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Es tut sich was
Jatros
30
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07.07.2016
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<p class="article-intro">Rheumatologen erwarten in absehbarer Zeit die Marktzulassung neuer Medikamente gegen rheumatoide Arthritis und Psoriasisarthritis, und eine österreichische Studie hat die Anwendung eines bewährten Biologikums in einer neuen Indikation, nämlich bei Patienten mit milder bis moderater rheumatoider Arthritis, geprüft.</p>
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<p class="article-content"><p>„Tut sich was in der Therapie bei chronischen Arthritiden?“ – das war das Thema des Vortrags von Prim. Priv.-Doz. Dr. Burkhard Leeb, LK Weinviertel Stockerau, beim 14. Wachauer Rheumatag. „Noch vor drei Jahren hätte man über dieses Thema nicht lange sprechen können“, so Leeb. Heuer sieht die Sache anders aus. In den letzten drei Jahren sind neue Subkutanverabreichungen und Biosimilars sowie ein „small molecule“ zugelassen worden. In der Pipeline warten weitere interessante Optionen.</p> <h2>„Small molecules“ gegen rheumatoide Arthritis</h2> <p>Unter dem Begriff „small molecules“ sind Tabletten zu verstehen, die Wirkstoffe enthalten, die in Entzündungsreaktionen auf zellulärer Ebene eingreifen. Tofacitinib und Baricitinib sind die beiden Präparate, zu denen die Studienlage bis jetzt am weitesten gediehen ist. Beides sind Januskinase(JAK)-Inhibitoren. JAK sind Enzyme, die in allen Zellen vorkommen, der Energiegewinnung dienen und bei entzündlichen Prozessen eine wesentliche Rolle spielen. Zahlreiche Zytokine und Wachstumsfaktoren werden über JAK und „Signal transducer and activator of transcription“(STAT)-Moleküle aktiviert, erklärt Leeb. <br />Tofacitinib, das in den USA und der Schweiz bereits zugelassen und bei der EMA eingereicht ist, kann laut Leeb in allen Indikationen der Basistherapie der rheumatoiden Arthritis (RA) sehr gute ACR50-Ansprechraten erzielen. Auch im Vergleich mit dem TNF-Blocker Adalimumab zeigt es auf Gruppenniveau eine numerische Überlegenheit. Da es das Präparat schon längere Zeit in der Forschung gibt, könne man sagen, so Leeb, dass es über Jahre hinweg effektiv und mit einer akzeptablen Verträglichkeit (SAE-Rate: 9–10/100 Patientenjahre) eingesetzt werden kann. „Die unerwünschten Wirkungen waren hauptsächlich Infektionen und Herpes zoster, aber Malignitäten, kardiovaskuläre Ereignisse oder opportunistische Infektionen – ausgenommen Tuberkulose – traten im bisherigen Beobachtungszeitraum von 7 Jahren selten auf.“ <br />Baricitinib hat das Phase-III-Programm vor Kurzem abgeschlossen und wurde bei der EMA und FDA eingereicht. Dieser Wirkstoff hemmt JAK-1 und JAK-2 mit konsekutiver Unterbrechung proinflammatorischer Signalwege. Baricitinib kann ein ähnliches Studienprogramm wie Tofacitinib aufweisen: Auch hier wurde die Wirkung an verschiedenen RA-Patientengruppen (Basistherapie-naive Patienten, DMARD-Versagen, TNF-Blocker-Versagen) mit Methotrexat, Placebo oder Adalimumab als Vergleichssubstanz untersucht. Die bisherigen Daten sind laut Leeb ebenfalls Erfolg versprechend: „Beide Substanzen haben ein Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil, das sie zu Alternativen in der RA-Therapie machen wird. Ihren Platz in der Therapiekaskade sollten beide nach Versagen der Methotrexat-Therapie finden.“ <br />Ein weiteres interessantes Target ist Interleukin 6 (IL-6). „Es wird in absehbarer Zeit einige Anti-IL-6-Präparate geben“, meint Leeb. „Sofern sie die Marktzulassung schaffen, könnten Sarilumab, Olokizumab, Clazakizumab und Sirukunumab eine wichtige Rolle in der RA-Therapie spielen.“</p> <h2>Gegen alle Symptome der PsA: „small molecules“ und Anti-IL-17-Therapie</h2> <p>Auch in der Therapie der Psoriasisarthritis (PsA) hat sich in letzter Zeit einiges getan. Die Erkrankung präsentiert sich nicht nur mit Haut- und Gelenkssymptomen, sondern weist eine Vielzahl an Organmanifestationen und Komorbiditäten auf, die den Erfolg und die Verträglichkeit einer Therapie mitbestimmen und auch beeinträchtigen können. Zugelassen bei aktiver PsA und unzureichendem Ansprechen auf synthetische Basistherapeutika sind diverse TNF-α-Blocker, der IL-12/23R-Hemmer Ustekinumab, der IL-17-Antikörper Secukinumab sowie – als ers-tes zugelassenes „small molecule“ – der PDE-4-Hemmer Apremilast. „Die Vorteile von Apremilast sind die orale Applikationsform und die generell gute Verträglichkeit: Es ist eigentlich ohne Vor- und Kontolluntersuchungen inklusive Laborwerten verschreibbar“, sagt Leeb. „Im Gegensatz zu den klassischen Basistherapeutika wirkt sich Apremilast auch günstig auf die Enthesitis und Daktylitis aus. Gastrointestinale Nebenwirkungen treten allerdings relativ häufig auf, insbesondere zu Beginn der Therapie.“ <br />Der IL-17-Hemmer Secukinumab ist sowohl für PsA als auch für ankylosierende Spondylitis zugelassen. Er wird subkutan verabreicht. Die Wirksamkeit ist generell mit der von TNF-Blockern vergleichbar. Weitere Il-17-Hemmer (Brodalumab und Ixekizumab) sind in der Pipeline. „Die IL-17-Hemmung wird möglicherweise eine wichtige Alternative in der Therapie seronegativer Spondarthritiden darstellen“, sagt Leeb und fasst zusammen: „Die für PsA zugelassenen Biologika und ,small molecules‘ wirken bei der peripheren und der axialen PsA, bessern die Hautsymptomatik und die schmerzhaften Sehnenentzündungen. Es ist daher zu überlegen, ob man diese Medikamente bei schwerem Verlauf nicht früher einsetzen sollte.“</p> <h2>Tocilizumab bei mildem und moderatem Verlauf der rheumatoiden Arthritis</h2> <p>Es gibt bislang einige wenige Untersuchungen, die sich mit der Verabreichung von Biologika bei mild und moderat aktiver RA befassen. Leeb berichtet über eine eigene Studie (OPTIMISE), welche die Anwendung eines bewährten Biologikums, nämlich Tocilizumab (TCZ), in einer neuen Indikation, bei Patienten mit milder bis moderater rheumatoider Arthritis, untersuchte.<sup>1</sup> „Die Studie ist eine rein österreichische Arbeit“, so Leeb stolz. 14 Zentren haben sich daran beteiligt. „Die Patienten wurden offen dreimal mit Tocilizumab und Methotrexat behandelt, dann wurde Methotrexat verblindet. Ziel war es, nachzuweisen, dass eine Therapieantwort mit Tocilizumab auch in der Monotherapie fortgesetzt werden kann.“ Primärer Endpunkt war eine Änderung des DAS-Scores in den Wochen 12 bis 24. Insgesamt wurden 112 Patienten rekrutiert. „In der blinden Phase waren es dann 65 Patienten, die in die zweite Phase der Untersuchung eingeschlossen wurden“, so Leeb. <br />Die Ergebnisse: „Zur Erhaltung der erzielten Therapieantwort machte es keinen Unterschied, ob Tocilizumab mit oder ohne Methotrexat verabreicht wurde“, berichtet Leeb. „Die Remissionsraten waren nahezu ident, die Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen war in beiden Gruppen gering. Es zeigten sich ein eindeutig positiver Effekt von Tocilizumab auf milde und moderate Krankheitsaktivität bei RA und die Möglichkeit, diesen Effekt mit TCZ-Monotherapie zu erhalten. Als Konsequenz wird man sich überlegen müssen, ob man nicht auch bei Patienten mit milder bis moderater RA Biologika einsetzen sollte, um die Lebensqualität zu verbessern.“</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Leeb BF et al: The safety and effect on disease activity of tocilizumab in combination with mtx versus tocilizumab monotherapy in patients with mild to moderate RA: an attempt to optimise the treatment response [abstract]. Arthritis Rheumatol 2015; 67(Suppl 10): Abstract Nr. 1039</p>
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