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Jubiläumstagung 40 Jahre Kriseninterventionszentrum

„Krisenintervention bedeutet, am Puls der Gesellschaft zu sein“

<p class="article-intro">„Aufbruch im Umbruch – neue Wege in der Krisenintervention“ lautete das Thema der Jubiläumstagung des Kriseninterventionszentrums (KIZ), mit der der Verein im Dezember 2017 sein 40-jähriges Bestehen feierte. Freunde und Partner des KIZ, Mitarbeiter, Experten aus den unterschiedlichsten Fachdisziplinen und Interessierte erschienen zahlreich und füllten das Gartenbaukino bis auf den letzten Platz.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die damalige Bundesministerin Doz.in Dr.in Pamela Rendi-Wagner lieferte in ihren Begr&uuml;&szlig;ungsworten einen wichtigen Grund f&uuml;r dieses gro&szlig;e Interesse: &bdquo;Das Kriseninterventionszentrum ist eine besondere Einrichtung, denn hier wird eine dringende und schwierige Aufgabe bew&auml;ltigt. Das KIZ deckt einen wichtigen Bereich der psychosozialen Versorgung ab, f&uuml;r den die klassische klinische Versorgung in Ambulanzen, Spit&auml;lern und Ordinationen oft nicht ausreicht.&ldquo; Ing. Harald Ettl, ehemaliger Gesundheitsminister, Vorstandsvorsitzender des KIZ, erg&auml;nzte: &bdquo;Wir sind die einzige ambulante Einrichtung in Wien, deren Aufgabe die Suizidpr&auml;vention ist. Unsere Leistungen sind mit keinen direkten Kosten f&uuml;r Patienten verbunden und es wird auch jenen Menschen geholfen, die sich psychotherapeutische Betreuung nicht leisten k&ouml;nnen. Die Betreuung sozial benachteiligter Personen ist uns ein gro&szlig;es Anliegen.&ldquo;<br /> Auch Prof. Christian Haring, Pr&auml;sident der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Suizidpr&auml;vention, w&uuml;rdigte die Arbeit des KIZ im Allgemeinen und im Speziellen auf dem Gebiet der Suizidpr&auml;vention: &bdquo;Die Suizidpr&auml;vention in &Ouml;sterreich ist engstens verkn&uuml;pft mit dem KIZ in Wien, mit Claudius Stein, Gernot Sonneck, Thomas Kapitany und dem gesamten KIZ-Team.&ldquo; Die Experten des KIZ waren wesentlich an der Entwicklung des Konzepts Suizidpr&auml;vention Austria (SUPRA) &ndash; der Basis f&uuml;r die Erstellung einer nationalen Suizidpr&auml;ventionsstrategie &ndash; beteiligt. Suizidpr&auml;vention sei immer Teamarbeit, so Haring. Daher sei es der Gesellschaft f&uuml;r Suizidpr&auml;vention im Zusammenhang mit der Entwicklung von SUPRA sehr wichtig gewesen, dass Suizidpr&auml;vention institutionalisiert w&uuml;rde: zum einen im KIZ in Wien und zum anderen in der Koordinationsstelle in der Gesundheit &Ouml;sterreich GmbH (G&Ouml;G) des Sozialministeriums. Die Qualit&auml;t des nationalen Suizidpr&auml;ventionsprogramms SUPRA wurde durch die Auswahl als Beispiel guter Praxis f&uuml;r den Report &bdquo;Good Practices for Mental Health and Well-being &ndash; Mental Health at Work, in Schools, Prevention of Depression and Suicide&ldquo; durch den &bdquo;EU-Compass for Action on Mental Health and Well-being&ldquo; best&auml;tigt.<br /><br /> Ing. Harald Ettl betonte in seinem kurzen geschichtlichen Hintergrund (siehe Kasten) zur Entstehung des KIZ: &bdquo;1938 wurden alle Aktivit&auml;ten im Bereich der psychosozialen Betreuung verboten. Bis 1945 galt die Selbstt&ouml;tung als gesunder Reinigungsprozess des Volkes von minderwertigen Elementen. Man kann das nicht oft genug hervorheben.&ldquo; Erst sp&auml;ter sei es zum Umdenken gekommen und es entstand die Bereitschaft, Menschen in Not zu helfen und Ma&szlig;nahmen zur Verhinderung von Suiziden zu setzen. &bdquo;Das heutige KIZ mit dem rechtlichen Status einer privaten Krankenanstalt k&auml;mpft gegen die Verzweiflung in den Familien, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft. Dabei entwickeln wir unsere Methodik laufend weiter.&ldquo;<br /><br /> Die Notwendigkeit dieser stetigen Weiterentwicklung umriss Dr. Claudius Stein, &auml;rztlicher Leiter und Gesch&auml;ftsf&uuml;hrer des KIZ, in seinem Vortrag: &bdquo;Die gesellschaftlichen Ver&auml;nderungen, die sich auf unsere Kriseninterventionsarbeit auswirken, sind vielf&auml;ltig und reichen von wirtschaftlichen Umbr&uuml;chen &uuml;ber technologische Fortschritte, Ver&auml;nderungen in den Geschlechterrollen, die steigende Lebenserwartung bis hin zu Flucht- und Migrationsbewegungen.&ldquo; Stein brachte zwei Beispiele f&uuml;r die Folgen dieser Ver&auml;nderungen, die ma&szlig;gebliche Auswirkungen auf die Krisenintervention haben und deutlich machen, dass bestehende Konzepte immer wieder &uuml;berdacht und an die sich wandelnden Bed&uuml;rfnisse der Klienten adaptiert werden m&uuml;ssen. Zum einen sind das mit der steigenden Lebenserwartung einhergehende Krisen im h&ouml;heren Lebensalter, die in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema wurden. Zum anderen erfordert die Krisenintervention im Zeitalter der neuen Medien ein breiteres Beratungsspektrum, dem das KIZ in Form von E-Mail- Beratung Rechnung tr&auml;gt. &bdquo;Wir konnten die Erfahrung machen, dass es leicht ist, auch &uuml;ber dieses Medium eine gute Beziehung zu unseren Klienten herzustellen &ndash; interessanterweise manchmal schneller als mithilfe anderer Beratungsformen&ldquo;, so Stein. 2017 wurden rund 5400 Personen im KIZ beraten, 201 davon &uuml;ber E-Mail-Kontakt.<br /> In diesem Licht formulierte Prof. Haring seine W&uuml;nsche f&uuml;r das KIZ zum Jubil&auml;um: &bdquo;Ich w&uuml;nsche dem Team des Kriseninterventionszentrums, dass eure Wahrnehmung, was gesellschaftliche Ver&auml;nderungen betrifft, auch weiterhin auf eure Arbeit Einfluss nimmt. Denn Krisen sind nicht nur individuelle Krisen, es sind oft auch gesellschaftliche Krisen. Wenn wir Krisenbew&auml;ltigung nur an das Individuum binden, kann es sein, dass wir gesellschaftliche Krisen &uuml;bersehen.&ldquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jubiläumstagung des Kriseninterventionszentrums, 1. Dezember 2017, Wien </p>
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