dauer des Ansprechens war zur Zeit der Auswertung noch nicht erreicht, 74,8 % der ansprechenden Patienten zeigten aber ein Ansprechen von wenigstens 6 Monaten. Das progressionsfreie Überleben betrug median 8,7 Monate, das mediane Gesamtüberleben war noch nicht erreicht. Nach 6 Monaten lebten noch 92,7 % der Patienten, nach 12 Monaten 88,4 % .<br /> 10,9 % der Patienten brachen die Therapie aufgrund von therapieassoziierten Nebenwirkungen ab. Hoch dosiertes Steroid wurde 12,7 % der Patienten appliziert. Ein Patient starb an einer therapieassoziierten Pneumonie. Insgesamt war das Sicherheitsprofil mit den bei anderen Tumorentitäten beschriebenen Nebenwirkungen vergleichbar.<br /><br /> <strong>Zytoreduktive Nephrektomie nicht länger Standard beim mRCC</strong> <br />Im Zeitalter der zielgerichteten Therapien stellt sich für die Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms (mRCC) die Frage, ob eine zytoreduktive Nephrektomie, wenn ein Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) eingesetzt werden soll, tatsächlich den Therapieerfolg verbessert. Die Phase- III-Studie CARMENA untersuchte daher die alleinige Sunitinib-Therapie auf Nichtunterlegenheit gegenüber der zytoreduktiven Nephrektomie mit anschließender systemischer Sunitinib-Behandlung.<sup>3</sup><br /> Laut retrospektiven Studien und Metaanalysen scheinen Patienten von einer Nephrektomie zusätzlich zu einem TKI zu profitieren. Die prospektive, offene, randomisierte CARMENA-Studie kommt nun zu einem anderen Ergebnis. Demnach sollte die zytoreduktive Nephrektomie nicht länger als Standardbehandlung beim metastasierten Nierenzellkarzinom angesehen werden.<br /> Es wurden zwischen September 2009 und September 2017 450 Patienten in die CARMENA-Studie eingeschlossen. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 50,9 Monaten waren im Nephrektomie- Arm 165 Patienten verstorben sowie 161 Patienten im TKI-Arm.<br /> Von 226 Patienten, die in den Nephrektomie- Arm randomisiert wurden, wurden 205 Patienten tatsächlich einer Nephrektomie unterzogen und 176 Patienten erhielten in der Folge Sunitinib. Von 224 Patienten, die in den alleinigen TKI-Arm randomisiert wurden, erhielten 206 Patienten tatsächlich Sunitinib. 38 Patienten wurden sekundär nephrektomiert. Die Patientencharakteristika waren gut ausgewogen.<br /> Die Nichtunterlegenheit der alleinigen Sunitinib-Gabe versus Nephrektomie plus Sunitinib bezüglich des Gesamtüberlebens wurde in der ITT-Population mit einer Hazard-Ratio von 0,89 nachgewiesen (Abb. 2). Das mediane OS betrug mit Nephrektomie 13,9 Monate versus 18,4 Monate unter alleiniger systemischer Therapie. Mit intermediärem Risiko laut MSKCC-Kriterien lebten Patienten 19,0 versus 23,4 Monate, mit hohem Risiko 10,2 versus 13,3 Monate.<br /> Im Vergleich aller Patienten, die eine Nephrektomie erhalten hatten, mit allen Patienten, die im Sunitinib-Arm Sunitinib erhalten konnten, wurde eine 13 % ige Reduktion des Risikos, zu sterben, unter alleiniger systemischer Therapie festgestellt (HR: 0,87). Die Patienten lebten im Median 14,5 versus 20,5 Monate. Erhielten Patienten im Nephrektomie-Arm sowohl die Nephrektomie als auch Sunitinib, so betrug das mediane OS 18,3 Monate und die Hazard-Ratio im Vergleich zu den Patienten, die alleiniges Sunitinib erhielten, 0,98.<br /> Bezüglich des progressionsfreien Überlebens war der Vorteil für die alleinige systemische Therapie knapp signifikant (HR: 0,82; 95 % CI: 0,67–1,00). Patienten lebten im Nephrektomie-Arm median 7,2 Monate und unter Sunitinib median 8,3 Monate progressionsfrei. Nach 12 Monaten waren 30,4 % versus 37,3 % der Patienten ohne Progress, nach 24 Monaten 6,1 % versus 14,5 % und nach 36 Monaten 3,7 % versus 5,2 % .</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Urologik_Uro_1803_Weblinks_s40_abb2_korr.jpg" alt="" width="600" height="438" /></p> <h2>Prostatakarzinom</h2> <p><strong>AR-V7-Mutation im Kontext der AR-gerichteten Therapien</strong> <br />In der multizentrischen Studie PROPHECY wurde zirkulierendes AR-V7 bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) unter Behandlung mit Abirateronacetat oder Enzalutamid untersucht.<sup>4</sup> Mit Enzalutamid und Abirateron können das progressionsfreie Überleben (PFS) sowie das Gesamtüberleben (OS) von mCRPC-Patienten verlängert werden. 10–20 % der Chemotherapie-naiven Patienten weisen allerdings eine primäre Resistenz gegenüber der AR-gerichteten Inhibition auf und im Median entwickelt sich eine sekundäre Resistenz innerhalb von 1–2 Jahren. Zwischen Abirateronacetat und Enzalutamid besteht häufig eine Kreuzresistenz, sodass die folgende ARTherapie keine vorhersagbaren klinischen Ergebnisse bringt.<br /> Die PROPHECY-Studie schloss 120 Chemotherapie-naive mCRPC-Patienten ein, welche mit Enzalutamid oder Abirateronacetat bis zum Progress behandelt wurden. Anschließend erhielten die Patienten eine Taxan-Chemotherapie bis zum nächsten Progress. Als primärer Endpunkt wurde die Assoziation zwischen dem Baseline-AR-V7 im zirkulierenden Blut mit dem radiologischen oder klinischen Progress untersucht. PSA-Änderungen wurden zur Definition eines Progresses nicht herangezogen.<br /> Es wurde keine signifikante Differenz bezüglich des rPFS oder des OS zwischen den beiden AR-gerichteten Therapien gesehen. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19,6 Monaten waren 102 rPFS-Ereignisse eingetreten und 53 Patienten verstorben. Im Median betrug das rPFS 5,8 Monate und das OS 20,3 Monate.<br /> Für die Messung der Spleißvariante ARV7 wurden der Johns Hopkins AR-V7 CTC RNA Test und der „Epic nuclear“-AR-V7- CTC-Proteintest verwendet. Beide Systeme waren prädiktiv für die schlechtere Prognose bei Auftreten von AR-V7, unabhängig von der Therapielinie oder bekannten prognostischen Faktoren. Auch wenn eine geringe Chance für einen Therapieerfolg mit Abirateronacetat oder Enzalutamid bei Patienten mit CTC-AR-V7-positiven Tumoren beobachtet wurde, so garantiert die fehlende Detektion der Spleißvariante nicht das Ansprechen oder den Nutzen der AR-gerichteten Therapie. Die CTC-AR-V7 sollte im Kontext der phänotypischen und genomischen Heterogenität in Assoziation mit aggressiver Erkrankung interpretiert werden. Therapien für Männer mit AR-V7-positivem mCRPC benötigen wahrscheinlich einen breiten therapeutischen Ansatz.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology
(ASCO), 1.–5. Juni 2018, Chicago
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Escudier B et al.: Patient-reported outcomes (PROs) in IMmotion151: atezolizumab (atezo) + bevacizumab (bev) vs sunitinib (sun) in treatment (tx) naive metastatic renal cell carcinoma (mRCC). ASCO Annual Meeting 2018, Abstract #4511 <strong>2</strong> McDermott DF et al.: Pembrolizumab monotherapy as first-line therapy in advanced clear cell renal cell carcinoma (accRCC): results from cohort A of KEYNOTE- 427. ASCO Annual Meeting 2018, Abstract #4500<strong> 3</strong> Méjean A et al.: CARMENA: cytoreductive nephrectomy followed by sunitinib versus sunitinib alone in metastatic renal cell carcinoma—results of a phase III noninferiority trial. ASCO Annual Meeting 2018, Abstract #LBA3 <strong>4</strong> Armstrong AJ et al.: The PROPHECY trial: multicenter prospective trial of circulating tumor cell (CTC) AR-V7 detection in men with mCRPC receiving abiraterone (A) or enzalutamide (E). ASCO Annual Meeting 2018, Abstract #5007</p>
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