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Organtuberkulose

Tuberkulose außerhalb der Lunge

<p class="article-intro">2017 wurden in Österreich 570 Tuberkulosefälle gemeldet. Bei 148 Erkrankungsfällen (24,2 % ) lag zusätzlich zur Tuberkulose der Atmungsorgane oder ausschließlich eine Tuberkulose anderer Organe vor.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Extrapulmonale Tuberkulose ist h&auml;ufig assoziiert mit Immunsuppression oder Immunschw&auml;che. Frauen sind h&auml;ufiger betroffen als M&auml;nner; Kinder und alte Menschen sowie ethnische Minderheiten und Zuwanderer sind ebenfalls h&auml;ufiger betroffen. <br />Wenn Klinik und Bildgebung eine Tuber kulose vermuten lassen, sollte eine Diagnosesicherung angestrebt werden. Daf&uuml;r muss Biopsiematerial mittels His tologie, Mikrobiologie und Kultur aufgearbeitet werden. Ein maximaler mikrobiologischer Aufwand f&uuml;r alle Materialien inklusive wiederholter PCR ist daf&uuml;r gerechtfertigt. Generell muss unfixiertes Material f&uuml;r Tuberkulosekulturen bereitgestellt werden. Die Einsendung von Stuhl oder Blutkulturen ist nur bei Patienten mit zellul&auml;rem Immundefekt sinnvoll. Liquor und Harn sollten wiederholt eingesendet werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_a1-tab.jpg" alt="" width="663" height="705" /></p> <h2>Diagnostik und Therapie der einzelnen Tuberkuloseformen</h2> <p>Pleuratuberkulose ist eine der h&auml;ufigsten extrapulmonalen Formen. Zur Diag nosesicherung ist eine Punktion erforderlich. Sollte kulturell oder molekularbiologisch keine eindeutige Diagnose gestellt werden k&ouml;nnen, wird eine Videoassistierte Thorakoskopie oder eine Thorako skopie mit Pleurabiopsie empfohlen. Behan delt wird mit der Standard- Tuber kulosetherapie, also Rifampicin (RMP) und Isoniazid (INH) &uuml;ber 6 Monate, in den ersten 2 Monaten zus&auml;tzlich Ethambutol (EMB) und Pyrazinamid (PZA). Zus&auml;tzlich wird bei ausgedehnten Erg&uuml;ssen eine suffiziente Drainagetherapie und anschlie &szlig;end eine intensive physikalische Therapie empfohlen. Bei Pleuraschwarten am Ende der Behandlung muss gepr&uuml;ft werden, ob Funktionseinschr&auml;nkungen eine elektive Dekortikation notwendig machen.</p> <p><strong>Lymphknotentuberkulose</strong> betrifft meist zervikale, seltener mediastinale, hil&auml;re oder abdominale Lymphknoten. Die Diagnose wird gestellt durch Punktion oder Exzision mittels histologischer und kultureller Untersuchung. Differenzialdiagnostisch m&uuml;ssen vor allem nicht tuberkul&ouml;se Mykobakteriosen und maligne Lymphome ausgeschlossen werden. Behan delt wird mit der Standard-Tuberkulosetherapie und bei Bedarf mit zus&auml;tzlichen chirurgischen Interventionen (Inzision, Abszessdrainage, Exzisionen). Unter laufender Therapie kann es zu einer Vergr&ouml;&szlig;erung der Lymphknoten in den ersten Wochen und Monaten kommen, bei zervikalem Lymphknotenbefall teilweise protrahiert und mit Zunahme an Gr&ouml;&szlig;e und Zahl.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_a1-abb1.jpg" alt="" width="325" height="440" /></p> <p><strong>Larynxtuberkulose</strong> tritt als asymmetrischer oder einseitiger Befall &auml;hnlich einer Laryngitis, Monochorditis oder exo phytischen, exulzerierenden Infektion auf. Die Biopsie (Histologie, Mikrobiologie, Kultur) im Rahmen einer indirekten oder direkten Laryngoskopie sichert die Diag nose. Meistens tritt diese Organtuberkulose im Zuge einer Lungentuberkulose auf. Unter Standardtherapie ist meist ein zufriedenstellender Verlauf bei guter Prognose zu erwarten. Prim&auml;r chirurgische Behandlungen wie eine partielle oder totale Laryngektomie sind nicht indiziert. Dennoch kann eine chirurgische Therapie (erweiterte zervikale Lymphadenektomie, Exzision persistierender zervikaler Fisteln) in einzelnen F&auml;llen nach entsprechender medikament&ouml;ser Vorbehandlung sinnvoll sein.</p> <p><strong>Urogenitaltuberkulose</strong> kann mit dem Morgenurin mikroskopisch, kulturell und molekularbiologisch diagnostiziert werden. In unklaren F&auml;llen sind aber Biopsien des betroffenen Organs erforderlich. Die Standardtherapie muss an unter Umst&auml;nden bestehende Nierenfunktionsst&ouml;rungen angepasst werden. Bei einer fehlenden Ausheilung mit erheblichen strukturellen Defekten der Niere ist eine partielle oder totale Nephrektomie erforderlich. Vor der Intervention sollte die antituberkul&ouml;se Therapie &uuml;ber vier Wochen durchgef&uuml;hrt werden. In der Initialphase ist infolge eines Schleimhaut&ouml;dems eine Abflussbehin derung m&ouml;glich, was eine Ureterschienung erforderlich macht. Die fr&uuml;hzeitige Schienung bei Ureterstrikturen verbessert die Prognose. Der Nutzen adjuvanter syste mischer Kortikosteroide ist nicht belegt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_a1-abb2.jpg" alt="" width="662" height="371" /></p> <p><strong>Abdominaltuberkulose</strong> wird endoskopisch oder chirurgisch (Histologie, Mikrobiologie, Kultur) diagnostiziert. Wichtige Differenzialdiagnosen sind Malignome und chronisch-entz&uuml;ndliche Darmerkran kungen. Unter Standardtherapie kann es trotzdem zu Komplikationen kommen. Chirurgische Interventionen sind in bis zu 75 % der F&auml;lle erforderlich. Neben der Diagnosesicherung sind intestinale Obstruktionen mit Ausbildung eines akuten Abdomens oder Darm perforationen Indikationen zur Operation. Postoperative Komplikationen und un g&uuml;ns tige Heilungsverl&auml;ufe sind nach Darmperforationen h&auml;ufig.</p> <p><strong>Knochen- und Gelenktuberkulose</strong> werden bei klinischem Verdacht mit CT- und MRT-Befunden diagnostiziert. Die Diagnosesicherung erfolgt mittels CT-gest&uuml;tzter Punktion oder chirurgischer Biopsie (Histologie, Mikrobiologie, Kultur). Die Standardtherapie wird auf 9 Monate verl&auml;ngert (2 Monate INH, RMP, PZA, EMB und 7 Monate INH, RMP), in Einzelf&auml;llen auch deutlich l&auml;nger. Zus&auml;tzliche chirur gische Interventionen sind bei relevanten neurologischen Komplikationen oder bei der Instabilit&auml;t tragender Knochen erfor derlich. Perioss&auml;re Abszesse und Senkungs abszesse sollten prim&auml;r drainiert werden. F&uuml;r die Instillation von Medikamenten gibt es keine Evidenz.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_a1-abb3.jpg" alt="" width="324" height="346" /></p> <p><strong>Perikardtuberkulose</strong> wird bei einem in der Echokardiografie oder MRT aufgetre tenen Verdacht mittels Perikardpunktion diagnostiziert. Zus&auml;tzlich zur Standard therapie werden Kortikosteroide nicht mehr generell empfohlen, au&szlig;er bei aus gedehntem Perikarderguss, einer hohen Zahl von Entz&uuml;ndungszellen im Erguss oder fr&uuml;hen Zeichen einer Konstriktion. Bei kalzifizierender konstriktiver Perikarditis kann bei h&auml;modynamischer Relevanz eine Perikardektomie indiziert sein. Bei ausgedehnten, h&auml;modynamisch relevanten Perikarderg&uuml;ssen ist ein Perikardkatheter zur Drainage erforderlich. Sollte unter der antituberkul&ouml;sen Therapie nach 6 bis 8 Wochen eine zunehmende Konstriktion des Perikards auftreten, besteht ebenfalls eine Indikation zur operativen Therapie.</p> <p><strong>Tuberkulose des ZNS</strong> wird mit zerebraler und spinaler Bildgebung, CMRT und spinalem MRT und anschlie&szlig;ender Liquorpunktion diagnostiziert. Typische Liquorbefunde sind eine leichte bis m&auml;&szlig;ige Liquorpleozytose. Zytologisch ist das Zell bild je nach Erkrankungsstadium variabel, &uuml;berwiegend mit Nachweis einer &bdquo;bunten&ldquo; Mischpleozytose aus Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten. H&auml;ufig sind sehr hohe Gesamteiwei&szlig;werte und eine sehr schwe re Schrankenfunktionsst&ouml;rung mit einem Albumin-Liquor/Serum-Quotienten (QAlb) &gt; 25 &times; 103 sowie regelhaft ein erh&ouml;hter Laktatwert im Liquor oder reduzierte Glukosewerte. F&uuml;r die Therapie ist die unterschiedliche Penetration der Medikamente, abh&auml;ngig vom Entz&uuml;ndungsgrad, relevant. INH und PZA zeigen eine gute Penetration, RMP weniger (RMP daher hoch dosieren!), EMB zeigt eine schlechte Pene tration. Therapieempfehlung: INH, RMP, PZA und Streptomycin (SM) &uuml;ber zwei Monate, gefolgt von 10 Monaten (oder l&auml;nger) INH und RMP. Ist Streptomycin nicht verf&uuml;gbar, sollte Moxifloxacin gege ben werden. Zus&auml;tzlich ist immer Dexa methason oder Prednisolon erforderlich. Prednisolon 40 mg/Tag, nach 2 bis 3 Wo chen um jeweils 10 mg/Woche reduzieren und dann ausschleichen. Bei therapie refrakt&auml;ren, raumfordernden L&auml;sionen oder bei Hydrocephalus occlusus oder malresorptivus sind neurochirurgische Interventionen erforderlich. Im weiteren Verlauf sind cMRT-Kontrollen (ggf. spina les MRT) und Liquoranalysen notwendig. Zu Beginn und im Verlauf sollten au&szlig;erdem Audiogramme erhoben werden, da Hochtonschwerh&ouml;rigkeit eine relevante Nebenwirkung von Streptomycin ist.</p> <p><strong>Miliartuberkulose</strong> wird mittels bildgebender Verfahren, kultureller und mikrobiologischer Untersuchungen diag nostiziert. Sputumuntersuchungen sind oft negativ, was eine bronchoskopische Abkl&auml;rung n&ouml;tig macht. Eventuell ist die Diagnosesicherung im Urin erfolgreich. Eine Beteiligung des ZNS und/oder der Meningen ist meist nicht sicher ausge schlossen. Behandelt wird die Miliar tuberkulose mit einer 12-monatigen Therapie (wie bei der Tuberkulose des ZNS), au&szlig;er die Bildgebung und die Untersuchungen des Liquors sind eindeutig negativ. Bei respiratorischer Partialinsuf fizienz ist die Gabe von Kortikosteroiden in den ersten Wochen der Erkrankung notwendig. Prognostisch sind protrahierte Verl&auml;ufe nicht selten.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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