
Starke Kostenzunahme wegen neuer Psychotherapie-Regelung
Seit die psychologische Psychotherapie über die Krankenkassen abgerechnet wird, explodieren die Kosten in Millionenhöhe.
Psychologische Psychotherapeut:innen können seit Juli 2022 zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) auf ärztliche Anordnung hin selbstständig und auf eigene Rechnung tätig sein. Diese Neuregelung führte zu einem massiven Anstieg bei den Kosten, wie ein im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) erstellter Monitoringbericht zeigt. Demnach lag die Kostenzunahme 2023 hochgerechnet im Bereich von 175 bis 200 Millionen. Zuvor wurden die Leistungen der psychologischen Psychotherapeut:innen nur unter ärztlicher Aufsicht im sogenannten Delegationsmodell vergütet oder sie arbeiteten selbstständig im Zusatzversicherungsbereich und für Selbstzahlende. In einer Übergangsphase konnte die psychologische Psychotherapie bis Ende 2022 parallel zum neuen Anordnungsmodell auch noch gemäss dem alten Modell der delegierten Psychotherapie vergütet werden. Die Änderung führte dazu, dass die Kosten der Psychotherapie im Anordnungsmodell im ersten Halbjahr 2023 373 Millionen Franken gegenüber 277 Millionen Franken in der gleichen Periode im Jahr 2022 für die delegierte Psychotherapie betrugen. Für das zweite Halbjahr gibt es aufgrund von noch nicht eingetroffenen Rechnungen nur erste Hochrechnungen, die aber für das Behandlungsjahr 2023 Kosten zwischen 700 und 750 Millionen Franken erwarten – insgesamt also eine Kostenzunahme von bis zu 200 Millionen Franken.
Hier hat sich der Bundesrat offenbar verschätzt: Noch 2021 ging man davon aus, dass durch den Wechsel vom Delegations- ins Anordnungsmodell Mehrkosten von schätzungsweise rund 100 Millionen Franken pro Jahr in der OKP anfallen könnten. Diese Mehrkosten wurden daraus abgeleitet, dass ein Anteil der vorher privat oder über Zusatzversicherungen bezahlten Therapien neu in die OKP verlagert würden, da auch die vorher selbstständig tätigen Psychotherapeut:innen neu über die OKP abrechnen können. Die Berechnungen beruhten dabei auf der Annahme, dass der neue Tarif hinsichtlich Stundenansatz gleich hoch wie in der delegierten Psychotherapie bleiben würde. Die Analysen zeigen jedoch, dass gut die Hälfte des Kostenanstiegs im Jahr 2023 durch einen im Vergleich zur delegierten Psychotherapie höheren Tarif bedingt ist. Da ein von den Tarifpartnern gemeinsam vereinbarter gesamtschweizerischer Tarifvertrag fehlt, kommen aktuell noch kantonal provisorisch festgesetzte Tarife zur Anwendung.
2024/2025 ist eine weitere Evaluation zu den Auswirkungen der Neuregelung auf die Versorgungsqualität sowie den Umfang der Verlagerungen der vergüteten Leistungen aus der privaten Zusatzversicherung in die OKP geplant. (red)
Quelle: Medienmitteilung des BAG
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