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Psychotische Erkrankungen

Erfahrungen aus dem «PsyYoung»-Projekt – das BEATS an den UPK Basel

Prävention, Früherkennung und Frühintervention bei psychotischen Erkrankungen sind von besonderer Bedeutung. In der Schweiz gibt es einige etablierte Zentren für die Psychosefrüherkennung, unter anderem das BEATS (Basel Early Treatment Service) der Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel. Das BEATS war Teil des interkantonalen Forschungsprojektes «PsyYoung», welches massgeblich dazu beigetragen hat, die Vernetzung und Standardisierung in der Früherkennung von Psychosen in der Schweiz zu verbessern.

Keypoints

  • Früherkennung und -intervention bei psychotischen Erkrankungen lohnen sich. Leider stehen spezialisierte Angebote noch nicht allen Betroffenen zur Verfügung.

  • Das Forschungsprojekt «PsyYoung» wurde mithilfe der Unterstützung der Gesundheitsförderung Schweiz und der beteiligten Kliniken von 2020 bis 2024 in den Kantonen Basel-Stadt, Waadt (Lausanne) und Genf durchgeführt. Die Implementierung standardisierter und evidenzbasierter Früherkennung in Basel als erstem Zentrum erfolgte 2021.

  • Das Forschungsprojekt «PsyYoung» führte zu einer Standardisierung von evidenzbasierter Diagnostik und Behandlung sowie einer besseren Vernetzung der Früherkennungsdienste. Ein besonderer Fokus wurde dabei auch auf die Zusammenarbeit mit den Zuweisenden und die Etablierung von Schulungsangeboten gelegt.

  • Eine Fortsetzung des Programms ist zentral, um das Erreichte nachhaltig zu verankern und weitere Früherkennungszentren in der Schweiz mit einzubeziehen.

Hintergrund

Psychotische Störungen treten meist erstmals in der späten Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter auf und sind eine der Hauptursachen für Invalidität bei jungen Menschen unter 25 Jahren in der Schweiz. Sie können mit langfristigen Einschränkungen der psychischen und körperlichen Gesundheit, der Lebensqualität und der Lebenserwartung verbunden sein. Betroffene Patient:innen können in einer sogenannten Prodromalphase schon über Monate oder Jahre abgeschwächte Symptome und funktionelle Einschränkungen aufweisen, bevor sich die Krankheit manifestiert. Diagnosestellung und Behandlung erfolgen oft noch viel später. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden weltweit Früherkennungszentren eröffnet, um den betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie ihren Familien eine spezialisierte Diagnostik und Behandlung anbieten zu können. Dadurch soll das Auftreten einer psychotischen Erkrankung verzögert oder sogar verhindert und die Dauer einer unbehandelten Psychose reduziert werden. Durch das frühzeitige Erkennen eines Psychoserisikos und eine fachgerechte Behandlung lassen sich Krankenhauseinweisungen und Zwangseinweisungen verringern, funktionelle Defizite, Risikoverhalten wie Substanzmissbrauch, aggressives Verhalten, selbstverletzende Episoden reduzieren und die Gesamtbelastung durch die Krankheit verringern. Trotz dieser sehr positiven Ergebnisse hat nur ein kleiner Teil der Betroffenen während der Prodromalphase Zugang zu einem Früherkennungsangebot.

Früherkennung und -intervention bei psychotischen Erkrankungen in Basel

In den letzten Jahrzehnten wurde erhebliches Forschungsengagement gezeigt und zahlreiche klinische Initiativen ergriffen, um den Beginn einer psychotischen Erkrankung möglichst frühzeitig zu erkennen. In der Schweiz wurden ab Ende der 1980er-Jahre Früherkennungszentren eröffnet. In Basel entstand im Jahr 2000 in der damaligen Psychiatrischen Universitären Poliklinik – die mittlerweile mit den anderen Universitären Psychiatrischen Kliniken zu den UPK Basel zusammengeführt wurde – das Basler Projekt zur Früherkennung von Psychosen (FePsy). Das Projekt fokussierte auf die Identifikation von (Hoch-)Risikosyndromen für psychotische Erkrankungen sowie auf die Erkennung von Erstmanifestationen solcher Störungen. Zur Behandlung wurde an die bestehenden klinischen Dienste weiterverwiesen.

2017 wurde die Psychosefrüherkennung um Angebote zur Prävention und Frühintervention erweitert und in die Strukturen der UPK Basel integriert. Es entstand der Basel Early Treatment Service (BEATS). Die Früherkennung von Psychosen hat in Basel damit eine lange Tradition, zeichnet sich durch eine enge Verzahnung von Forschung und Klinik aus und arbeitet eng mit kantonalen Stellen zusammen, beispielsweise im Rahmen einer Sensibilisierungskampagne zur Entstigmatisierung von Menschen mit psychotischen Erkrankungen.

Das BEATS ist eine spezialisierte Früherkennungs- und Frühinterventionssprechstunde für junge Menschen im Alter von 15–35 Jahren. Die Ziele des Angebots bestehen in der individuellen Beurteilung des Psychoserisikos bei Vorliegen von Frühwarnzeichen einer psychotischen Störung, ausführlicher evidenzbasierter diagnostischer Abklärung (psychiatrische Komorbiditäten, somatische Differenzialdiagnostik, neuropsychologische Evaluation), Verlaufsbeobachtung bei erhöhtem Psychoserisiko (Früherkennung) sowie in einem umfassenden interprofessionellen Behandlungsangebot für junge Menschen in den frühen Stadien psychotischer Erkrankungen (Frühintervention). Es besteht eine enge Kooperation zwischen der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Das «PsyYoung»-Projekt

Gesamtschweizerisch betrachtet fehlte bisher eine über Regionen und Sprachen hinweg verbindende Zusammenarbeit in der Früherkennung und -intervention. In diesem Zusammenhang entstand die Idee für das Projekt «PsyYoung».

Es hat das Ziel, eine kantonsübergreifende Strategie zur Früherkennung und -intervention bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Psychose zu schaffen. Das Projekt wurde in den erwachsenen-, kinder- und jugendpsychiatrischen Diensten der drei Schweizer Universitätskliniken in Basel, Lausanne und Genf durchgeführt. «PsyYoung» wurde über fünf Jahre hinweg von der Gesundheitsförderung Schweiz finanziell unterstützt.

Das Projekt zielte darauf ab, die Behandlungswege von Jugendlichen mit einem hohen klinischen Risiko für psychotische Störungen zu optimieren, den Zugang zu Diensten zur Früherkennung und Frühintervention zu verbessern und gleichzeitig die Risiken einer unnötigen Psychiatrisierung oder die unangemessene Verschreibung von Psychopharmaka bei jungen Patient:innen zu reduzieren. Um dies zu erreichen, wurden folgende Unterziele definiert:

  1. Sensibilisierung und Ausbildung von Fachpersonen ausserhalb der Früherkennung

  2. Ausbau und Stärkung der Zusammenarbeit zwischen diesen Fachpersonen und den spezialisierten Früherkennungszentren

  3. Dokumentation der Bedürfnisse und Harmonisierung der Standards zur Früherkennung und Frühintervention

  4. Präscreening zur Verbesserung der Vorhersage des erhöhten Risikos, eine psychotische Erkrankung zu entwickeln

Das Projekt startete im März 2020 und wurde im November 2024 abgeschlossen. Die Umsetzung von «PsyYoung» erfolgte in drei Schritten in den teilnehmenden Kantonen, um die Effekte besser beurteilen zu können. Die Reihenfolge der Implementierung wurde ausgelost. Basel-Stadt begann im Oktober 2021 als erstes Zentrum mit der Umsetzung.

Erfahrungen aus der Implemen-tierung von «PsyYoung» in Basel

Sensibilisierung und Ausbildung von Fachpersonen

In Übereinstimmung mit dem ersten Projektziel und in Zusammenarbeit mit den anderen Studienzentren entwickelten wir ein deutschsprachiges Weiterbildungsprogramm für Personen mit Kontakt zu Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine psychotische Erkrankung. Neben Haus- und Kinderärzt:innen sollten dabei weitere Fachpersonen aus dem medizinischen und sozialen Tätigkeitsfeld angesprochen werden, wie beispielsweise Fachpersonen aus der Psychiatrie ohne Erfahrung in der Früherkennung oder auch Fachpersonen aus Schulen, Wohn- und Berufsausbildungsinstitutionen. Das Weiterbildungsprogramm vermittelte grundlegendes Wissen zur Erkennung von Frühwarnzeichen einer Psychose. Screening-Instrumente wurden vorgestellt und es wurde über aktuelle Möglichkeiten der Früherkennung und Frühintervention informiert, inklusive Zuweisungsprozess ins BEATS. Die Weiterbildungen wurden während der Projektlaufzeit zweimal jährlich angeboten und nach Ende der Projektphase in jährlichem Rhythmus weitergeführt. Die Weiterbildungen waren stets und sind weiterhin gut besucht. Die Evaluationen zeigten, dass die Teilnehmenden das Fortbildungsangebot schätzten, und die Fragen zur Lernzielkontrolle nach Abschluss der Schulung wurden überwiegend richtig gelöst.

Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen, Betroffenen, Angehörigen, Peers und unter den spezialisierten Früherkennungszentren

Zur Realisierung des zweiten Projektziels entwickelten wir zusammen mit den anderen Studienzentren die deutschsprachige Fassung der Website « www.psyyoung.ch » (siehe auch Online-Ressourcen). Sie bietet Informationen über psychotische Störungen und Hochrisikozustände sowie Ratschläge für betroffene Personen und ihre Familien. Zusätzlich vermittelt eine Plattform für Fachpersonen weitere Schulungsinhalte und ermöglicht einen Austausch. Vor Ort wurde die direkte Vernetzung mit Stakeholdern verbessert, sei es über E-Mail-Kommunikation, Vorträge, Workshops oder bilaterale Austauschgespräche. Die Bedürfnisse, Erwartungen und Erfahrungen der Stakeholder wurden zu Projektbeginn und vor Projektende mithilfe einer Online-Befragung und von Interviews ermittelt. Die befragten Personen schätzten besonders die klaren und einfachen Zuweisungswege, die kurzen Wartezeiten, die schriftlichen Abklärungsberichte im Rahmen der Diagnostik, die Schulungsangebote sowie dass das BEATS-Team vor, während und nach der Diagnostik in Kontakt mit den Zuweisenden blieb. Auf zentraler Ebene führte das «PsyYoung»-Projekt alle zwei Jahre öffentliche Konferenzen zum Themenschwerpunkt Früherkennung und -intervention bei psychotischen Störungen durch. Zweimal veranstaltete es auch Tagungen, die sich gezielt an Früherkennungs-Services ausserhalb des Projekts richteten, um eine weitere Vernetzung und Zusammenarbeit zu fördern.

Dokumentation der Bedürfnisse und Harmonisierung der Standards zur Früherkennung und Frühintervention

Bereits bei der Planung von «PsyYoung» wurde ersichtlich, dass die involvierten Früherkennungszentren mit recht unterschiedlichen organisatorischen Strukturen arbeiten. Grosse Unterschiede gab es in der Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie sowie in der Verfügbarkeit von spezifischen Angeboten (z.B. Familienberatung, soziale und berufliche Wiedereingliederung). Unter Berücksichtigung der lokalen Strukturen sollten die Instrumente zur Diagnostik harmonisiert und standardisiert werden, sodass alle Früherkennungszentren mit einem vergleichbaren Standard arbeiten. Im Rahmen von «PsyYoung» hat das BEATS sein diagnostisches Angebot erweitert. Neben der Erfassung des Psychoserisikos mithilfe des Structured Interview for Psychosis-Risk Syndromes (SIPS) umfasst die Diagnostik nun auch standardisierte Verfahren zur Erhebung von traumabezogenen Störungen, depressiven Erkrankungen, Suchterkrankungen sowie Persönlichkeitsstörungen. Personen mit einem hohen Psychoserisiko und mit einer ersten psychotischen Episode erhalten zudem standardmässig Labor-, EEG- und MRT-Untersuchungen.

Präscreening zur Verbesserung der Vorhersage des Risikos, eine psychotische Erkrankung zu entwickeln

Psychosefrüherkennung und -intervention muss einen zunächst widersprüchlich wirkenden Auftrag erfüllen – möglichst viele Menschen erreichen, die ein erhöhtes Risiko haben, eine psychotische Erkrankung zu bekommen, und gleichzeitig möglichst spezifisch nur diese Personengruppe erkennen. Um dies besser zu erreichen, kommen innerhalb von «PsyYoung» zwei Präscreening-Instrumente zum Einsatz. Einerseits wird ein «Risikorechner» eingesetzt, der anhand von soziodemografischen Variablen und Überweisungsinformationen mit einem prädiktiven Modell das Risiko für den Übergang eines Hochrisikozustands in eine psychotische Erkrankung einschätzt. Andererseits wird der Fragebogen Prodromal Questionnaire mit 16 Items (PQ-16) als Screening-Instrument eingesetzt (siehe auch Online-Ressourcen). Im Rahmen der Implementierung von «PsyYoung» wurden diese Instrumente genutzt, um den Zuweisungsweg zum BEATS zu optimieren (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Patientenpfade zum BEATS der UPK Basel

Die wissenschaftliche Begleituntersuchung zu «PsyYoung» konnte zeigen, dass diese Massnahme wie beabsichtigt den Anteil von Personen mit einem hohen Risiko für eine psychotische Erkrankung an den gesamten Zuweisungen erhöht hat. Am BEATS wurde ein gestufter Behandlungsplan implementiert (Präscreening, Screening, Abklärung und Nachsorge, Prävention und Therapie).

Die Zusammenarbeit zwischen kinder- und jugendpsychiatrischen und erwachsenenpsychiatrischen Diensten konnte weiter verbessert und dadurch systembedingte Dropouts von Personen, die 18 Jahre alt wurden, weiter reduziert werden. Ein besonders wichtiger Punkt war, die Behandlungskontinuität zu steigern und für Risikopersonen und ersterkrankte Patient:innen ein regelmässiges Follow-up über 2 Jahre sicherzustellen. In Anbetracht der oft bestehenden Ambivalenz bei den Betroffenen und ihren Angehörigen ist das weiterhin keine leichte Aufgabe. Die im Projekt vorgesehenen Follow-up-Visiten haben sich dabei aber als niederschwellige Möglichkeit erwiesen, den Kontakt aufrechtzuhalten und die Behandlungsadhärenz im Verlauf zu verbessern.

Ein weiterer Pluspunkt von BEATS war in dieser Hinsicht die Verfügbarkeit sozialarbeiterischer Kapazitäten. Diese konnten helfen, den oft hohen Leidensdruck zu lindern, der mit finanziellen Problemen und Fragen von Ausbildung, Arbeit und Wohnen verbunden war, und auch darüber die Kontinuität in der Beziehung erhalten.

Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich festhalten, dass am Standort Basel mit den durch FePsy geschaffenen Strukturen und dem BEATS optimale Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Früherkennung und Frühintervention bei Psychosen gegeben waren. Psychosefrüherkennung und -intervention waren bereits langjährig etabliert, und es gab gemeinsame Strukturen von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Erwachsenenpsychiatrie. Die Möglichkeit, zusammen mit den Kliniken in Lausanne und Genf das «PsyYoung»-Projekt durchzuführen, hat das Angebot aber noch einmal deutlich verbessert, die Vernetzung und die Schulungstätigkeit verbessert und war für die Betroffenen genauso wie für die Partner:innen in der Zusammenarbeit und das BEATS selbst ein Gewinn.

Danksagung

Die Autoren möchten Smeralda Senn danken, die zu einer früheren Version dieses Textes beigetragen hat. Herzlicher Dank gebührt des Weiteren allen Mitwirkenden des «PsyYoung»-Projekts, unter anderem in den Teams der UPK Basel, des CHUV Lausanne und der HUG Genf, sowie der Gesundheitsförderung Schweiz für die grosszügige Förderung des Projekts.

Andreou C et al.: PsyYoung: a transcantonal project for facilitating access to care for young people at risk for psychotic disorders. Rev Med Suisse 2021; 17(751): 1597-601 Bailey B et al.: Pathways to care in youth and young adults at clinical high risk for psychosis in Switzerland: current situation and clinical implementation of the PsyYoung project. Early Interv Psychiatry 2024; 18(11): 960-7 Conchon C et al.: Improving pathways to care for patients at high psychosis risk in Switzerland: PsyYoung Study Protocol. J Clin Med 2023; 12(14): 4642 Sprüngli-Toffel E et al.: Individualized pretest risk estimates to guide treatment decisions in patients with clinical high risk for psychotic disorders. Span J Psychiatry Ment Health 2025; 18(2): 133-40

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