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Präventive und therapeutische Effekte

Bewegung, Training und Sport in der Behandlung von psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen haben eine hohe Inzidenz (10–20%) und Lebenszeitprävalenz (18–36%).1 Das hat relevante volkswirtschaftliche und gesundheitliche Folgen für die Gesellschaft.

Psychische Erkrankungen können für das Individuum negative Auswirkungen haben. Es verschlechtern sich das Befinden, die kognitive und soziale Leistungsfähigkeit sowie die Lebensqualität. Die Behandlung dieser Erkrankungen hat deshalb einen hohen Stellenwert. Sport spielt dabei eine wichtige Rolle. Es sind bereits viele Nachweise erbracht worden für den positiven Einfluss von Sport und Bewegung auf diverse psychische Erkrankungen.2

Neuropathologisch und neurophysiologisch wurden die Verhinderung der Atrophie diverser Hirnstrukturen (u.a. Hippocampus) und die Förderung der Neurogenese nachgewiesen.3 Die Erhöhung der BDNF-Spiegel («brain derived neurotrophic factor») durch Sport hat Einflüsse auf die Plastizität, die Genexpression, die Gliafunktion und vieles mehr.4

In der Untersuchung von psychischen Erkrankungen haben sich vielfach breite positive Effekte von Bewegung und Sport auf psychische Erkrankungen gezeigt. Bei der Angst führte Sport in Kombination mit Psychotherapie zur Verbesserung von Lebensqualität, Aktivität und Ausdauer.5 Insbesondere bei der sozialen Phobie waren sportliche Gruppenaktivitäten mit kognitiver Verhaltenstherapie sehr wirksam.

Bezüglich der Depression ist bekannt, dass Sport einen wichtigen protektiven Effekt hat. Er verzögert und verhindert die Depressionsentstehung. Sport verbessert u.a. die Depressionssymptomatik, die Lebensqualität und die Krankheitsdauer. Er zeigte sich sogar in manchen Fällen ähnlich wirksam wie die Pharmako- und Psychotherapie. Deshalb sollte regelmässiger Sport als Add-on-Therapie wann immer möglich mitangeboten werden.2

Bei Patienten mit Schizophrenie zeigen Sport und Bewegung einen sehr starken positiven Effekt, nicht zuletzt durch die Komorbidität der Schizophrenie mit anderen somatischen und psychischen Erkrankungen. Regelmässiges Ausdauertraining führt bei schizophrenen Patienten u.a. zur Verbesserung der Psychopathologie, des BMI, kardiovaskulärer und metabolischer Parameter und der Lebensqualität.6

Sport hat auch einen positiven Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Durch regelmässiges, ausreichendes und konsequent durchgeführtes Ausdauertraining verbessern sich die Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis, exekutive Funktionen, die psychomotorische Geschwindigkeit und die globale Kognition allgemein.7

Es sind neben der Verbesserung der Kognition auch zahlreiche Hinweise zur Prävention und zur Behandlung von Demenz durch Sport vorhanden. Die körperliche Inaktivität gilt als einer von mehreren «modifizierbaren Risikofaktoren». Das sind Faktoren, die beeinflusst werden können, um der Krankheitsentstehung entgegenzuwirken. Durch Förderung der regelmässigen Bewegung und Sport kann die Demenzentstehung verzögert werden.8

Die Förderung vor allem von Freizeitsport konnte eine gute Wirkung zeigen (insbesondere von Freizeitsport mit sozialer und kognitiver Stimulation). Letztere sind weitere modifizierbare Faktoren für Alzheimer-Demenz.9 Wichtig zu erwähnen ist, dass sich in jedem Lebensalter körperliche Aktivität günstig auf die Demenzprävention auswirkt.

Neben der Prävention ist die Förderung der Bewegung auch bei der Behandlung von Demenzkranken ein wichtiges Instrument. Sport zeigte bei Patienten mit Alzheimer und vaskulärer Demenz eine Verbesserung der Kognition und der neuropsychiatrischen Symptome sowie eine Verlangsamung der Unselbstständigkeit.10

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Sport und Bewegung neben der körperlichen auch die psychische Gesundheit allgemein fördern. Sie fördern die Prävention von psychischen Erkrankungen, aber auch in der Therapie sind sie ein wichtiger Bestandteil. In manchen Fällen zeigen sich sogar ähnliche Effekte wie durch andere etablierte Therapieverfahren. Aus diesem Grund gilt es, Sport und Bewegung bei psychischen Erkrankungen weiter zu fördern und allgemein, wann immer möglich, als Add-on-Therapie mitanzubieten.

SGPP-Jahreskongress, 25.–27. August 2021, virtuell

1 Wimo A et al.: The worldwide economic impact of dementia 2010. Alzheimers Dement 2013; 9: 1-11.e3 2 Ngamsri T et al.: Sport als Prävention und Therapie psychischer Erkrankungen. Ars Medici 2020; 7 3 Erickson KI et al.: Exercise training increases size of hippocampus and improves memory. Proc Natl Acad Sci U S A 2011; 108: 3017-22 4 Seifert T et al.: Endurance training enhances BDNF release from the human brain. Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol 2010; 298: R372-7 5 Oeland AM et al.: Impact of exercise on patients with depression and anxiety. Nord J Psychiatry 2010; 64: 210-7 6 Stubbs B et al.: EPA guidance on physical activity as a treatment for severe mental illness: a meta-review of the evidence and Position Statement from the European Psychiatric Association (EPA), supported by the International Organization of Physical Therapists in Mental Health (IOPTMH). Eur Psychiatry 2018; 54: 124-44 7 Dauwan M et al.: Physical exercise improves quality of life, depressive symptoms, and cognition across chronic brain disorders: a transdiagnostic systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. J Neurol 2021; 268: 1222-46 8 Ngamsri T et al.: Physical activity and sports in dementia. SEMS-Journal 2019; 31 9 Verghese J et al.: Leisure activities and the risk of dementia in the elderly. N Engl J Med 2003; 348: 2508-16 10 Cass SP: Alzheimer’s disease and exercise: a literature review. Curr Sports Med Rep 2017; 16: 19-22

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