
Belastungs- und Dranginkontinenz: in Kombination schwierig zu behandeln
Bericht:
Reno Barth
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Neben der durch körperliche Anstrengung wie Husten, Lachen oder schweres Heben ausgelösten Stressinkontinenz (Belastungsinkontinenz) und der durch imperativen Harndrang charakterisierten Dranginkontinenz wird auch ein gemischtes Bild dieser beiden Inkontinenzformen („mixed urinary incontinence“) beobachtet. Diese stellt eine erhebliche therapeutische Herausforderung dar.
Bei der gemischten Inkontinenz kann jeweils eine der beiden Inkontinenzformen im Vordergrund stehen, so Prof. Dr. Turfan Tarcan vom Akademischen Krankenhaus der Marmara University. In dieser Situation müsse zunächst festgestellt werden, welche Inkontinenzform das ist, damit das am stärksten belastende Symptom zuerst behandelt werden kann. Neben einer gründlichen Anamnese und dem Führen eines Miktionstagebuchs sollten auch urodynamische Tests durchgeführt werden, um beispielsweise Kontraindikationen für eine chirurgische Therapie zu identifizieren. Alle Optionen und Perspektiven müssen mit den Patientinnen offen diskutiert werden.
Steht Stressinkontinenz im Vordergrund, so ist die Therapie der ersten Wahl Training der Beckenbodenmuskulatur, gegebenenfalls in Kombination mit Duloxetin. Wird damit nicht der gewünschte Erfolg erzielt, so bleiben chirurgische Optionen, für die in der Literatur jedoch sehr unterschiedliche Erfolgsraten angegeben werden. Patientinnen mit Mischinkontinenz müssen darüber aufgeklärt werden, dass sie nach erfolgreicher Therapie ihrer Stressinkontinenz aller Wahrscheinlichkeit nach noch eine medikamentöse Behandlung ihrer Drangsymptomatik benötigen werden.
Prof. Dr. Tiago Antunes Lopes vom Centro Hospitalar de São João in Porto betont, dass die Pathophysiologie der Mischinkontinenz nach wie vor unklar ist, zumal hier zwei sehr unterschiedliche Pathologien zusammenwirken. Dementsprechend schwierig könne sich die Behandlung gestalten. Auch sei die Wahl der belastendsten Komponente nicht immer leicht, da beide Komponenten gleichermaßen belastend sein können. Die Urodynamik biete den Vorteil, dass mit ihrer Hilfe Stressinkontinenz und Detrusorüberaktivität objektiviert und quantifiziert und auf dieser Basis Patientinnen beraten werden können. In jedem Fall sollte die Chirurgie die letzte Option sein. Für die medikamentösen Therapien werde mehr und bessere Evidenz benötigt.
Gesammelte Evidenz für die Behandlung der überaktiven Blase
Für die Therapie einer überaktiven Blase bei Frauen stehen heute zahlreiche medikamentöse und nicht medikamentöse Optionen zur Verfügung. Als Basis für zukünftige Leitlinien-Empfehlungen führte eine britische Gruppe einen Review samt Metaanalyse zum Management dieses Zustandsbildes durch, mit dem Ziel, die verschiedenen verfügbaren Therapien hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit zu evaluieren. Insgesamt wurden 22 randomisierte, kontrollierte Studien mit mehr als 6000 Patientinnen in die Analyse aufgenommen. Sie zeigte für die Antimuskarinika als meistverschriebene Option in dieser Indikation eine signifikante Überlegenheit im Vergleich zu Placebo sowohl im Hinblick auf die Miktionsfrequenz als auch auf Drang und Dranginkontinenz. Dies wurde allerdings mit signifikanten Nebenwirkungen erkauft. Im Vergleich zu Placebo traten Mundtrockenheit und kognitive Probleme um rund einen Faktor 3 häufiger auf. Auch Obstipation wurde häufiger beobachtet.
Im Vergleich zu Beta-3-Agonisten erwiesen sich Antimuskarinika in drei Studien als weniger effektiv in der Reduktion von Nykturie, nicht jedoch in der Vermeidung von Dranginkontinenz. Als Nebenwirkungen verursachten Antimuskarinika häufiger Mundtrockenheit, nicht jedoch Obstipation. Im Vergleich zu Monotherapien erwiesen sich Kombinationen von Antimuskarinika mit anderen Therapien als besser wirksam im Hinblick auf Miktionsfrequenz und Nykturie, ohne dass dies mit vermehrter Mundtrockenheit, Konstipation oder Sehstörungen erkauft würde.
Die posteriore tibiale Nervenstimulation (PTNS) war im Vergleich zu den Antimuskarinika wirksamer in der Reduktion von Episoden von Dranginkontinenz ohne signifikanten Unterschied hinsichtlich Drang oder Miktionsfrequenz. Die Kombination von Antimuskarinika mit PTNS brachte einen zusätzlichen Vorteil im Hinblick auf Dranginkontinenz, nicht jedoch Miktionsfrequenz oder Nykturie. Die für die Erstellung von Leitlinien erforderliche Bewertung der Evidenz nach dem GRADE-System steht bislang aus.
Quelle:
EAU-Kongress 2021, virtuell vom 8.-12. 7. 2021. Guideline Session I: „Urethral strictures and female UI“ und Posterpräsentation P0305, Farag S et al.: Management of women with overactive bladder syndrome: a systematic review with meta-analysis of benefits and potential harms of surgical and non-surgical treatment options by the EAU non-neurogenic female LUTS Guidelines panel. EAU 2021
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