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Neuer Antikörper erweitert das Therapiespektrum
Jatros
30
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16.11.2017
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<p class="article-intro">Mit dem selektiven Interleukin-17A-Blocker Ixekizumab lassen sich die Beschwerden von Patienten mit aktiver Psoriasisarthritis, die nicht auf andere Biologika angesprochen haben, lindern. Das zeigen Daten der Phase-III-Studie SPIRIT-P2. Wir haben Dr. Thomas Schwingenschlögl gefragt, was er von Ixekizumab hält. </p>
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<p class="article-content"><p>Eine Psoriasisarthritis kann so destruktiv voranschreiten, dass sie die Funktion der Gelenke deutlich einschränkt, die Lebensqualität enorm reduziert und die Mortalität erhöht.<sup>1, 2</sup> Bei Patienten, die auf die konventionelle Therapie nicht ansprechen, werden Biologika empfohlen. Als häufigste Biologika werden TNF-Hemmer eingesetzt. Doch bei einigen Patienten sind diese kontraindiziert, die Patienten vertragen sie nicht oder sie sprechen nicht genügend darauf an.<sup>3</sup> Eine Alternative in diesen Fällen könnte in Zukunft der Interleukin(IL)-17A-Antikörper Ixekizumab sein. Prof. Dr. Peter Nash und seine Kollegen von der Universität Queensland veröffentlichten kürzlich die Ergebnisse der SPIRIT-P2-Studie.<sup>4</sup> Bei Patienten mit aktiver Psoriasisarthritis, bei denen TNF-Hemmer nicht genügend gewirkt hatten, besserte Ixekizumab die Beschwerden deutlich.</p> <h2>Schlüsselrolle im Entzündungsprozess</h2> <p>IL-17A spielt eine entscheidende Rolle im Krankheitsprozess der Psoriasisarthritis. Es lockt Immunzellen zum Ort der Entzündung und erhöht die Produktion proinflammatorischer Zytokine.<sup>5</sup> Im peripheren Blut und in der Gelenkflüssigkeit lassen sich höhere Konzentrationen von Zellen nachweisen, die IL-17A produzieren, etwa T-Zellen oder „innate“ Immunzellen.<sup>6–8</sup> Dieser Anstieg korreliert mit einer erhöhten Krankheitsaktivität.<sup>7</sup> „Deshalb hat es Sinn, IL-17A zu blockieren“, sagt Dr. Schwingenschlögl, Rheumatologe in Wiener Neudorf. <br />Dass dieser Ansatz wirkt, zeigte die vorangegangene SPIRIT-P1-Studie.<sup>9</sup> In dieser Phase-III-Studie wurden 417 Patienten mit aktiver Psoriasisarthritis randomisiert entweder mit Ixekizumab oder mit Placebo behandelt. Bei Patienten der Ixekizumab-Gruppe zeigten sich deutlichere klinische Verbesserungen als bei Patienten der Placebogruppe, etwa in Bezug auf die Krankheitsaktivität, auf radiologische Zeichen einer Krankheitsprogression, auf die Funktionalität und die Lebensqualität. <br />In der SPIRIT-P2-Studie<sup>4</sup> wurden nun Patienten untersucht, die auf TNF-Hemmer nicht genügend angesprochen hatten, bei denen die Wirkung der TNF-Hemmer im Laufe der Therapie nachgelassen hatte oder die diese Medikamente nicht vertragen hatten. Die Studie läuft noch, rekrutiert aber keine Patienten mehr.<sup>10</sup> 363 Patienten erhielten randomisiert entweder 80mg Ixekizumab s.c. alle 4 Wochen oder alle 2 Wochen – jeweils nach einer Startdosis von 160mg – oder nach demselben Schema Placebo. Nach 24 Wochen hatten mehr Patienten in den Ixekizumab-Gruppen ein ACR-20-Ansprechen erreicht als Patienten der Placebogruppe (Abb. 1). Beim vierwöchentlichen Injektionsschema waren es 65 (53 % ) Patienten, beim zweiwöchentlichen Schema 59 (48 % ) und bei Placebo 23 (20 % ). Abgesehen davon verzeichneten die Autoren deutlichere Verbesserungen mit Ixekizumab auch in Scores zur Beurteilung psychischer Faktoren; ein ACR-50- und ACR-70-Ansprechen wurden mit Ixekizumab öfter erreicht als mit Placebo. Die klinischen Zeichen besserten sich meist innerhalb von ein bis zwei Wochen. Die mit mehr als 5 % häufigsten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle, Infekte der oberen Atemwege, Nasopharyngitis, Sinusitis und oropharyngeale Schmerzen; aber die Beschwerden waren mild bis moderat ausgeprägt. Um Langzeitwirkungen und Sicherheit zu beurteilen, soll die Studie über bis zu 3 Jahre fortgeführt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1706_Weblinks_s72.jpg" alt="" width="1417" height="910" /><br /><strong><em>Herr Dr. Schwingenschlögl, was halten Sie von Ixekizumab? </em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> IL-17A ist bei Psoriasis und bei den Spondarthritiden pathogenetisch ein entscheidendes Zytokin. Der humanisierte Antikörper Ixekizumab bindet mit einer hohen Affinität an freies IL-17A und blockiert dieses. Damit wird die Entzündungskaskade des Immunsystems unterbrochen, die Entzündung wird gebremst und die Krankheit schreitet nicht so schnell fort. Ixekizumab ist bei uns in Österreich bereits zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaquepsoriasis zugelassen. Ich erwarte, dass es demnächst auch für die Psoriasisarthritis zugelassen wird und auch zur Therapie der Spondylitis ankylosans. <br /><strong><em>Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit von Ixekizumab im Vergleich zu den anderen IL-17A-Antikörpern Secukinumab und Brodalumab und im Vergleich zu Ustekinumab, welches IL-12 und IL-23 blockiert? </em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> IL-12 und IL-23 bewirken, dass sich T-Helferzellen zu TH-17-Zellen differenzieren. Diese Zellen produzieren dann IL-17, das den Entzündungsprozess anstößt und aufrechterhält. Ustekinumab als IL-12/23-Antagonist blockiert diesen Mechanismus und setzt damit eine Stufe früher in der Entzündungskaskade an als die IL-17-Antagonisten. Somit wird IL-17 erst gar nicht produziert oder zumindest deutlich weniger. Secukinumab ist ein humaner Antikörper gegen IL-17A und ähnelt damit dem Ixekizumab. Die Bindung von Ixekizumab an IL-17A scheint aber etwas stärker zu sein als die von Secukinumab.<br />Brodalumab ist dagegen ein IL-17-Rezeptorantagonist, der die Rezeptoren an den verschiedenen Zellen für die Bindung mit IL-17 blockiert. Dabei werden die Interleukine IL-17A bis IL-17F blockiert. Auch reine IL-23-Antagonisten sind in klinischer Testung. Welches dieser Biologika letztendlich am besten wirkt, wissen wir nicht. Denn es gibt noch keine Head-to-Head-Studien.<br /><strong><em>Welchen Patienten mit Psoriasisarthritis geben Sie Ixekizumab oder einen der anderen Antikörper? </em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> Der Einsatz dieser neuen Medikamente richtet sich nach den internationalen Guidelines. Vorläufig ist Ixekizumab nur für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaquepsoriasis zugelassen. Die Indikation ist gegeben, wenn der Patient für eine systemische Therapie infrage kommt. Bei der Haut sind die IL-17A-Antagonisten den TNF-Blockern definitiv überlegen. <br /><strong><em>Welches Biologikum setzen Sie ein, wenn TNF-Blocker nicht wirken?</em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> Hierzu geben die Leitlinien keine Vorgaben. Wenn ein TNF-Blocker nicht wirkt, kann man auf einen anderen TNF-Blocker mit einem anderen Wirkmechanismus wechseln, also zum Beispiel von einem Antikörper gegen TNF auf einen Antikörper gegen den TNF-Rezeptor oder umgekehrt. Man könnte auch Ustekinumab einsetzen oder Secukinumab; diese sind bereits für die Therapie der Psoriasisarthritis zugelassen. <br /><strong><em>Wie beurteilen Sie das Nebenwirkungsprofil von Ixekizumab? </em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> Der Antikörper scheint insgesamt gut verträglich zu sein. Neben lokalen Reaktionen an der Einstichstelle, die allerdings mit der Zeit geringer werden, muss man vor allem auf orale Candida-Infektionen achten. Auch Infektionen der oberen Atemwege sind relativ häufig, vergleichbar mit anderen Biologika. Reaktivierungen einer Tuberkulose scheinen seltener vorzukommen als bei TNF-Blockern. Die Kontraindikationen decken sich weitgehend mit denen der anderen Biologika.<br /><strong><em>Ihr Fazit? Hat Ixekizumab eine Zukunft bei Psoriasis?</em></strong><br /><strong><em>T. Schwingenschlögl:</em></strong> Auf jeden Fall. Der Antikörper ist ein interessantes neues Therapiekonzept und wird unser Therapiespektrum neuerlich erweitern. Neue Indikationen wie Psoriasisarthritis und Spondylitis ankylosans werden folgen. Für Psoriasisarthritis ist ja die Phase-III-Studie bereits abgeschlossen, und Head-to-Head-Studien mit anderen Biologika werden gerade durchgeführt. Auch zu Spondylitis ankylosans haben die Studien begonnen.</p></p>
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<p><strong>1</strong> Ritchlin CT et al.: N Engl J Med 2017; 376: 957-70 <strong>2</strong> Gladman DD et al.: Ann Rheum Dis 2005; 64(Suppl 2): ii14-7 <strong>3</strong> Mease P et al.: Clin Exp Rheumatol 2015; 33(Suppl 93): S104-8<strong>4</strong> Nash P et al.: Lancet 2017; 389: 2317-27 <strong>5</strong> Chiricozzi A et al.: Actas Dermosifiliogr 2014; 105(Suppl 1): 9-20 <strong>6</strong> Jandus C et al.: Arthritis Rheum 2008; 58: 2307-17 <strong>7</strong> Menon B et al.: Arthritis Rheumatol 2014; 66: 1272-81<strong>8</strong> Noordenbos T et al.: Arthritis Rheum 2012; 64: 99-109 <strong>9</strong> Mease PJ et al.: Ann Rheum Dis 2017; 76: 79-87 <strong>10</strong> www.clinicaltrials.gov, NCT02349295</p>
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