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Psoriasis-Arthropathie: Best of Rheumatology Congresses 2018
Jatros
Autor:
Dr. Raimund Lunzer
KH Barmherzige Brüder Graz<br> E-Mail: raimund.lunzer@gmx.at
30
Min. Lesezeit
14.02.2019
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<p class="article-intro">Immer mehr Details der Pathogenese der Psoriasisarthritis werden detektiert und essenzielle Wege der Entzündung isoliert. Individuellere Therapieoptionen zeigen gute Wirksamkeit. Die Bedeutung der PROs („patient-related outcomes“) wird zunehmen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Ist das Erreichen einer LDA („low disease activity“) oder MDA („mild disease activity“) ausreichend als klinisch relevant(er)es Ziel?</li> <li>IL-23- und IL-17-Inhibitoren zeigen eine gute Wirksamkeit bei PsO/PsA, aber die IL-23-Inhibitoren haben für die Wirbelsäule nicht die gleiche Bedeutung wie IL-17-Inhibitoren.</li> <li>Auch orale Therapiemöglichkeiten stehen bei geeigneter Indikation zur Verfügung.</li> <li>Erkenntnisse über Enthesiopathien: lange unterschätzt, oft nur sekundärer Endpunkt in Studien, mechanische Belastung an der Sehne als „Trigger“ ausschlaggebend.</li> <li>Die Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg.</li> <li>Patienten sind nicht (immer) zufrieden. Bedeutung der Depression: höhere Scores, aber ein Mehr an Therapie hilft nicht.</li> </ul> </div> <p>IL- 17 ist unabhängig von IL- 23 an der Regulation der intestinalen Mukosabarriere beteiligt und könnte den fehlenden klinischen (?) Effekt von IL- 17- Blockern in der Therapie von CED erklären. Stromazellen können an Enthesen von Mäusen unabhängig von T- oder B- Zellen durch mechanische Belastung Entzündung und Knochenneubildung induzieren. Diese mechanisch induzierte inflammatorische Reaktion führt – bei entsprechender genetischer Prädisposition – zu einem Ausbleiben der Beendigung der Entzündungsreaktion. T-Lymphozyten des unspezifischen Immunsystems („innate lymphoid cells“, ILC) korrelieren mit der Krankheitsaktivität der PsA. Trotz zunehmender Kenntnis wesentlicher Bausteine der Inflammation gilt: „Der beste Biomarker für die Entwicklung der PsA ist der Dermatologe!“, wie Prof. Georg Schett (Erlangen) zusammenfasst.</p> <h2>Heterogene Manifestationen</h2> <p>Die Daten zur Häufigkeit der PsA sind variabel, sie liegt auch bei PsO bei bis zu 40 % . Das Ziel ist die Remission, aber die Definition ist bei der PsA schwieriger als bei RA, denn Remission ist letztlich nicht mehr als ein Terminus. Gerade die PsA zeichnet sich nicht nur durch Arthritis aus, auch extraartikuläre und nicht muskuloskelettale Manifestationen sind vorhanden, die es zu berücksichtigen gilt. Im Wesentlichen handelt es sich um die Domänen Arthritis, Psoriasis, Enthesitis, Daktylitis, Spondylitis sowie systemische entzündliche Aktivität, somit insgesamt massiv übergreifende Manifestationen, welche die Körperfunktion betreffen und die Lebensqualität der Patienten mit PsA beeinträchtigen. Erschwerend kommt dann noch die unterschiedliche subjektive Gewichtung vonseiten des Patienten hinzu. Ein Instrument zur Beurteilung des Vorhandenseins eines gut kontrollierten Krankheitszustands („mild disease activity“, MDA) ist verfügbar, erlaubt jedoch keine quantitative Erfassung der Krankheitsaktivität. Es wird aber mittlerweile international in Studien als relevantes Instrument gesehen. Der eindimensionale DAPSA, der auf die Domäne „Arthritis“ fokussiert, wird wegen des Nichteinbeziehens von Enthesitis und Daktylitis kritisiert. Das Fehlen von Schmerz macht aber eine hohe Aktivität in diesen beiden Domänen unwahrscheinlicher (ausgenommen Daktylitis der 4. Zehe). Auch das Labor lässt uns im Stich, denn nur etwa 40 % der PsA-Patienten weisen ein erhöhtes CRP im Serum auf.</p> <p>Ein vielbeachteter Beitrag von Georg Schett zu Enthesiopathien wurde publiziert und mehrfach rezensiert. Der Übergang von Psoriasis zur PsA erfolgt schon frühzeitig und noch ohne klinische Manifestation. Dies wurde eindrucksvoll abgebildet bzw. radiologisch nachgewiesen. In einer Arbeit konnte diese subklinische Inflammation effektiv mit Secukinumab beeinflusst werden. Diese subklinische Enthesitis kann über die Osteitis auch in eine Synovitis übergehen. Bei der PsA führt die Enthesitis zur Osteoproliferation und die Synovitis zu Gelenkerosionen; die Behandlung der PsA ist abhängig von der Art des betroffenen Gewebes. Es macht therapeutisch einen großen Unterschied, ob die Enthesiopathie- oder die Arthritis-Komponente angegangen wird: 70 % iges Ansprechen unter IL-23-Inhibitoren gegenüber 50 % igem Ansprechen von TNF-Inhibitoren bei Enthesitis.</p> <h2>Komorbiditäten</h2> <p>Viele Beiträge widmeten sich den Komorbiditäten und ihren Auswirkungen auf die Grundkrankheit bzw. auf die Therapie. Keine Frage: Die kardiovaskulären Ereignisse zu obervieren ist lebenswichtig, aber die Inzidenz von Diabetes mellitus oder PAVK ist höher als bei der RA. Ob hier die allgemeine Stoffwechsellage eventuell aufgrund der Grunderkrankung und des sozialen Rückzugs verantwortlich ist, darf diskutiert werden. Die Depression ist mit 50–70 % mitunter die häufigste Komorbidität. Die Krankheitsaktivität alleine zu kontrollieren ist zu wenig. Liegt eine depressive Komponente vor, werden sich die Scores höher abbilden und ein Mehr an immunmodulierender Therapie führt dann nicht zum Erfolg. Mittlerweile erfassen die Studien auch diese patientenbezogenen Parameter (PROs). Unter Secukinumab bessern sich Angst und Depression deutlich.</p> <h2>Sicherheit</h2> <p>Große internationale, paneuropäische Register zeigen keine erhöhte Inzidenz an Malignomen. Auch Patienten mit Malignom in der Krankengeschichte haben keine erhöhte Rezidivwahrscheinlichkeit, wie bei über 100 000 Patienten gezeigt werden konnte. Daten aus über 18 Jahren mit TNF-α-Inhibitoren haben schon Gewicht!</p> <h2>Blickwinkel</h2> <p>Generell sind die Patienten noch nicht überzeugt und wir werden die Aufklärung noch ausführlich weiterführen müssen. Eine Umfrage (mit mehr als 3000 Patienten aus den USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und England; MAPP – „Multinational Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis“) fördert Unbehagen zutage: 50 % halten die Therapien für belastend, 46 % halten sie für riskanter als die Krankheit und 85 % der Patienten wünschen sich „bessere“ Therapien. In öffentlichen Bädern werden teils eigene Bereiche für PsO-Patienten angeboten – wir sollten die Patienten aber nicht isolieren, sondern sie behandeln!</p> <h2>Brauchen wir Neues?</h2> <p>Der Hauptgrund für einen Therapiewechsel ist die mangelnde Wirksamkeit. Das Angebot an biologischen Therapien nimmt stetig zu. Circa ein Viertel der Patienten bricht die Therapie mit dem Erstbiologikum in einem Zeitraum von durchschnittlich 15 Monaten ab. Nach 5 Jahren werden nur noch 20–30 % der Patienten mit der primär biologischen Startmedikation behandelt. Somit wird die zukünftige Herausforderung sein: Wer ist als Zweiter Erster? Mit jedem Therapiewechsel steigt die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres Nichtansprechen. Dafür sind die oralen Behandlungsoptionen im Zunehmen: Neben dem etablierten Apremilast, welches bei biologisch naiven PsA-Patienten möglicherweise effektiver ist, werden die Januskinasehemmer bei nicht dominanter PsO wirksam sein, dann aber auch an der Wirbelsäule (Spondyloarthropathie) und bei CED-Manifestation sowie bei Atopie. Außerdem nimmt interessanterweise die Kopfbehaarung zu.</p> <h2>And the winner ...</h2> <p>Verständlicherweise wird versucht, einzelne Vorteile durch Netzwerkanalysen herauszuarbeiten. Auf alle Fälle konnte gezeigt werden, dass alle (!) biologischen Therapiemöglichkeiten deutlich besser sind als Placebo, was im wissenschaftlichen Kontext nicht unerheblich ist. Wenn die Psoriasis im Vordergrund steht, führt Ixekizumab das Feld hauchdünn an, wenn aber weitere Parameter bei PsO/PsA, wie ACR-Ansprechen, SAE und Verträglichkeit dazukommen, würde Secukinumab als Erster durchs Ziel gehen. So einfach wird es nicht sein!</p> <h2>Wort zum Schluss</h2> <p>Letztendlich hängt der (eine) Behandlungserfolg nicht nur von zellulären und biologischen Faktoren ab, sondern vielmehr von einem immateriellen Zusammenspiel von Komorbiditäten, psychosozialen Faktoren, Compliance, Überzeugungen und nichtwissenschaftlichen Wahrnehmungen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1901_Weblinks_jatros_ortho_1901_s50_bild.jpg" alt="" width="1448" height="1018" /></p></p>