
KI erkennt genetische Störungen in Zellbildern
Forschende am PSI entwickeln eine KI, die genetische Störungen allein anhand von Zellbildern erkennen kann. Das System könnte Diagnostik und Medikamentenentwicklung revolutionieren.
Villigen. Ein Forschungsteam des Paul-Scherrer-Instituts (PSI) hat mit Kolleg:innen der ETH Zürich, des MIT (Massachusetts Institute of Technology) und des Broad Institute des MIT und der Harvard University eine neue künstliche Intelligenz namens «Image2Reg» entwickelt: Das System kann genetische Störungen in Zellen und potenzielle Zielstrukturen von Medikamenten anhand einfacher mikroskopischer Bilder identifizieren – ganz ohne aufwendige Genanalysen. «Die Verbindung von Bildgebung, maschinellem Lernen und molekularen Netzwerken kann am Ende einen diagnostischen und therapeutischen Zugang ermöglichen, der sowohl schnell als auch kostengünstig ist», sagt Projektleiter G. V. Shivashankar, Leiter des Labors für multiskalare biologische Bildgebung am Zentrum für Life Sciences des PSI und Professor für Mechano-Genomik an der ETH Zürich.
«Image2Reg» kombiniert modernste Bildverarbeitung mit molekularbiologischen Daten: Einerseits erkennt die KI feine Strukturveränderungen in der «Verpackung» der DNA, dem Chromatin, die auf gestörte Genaktivität hinweisen. Parallel wird ein Netzwerk der genregulatorischen Beziehungen auf Basis von Genexpressionsdaten und Proteininteraktionen aufgebaut, das beschreibt, wie Gene im Inneren der Zelle miteinander in Beziehung stehen. Die KI verknüpft schlussendlich diese beiden Ebenen mithilfe eines mathematischen Modells, des «Neural Tangent Kernel». Entstehen soll so eine Art «Regelbuch der Zelle», eine Beschreibung, welche Gene gemeinsam wirken, einander regulieren oder bestimmten Signalwegen zugeordnet sind – unabhängig davon, wie sie sich äusserlich im Zellbild zeigen.
Für das Training der KI stand den Forschenden nahezu eine Million Einzelzellbilder zur Verfügung – ein Teil davon aus unbehandelten Kontrollzellen, der andere aus Zellen, bei denen gezielt jeweils ein Gen überaktiviert wurde. In Tests konnte das System bei jeder vierten Zelle korrekt vorhersagen, welches Gen verändert worden war – ein Ergebnis weit über Zufallsniveau. Die Forschenden sehen in «Image2Reg» ein vielversprechendes Werkzeug für die personalisierte Medizin. Langfristiges Ziel ist es, Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Fibrosen frühzeitig zu erkennen und gezielt zu behandeln. Erste Schritte in Richtung klinischer Anwendung gehen die Forschenden bereits mit einem neu gegründeten Start-up, das eine Therapie für fibrotische Erkrankungen entwickeln will. (red)
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Quelle: PSI
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