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Biologika sind bei Psoriasis-Arthritis schon in erster Linie empfohlen

<p class="article-intro">Die Früherkennung der Psoriasis-Arthritis (PsA) spielt eine immer wichtigere Rolle. Denn es stehen immer mehr neue, gut wirksame Medikamente für die Behandlung zur Verfügung. In einem Workshop am Rheuma-Top-Symposium ging Prof. Dr. med. Paul Hasler, Chefarzt Rheumatologie am Kantonsspital in Aarau, näher auf die Erkrankung, die Früherkennung und die Therapieoptionen ein.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Mechanischer Stress spielt bei seronegativen Spondyloarthritiden, insbesondere bei der PsA, eine grosse Rolle.</li> <li>Hinter pl&ouml;tzlich auftretenden Kniebeschwerden wie auch hinter mechanisch bedingten Achillessehnen- oder Plantarfaszienansatzschmerzen kann sich manchmal eine PsA verbergen.</li> <li>Die CASPAR-Klassifikationskriterien sind f&uuml;r die Fr&uuml;herkennung hilfreich.</li> <li>F&uuml;r schwerere Formen der PsA steht heute eine breite Palette antientz&uuml;ndlicher und immunmodulierender Substanzen zur Verf&uuml;gung. Dazu geh&ouml;ren neben den TNF-Blockern auch Biologika einer neuen Generation, erste JAK-Hemmer sowie PDE-4-Inhibitoren.</li> <li>GRAPPA empfiehlt Biologika bei PsA in bestimmten Situationen bereits in erster Linie, also schon ohne einen vorhergehenden Therapieversuch mit einem konventionellen Basistherapeutikum wie Methotrexat.</li> <li>Therapieziele sind die Remission oder die Reduktion der Krankheitsaktivit&auml;t sowie die Verbesserung der Gelenksfunktion und der Lebensqualit&auml;t.</li> <li>Risikofaktoren und Komorbidit&auml;ten m&uuml;ssen bei PsA stets im Auge behalten werden und sollen regelm&auml;ssig (mindestens alle 5 Jahre) gescreent werden.</li> </ul> </div> <p>Die Psoriasis ist mit einer Pr&auml;valenz von 2&ndash;3 % eine relativ h&auml;ufige Erkrankung.<sup>1</sup> Bei etwa jedem f&uuml;nften Patienten sind auch die Gelenke betroffen. Die PsA tritt meist erst sp&auml;t, im 4. oder 5. Lebensjahrzehnt auf. &laquo;Mechanischer Stress spielt bei seronegativen Spondyloarthritiden, insbesondere bei der PsA, eine grosse Rolle&raquo;, erkl&auml;rte Prof. Hasler. Hinter pl&ouml;tzlichen Kniebeschwerden k&ouml;nnte sich deshalb durchaus auch einmal eine PsA als Ursache verbergen. Viele Patienten haben auch Schmerzen am Achillessehnen- oder Plantarfaszienansatz. Diese Enthesitiden sind meist mechanisch, durch Fehlbelastungen bedingt und auf eine verk&uuml;rzte Wadenmuskulatur zur&uuml;ckzuf&uuml;hren.<sup>2</sup> &laquo;Diesen Patienten ein Biologikum zu verschreiben macht keinen Sinn&raquo;, betonte der Experte. Denn ihnen k&ouml;nne meistens schon allein durch das Aufdehnen der Wadenmuskulatur geholfen werden.<br /> Direkt mit der Erkrankung assoziiert ist auch &Uuml;bergewicht. Eine dauerhafte Normalisierung des Gewichts bringt deshalb ebenfalls oft schon eine Besserung.<br /> &laquo;Immunhistochemisch ist f&uuml;r die PsA eine Anh&auml;ufung von TNF-alpha in der Synovialis, in der Auskleidung im Gelenk, typisch&raquo;, erl&auml;uterte Prof. Hasler. Im Vergleich zur rheumatoiden Arthritis (RA) ist bei der PsA auch die Osteoblastenaktivit&auml;t h&ouml;her. Diese ist denn auch der Grund f&uuml;r die vermehrte Kalzifizierung und Knochenbildung. Ausgepr&auml;gter als bei der RA ist bei der PsA &uuml;berdies die Neutrophilie. Bei der RA wiederum lassen sich mehr Lymphfollikel und aktive Mastzellen in der Synovialis nachweisen.<sup>3</sup></p> <h2>Fr&uuml;herkennung ist m&ouml;glich</h2> <p>Eine Fr&uuml;herkennung der PsA ist m&ouml;glich. Ein empfehlenswertes Hilfsmittel f&uuml;r die klinische Beurteilung der PsA sind die CASPAR-Klassifikationskritierien.<sup>4</sup> Sie sind erf&uuml;llt, wenn bei einer entz&uuml;ndlichen Erkrankung der Gelenke, der Wirbels&auml;ule und/oder der Sehnen/Sehnenans&auml;tze mindestens 3 Kriterien des Punkte-Scores beim Patienten vorhanden sind. Dazu geh&ouml;ren eine Psoriasis beim Patienten und/oder bei einem Verwandten ersten oder zweiten Grades, typische Nagelver&auml;nderungen (T&uuml;pfelung, Onycholyse, Hyperkeratose), ein negativer Rheumafaktor, eine Daktylitis und radiologisch nachgewiesene Knochenneubildung an den Gelenksr&auml;ndern. Die CASPAR-Kriterien haben mit 98 % eine gute Spezifit&auml;t und mit 91 % eine gute Sensitivit&auml;t. &laquo;In seltenen F&auml;llen kann die Diagnose PsA aber auch gestellt werden, wenn die Kriterien nicht erf&uuml;llt sind, und dies muss man im Hinterkopf haben&raquo;, betonte der Rheumatologe.<br /> Ein hilfreiches Tool f&uuml;r den dermatologischen ambulanten Bereich ist der GEPARD-Score.<sup>5</sup> Der Fragebogen kann von den Patienten im Wartezimmer ausgef&uuml;llt werden und macht es auf einfache Art m&ouml;glich, PsA-Patienten herauszufiltern, um sie an den Rheumatologen zu &uuml;berweisen.<br /> Etwas schwieriger gestaltet sich im praktischen Alltag die Identifikation einer PsA ohne Hautbeteiligung. Die betroffenen Patienten haben meistens eine oligoartikul&auml;re Erkrankung. &laquo;Es wird angenommen, dass die &lsaquo;PsA sine Psoriasis&rsaquo; eine inkomplette Spondyloarthritis ist&raquo;, so der Referent. In diesen Kreis geh&ouml;ren die reaktive Arthritis ohne nachweisbaren (infekti&ouml;sen) Trigger und eine pr&auml;radiologisch ankylosierende Spondylitis (M. Bechterew).<sup>6</sup> Kriterium f&uuml;r die Diagnose ist ein Verwandter ersten Grades mit Psoriasis.</p> <h2>Alternativen zu TNF-Blockern</h2> <p>F&uuml;r schwerere Formen steht heute eine breite Palette antientz&uuml;ndlicher und immunmodulierender Substanzen zur Verf&uuml;gung. Neben den schon &auml;lteren TNF-Blockern geh&ouml;ren dazu auch immer mehr Biologika einer neuen Generation sowie erste JAK-Hemmer, also orale zielgerichtete synthetische Basistherapeutika, und Phosphodiesterase-4-Inhibitoren. Die Wirksamkeit und Vertr&auml;glichkeit dieser neuen Substanzen wurden in klinischen Studien untersucht.<br /> F&uuml;r den Anti-IL17-Antik&ouml;rper Secukinumab beispielsweise zeigte eine Arbeit eine deutlich st&auml;rkere Symptomreduktion im Vergleich zu Placebo.<sup>7</sup> 60 % der mit Secukinumab behandelten Patienten zeigten ein ACR20-Ansprechen. Der Score erfasst ein &laquo;patient-reported&raquo; Outcome sowie eine 20 % ige Reduktion von Gelenkschmerz, -schwellung und Funktionsbeeintr&auml;chtigung. &laquo;In der Studie trat die Wirkung von Secukinumab auch rasch, praktisch nach der ersten Verabreichung, ein&raquo;, so Prof. Hasler. Die Substanz sei denn auch nach seiner klinischen Erfahrung eine sehr gute Alternative zu einem TNF-Inhibitor.<br /> Ein &auml;hnlich gutes ACR20-Ansprechen im Placebovergleich zeigen Daten f&uuml;r den IL17-Hemmer Ixekizumab und den JAK-Hemmer Tofacitinib.<sup>8, 9</sup> Beide Substanzen waren in den Arbeiten besser wirksam als der TNF-Inhibitor Adalimumab.<br /> F&uuml;r die periphere PsA untersuchte eine klinische placebokontrollierte Studie die Wirksamkeit des PDE-4-Inhibitors Apremilast, der hierbei ein 40 % iges ACR20-Ansprechen zeigte.<sup>10</sup></p> <h2>Biologika schon vor konventionellen Basistherapien</h2> <p>&laquo;Die Nebenwirkungen stellten bei all den untersuchten neuen Wirkstoffen kein gr&ouml;sseres Problem dar&raquo;, erl&auml;uterte Hasler. Generell sei die Wirkung der neuen Substanzen bei Biologika-naiven Patienten am gr&ouml;ssten. In welcher Reihenfolge sie am besten eingesetzt werden, sei allerdings nicht bekannt.<br /> Allgemein richtet sich die Therapie nach dem Schweregrad und dem Haupt-Beschwerdebild. Die Behandlung der PsA basiert weitestgehend auf Empfehlungen der GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis) und der EULAR (European League Against Rheumatism).<sup>11, 12</sup> Die Behandlungsalgorithmen der beiden Fachgesellschaften unterscheiden sich gem&auml;ss Professor Hasler nur in wenigen Punkten. So legt EULAR etwas mehr Gewicht auf die Diagnose und GRAPPA macht zus&auml;tzliche Empfehlungen f&uuml;r die Hautmanifestationen der Erkrankung. Zudem kommen Biologika, insbesondere die Anti-TNF-Substanzen, bei GRAPPA zum Teil schon fr&uuml;her zum Einsatz: Bei einer aktiven Enthesitis oder Daktylitis sowie bei einer axialen Beteiligung empfiehlt die GRAPPA ein Biologikum ohne vorangehende Behandlung mit einem konventionellen Basistherapeutikum (wie zum Beispiel Methotrexat), wenn Patienten nicht auf NSAR und/oder Glukokortikoidinjektionen angesprochen haben.<sup>11</sup> Es gilt hier zu beachten, dass die Behandlung gem&auml;ss Indikationen der Swissmedic und der Limitationen des BAG vorzunehmen ist.</p> <h2>Risikofaktoren und Komorbidit&auml;ten mitbehandeln</h2> <p>Zu den Therapiezielen geh&ouml;ren die Remission oder Reduktion der Krankheitsaktivit&auml;t sowie die Verbesserung der Gelenksfunktion und der Lebensqualit&auml;t. Wie Prof. Hasler ausf&uuml;hrte, soll der Therapieverlauf kontinuierlich beobachtet und die Behandlung regelm&auml;ssig reevaluiert und wenn n&ouml;tig rasch angepasst werden.<br /> Die Risikofaktoren und Komorbidit&auml;ten gilt es bei der PsA immer im Auge zu behalten. Sie sollten deshalb regelm&auml;ssig &ndash; mindestens alle 5 Jahre &ndash; gescreent werden. Wenn n&ouml;tig sollten &uuml;berdies Prophylaxemassnahmen eingeleitet und die Begleiterkrankungen immer gut mitbehandelt werden.<sup>13</sup> &laquo;Die PsA-Patienten haben wie die Diabetiker ein etwa doppelt so grosses Risiko f&uuml;r eine kardiovaskul&auml;re Erkrankung&raquo;, so Hasler. &laquo;Sie entwickelten zudem h&auml;ufiger als die Allgemeinbev&ouml;lkerung Komorbidit&auml;ten, wie Infektionen, Osteoporose, Magengeschw&uuml;re und Depressionen.&raquo; Zudem w&uuml;rden PsA-Patienten deutlich fr&uuml;her versterben.<sup>14</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Rheuma Top 2019, 22. August 2019, Pfäffikon </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Springate DA et al.: Incidence, prevalence and mortality of patients with psoriasis: a U.K. population-based cohort Study. Br J Dermatol 2017; 176(3): 650-8 <strong>2</strong> Olivieri I et al.: Role of trauma in psoriatic arthritis. J Rheumatol 2008; 35: 2085-7 <strong>3</strong> Veale D et al.: Immunopathology of psoriasis and psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2005; 64(Suppl II): 26-9 <strong>4</strong> Taylor W et al.: Classification criteria for psoriatic arthritis. Arthritis &amp; Rheumatism 2006; 54(8): 2665-73 <strong>5</strong> H&auml;rtle P et al.: Detection of psoriasis arthritis with the GEPARD patient questionnaire in a dermatologic outpatient setting. Z Rheumatol 2010; 69: 157-63 <strong>6</strong> Olivieri I et al.: Psoriatic arthritis sine psoriasis. J Rheumatol Suppl 2009; 83: 28-9 <strong>7</strong> Mease P et al.: Secukinumab inhibition of interleukin-17A in patients with psoriatic arthritis. NEJM 2015, 373: 1329- 39 <strong>8</strong> Mease PJ et al.: Ixekizumab, an interleukin-17A specific monoclonal antibody, for the treatment of biologic-naive patients with active psoriatic arthritis: results from the 24-week randomised, double-blind, placebo-controlled and active (adalimumab)-controlled period of the phase III trial SPIRIT-P1. Ann Rheum Dis 2017; 76: 79-87 <strong>9</strong> Mease P et al.: Tofacitinib or adalimumab versus placebo for psoriatic arthritis. NEJM 2017; 377: 1537-50 <strong>10</strong> Kavanaugh A et al.: Treatment of psoriatic arthritis in a phase 3 randomised, placebo-controlled trial with apremilast, an oral phosphodiesterase 4 inhibitor. Ann Rheum Dis 2014; 73: 1020-6 <strong>11</strong> Coates L et al.: Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriasic Arthritis. Treatment recommendations for psoriasis. Arthritis Rheumatol 2015; 68(5): 1060-71 <strong>12</strong> Gossec I et al.: European League Against Rheumatism (EULAR) recommendations for the management of psoriatic arthritis with pharmacological therapies: 2015 update. Ann Rheum Dis 2016; 75(3): 499-510 <strong>13</strong> Baillet A: Points to consider for reporting, screening for and preventing selected comorbidities in chronic inflammatory rheumatic diseases in daily practice: a EULAR initiative. Ann Rheum Dis 2016; 75: 965 <strong>14</strong> WHO: Global Report on Psoriasis. https://apps.who.int/iris/handle/10665/204417</p> </div> </p>
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