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Therapie nach Risikoprofil
Leading Opinions
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Am EULAR-Kongress in London wurden die Grundzüge der neuen Leitlinie «Rheumatoide Arthritis» vorgestellt. Neu sind vier übergreifende Prinzipien und eine Behandlung nach Risikofaktoren.</p>
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<p class="article-content"><p>Die Autoren der EULAR-Leitlinie von 2013 kündigten es damals schon an: «We will carefully follow the developments in the field and anticipate that yet another update may be needed in 2-3 years.» Nun ist es so weit: In Kürze soll die neue Leitlinie «Rheumatoide Arthritis » veröffentlicht werden. Beim EULARKongress in London wurde sie in ihren Grundzügen bereits vorgestellt. Wir erfuhren von Prof. Dr. med. Josef Smolen, einem der Hauptautoren und Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Wien, von den wichtigsten Neuerungen.</p> <p>Es lohne sich, so Smolen, sich bei der Überlegung einer Therapiestrategie noch einmal die verschiedenen Medikamentengruppen in Erinnerung zu rufen. Die krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamente («disease modifying antirheumatic drugs», DMARDs) lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: synthetische (sDMARDs) und biologische Substanzen (bDMARDs). Bei den synthetischen unterscheidet man konventionelle synthetische (csDMARDs), wie Methotrexat, Sulfasalazin und Leflunomid, von gezielt wirkenden synthetischen (tsDMARDs), wie z.B. dem Januskinase(JAK)- Inhibitor Tofacitinib. Auch bei den biologischen Präparaten gibt es zwei Untergruppen: Originator-Biologika (boDMARDs), wie die ursprünglichen TNFHemmer Abatacept, Rituximab, Tocilizumab und Anakinra, sowie Biosimilars (bsDMARDs), von denen jene von Infliximab und Etanercept kürzlich in der Europäischen Union zugelassen worden sind. In der Schweiz sind bisher nur die zwei Biosimilars von Infliximab (Remsima<sup>®</sup> und Inflectra<sup>®</sup>) zugelassen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s76_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="545" /></p> <h2>Risikofaktoren beim Therapieentscheid berücksichtigen</h2> <p>In der Leitlinie von 2013 gab es drei übergreifende Prinzipien – A, B und C – und 14 Empfehlungen, in der neuen Leitlinie sind es vier übergreifende Prinzipien (Tab. 2). Die bisherige Empfehlung 14 («When therapy needs to be adjusted, factors apart from disease activity, such as progression of structural damage, comorbidities and safety issues, should be taken into account») ist nun den übergreifenden Prinzipien zugeordnet. «Wir haben gemerkt, dass es sich dabei eher um ein generelles Prinzip als um eine Behandlungsempfehlung handelt», sagt Smolen. «Es ist enorm wichtig, bei der Therapieentscheidung nicht nur die Krankheitsaktivität zu berücksichtigen, sondern auch andere Faktoren wie die Progression struktureller Schäden, Komorbiditäten und das Nebenwirkungsprofil.»<br /> In der neuen Leitlinie werden 12 Empfehlungen aufscheinen. Ein möglicher früherer Einsatz als zuvor wird für die JAK-Inhibitoren empfohlen. «Wir haben zu Tofacitinib jetzt mehr Langzeitdaten, die keine neuen oder unerwarteten Nebenwirkungen zeigten», sagt Smolen. «Auch ein weiterer JAK-Inhibitor, Baricitinib, hat Phase-III-Studien beendet und zeigte eine gute Wirksamkeit ohne neue Sicherheitsbedenken.» JAKHemmer seien eine gute Alternative zu Biologika: «Die Patienten können sie als Tablette einnehmen. So könnten sie sich zum Beispiel besonders für diejenigen eignen, die eine Nadelphobie haben. Aufgrund der neuen vorliegenden Daten heben wir mit der Leitlinie den Einsatz dieser Präparate vom Empfehlungslevel III auf II.»<br /> Tofacitinib ist seit 2013 in der Schweiz zugelassen, Baricitinib ist es noch nicht, aber die europäische Zulassungsbehörde EMA hat die Marktzulassung empfohlen. Ebenso für Tofacitinib, das auch bald in der EU zugelassen werden sollte, erwartet Smolen.<br /> Die Leitlinie äussert sich klarer als die Leitlinie des American College of Rheumatology (ACR) zum Einsatz von Kortikoiden. «Man sollte sie immer nur vorübergehend beim Start von csDMARDs einsetzen, jedoch nicht nur beim ersten csDMARD, sondern auch wenn man auf ein anderes csDMARD umsteigt, weil das erste nicht oder nicht ausreichend gewirkt hat und keine Risikofaktoren für eine rasche Progression der Krankheit bestehen.»</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s78_tab2.jpg" alt="" width="1417" height="747" /></p> <h2>Drei Behandlungsphasen</h2> <p>Smolen erklärte das Vorgehen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA): Sobald die Diagnose gestellt ist, sollte in einer ersten Therapiephase mit Methotrexat begonnen werden, in Kombination mit Kurzzeitkortikoiden. Verträgt der Patient Methotrexat nicht, stehen als Alternative Leflunomid oder Sulfasalazin zur Verfügung. Verbessert sich die Krankheitsaktivität dann nicht innerhalb von 3 Monaten um mindestens die Hälfte oder erreicht man mit der Einzeltherapie innert 6 Monaten das Therapieziel nicht, empfiehlt die Leitlinie in einer zweiten Therapiephase, anhand Risikofaktoren vorzugehen: «Versagt zum Beispiel ein csDMARD plus Glukokortikoid, schauen wir, ob Risikofaktoren für eine rasche Destruktionsprogression vorliegen », erklärt Smolen. «Hat der Patient keine solche Risikofaktoren, setzt man ein anderes csDMARD ein. Liegen Risikofaktoren vor, kombiniert man mit einem biologischen DMARD.» In der Schweiz stehen fünf TNF-Blocker und zwei Biosimilars von Infliximab zur Verfügung. «Bei den EULAR-Empfehlungen berücksichtigen wir auch den Preis der Medikamente und mit den Biosimilars haben wir jetzt wirksame und preiswertere Alternativen», so Smolen.<br /> In der Therapie der RA habe man immer schon nach Behandlungsphasen unterschieden, sagt Smolen. «Mit der jetzigen Formulierung haben wir das nur klarer gefasst. Unsere amerikanischen Kollegen unterscheiden nach Krankheitsphase (‹established› und ‹early›). Wir schauen, ob ein Patient csDMARDnaiv ist (Phase I), ob csDMARDs versagt haben (Phase II) oder ob er sich nach einem bDMARD-Versagen vorstellt (Phase III).»<br /> Die neue Leitlinie basiert auf drei systematischen Literaturanalysen und Expertenmeinungen. Beteiligt waren Dutzende Komiteemitglieder aus Europa, Asien, Australien, Latein- und Nordamerika. Auch Patientenmeinungen berücksichtigten die Autoren. Für die Empfehlungen bestanden meist ein hoher Evidenzgrad und ein hoher Grad an Zustimmung der Mitglieder. Die Behandlungsstrategie lässt sich anhand eines Flussdiagrammes nachvollziehen, in der die drei Phasen gekennzeichnet sind. «Die Leitlinie sollte demnächst fertig zur Publikation sein», so Heinz Marchesi, Executive Director EULAR.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s76_bild.jpg" alt="" width="685" height="1125" /></p> <p><strong>Weitere Infos unter:</strong><br /> www.eular.org/recommendations_home.cfm</p></p>
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