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Blasenkarzinom: Einfluss tumorinfiltrierender Immunzellen auf die BCG-Therapie
Urologik
Autor:
OÄ Dr. Renate Pichler, FEBU
Universitätsklinik für Urologie, Medizinische Universität Innsbruck<br> E-Mail: renate.pichler@i-med.ac.at
30
Min. Lesezeit
14.12.2016
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<p class="article-intro">Die intravesikale BCG-Induktions- und -Erhaltungstherapie über zwei bis drei Jahre ist derzeit die adjuvante Standardtherapie beim nicht muskelinvasiven High-Risk-Urothelkarzinom der Blase laut der EORTC-Risikostratifikation (pT1-Karzinome, High-Grade-Tumoren, Carcinoma in situ (CIS) und multiple, rezidivierende, >3cm große pTa-G1/G2-Tumoren).<sup>1, 2</sup> </p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Ungefähr 20–30 % der Patienten sind „BCG-Versager“, die trotz konsekutiver radikaler Zystektomie durch die Zeitverzögerung ein schlechteres postoperatives onkologisches Outcome zeigen können.</li> <li>Trotz der therapeutischen Einführung von BCG beim Blasenkarzinom von Morales et al im Jahre 1976<sup>3</sup> gibt es bis dato noch keine genauen und effizienten Biomarker.</li> <li>Biomarker wären klinisch von großer Bedeutung, um die Patienten idealerweise bereits vor Beginn der BCG-Therapie zu selektieren und somit zu eruieren, wer am meisten von einer blasenerhaltenden Strategie mittels BCG-Therapie oder von einer sofortigen radikalen Zystektomie profitiert.</li> <li>Verschiedene Immunzellsubpopulationen im Tumormikromilieu scheinen einen signifikanten Einfluss auf das Ansprechen auf BCG-Therapie beim Blasenkarzinom zu haben.</li> <li>Weitere prospektive und multizentrische Studien sind notwendig, um diese ersten Ergebnisse zu prüfen und zu bestätigen.</li> </ul> </div> <p>Trotz hoher Ansprechraten zeigen ca. 20–30 % aller Patienten einen „BCG failure“ bzw. einen BCG-refraktären Tumor. Obwohl die BCG-Therapie beim Blasenkarzinom bereits 1976 von Morales et al eingeführt worden ist,<sup>3</sup> ist der genaue BCG-induzierte Anti-Tumor-Mechanismus noch nicht vollständig geklärt. Eine prädominante Th1-Immunaktivierung mit einer verbesserten Erkennung von Tumorzellen durch Effektor-T-Zellen in der Blasenwand scheint für das BCG-Ansprechen entscheidend zu sein.<sup>4</sup> Bis dato gibt es noch keine eindeutigen klinischen Biomarker zur genauen Stratifizierung von Patienten, die am meisten von einer blasenerhaltenden Strategie mittels BCG-Immuntherapie oder von einer sofortigen radikalen Zystektomie profitieren würden.</p> <h2>Erster Hinweis: Immunzellen im Tumormikromilieu</h2> <p>Eine retrospektive Studie<sup>5</sup> untersuchte bei insgesamt 40 Patienten (29 BCG-Responder, 11 BCG-Versager) mit einem primären nicht muskelinvasiven High-Risk-Blasentumor und konsekutiver BCG-Induktionstherapie das prätherapeutische Tumormikromilieu. Mittels Immunhistochemie wurden unterschiedliche tumorinfiltrierende Immunzellen (B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, regulatorische T-Zellen und tumorassoziierte Makrophagen) in vier verschiedenen Tumorebenen (Lamina propria ohne Invasion, Invasionsfront, papilläres Tumorstroma und neoplastisches Urothel) quantifiziert. Wir konnten zeigen, dass in Abhängigkeit von der untersuchten Subpopulation die Immunzellen im Tumormikromilieu einen Einfluss auf das BCG-Ansprechen zeigten: Bei BCG-Versagern wurde eine signifikant höhere Zahl an regulatorischen T-Zellen (Tregs) und tumorassoziierten Makrophagen (TAMs) bestätigt, während die Anzahl an CD4+-T-Zellen geringer war im Vergleich mit den BCG-Respondern. Patienten mit Blasenkarzinom zeigten zudem eine intratumorale Th2-Dominanz, interessanterweise vor allem jene Patienten mit BCG-Ansprechen. Diesbezüglich wurde eine prospektive Folgestudie eingeleitet, um diese gezeigte Th2-Dominanz im Tumormikromilieu vor BCG-Therapie mit dem funktionellen Immunstatus (Th1 vs. Th2) während der BCG-Induktionstherapie zu vergleichen. Hierbei werden sowohl verschiedene Th1 (IL-2, IL-12, IFN-γ) und Th2 (IL-4, IL-10), Zytokine als auch Neopterin und der Tryptophanabbau im Serum bestimmt und zudem FACS-Analysen (FACS = „fluorescence-activated cell sorting“) von gesammelten peripheren Blutproben zu verschiedenen Zeitpunkten (vor, während und nach BCG-Induktion) durchgeführt.<sup>6</sup></p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Babjuk M et al: European Association of Urology: EAU guidelines on non-muscle-invasive urothelial carcinoma of the bladder: update 2013. Eur Urol 2013: 64: 639-53 <strong>2</strong> Sylvester RJ et al: Predicting recurrence and progression in individual patients with stage Ta, T1 bladder cancer using EORTC risk tables: a combined analysis of 2596 patients from seven EORTC trials. Eur Urol 2006; 49: 466-77 <strong>3</strong> Morales A et al: Intracavitary bacillus calmette-guérin in the treatment of superficial bladder tumors. J Urol 1976; 116: 180-3 <strong>4</strong> Saint F et al: Evaluation of cellular tumour rejection mechanisms in the peritumoral bladder wall after bacillus calmette-guérin treatment. BJU Int 2001; 88: 602-10 <strong>5</strong> Pichler R et al: Tumor-infiltrating immune cell subpopulations influence the oncologic outcome after intravesical bacillus calmette-guérin therapy in bladder cancer. Oncotarget 2016; 7: 39916-30 <strong>6</strong> Pichler R et al: Intratumoral Th2 predisposition combines with an increased Th1 functional phenotype in clinical response to intravesical BCG in bladder cancer. Cancer Immunol Immunother; under review</p>
</div>
</p>
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