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Stalking und Gewalt

<p class="article-intro">Stalking ist ein weitverbreitetes Verhalten: 10–25 % aller Erwachsenen sind ein oder mehrere Male in ihrem Leben mit unerwünschter, Angst machender Verfolgung konfrontiert. In etwa 8 % der Fälle kommt es zu körperlichen Übergriffen durch den Täter. Untersuchungen zeigen, dass es sich bei den Opfern zumeist um ehemalige Intimpartner handelt. Alarmzeichen sind Mord- und Suiziddrohungen, aber auch das Vorliegen einer antisozialen, psychopathischen Persönlichkeitsstörung oder von Substanzmissbrauch beim Täter. Mit dem „Stalking Risk Profile“ liegt inzwischen auch auf Deutsch ein valides und reliables Untersuchungsinstrument vor, mit dem Gewalttaten rechtzeitig prognostiziert und damit auch in vielen Fällen verhindert werden können.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Das Wort &bdquo;Stalking&ldquo; kommt urspr&uuml;nglich aus der J&auml;gersprache und bedeutet &bdquo;auf die Pirsch gehen&ldquo;. In der forensischen Psychiatrie versteht man unter Stalking wiederholte und andauernde Versuche des Stalkers, auf unterschiedlichste Art und Weise Kontakt zu seinem Opfer aufzunehmen, obwohl dieses einen solchen Kontakt unter keinen Umst&auml;nden w&uuml;nscht. Durch diese Verhaltensweisen f&uuml;hlt sich das Opfer in erhebliche Angst versetzt. Bis weit in die 1990er-Jahre galt Stalking als &bdquo;Kavaliersdelikt&ldquo;, als Ausdruck von Leidenschaft und hartn&auml;ckigem Werbeverhalten. Ein Umdenken und erste Ans&auml;tze zu einem Problembewusstsein in einer breiteren &Ouml;ffentlichkeit entstand, als immer h&auml;ufiger Klagen von prominenten K&uuml;nstlern wie Madonna oder Jodie Foster &uuml;ber hartn&auml;ckige und oft aggressive Fans medial verbreitet wurden. Ein dramatischer H&ouml;hepunkt war die Ermordung John Lennons, der bereits Monate vor seinem Tod von seinem sp&auml;teren M&ouml;rder gestalkt wurde. Erst in den 1990er-Jahren erkannte man, dass Stalking keineswegs nur die Schattenseite der Ber&uuml;hmtheit Einzelner ist, sondern dass es sich um ein Ph&auml;nomen handelt, das in allen Gesellschaftsschichten durchaus h&auml;ufig anzutreffen ist. Mit einiger Verz&ouml;gerung fand Stalking schlie&szlig;lich Eingang in die Strafgesetz&shy;b&uuml;cher.<br />In &Ouml;sterreich ist das &bdquo;Anti-Stalking-Gesetz&ldquo; mit 1. Juli 2006 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber sieht zwei M&ouml;glichkeiten zum Schutz eines Opfers vor:<br />I. strafrechtlicher Schutz vor beharrlicher Verfolgung und Beeintr&auml;chtigung der Lebensf&uuml;hrung (&sect; 107a Abs. 1 StGB):</p> <ol> <li>Wer eine Person widerrechtlich beharrlich verfolgt (Abs. 2), ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.</li> <li>Beharrlich verfolgt eine Person, wer in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensf&uuml;hrung unzumutbar zu beeintr&auml;chtigen, eine l&auml;ngere Zeit hindurch fortgesetzt<ol type="a"> <li>ihre r&auml;umliche N&auml;he aufsucht,</li> <li>im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen</li> <li>Kommunikationsmittels oder &uuml;ber Dritte Kontakt zu ihr herstellt,</li> <li>unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Waren oder Dienstleistungen f&uuml;r sie bestellt oder</li> <li>unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten Dritte veranlasst, mit ihr Kontakt aufzunehmen.</li> </ol></li> <li>In den F&auml;llen des Abs. 2 Z 2 ist der T&auml;ter nur auf Antrag der beharrlich verfolgten Person zu verfolgen.</li> </ol> <p>II. zivilrechtlicher Schutz vor Eingriffen in die Privatsph&auml;re (&sect; 382g Abs. 1 EO)durch eine einstweilige Verf&uuml;gung, mit der dem Stalker die Kontaktaufnahme jeglicher Art, der Aufenthalt an bestimmten Orten und andere h&auml;ufig gesetzte Stalking-Handlungen untersagt werden k&ouml;nnen.</p> <h2>H&auml;ufigkeit und Formen des Stalkings</h2> <p>Pr&auml;valenzstudien zur H&auml;ufigkeit von Stalking sind nur bedingt vergleichbar, da bisher keine einheitliche Definition daf&uuml;r existiert, ab welcher Frequenz und Intensit&auml;t des beschriebenen Verhaltensmusters man von Stalking spricht. Zus&auml;tzlich wurde nicht in allen Studien gefordert, dass das Opfer durch die Handlungen in Angst versetzt werden muss. Tabelle 1 zeigt aber, dass Stalking, unabh&auml;ngig von der Weite der Definition, ein sehr verbreitetes Verhalten ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_1.jpg" alt="" width="1419" height="1396" /><br />Frauen werden wesentlich h&auml;ufiger als M&auml;nner Opfer von Stalking. Die T&auml;ter sind nicht immer, aber in den meisten F&auml;llen M&auml;nner. Dressing et al. (2005) zeigten dar&uuml;ber hinaus, dass sogar bei m&auml;nnlichen Opfern der Stalker in nahezu der H&auml;lfte der F&auml;lle ebenfalls ein Mann ist. Stalking erfolgt in 50&ndash;75 % der F&auml;lle nach Beendigung einer Beziehung durch den zur&uuml;ckgewiesenen Partner, der auf diese Weise die Wiederaufnahme der Beziehung erreichen m&ouml;chte, Wiedergutmachung erlangen will oder sich r&auml;chen m&ouml;chte. Der Rest der F&auml;lle teilt sich auf &uuml;bernachhaltige Beziehungssuche oder auf Rachebed&uuml;rfnisse nach Schwierigkeiten in professionellen Beziehungen (Arzt &ndash; Patient, Anwalt &ndash; Klient usw.) auf. In der Mehrzahl der F&auml;lle stellt die &uuml;bernachhaltige Verfolgung eine inakzeptable &Uuml;bertreibung oder Eskalation von Handlungen dar, die im Normalfall darauf abzielen, dass Menschen miteinander soziale Beziehungen aufnehmen, weiterentwickeln, aufrechterhalten, neu beleben m&ouml;chten oder zu retten versuchen. Telefonterror ist mit 75 % die am h&auml;ufigsten angewandte Methode (Dressing et al. 2005). Aber auch mit Nachrichten hinterlassen oder Geschenken versucht der Stalker, Kontakt mit seinem Opfer aufzunehmen. Oft verfestigt sich das Verhalten zu einer st&auml;ndigen Verfolgung, durch die Frustration der Abweisung kommt es in der Folge zu Verleumdungen, Beschimpfungen oder Drohungen.</p> <h2>Typologien des Stalkings</h2> <p>Mullen et al. stellten 1999 eine multi&shy;axiale Typisierung des Stalkings vor, die seither in der forensischen Psychiatrie regelhaft verwendet wird. Es werden mit dem &bdquo;zur&uuml;ckgewiesenen Stalker&ldquo;, dem &bdquo;Liebe suchenden Stalker&ldquo;, dem &bdquo;inkompetenten Stalker&ldquo;, dem &bdquo;Rache suchenden Stalker&ldquo; und dem nach &bdquo;sexueller Beute l&uuml;sternen Stalker&ldquo; f&uuml;nf Gruppen unterschieden.</p> <p><strong>Der &bdquo;zur&uuml;ckgewiesene Stalker&ldquo;</strong><br />Das Opfer ist in den allermeisten F&auml;llen der fr&uuml;here Intimpartner. Das ausl&ouml;sende Motiv ist das Bed&uuml;rfnis nach Vers&ouml;hnung oder Rache oder eine Mischung beider Motive. Das Stalking soll dabei den Verlust der vertrauten Beziehung kompensieren und den Anschein von N&auml;he wecken, damit beim Stalker der Eindruck einer aufrechten Beziehung entsteht.</p> <p><strong>Der &bdquo;Rache suchende Stalker&ldquo;</strong><br />Der T&auml;ter f&uuml;hlt sich ungerecht behandelt und gedem&uuml;tigt. Das Opfer ist f&uuml;r gew&ouml;hnlich eine Person, die durch ihr Handeln oder ihre Zugeh&ouml;rigkeit zu einer Gruppe die Feindseligkeit des Stalkers auf sich gezogen hat. Das zentrale Motiv ist das Verlangen nach Rache. Aufrechterhalten wird das Verhalten durch das befriedigende Gef&uuml;hl von Macht und Kontrolle &uuml;ber das Opfer.</p> <p><strong>Der &bdquo;Liebe suchende Stalker&ldquo;</strong><br />Vor dem Hintergrund von Einsamkeit ersetzt die fiktive oder wahnhaft angenommene Beziehung eine echte Beziehung in der Realit&auml;t. Opfer sind f&uuml;r gew&ouml;hnlich fremde Menschen (Personen des &ouml;ffentlichen Lebens oder Gelegenheitskontakte) oder Bekannte (professionelle Kontakte, Zufallsbekannte, Arbeitskollegen, Nachbarn). Aufrechterhalten wird das Verhalten durch das intensive Gef&uuml;hl verliebt zu sein, wobei das tats&auml;chliche Verhalten des Opfers nur eine untergeordnete Rolle spielt.</p> <p><strong>Der &bdquo;inkompetente Stalker&ldquo;</strong><br />&Auml;hnlich wie beim &bdquo;Liebe suchenden Stalker&ldquo; entsteht auch hier das Stalking auf dem Boden von Einsamkeit oder Begierde. Die Opfer sind f&uuml;r gew&ouml;hnlich Fremde oder Bekannte. Die urspr&uuml;ngliche Motivation ist die Etablierung einer Freundschaft oder einer sexuellen Beziehung. Die Ann&auml;herungsversuche sind h&auml;ufig plump, aber beharrlich. Der T&auml;ter ist zumeist nicht in der Lage zu verstehen, dass sein Verhalten beim Opfer Desinteresse oder Leid hervorruft.</p> <p><strong>Der &bdquo;beutel&uuml;sterne Stalker&ldquo;</strong><br />Das ausl&ouml;sende Motiv der Verfolgung sind die Beschaffung von Informationen und Vorbereitungen eines sexuellen &Uuml;bergriffs. Das Opfer ist f&uuml;r gew&ouml;hnlich eine fremde Frau oder ein Kind, die in die sexuellen Fantasien des Stalkers einbezogen werden. Aufrechterhalten wird das Machtgef&uuml;hl durch das Wissen um das zuk&uuml;nftige Schicksal des ahnungslosen und hilflosen Opfers.<br />Eine weitere Stalker-Typologie wurde von Boon und Sheridan (2001) entwickelt, die den Fokus auf die Motivation des Stalkings legten und mit Ex-Partner-Stalking, Stalking aus Liebe, wahnhaft motiviertem Stalking und sadistisch motiviertem Stalking vier Formen unterschieden. Ein wichtiger deutschsprachiger Beitrag ist die Mehrebenen-Typologie von der Mannheimer Forschungsgruppe um Harald Dressing (Tab. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_2.jpg" alt="" /></p> <h2>Stalking und Gewaltt&auml;tigkeit</h2> <p>Bis weit hinein in die 1990er-Jahre wurde Stalking bagatellisiert. In den letzten 20 Jahren &auml;nderte sich die &ouml;ffentliche Wahrnehmung: Medial wird nun h&auml;ufig eine enge Verbindung zwischen Stalking und t&ouml;dlichen Gewalthandlungen herausgestrichen. Tats&auml;chlich werden die meisten Stalker nie gewaltt&auml;tig, die allermeisten Gewaltdelikte ereignen sich v&ouml;llig unabh&auml;ngig von Stalkingsituationen.<br />McEvan et al. (2009) etwa zeigten, dass 18,5 % der von ihnen untersuchten T&auml;ter k&ouml;rperlich gewaltt&auml;tig gegen&uuml;ber dem Opfer geworden sind (Abb. 1). Dabei handelt es sich in den allermeisten F&auml;llen jedoch um k&ouml;rperliche &Uuml;bergriffe, die ohne Verletzungen vonstatten gingen. Zwei Typen von Stalkern, der &bdquo;zur&uuml;ckgewiesene Typus&ldquo; und der &bdquo;sexuelle Beute suchende Typus&ldquo;, waren hier allerdings deutlich h&auml;ufiger vertreten als der &bdquo;Rache suchende&ldquo;, der &bdquo;Liebe suchende&ldquo; und der &bdquo;inkompetente Typus&ldquo; (Abb. 2). Im Allgemeinen kommt es aber im Rahmen von stalkingassoziierter Gewalt nur in Ausnahmef&auml;llen zu lebensgef&auml;hrlichen Verletzungen oder zum Tod des Opfers (James &amp; Farnham 2003). Auf der anderen Seite zeigen Studienergebnisse, dass die als Hochrisikof&auml;lle identifizierten Personen in 80 % auch tats&auml;chlich Gewalttaten begehen (Ogloff &amp; Davis 2005). Umso wichtiger ist es daher, potenzielle Gewaltt&auml;ter unter den Stalkern rechtzeitig zu identifizieren und damit Opfer ad&auml;quat zu sch&uuml;tzen. Eine Metaanalyse &uuml;ber potenzielle Risikofaktoren f&uuml;r Gewaltt&auml;tigkeit unter Einschluss von 25 Studien mit insgesamt 5114 Stalkern fand folgende Pr&auml;diktoren: fr&uuml;here Intimpartner, Drohungen im Vorfeld, psychotische Erkrankung des T&auml;ters, Pers&ouml;nlichkeitsst&ouml;rung, Substanzmissbrauch, eine kriminelle oder gewaltt&auml;tige Vorgeschichte und m&auml;nnliches Geschlecht des T&auml;ters (Churcher und Nesca 2013). Um der gutachterlichen Praxis die Erkenntnisse der Risikoforschung zug&auml;nglich und umsetzbar zu machen, wurde von der australischen Arbeitsgruppe um Mullen mit dem &bdquo;Stalking Risk Profile&ldquo; (MacKenzie et al. 2015) ein Instrument zur validen und reliablen Erfassung forensisch wichtiger Aspekte von Stalking herausgegeben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_3.jpg" alt="" width="1417" height="2045" /></p> <h2>Das &bdquo;Stalking Risk Profile&ldquo; (SRP)</h2> <p>Das Instrument erfasst vier Dom&auml;nen der Risikobewertung:</p> <ol> <li>Gewalt gegen&uuml;ber dem prim&auml;ren Opfer oder gegen&uuml;ber Dritten.</li> <li>Fortbestehen von ungewollten Kontaktaufnahmen (schriftlich und/oder pers&ouml;nlich) &uuml;ber einen ausgedehnten Zeitraum hinweg.</li> <li>Wiederauftreten einer ausgepr&auml;gten Stalkingepisode, welche dasselbe oder aber ein anderes Opfer zum Ziel hat.</li> <li>Psychosoziale Sch&auml;den aufseiten des Opfers und/oder des Stalkers.</li> </ol> <p>Der Thematik des vorliegenden Beitrags entsprechend wird im Folgenden ausschlie&szlig;lich auf die erste Dom&auml;ne eingegangen. Im ersten Schritt wird der Typus des Stalkers entlang eines Entscheidungsbaums ermittelt (Abb. 3). Im Anschluss daran wird standardisiert ein Risikoprofil erhoben. Die im Manual des SRP angef&uuml;hrten Risikofaktoren sind drei verschiedenen Gruppen zugeordnet (Tab.&nbsp;3):</p> <ul> <li>&bdquo;Red flag&ldquo;-Risikofaktoren</li> <li>Allgemeine Risikofaktoren</li> <li>Spezifische Risikofaktoren des Stalkingtypus</li> </ul> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_5.jpg" alt="" width="1419" height="1557" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_4.jpg" alt="" width="2150" height="1254" /></p> <p>&nbsp;</p> <p>Eine besondere Bedeutung haben die &bdquo;Red flag&ldquo;-Risikofaktoren. Liegen einer oder mehrere davon gesichert vor, ist das Risiko f&uuml;r bevorstehende oder schwerwiegende Gewalttaten unabh&auml;ngig vom Stalkertypus extrem hoch. Diese Faktoren haben daher besonderes Gewicht in der Risikobewertung. Bei Vorliegen muss der Untersucher eine kurze Beschreibung zur Erl&auml;uterung der Hintergr&uuml;nde notieren. Zu den &bdquo;Red flag&ldquo;-Risikofaktoren z&auml;hlen:</p> <p><strong>a. Suizidgedanken</strong><br />Der Stalker hat Suizidgedanken, kann diesbez&uuml;glich Pl&auml;ne haben, diese aber eventuell nicht sofort artikulieren. Auf Nachfrage gibt er m&ouml;glicherweise zu, dass er plant, sich in der Anwesenheit des Opfers zu suizidieren, oder dass er diesem eine Nachricht hinterlassen m&ouml;chte, um den Grad seiner Entschlossenheit zu demonstrieren.</p> <p><strong>b. T&ouml;tungsgedanken</strong><br />Gefragt wird, ob der Stalker daran gedacht hat, das Opfer (oder andere) zu t&ouml;ten, ob er sich dabei ausf&uuml;hrlichen T&ouml;tungsfantasien hingegeben hat, ob er Nachforschungen zur Durchf&uuml;hrung der Tat gestellt hat und ob er vorbereitende Schritte unternommen hat, um die Pl&auml;ne umzusetzen. Sofern T&ouml;tungsfantasien vorhanden sind, muss ein Krisenplan erstellt werden, um festzulegen, zu welchem Zeitpunkt die Strafverfolgungsbeh&ouml;rde &uuml;ber das potenzielle Gewaltrisiko zu informieren ist.</p> <p><strong>c. &bdquo;Alles-oder-nichts-Denken&ldquo;</strong><br />Der Stalker deutet an, dass er sich nicht mehr an legale oder moralische Auflagen gebunden f&uuml;hlt. Er hat die Hoffnung aufgegeben, sein Ziel mittels akzeptierter Methoden zu erreichen, da sich seine Bem&uuml;hungen als aussichtslos herausgestellt haben. Er ist ver&auml;rgert &uuml;ber das f&uuml;r ihn unbefriedigende Ergebnis und glaubt, das erw&uuml;nschte Resultat nun endg&uuml;ltig herbeif&uuml;hren zu m&uuml;ssen. M&ouml;glicherweise werden Gedanken ge&auml;u&szlig;ert wie: &bdquo;Wenn ich sie nicht haben kann, dann soll sie auch kein anderer haben&ldquo; oder &bdquo;Ich bin am Ende meiner Kr&auml;fte&ldquo;. Der Stalker sieht keinen Ausweg mehr und sorgt sich weder um sein eigenes Schicksal noch &uuml;ber m&ouml;gliche Konsequenzen seines Handelns.</p> <p><strong>d. Psychotische Symptome mit hohem Risiko</strong><br />Einzelne psychotische Erlebnisse, in denen das Leben des Betroffenen oder ihm nahestehender Personen bedroht erscheint, sind mit einem erh&ouml;hten Gewaltrisiko assoziiert. Dazu geh&ouml;ren der Eifersuchtswahn und die sogenannten &bdquo;Threat-Control-Override&ldquo;(TCO)-Symptome (Stompe et al. 2004), wie wahnhafte vitale Bedrohung (Threat), Gedankeneingebungen, Gedankenentzug und Willensbeeinflussungserlebnisse (Control-Override), akustische imperative Halluzinationen sowie wahnhafte Personenverkennungen.</p> <p><strong>e. Psychopathie</strong><br />Die Ausgangsbasis f&uuml;r das aktuelle Konzept der Psychopathy in der forensischen Psychiatrie der Gegenwart war Hervey Cleckleys 1941 erschienene Monografie &bdquo;The Mask of Sanity&ldquo; (1976). Aus den Kategorien Cleckleys und eigenen umfangreichen Forschungsarbeiten mit Gef&auml;ngnisinsassen entwickelte Robert Hare (1980) die Psychopathy-Checklist (PCL). Die revidierte Fassung (PCL-R) (Hare 1991) ist ein Fremdbeurteilungsinstrument mit 20 Items (Tab. 4).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1804_Weblinks_s40_6.jpg" alt="" width="1419" height="1735" /><br />Gewertet wird die Lebenszeitpr&auml;senz jedes Items auf einer 3-Punkte-Skala (0 = nicht vorhanden, 1 = m&ouml;glicherweise oder teilweise vorhanden, 2 = sicher vorhanden). Von Psychopathie als besonderer Form der antisozialen Pers&ouml;nlichkeitsst&ouml;rung spricht man in Europa ab einem Score von 25 Punkten, in den USA und in Kanada ab 30 Punkten in der PCL-R. Psychopathy gilt als einer der aussagekr&auml;ftigsten Pr&auml;diktoren f&uuml;r Gewalttaten (Hare und McPherson 1984, Leistico et al. 2008). Die interpersonelle Gewalt psychopathischer Pers&ouml;nlichkeiten ist Ausdruck einer gest&ouml;rten Impulskontrolle, kann aber auch instrumentell eingesetzt werden.<br />Im Vergleich zu den &bdquo;Red flag&ldquo;-Risikofaktoren haben die allgemeinen und speziellen Risikofaktoren eine untergeordnete Bedeutung f&uuml;r das Risikomanagement, k&ouml;nnen aber durchaus handlungsleitend f&uuml;r die T&auml;tertherapie und damit auch f&uuml;r die Pr&auml;vention sein.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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