Inaugural-Symposium der SGIP-SSPI
Autorin:
Prof. Dr. med. Daniela Hubl
Chefärztin
Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD)
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
E-Mail: daniela.hubl@upd.unibe.ch
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Schweizerische Gesellschaft für Interventionelle Psychiatrie (SGIP-SSPI) hat am 6. Mai 2021 ihr Inaugural-Symposium gemeinsam mit der jährlichen Generalversammlung veranstaltet. Ursprünglich war das erste Symposium der SGIP-SSPI bereits für das Vorjahr geplant, doch aufgrund der Covid-19-Pandemie musste es verschoben werden. Um die Veranstaltung 2021 auf jeden Fall realisieren zu können, wurde das Symposium als Hybridveranstaltung durchgeführt.
Die interventionelle Psychiatrie umfasst die Anwendung neuerer, vor allem elektrischer, die Gehirnfunktionen modulierender Methoden. Hier sind an erster Stelle die zwar neuere, aber inzwischen doch weit bekannte Methode der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) wie auch die klassische Elektrokonvulsionstherapie (EKT) zu nennen. Diese Methoden sind die am meisten verbreiteten. Seltener werden die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) und die Tiefenhirnstimulation (THS) angewendet. In der Schweiz kaum zu finden ist derzeit die Anwendung von Vagusnervstimulationen (VNS), welche in der Psychiatrie zur Behandlung von Depressionen angewendet werden kann. Im weiteren Sinne werden auch die interventionellen Anwendungen von klassischen oder neuen Psychopharmaka zur interventionellen Psychiatrie gezählt. Allen diesen Methoden gemein ist, dass sie heute gezielt im Sinne einer personalisierten Therapie zur Behandlung von psychiatrischen Krankheiten eingesetzt werden. Bisherige Evidenzen deuten vor allem auf positive Ergebnisse bei der Behandlung von affektiven Erkrankungen, Zwang, Sucht und Psychosen hin. Jedoch gibt es vielversprechende Studien dahingehend, dass die Methoden auch gezielt bei weiteren Erkrankungen helfend eingesetzt werden können. Heute werden die interventionellen Methoden sehr häufig erst dann evaluiert, wenn bei Behandlung mit den Goldstandard-Methoden Psychotherapie und Psychopharmakologie eine Resistenz festgestellt wurde. Grundlage für die Anwendung dieser Methoden bei den Therapieresistenzen ist aber nicht etwa, dass sie nicht auch bei unkomplizierten Verläufen wirken würden, sondern dies basiert darauf, dass sich die interventionellen Methoden aus einem translationalen Ansatz der neurowissenschaftlichen Forschung in der Psychiatrie herausentwickelt haben. Bisherige Studien wurden v.a. bei Therapieresistenz durchgeführt. Dieser translationale, individualisierte Ansatz ist ein Grundprinzip der interventionellen Psychiatrie. Schön an diesen Methoden ist auch, dass neben methodischen Besonderheiten persönliche Vorlieben berücksichtigt werden können.
Hybridveranstaltung: flexibel in Zeiten der Pandemie
Das erste Symposium der SGIP-SSPI war sehr erfolgreich. Da es als Hybridveranstaltung durchgeführt wurde, konnten alle Redner aus dem In- und Ausland teilnehmen, auch hatten alle Interessierten die Möglichkeit, sich via Internetstream zuzuschalten. Im Rahmen dessen, was aufgrund der derzeitigen Restriktionen erlaubt ist, hatten einige Teilnehmer die Möglichkeit zur realen Teilnahme bei der Veranstaltung, welche in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bern durchgeführt wurde. Neben einem kleinen Gefühl von pandemieloser Realität und Hoffnung auf Normalität gab dies die Möglichkeit zum direkten fachlichen Austausch miteinander und mit den anwesenden Rednern.
Rundumschau der interventionellen Psychiatrie
Das Symposium hatte zum Ziel, Aktuelles aus dem Bereich der interventionellen Psychiatrie zur präsentieren: Auf der einen Seite wurden durch international anerkannte Experten aus dem In- und Ausland die States of the Art abgedeckt, jeweils bis zur Grenze, was wissenschaftlich und technisch heute möglich ist. Auf der anderen Seite bot das Symposium jungen Wissenschaftlern aus den Universitätskliniken der deutsch- und französischsprachigen Schweiz die Möglichkeit, ihre Projekte zu präsentieren. Mit dem Symposium wollte die SGIP-SSPI daher neben interessierten Psychiaterinnen und Psychiatern in der privaten Praxis auch die ansprechen, die bereits in der interventionellen Psychiatrie tätig sind, sei das in der Praxis oder einer Institution. Zudem bot es jungen Kolleginnen und Kollegen in der Ausbildung die Möglichkeit, sich über die interventionelle Psychiatrie zu informieren.
Im ersten Vortrag berichtete Prof. Annette Brühl aus Basel über die Anwendung der interventionellen Methoden bei der Behandlung von Depressionen. Die Behandlung der Depression hat aufgrund der hohen Inzidenz mit ca. 8% in der Schweiz eine grosse persönliche wie auch gesellschaftliche Bedeutung. Prof. Brühl hat in ihrem Vortrag das Spektrum der Möglichkeiten aufgezeigt, welche Methoden der interventionellen Psychiatrie heute für eine erfolgreiche Behandlung zur Verfügung stehen. Im zweiten Vortrag, welcher durch Prof. Berthold Langguth, den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Hirnstimulation, gehalten wurde, hat dieser die aktuellen Praxisanwendungen der transkraniellen Magnetstimulation präsentiert bis hin zu den wissenschaftlichen Grenzen des derzeit Umgesetzten. Die TMS wird bisher hauptsächlich bei affektiven Erkrankungen eingesetzt, erobert sich aber zunehmend auch ihren Platz in der Behandlung von Psychosen. Er hat auf moderne, intensivierte Protokolle hingewiesen wie auch die Konzepte, primär erreichte Therapieerfolge zu erhalten.
Forschung und Klinik gleichermassen vertreten
Nach einer kurzen Pause gab es 5 Blitzvorträge durch junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die einen Einblick in die schweizerischen Forschungslabore, die interventionelle Methoden in der psychiatrischen Forschung anwenden, gegeben haben. Anschliessend folgten zwei weitere, sehr spannende Vorträge über den Einsatz der Tiefenhirnstimulation (THS) und der transkraniellen Gleichstrombehandlung (tDCS). Die THS ist eine invasive Methode, die derzeit nur bei nachgewiesener Therapieresistenz v.a. bei Depressionen oder schweren Zwangserkrankungen angewendet wird. Mit Prof. Sebastian Walther konnten wir einen Redner für dieses Thema gewinnen, der an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Bern die grösste Abteilung für invasive Hirnstimulation bei psychiatrischen Indikationen in der Schweiz leitet. Er hat gekonnt aus seinen praktischen Erfahrungen Schlüsse gezogen und diese mit den theoretischen Grundlagen und der wissenschaftlichen Evidenz verbunden.
Schliesslich hat Prof. Jérome Brunelin aus Lyon seine Erfahrungen aus seiner langjährigen Erforschung der Wirkung von transkranieller Gleichstrombehandlung bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen geteilt. Er sieht die tDCS als Methode, die zukünftig nicht mehr wegzudenken ist aus der interventionellen Psychiatrie. Er hat betont, dass insbesondere die leichte Anwendbarkeit auch zu Hause und durch die Patientinnen und Patienten selber einen grossen Vorteil darstellt.
Fazit: gelungener Auftakt
Das Interesse an der ersten Veranstaltung dieser Art war mit mehr als 60 Teilnehmern sehr gross. Aufgrund der virtuellen Komponente konnten alle Interessierten problemlos teilnehmen und es wurden neben Teilnehmern aus der französisch- und deutschsprachigen Schweiz auch Teilnehmer aus Deutschland registriert. Die Vorträge wurden auf Englisch gehalten. Die SGIP-SSPI blickt damit auf eine gelungene Inaugurationsveranstaltung zurück. Es bleibt Ziel, alle Interessierten an der interventionellen Psychiatrie in den Institutionen, den Praxen und der Ausbildung eine Plattform zur Verfügung zu stellen und sich dafür einzusetzen, dass die Methoden allen Patientinnen und Patienten in Zukunft gut erreichbar und entsprechend internationl anerkannten wissenschaftlichen und evidenzbasierten Standards zur Verfügung stehen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wenige Betten in den Spitälern
Seit 2008 ist die Zahl der Spitalbetten in der Schweiz kontinuierlich gesunken. Leading Opinions macht einen Vergleich mit anderen Ländern.
Gesundheitsberufe: Frauen öfter von Burnout betroffen
Eine Studie zeigt, dass weibliches Gesundheitspersonal wesentlich öfter von Stress und Burnout betroffen ist als die Männer in der Branche.
Erneut Kritik an Heilmittelgesetz
Das Vernehmlassungsverfahren zu geplanten Änderungen im Heilmittelgesetz hat in diesen Tagen geendet. Aus der Ärzteschaft kommt Kritik an Plänen des Bundes.