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Denosumab-Rebound-Risiko und was Osteoporose mit Immunologie zu tun hat

<p class="article-intro">Denosumab ist ein gut wirksames und verträgliches Osteoporosemedikament. Doch zwischenzeitlich haben sich Hinweise auf einen Rebound-Effekt nach Absetzen der Therapie verdichtet. Am Symposium Rheuma Top ging KD Dr. med. Diana Frey, Zürich, auf das Problem näher ein. In einem anderen Vortrag erläuterte PD Dr. med. Daniel Aeberli, Bern, spannende Erkenntnisse aus der Osteoimmunologie über Zusammenhänge von Entzündung und Knochen. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Denosumab ist in der Schweiz seit 2010 f&uuml;r die Behandlung der Osteoporose zugelassen. &laquo;Das Antiresorptivum unterdr&uuml;ckt den Knochenstoffwechsel so stark, dass Knochenabbaumarker wie die Beta-Cross-Laps (&beta;-CTx) im Serum w&auml;hrend der Therapie oft nicht nachweisbar sind&raquo;, erkl&auml;rte KD Dr. med. Diana Frey, Leiterin des Osteoporose-Zentrums am Universit&auml;tsspital in Z&uuml;rich. Wird die Behandlung beendet, steigen die Knochenumbau-Marker rasch sehr stark an, die Knochendichte nimmt ab und das Frakturrisiko, insbesondere f&uuml;r Wirbelfrakturen, nimmt zu. &laquo;Wenn Denosumab nach sechs Monaten nicht wieder gespritzt wird, beginnt bereits etwa drei bis vier Wochen sp&auml;ter der vermehrte Knochenabbau und die Knochendichte kann innert weniger Monate unter die Baseline sinken&raquo;, so die Osteoporosespezialistin.</p> <h2>Risikofaktoren f&uuml;r einen Rebound</h2> <p>Einige Frauen haben ein besonders hohes Risiko f&uuml;r einen Rebound. Besonders gef&auml;hrdet sind Patientinnen, die bereits vor Therapiebeginn Wirbelfrakturen hatten. &laquo;Bei diesen Frauen sollte Denosumab auf keinen Fall abgesetzt und auch nicht verz&ouml;gert verabreicht werden&raquo;, betonte Dr. Frey. Das Rebound-Risiko ist zudem deutlich erh&ouml;ht bei Patientinnen, die vorbestehend eine sehr geringe Knochendichte hatten. <br /> Wird Denosumab nur einmal gespritzt, besteht gem&auml;ss Dr. Frey noch keine Rebound-Gefahr. Vermutlich h&auml;tten auch Patientinnen, die vor der Therapie mit Denosumab bereits mit einem Bisphosphonat behandelt worden seien, ein geringeres Risiko. &laquo;Allerdings wissen wir noch nicht, welches Bisphosphonat die Rebound-Gefahr tats&auml;chlich senkt, wie lange es vorher gegeben werden muss und wie lange es vor der Behandlung mit Denosumab abgesetzt sein kann, damit es den Rebound verringert.&raquo;</p> <h2>Zoledronat wirkt Rebound entgegen</h2> <p>Wollen Patientinnen Denosumab ohne zwingenden medizinischen Grund absetzen, empfiehlt Dr. Frey, prim&auml;r zu versuchen, die Patientin davon zu &uuml;berzeugen, das Antiresorptivum einstweilen weiter zu nehmen. &laquo;M&ouml;glicherweise wissen wir in zwei Jahren besser als heute, wie wir mit dem Rebound-Problem umgehen sollen&raquo;, begr&uuml;ndete sie. Wird Denosumab aber abgesetzt, dann ist eine Anschlusstherapie mit einem Bisphosphonat zwingend n&ouml;tig. &laquo;M&ouml;glicherweise sch&uuml;tzt in dieser Situation Zoledronat am besten&raquo;, erkl&auml;rte Dr. Frey. Denn das intraven&ouml;se Ibandronat sei wohl zu schwach in der Wirkung und perorale Osteoporosemedikamente eigneten sich weniger, weil viele Patientinnen diese erfahrungsgem&auml;ss nicht korrekt einn&auml;hmen oder die Substanz nicht gen&uuml;gend resorbiert werde. Entscheidet man sich f&uuml;r eine perorale Therapie, kommt aber am ehesten Alendronat infrage. <br /> Wann nach einem Denosumab-Stopp das Zoledronat gegeben werden soll, ist noch unklar. &laquo;Vermutlich soll es nicht zu dem Zeitpunkt verabreicht werden, an dem jeweils die n&auml;chste Denosumab-Injektion f&auml;llig w&auml;re&raquo;, so Frey. Eine m&ouml;gliche Erkl&auml;rung daf&uuml;r ist, dass die Bisphosphonate an den Stellen am Knochen andocken, wo es Resorptionszonen und somit einen aktiven Knochenstoffwechsel habe. Weil dieser aber unter Denosumab unterdr&uuml;ckt sei, werde, wenn Zoledronat zu diesem Zeitpunkt gegeben w&uuml;rde, dieses ausgeschieden und sei, wenn der Rebound-Effekt in Gang k&auml;me, bereits vollst&auml;ndig eliminiert, so Dr. Frey. <br /> Soll nach dem Absetzen von Denosumab Zoledronat gegeben werden, empfiehlt Frey folgendes Vorgehen, wie es zum Beispiel im Osteoporose-Zentrum am USZ praktiziert wird. Hier wird 6 Monate nach der letzten Denosumab-Spritze erstmals das CTx bestimmt und danach ca. alle 4 Wochen erneut gemessen. &laquo;Sobald der Marker ansteigt und einen Wert von 30 % des pr&auml;menopausalen physiologischen Werts &uuml;bersteigt, wird Zoledronat verabreicht&raquo;, erkl&auml;rte Dr. Frey. Danach werde das CTx alle 3 Monate kontrolliert. Steigt der Marker im Verlauf wieder an, wird erneut Zoledronat gegeben. &laquo;Ab der letzten Denosumab-Injektion dauert der Rebound-Effekt etwa 18 bis 24 Monate an&raquo;, f&uuml;hrte die Expertin aus. So lange sollte das CTx regelm&auml;ssig kontrolliert werden.</p> <h2>Osteoporose ist auch eine Autoimmunerkrankung</h2> <p>In einem anderen Vortrag pr&auml;sentierte PD Dr. med. Daniel Aeberli, Leiter der Osteoimmunologie am Inselspital in Bern, einige neue spannende Erkenntnisse aus dem jungen Forschungsgebiet der Osteoimmunologie. Er zeigte auf, warum es bei der rheumatoiden Arthritis (RA) zu Erosionen kommt, bei der Spondyloarthritis (SpA) zu Knochenneubildung und warum der systemische Lupus erythematodes (SLE) nie Erosionen zeigt, es sei denn, es besteht ein Overlap-Syndrom. Zudem beschrieb er die immunologischen Zusammenh&auml;nge bei der Menopause und wies darauf hin, dass die postmenopausale Osteoporose nicht einfach eine Alterserscheinung ist, sondern eine Autoimmunerkrankung. <br /> Dass eine niederschwellige Entz&uuml;ndung eine Osteoporose verursachen kann, belegte erstmals die 2006 ver&ouml;ffentlichte Bruneck-Studie.<sup>1</sup> 2 Jahre sp&auml;ter zeigte eine andere Arbeit, dass unter Glukokortikoidnaiven Patienten mit einer fr&uuml;hen Arthritis bereits 25 % eine Osteopenie und 10 % eine Osteoporose haben.<sup>2</sup> &laquo;Diese Erkenntnisse f&uuml;hrten schliesslich dazu, dass Frakturrisiko-Tools wie z.B. das FRAX-Tool die RA als unabh&auml;ngigen Risikofaktor bei der Entstehung der Osteoporose ber&uuml;cksichtigen&raquo;, erl&auml;uterte Aeberli.<br /> Beim Auf- und Abbau von Knochen spielen verschiedene Mechanismen eine Rolle. &laquo;Zusammen stellen sie sicher, dass bei einer gesunden pr&auml;menopausalen Frau ohne Entz&uuml;ndung, ohne Hyperparathyreoidismus und ohne Steroidtherapie gerade so viel Knochen auf- wie abgebaut wird&raquo;, so Dr. Aeberli. Anders bei der RA: Hier wird aufgrund der chronischen Entz&uuml;ndung mehr Knochen ab- als aufgebaut und f&uuml;hrt im Verlauf zu den RA-typischen radiologischen Erosionen. Nebst den typischen Erosionen ver&auml;ndert sich zudem auch die Geometrie des Knochens.<sup>3</sup> &laquo;Die metakarpalen R&ouml;hrenknochen beispielsweise verlieren mit der Krankheitsdauer ihre dreieckige Form und werden rund. Ausserdem nimmt die kortikale Dicke ab und die Markh&ouml;hle wird gr&ouml;sser&raquo;, f&uuml;hrte der Experte aus. Die typischen radiologischen Erosionen entst&uuml;nden durch eine Aktivierung der Osteoklasten und Hemmung der Osteoblasten, was zu vermehrtem Knochenabbau und verminderten -aufbau f&uuml;hre.<br /> Ausgel&ouml;st werden diese Prozesse durch Zytokine, wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-&alpha;) und Interleukin-6 (IL6). &laquo;Durch die Behandlung mit einem TNF-&alpha;-Blocker wird die Hemmung der knochenaufbauenden Osteoblasten aufgehoben, was zu einem Healing-Effekt der erosiven Pits f&uuml;hren kann&raquo;, so Dr. Aeberli. &Auml;hnliche Ver&auml;nderungen w&uuml;rden auch mit IL6-Rezeptor-Antagonisten, mit B-Zell-Depletion und mit der Hemmung des RANK-Liganden beobachtet.<br /> Anders als bei der RA kommt es bei der SpA erst zur Osteitis und sp&auml;ter zur Ausbildung von Syndesmophyten und &ndash; sofern nicht behandelt &ndash; zur SpA-typischen Bambusstab-Wirbels&auml;ule. Studien konnten zeigen, dass die vermehrte Knochenbildung im Wesentlichen durch eine fehlende Osteoblasten-Hemmung zustande kommt.<sup>4,5</sup> Hier setze denn auch die Therapie mit dem IL17-Antagonisten an. &laquo;IL17 f&ouml;rdert die Reifung der Pr&auml;osteoklasten zu Osteoklasten wie auch der Pr&auml;osteoblasten zu Osteoblasten. Die Neutralisierung von IL17 mit beispielsweise Secukinumab f&uuml;hrt bei der SpA zu verminderten osteitischen Ver&auml;nderungen und zu weniger Syndesmophytenbildung&raquo;, erkl&auml;rte Aeberli.<br /> Mit dem aktuell vorhandenen Verst&auml;ndnis in der Osteoimmunologie kann erkl&auml;rt werden, warum es beim SLE nicht zu erosiven Knochenver&auml;nderungen kommt, obschon die Erkrankung auch mit entz&uuml;ndlichen Arthralgien und Arthritiden einhergehen kann und sich die H&auml;nde klinisch unwesentlich von denen von RA-Patienten unterscheiden. Gem&auml;ss Dr. Aeberli ist der SLE eine durch Interferon (Typ I&alpha; und &beta;) getriebene Erkrankung, bei der sowohl die Osteoklasten als auch die Osteoblasten gehemmt werden:<sup>6</sup> &laquo;Durch diese doppelte Hemmung kommt es beim SLE weder zu Erosionen noch zur Knochenneubildung &ndash; dies trotz vorhandener humoraler Entz&uuml;ndungsaktivit&auml;t.&raquo;<br /> Ein Knochendichteverlust ohne das Auftreten von Erosionen und Knochenneubildung ist auch typisch f&uuml;r die postmenopausale Osteoporose. Eine kleine Studie konnte zeigen, dass der Knochenabbau bei der prim&auml;ren Osteoporose mit Anti-IL1R und Anti-TNF gehemmt werden kann.<sup>7</sup> &laquo;Diese Daten zeigen, dass der postmenopausalen Osteoporose ein autoimmunes Geschehen zugrunde liegt&raquo;, so Aeberli. Die Triggerung dieses Prozesses entsteht durch einen &Ouml;strogenmangel, welcher &uuml;ber Aktivierung von T-Zellen zu vermehrter Sekretion von osteoklastenstimulierenden und osteoblastenhemmenden Faktoren f&uuml;hrt. So konnte bereits 2007 aufgezeigt werden, dass das Estrogendefizit &uuml;ber direkte und indirekte Mechanismen, beispielsweise via RANKL, IL7 und TNF zu einer Aktivierung von Pr&auml;osteoklasten und Osteoklasten f&uuml;hre. Aeberli: &laquo;Unter dem Strich wird dadurch am ganzen Skelett mehr Knochen ab- als aufgebaut, was im Verlauf zu einer systemischen Osteoporose f&uuml;hrt.&raquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Rheuma Top. Symposium für die Praxis, 22. August 2019, Pfäffikon </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Schett G et al.: High-sensitivity C-reactive protein and risk of nontraumatic fractures in the Bruneck study. Arch Intern Med 2006 ; 166(22): 2495-501 <strong>2</strong> G&uuml;ler-Yuksel et al.: Changes in bone mineral density in patients with recent onset, active rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis 2008; 67(6): 823-8 <strong>3</strong> Aeberli D et al.: Abnormal bone geometry at the metacarpal bone shaft of rheumatoid arthritis patients with maintained muscle-bone relationship. Arthritis Care Res 2011; 63(3): 383-9 <strong>4</strong> Appel H et al.: Rheumatoid arthritis and ankylosing spondylitis - pathology of acute inflammation. Clin Exp Rheumatol 2009; 27(4 Suppl 55): S15-19 <strong>5</strong> Heiland GR et al.: High level of functional dickkopf-1 predicts protection from syndesmophyte formation in patients with ankylosing spondylitis. Ann Rheum Dis 2012; 71(4): 572-4 <strong>6</strong> Teo BH et al.: Complement C1q production by osteoclasts and its regulation of osteoclast development. Biochem J 2012; 447(2): 229-37 <strong>7</strong> Charatcharoenwitthaya N et al.: Effect of blockade of TNF-alpha and interleukin-1 action on bone resorption in early postmenopausal women. J Bone Miner Res 2007; 22(5): 724-9</p> </div> </p>
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