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Warten auf neue Therapien

Demenz: Was gibt es Neues?

Demenzielle Symptome müssen umfassend abgeklärt werden. Therapeutisch neu sind Amyloidsenker, obwohl deren klinische Wertigkeit noch diskutiert wird. Da sie weder in der Schweiz noch in der EU bisher zugelassen sind, kann derzeit nur über US-Erfahrungen berichtet werden.

Die Demenz ist eine sehr heterogene Erkrankung. «Neben kognitiven Defiziten haben wir es mit einer Fülle von Symptomen zu tun, wie Depression, Unruhe, Halluzinationen, Ängsten, Aggressivität, motorischen Symptomen, Verkennungen und Störungen des Schlaf-wach-Rhythmus», erklärte PD Dr. med. Dr. phil. Ulrich Hemmeter, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Spitalverbund Appenzell Ausserrhoden und Psychiatrische Dienste Graubünden Chur. «Oft müssen die Sekundärsymptome zuerst behandelt werden, bevor man die kognitiven Defizite überhaupt beurteilen kann.»

Die häufigsten psychischen Differenzialdiagnosen sind das Delir und die Altersdepression. Daneben gibt es aber eine Reihe weiterer organischer Erkrankungen, die sekundär zu Demenzsymptomen führen können, etwa Substanzmissbrauch, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologische, Atemwegs- und Stoffwechselkrankheiten.

Diagnostik

Tabelle 1 zeigt die Empfehlungen der Schweizerischen Memory-Kliniken zur Abklärung von Demenzerkrankungen.

Mittels Liquordiagnostik lassen sich einige differenzialdiagnostische Aussagen machen. Indiziert ist sie unter anderem bei Auftreten der Symptomatik vor dem 65. Lebensjahr, rasch progredienter kognitiver Verschlechterung, atypischer Präsentation und zum Ausschluss entzündlicher ZNS-Erkrankungen. In der Bildgebung kommen neben CT und MRT auch FDG- bzw. Amyloid-PET oder der sogenannte DAT-Scan («Dopamin Transporter Scan») infrage. Letztere Untersuchung ist besonders gut zur Diagnostik einer Demenz mit Lewy-Körperchen geeignet.

Therapeutische Ansätze

«Bei der Behandlung kognitiver Störungen kann man zwischen nichtpharmakologischen Ansätzen, wie z.B. Gedächtnistraining, und pharmakologischen Therapien unterscheiden. Hier stehen Cholinesterasehemmer an erster Stelle, bei fortgeschrittenen Fällen kommt eher Memantin zum Einsatz. Neu auf diesem Gebiet sind Immuntherapeutika. Die erste in den USA zugelassene Substanz war Aducanumab. Dieses Medikament reduziert die Menge von Amyloid-beta-1–42. «Seine klinische Wirkung war aber nicht überzeugend», schränkte Hemmeter ein.

Lecanemab ist ebenfalls in den USA zugelassen, in der EU jedoch noch nicht. In der Schweiz wurde eine Zulassung eingereicht. «Für diese Substanz sind auch signifikante Verbesserungen in klinischen Skalen gezeigt worden», berichtete der Psychiater. «Über das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Lecanemab wird derzeit noch viel diskutiert, zumal das Medikament nicht ohne Nebenwirkungen ist.» Konkret kann es einerseits zu Hirnödemen, andererseits zu Blutungen kommen. «Diese Phänomene treten in der Bildgebung unter Amyloid-senkenden Therapien auf, müssen aber nicht symptomatisch werden», so Hemmeter. «Bestimmten Patienten wird das Medikament wohl helfen», so der Psychiater abschließend.

«Behandlung der Demenz – quoi de neuf?», Vortrag «Update Demenzdiagnostik und Therapie» von PD Dr. med. Dr. phil. Ulrich Hemmeter, SGPP-Jahreskongress, 7.–8. September 2023, Bern

beim Vortragenden

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