
Neues Tarifsystem spaltet Gesundheitsbranche
Ab 2026 gelten neue Tarife mit TARDOC und ambulanten Pauschalen. Die Reaktionen unterschiedlicher Stakeholder darauf fallen gemischt aus.
Bern/Basel. Der Bundesrat hat das neue Gesamt-Tarifsystem für ambulante ärztliche Leistungen genehmigt. Ab dem 1. Januar 2026 ersetzt es die veraltete TARMED-Struktur, die seit 2004 in Kraft war. Künftig gilt eine Kombination aus der Einzelleistungstarifstruktur TARDOC und ambulanten Pauschalen. Beide Tarifmodelle wurden unter Federführung der Organisation ambulante Arzttarife (OAAT AG) überarbeitet und besser aufeinander abgestimmt. Die Pauschalen sollen vorwiegend in Spitälern zur Anwendung kommen, während TARDOC besonders den niedergelassenen Bereich berücksichtigt. Genauer ermöglicht TARDOC eine genauere Abrechnung der Konsultationsdauer als TARMED und trägt den Besonderheiten und Bedürfnissen der Hausärzt:innen besser Rechnung. Die Pauschalen vereinfachen die Rechnungsstellung und begrenzen die Anreize zur Erhöhung der abgerechneten Leistungsmengen. Der Bundesrat legt Wert auf Kostenneutralität: Der Systemwechsel darf nicht zu Mehrausgaben führen. Die Genehmigung ist bis Ende 2028 befristet, um noch nötige Anpassungen vorzunehmen.
H+ Die Spitäler der Schweiz begrüssen die Ablösung von TARMED, sehen aber dringenden Handlungsbedarf bei den Tarifen. Die Organisation fordert kostendeckende Preise im ambulanten Bereich, um die Ambulantisierung erfolgreich umzusetzen, und warnt davor, dass die Vorgabe der Kostenneutralität die wirtschaftlich ohnehin angeschlagenen Spitäler zusätzlich belastet. Ausserdem weist H+ auf den erheblichen Aufwand hin, den der Systemwechsel für Spitäler, Kliniken und Softwareanbieter bedeutet. In der Einführungsphase müsse es zu unkomplizierten Lösungen kommen, um Liquiditätsengpässe durch Abrechnungsverzögerungen zu vermeiden.
Auch prioswiss – die Vertreterin der Krankenversicherer – steht hinter dem neuen Tarifsystem und betont dessen Potenzial für eine sachgerechte Vergütung sowie regelmässige Aktualisierung. Die Organisation unterstützt das Prinzip des «lernenden Systems», verweist aber ebenfalls auf die Herausforderungen der Umsetzung. Interpharma hingegen warnt deutlich vor Fehlanreizen durch den Einbezug von Medikamentenkosten in Pauschalen. Der Pharmaverband befürchtet Einschränkungen bei der Therapiefreiheit und dem Zugang zu innovativen Arzneien. Innovationen würden dadurch erschwert, was langfristig der Patient:innenversorgung schade. Interpharma fordert, dass Medikamente weiterhin separat vergütet werden.
Quellen: Bundesrat, H+, prioswiss, Interpharma
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