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Anti-Craving-Substanzen: unterschätzte Therapieoption?

Anti-Craving-Substanzen bei Alkoholabhängigkeit

<p class="article-intro">Trotz nachweisbarer Behandlungseffekte bei Alkoholabhängigkeit werden Anti-Craving-Substanzen bislang kaum therapeutisch genutzt. Für ein Verständnis der geringen Inanspruchnahme sind unter anderem motivationale Faktoren zu berücksichtigen, die neben der Therapieentscheidung der Patienten möglicherweise auch das therapeutische Ansprechen auf pharmakologische Methoden der Rückfallprophylaxe determinieren.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Wirksamkeit von Anti-Craving- Substanzen bei Alkoholabh&auml;ngigkeit liegt Metaanalysen zufolge im Bereich moderater Effekte.</li> <li>Ausgew&auml;hlte Merkmale des Studiendesigns tragen potenziell zu einer Untersch&auml;tzung der Wirksamkeit bei.</li> <li>Patienten sprechen sehr unterschiedlich auf eine Behandlung mit Anti-Craving- Substanzen an.</li> <li>Motivationale Faktoren sind m&ouml;glicherweise an der Wirkungsvermittlung von Anti-Craving-Substanzen beteiligt.</li> </ul> </div> <h2>Effekte von Anti-Craving- Substanzen: klinisch relevant?</h2> <p>Psychosoziale Methoden der Alkoholentw&ouml;hnung tragen zur Unterst&uuml;tzung der Abstinenz und zur Reduktion eines &uuml;berm&auml;ssigen Alkoholkonsums bei.<sup>1, 2</sup> Wie klinische Studien und Metaanalysen zeigen, k&ouml;nnen die Erfolge psychosozialer Entw&ouml;hnungstherapien bei Alkoholabh&auml;ngigkeit durch pharmakologische Strategien der R&uuml;ckfallprophylaxe gesteigert werden.<sup>3&ndash;8</sup><br /> F&uuml;r die pharmakologische Unterst&uuml;tzung der Alkoholentw&ouml;hnung sind derzeit vier Wirkstoffe zugelassen: Die beiden Opioid- Antagonisten Naltrexon und Nalmefen, der Glutamat-Antagonist Acamprosat und das Aversiv-Therapeutikum Disulfiram. W&auml;hrend der prim&auml;re Wirkmechanismus der beiden Opioid-Antagonisten auf einer Blockade alkoholinduzierter Belohnungseffekte basiert,<sup>9, 10</sup> wird f&uuml;r Acamprosat die Regulierung des Gleichgewichts zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Erregungsmustern und eine Abschw&auml;chung konditionierter Entzugssymptome als Wirkmechanismus angenommen.<sup>11&ndash;12</sup> Der genaue Wirkmechanismus ist allerdings kontrovers. Da die Wirkmechanismen von Naltrexon, Nalmefen und Acamprosat eine gezielte Modifikation des Alkoholverlangens anstreben, werden die Wirkstoffe auch als Anti-Craving- Substanzen bezeichnet. Im Gegensatz dazu basiert die therapeutische Wirkung von Disulfiram auf der tats&auml;chlichen bzw. antizipierten Unvertr&auml;glichkeit der Substanz mit Alkohol, wodurch Disulfiram als Aversiv- Therapeutikum eine Sonderstellung unter den pharmakologischen Therapien der Alkoholentw&ouml;hnung einnimmt.<sup>13&ndash;14</sup><br /> Den Ergebnissen von Cochrane-Reviews<sup>3, 4</sup> zufolge bewegen sich die Effektst&auml;rken von Anti-Craving-Substanzen mit einem NNT = 9 und einer relativen Risikoreduktion von 14 % (RR 0,86; 95 % CI: 0,81&ndash;0,91) f&uuml;r Acamprosat (Kriterium: Abstinenz) bzw. 17 % (RR 0,83; 95 % CI: 0,76&ndash;0,90) f&uuml;r Naltrexon (Kriterium: &uuml;berm&auml;ssiger Konsum) im Bereich geringer bis moderater Effekte. Die klinische Relevanz der Effektst&auml;rken soll im Folgenden vor dem Hintergrund methodischer Aspekte sowie der starken Heterogenit&auml;t der Befundlage diskutiert werden.<br /> NNT-Werte erlauben auf anschauliche Weise eine Absch&auml;tzung des klinischen Nutzens von Interventionen. So impliziert ein NNT-Wert von 9, dass im Durchschnitt einer von neun Patienten von einer Behandlung mit Anti-Craving-Substanzen profitiert. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass acht Patienten Anti-Craving-Substanzen regelm&auml;ssig einnehmen und etwaige Nebenwirkungen in Kauf nehmen, ohne therapeutisch davon zu profitieren. Allerdings ist die Ableitung von Schlussfolgerungen zur klinischen Relevanz von Effekten stets vor dem Hintergrund methodischer Einflussfaktoren zu interpretieren.</p>
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