
Anabole Steroide im Freizeitsport
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Facharzt für Neurologie
Leiter Sportpsychiatrie und -psychotherapie
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Psychiatrische Universitätsklinik Zürich und Privatklinik Wyss AG
Facharzt für Prävention und Gesundheitswesen FMH
Facharzt für Arbeitsmedizin FMH
Bern
E-Mail: samuel.iff@gmail.com
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Image and Performance Enhancing Drugs (IPEDs) finden Verwendung, um das Erscheinungsbild und die Leistung zu verbessern. Anabole Steroide (anabol-androgene Steroide, AAS) gehören zu den bekanntesten IPEDs. Das Dopingproblem wird hauptsächlich im Spitzensport wahrgenommen und diskutiert, ist aber genauso im Freizeitsport tief verankert.
Die Lebenszeitprävalenz des Gebrauchs von Image and Performance Enhancing Drugs ist nicht bekannt. Für den Gebrauch von anabolen Steroiden wurde diese mit 6,4 % (Männer) und 1,6 % (Frauen) berichtet.1 AAS sind synthetische Abkömmlinge des Testosterons und sind in der Bodybuildingszene weit verbreitet. Durch die sozialen Netzwerke finden sie eine immer grössere Beachtung und Verbreitung. Risikogruppen für den Gebrauch von AAS sind junge Männer, Freizeitsportler, Fitnessstudionutzer, Leistungssportler und Bodybuilder. Hauptgründe für ihren Einsatz sind eine Zunahme der Muskulatur und die Steigerung der Leistung.
Der Gebrauch von AAS hat weitreichende Folgen
Der Langzeitgebrauch anaboler Steroide hat schwerwiegende Folgen für die Gesundheit. Diejenigen, die im (Freizeit-) Sport AAS verwenden, wünschen sich Muskel- und Kraftaufbau. Der Gebrauch betrifft aber den gesamten menschlichen Körper, mit bedeutsamen unerwünschten Wirkungen und Folgen, zum Beispiel für das kardiovaskuläre und endokrine System, aber auch die Psyche. Die frühen medizinischen Folgen des Gebrauchs sind Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Schlafapnoe, Erythrozytose, Hepatitis, Reduktion der Nierenfunktion, Suppression der Sexualhormonproduktion, Akne, Gynäkomastie, androgene Alopezie, Stimmungsschwankungen und Aggressionen. Die Langzeitfolgen des Gebrauchs von AAS schliessen strukturelle Veränderungen des Herzens, Arrhythmien, Arteriosklerose, Leber- und Prostatatumoren, chronische Nierenerkrankungen, Infertilität und Depressionen ein.2
Wissen über IPEDs unterstützt Ärzte in ihrer Tätigkeit
Allgemeinmediziner und Sportärzte begegnen in ihrer Praxis vermutlich am häufigsten Patienten, die anabole Steroide gebrauchen. Spezialisten, wie Kardiologen, Endokrinologen, Psychiater und Psychotherapeuten, kommen mit den Wirkungen und schwerwiegenden Folgen des AAS-Gebrauchs ihrer Patienten natürlich ebenso – direkt und indirekt – in Kontakt. Es ist daher wichtig, dass Ärzte über ein entsprechendes Wissen über IPEDs verfügen. Nur dann ist es auch möglich, dass sie ihre Patienten fachgerecht über die Konsequenzen ihres gesundheitsschädlichen Verhaltens informieren und beraten können. Dieses Wissen muss natürlich die psychischen und Verhaltensstörungen wie Psychosen, Depressionen, Veränderungen der Persönlichkeit und Aggressivität, die als Folge des AAS-Gebrauchs beschrieben sind, miteinschliessen. Kanayama et al. berichteten zudem, wie der Gebrauch von AAS zu einer Abhängigkeit und einem Abhängigkeitssyndrom führen kann.3 Die anabolen, androgenen und hedonistischen Effekte zusammen machen es den Betroffenen schwer, ihren Gebrauch zu beenden. Grundsätzlich aber erachten nur sehr wenige Personen, die anabole Steroide regelmässig gebrauchen, ihren Konsum als Suchtverhalten und als pathologisch, sondern sehen diesen mitunter sogar als eine Unterstützung für ihren «gesunden» Lebensstil.
AAS-Anwender haben Fragen, aber wenig Vertrauen in Ärztewissen
Harvey et al. beschrieben, dass Personen, die AAS gebrauchen, aus Angst vor Stigmatisierung oder Scham medizinische Dienstleistungen häufig nicht aufsuchen und allgemein wenig Vertrauen in das Wissen der Gesundheitsfachpersonen haben. Häufig erhalten sie aber auch, dann wenn sie sich mit ihren Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit ihrem AAS-Gebrauch bei den medizinischen Gesundheitsdienstleistern vorstellen, nicht die Behandlung, die sie brauchen. Es ist bekannt, dass Personen, die AAS gebrauchen, häufig aktiv nach Informationen zu den Nebenwirkungen und Symptomen ihres Gebrauchs suchen, mit dem Ziel, die erlebten gesundheitlichen Gefahren zu minimieren und Hilfe bezüglich ihrer Gesundheitsthemen zu erhalten.4 Das Wissen von Ärzten bewerten sie dabei als nicht verlässlicher als das von ihren Freunden, spezifischen (nicht medizinischen) Internetseiten oder Steroiddealern. Darüber hinaus haben Studien aber auch gezeigt, dass das Wissen von Ärzten über anabole Steroide selbst einer Verbesserung bedarf.5 In einigen Ländern können zudem die gesetzlichen Rahmenbedingungen – im Leistungsund im Freizeitsport – den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen für Personen, die AAS gebrauchen, beeinträchtigen. Das Thema des Gebrauchs anaboler Steroide ist komplex; von den psychischen Faktoren zu den negativen Konsequenzen für die körperliche und psychische Gesundheit. Alle Ärzte, Allgemeinmediziner, Spezialisten wie Psychiater und Psychotherapeuten, Suchtmediziner und insbesondere die Ärzte, die spezifisch mit Sportlern arbeiten, wie Sportmediziner und Sportpsychiater und -psychotherapeuten, müssen die mögliche, weite Verbreitung des Gebrauchs anaboler Steroide in ihren Patientenkohorten kennen und die Personen identifizieren, die anabole Steroide verwenden oder gefährdet sind, diese in Zukunft zu gebrauchen. Dazu ist es wichtig, dass sie ihren Patienten geeignete Informationen in einer nicht wertenden Art und Weise zur Verfügung stellen und sie früh bei Bedarf an spezialisierte medizinische, einschliesslich psychiatrisch-psychotherapeutische und suchtmedizinische Dienste verweisen. Die schwerwiegenden, körperlichen und psychischen Folgen des AAS-Gebrauchs sind es, die einen hürdenfreien Zugang zu medizinischer Hilfe früh notwendig machen.
1 Sagoe D et al.: Ann Epidemiol 2014; 24(5): 383-98 2 Kanayama G et al.: Drug Alcohol Depend 2008; 98( 1-2): 1-12 3 Kanayama G et al.: Drug Alcohol Depend 2010; 109(1-3): 6-13 4 Harvey O et al.: BMC Public Health 2019; 19(1): 1024 5 Laure P et al.: Br J Sports Med 2003; 37(4): 335-8
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