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Spiroergometrische Untersuchung bei Hobby- und Leistungssportlern

<p class="article-intro">In der pneumologischen und kardiologischen Sprechstunde ist die Dyspnoe, vor allem bei Belastung, eines der Hauptsymptome und verantwortlich für eine teils erhebliche Einschränkung der Lebensqualität der betroffenen Patienten. Mittels einer Spiroergometrie lassen sich die Ursachen dieser Limitierungen in den allermeisten Fällen herausarbeiten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Spiroergometrie ist die valideste Technik zur Erfassung der kardiopulmonalen Gesamtbelastbarkeit.</li> <li>Sie ist immer dann sinnvoll, wenn die aerobe Kapazit&auml;t eine limitierende Einflussgr&ouml;&szlig;e f&uuml;r den Wettkampferfolg darstellt.</li> <li>Nur mit dieser Technik ist eine individuelle Trainingssteuerung m&ouml;glich.</li> <li>Sie ist allerdings sehr komplex in der Durchf&uuml;hrung aufgrund des hohen apparativen Aufwandes sowie in der Auswertung aufgrund der Vielzahl an gewonnenen Daten.</li> </ul> </div> <p>Die Spiroergometrie ist eines der wichtigsten diagnostischen Verfahren zur qualitativen und quantitativen Absch&auml;tzung der kardiopulmonalen (Ausdauer-)Leistungsf&auml;higkeit und gibt einen guten &Uuml;berblick &uuml;ber das Zusammenspiel von Lunge bzw. Atmung, kardiovaskul&auml;rem System, Muskulatur und Stoffwechsel unter Belastung.<sup>1</sup><br /> Sie liefert wesentliche differenzialdiagnostische Hinweise auf die m&ouml;glichen Ursachen einer unklaren Belastungsdyspnoe. In den meisten F&auml;llen kann eine kardiopulmonale Leistungsuntersuchung (CPX, Spiroergometrie) helfen, abzusch&auml;tzen, ob sich hinter der geschilderten Symptomatik eine relevante kardiale oder pulmonale Funktionsst&ouml;rung oder ein periphermuskul&auml;res Defizit (Trainingsmangel) verbirgt.<br /> Im (Hobby- und Leistungs-)Sport sind die Ergebnisse der Spiroergometrie vor allem dann zur Trainingsteuerung n&uuml;tzlich, wenn die aerobe Kapazit&auml;t f&uuml;r den Wettkampferfolg eine limitierende Einflussgr&ouml;&szlig;e darstellt. Auf Basis der gewonnenen Daten ergeben sich Hinweise zur Bewegungs&ouml;konomie sowie zu Verh&auml;ltnis und Menge der metabolisierten Energielieferanten.<br /> Der Fokus liegt vor allem auf einer Bestimmung der maximalen Sauerstoffaufnahme (V&rsquo;O<sub>2max</sub>) bezogen auf das K&ouml;rpergewicht sowie der ventilatorischen Schwellen VT1 (ehemals &bdquo;respiratorische AT&ldquo;) und VT2 (ehemals &bdquo;respiratorischer Kompensationspunkt&ldquo;, RCP).<sup>2, 3</sup> Erg&auml;nzt werden die Daten durch eine Bestimmung der Laktatwerte auf den einzelnen Belastungsstufen.<br /> &Uuml;ber die routinem&auml;&szlig;ige Atemgasanalyse hinausgehende, erg&auml;nzende Untersuchungstechniken (Intra-Breath-Atemman&ouml;ver) erm&ouml;glichen Aussagen bez&uuml;glich atemmechanischer Limitierungen (dynamische Flusslimitierung und &Uuml;berbl&auml;hung) unter Belastung. Jede Spiroergometrie sollte zudem durch Blutgasanalysen erg&auml;nzt werden.<br /> Die mittlerweile als &bdquo;Goldstandard&ldquo; eingesetzte grafische Umsetzung der gewonnenen Daten als &bdquo;9-Felder-Grafik&ldquo; nach Wasserman tr&auml;gt wesentlich dazu bei, den &Uuml;berblick &uuml;ber die Vielzahl an Informationen und Daten zu behalten und eine Systematik und Standardisierung in der Auswertung zu erreichen (Abb. 1).<sup>4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1903_Weblinks_jatros_pneumo_1903_s9_abb1_kruell.jpg" alt="" width="800" height="501" /></p> <h2>Physiologie</h2> <p>Die Spiroergometrie ist ein diagnostisches Verfahren, bei welchem durch Messung der in- und exspiratorischen Atemgase und -volumina sowie der Atem- und Herzfrequenz w&auml;hrend zunehmender k&ouml;rperlicher Aktivit&auml;t die Leistungsf&auml;higkeit und das Zusammenspiel der Atmung, des Gasaustausches, der peripheren Sauerstoffaussch&ouml;pfung und des kardiovaskul&auml;ren Systems untersucht werden. Aus den gemessenen Werten l&auml;sst sich eine Reihe weiterer Parameter errechnen (respiratorischer Quotient, Atem&auml;quivalente, Atemzugvolumen, Atemeffizienz, Sauerstoffpuls/Schlagvolumen u. a. m.). Da die Leistungsf&auml;higkeit der Atmung nicht durch den Atemtrakt alleine gew&auml;hrleistet wird, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel von Herz, Kreislauf, muskuloskelettalem Status (Trainingszustand) und Stoffwechsel (&bdquo;Zellatmung&ldquo;), geben die gewonnenen Ergebnisse somit einen qualitativen und quantitativen &Uuml;berblick &uuml;ber das optimale Zusammenspiel der verschiedenen Organsysteme und damit die Gesamtleistungsf&auml;higkeit des K&ouml;rpers.<sup>5</sup><br /> Die bekannteste Kenngr&ouml;&szlig;e f&uuml;r die Ausdauerleistungsf&auml;higkeit ist die maximale Sauerstoffaufnahme, V&rsquo;O<sub>2max</sub>. Sie kann bei einem hochtrainierten Ausdauersportler bis zu 90 ml/min/kg K&ouml;rpergewicht betragen, bei einem 30-j&auml;hrigen gesunden untrainierten Mann liegt sie zwischen 35 und 45 ml/ min/kg. Bei Frauen sind die Werte aufgrund der geringeren Muskelmasse meist um 10&ndash; 15 % niedriger. Von einer V&rsquo;O<sub>2max</sub> kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn auch eine maximale k&ouml;rperliche Ausbelastung erfolgt ist. Da dies jedoch ein Aspekt ist, der durch vielerlei Faktoren (&bdquo;Tagesform&ldquo;, Mitarbeit, metabolische Beanspruchung u. v. a. m.) bestimmt wird, ist sie zur Beurteilung von Trainingseffekten nur wenig geeignet, hierf&uuml;r eignen sich besser die zu bestimmenden Schwellen VT1 und VT2.</p> <h2>Ablauf der Untersuchung</h2> <p>Vor der Untersuchung sollte das Vorhandensein m&ouml;glicher absoluter Kontraindikationen f&uuml;r die Durchf&uuml;hrung der Untersuchung gepr&uuml;ft werden, auch sollte w&auml;hrend der Untersuchung sorgf&auml;ltig auf potenzielle Abbruchkriterien geachtet werden.<sup>6</sup> Die Spiroergometrie kann mittels Rampenoder Stufenprotokoll durchgef&uuml;hrt werden. Eine Ausbelastung sollte beim Rampenprotokoll innerhalb von 12&ndash;15 Minuten erfolgen, um einer fr&uuml;hzeitigen muskul&auml;ren Erm&uuml;dung vorzubeugen. Es wird meist bei den rein &bdquo;medizinischen&ldquo; Spiroergometrien eingesetzt. Zudem lassen sich anhand der im Rampenprotokoll gewonnenen Daten die ventilatorischen Schwellen besser ableiten.<br /> Ein Stufenprotokoll wird bei den klassischen &bdquo;Leistungsanalysen&ldquo; mit sport- und trainingswissenschaftlichen Fragestellungen durchgef&uuml;hrt. Hierbei sollten im Vorfeld mit dem Sportler die Dauer und die Intensit&auml;t der Leistungsstufen abgestimmt werden, um eine optimale Ausbelastung zu erzielen, &uuml;blicherweise liegt die Dauer der einzelnen Stufen bei 3&ndash;5 Minuten. Am Ende jeder Stufe sollte eine Laktatanalyse erfolgen.<br /> Erg&auml;nzt werden diese Informationen durch zus&auml;tzliche Messman&ouml;ver wie der &bdquo;Intra-Breath-Messung&ldquo; sowie (kapill&auml;re) Blutgasanalysen, um die alveolo-arterielle Sauerstoffdruckdifferenz (AaDO<sub>2</sub>) und die arterio-endtidale (= alveol&auml;re) Partialdruck- Differenz f&uuml;r CO<sub>2</sub> (P[a-ET]CO<sub>2</sub>) bestimmen zu k&ouml;nnen.<sup>5</sup><br /> Ein erster Schritt der Analyse sollte sein, zu pr&uuml;fen, ob eine vollst&auml;ndige kardiovaskul&auml;re und pulmonale Ausbelastung erfolgt ist. Aufgrund der gro&szlig;en Datenmenge hat es sich bew&auml;hrt, die Auswertung nach einem standardisierten Schema durchzuf&uuml;hren, um keine relevanten Aspekte zu vergessen oder zu &uuml;bersehen.<br /> In den Feldern 2, 3 und 5 werden die kardiovaskul&auml;ren Belastungsdaten abgebildet, in den Feldern 1 und 7 die ventilatorischen, in Feld 4 Aspekte aus beiden Systemen. In den Feldern 6 und 9 werden die Daten des Gasaustauschs unter Belastung erfasst (siehe auch Abb. 1).<br /> Zeichen einer kardialen Limitation sind neben entsprechenden Ver&auml;nderungen im EKG das Erreichen eine Plateaus oder gar ein Abfall des Sauerstoffpulses (Menge der Sauerstoffaufnahme/Herzschlag), eine reduzierte maximale Sauerstoffaufnahme V&rsquo;O<sub>2max</sub> oder auch eine reduzierte V&rsquo;O<sub>2</sub> an der VT1. Bei chronischer, vor allem rechtskardialer Insuffizienz oder auch pulmonaler Hypertonie ist zudem eine pathologische Steigerung der V&rsquo;E/V&rsquo;CO<sub>2</sub> nachweisbar (= Atemeffizienzst&ouml;rung, Menge an Luft, die ventiliert werden muss, um einen Liter CO<sub>2</sub> abzuatmen, Feld 4).<br /> Zeichen einer pulmonalen Limitierung sind neben einem verminderten maximalen Atemminutenvolumen (V&rsquo;E<sub>max</sub> von bis zu 200 l/min) auch eine Einschr&auml;nkung der Atemreserve (&bdquo;breathing reserve&ldquo;, BR). Als solche bezeichnet man hierbei die Differenz zwischen dem maximal vorhergesagten und dem tats&auml;chlich erreichten AMV. Ein &bdquo;tiefes Aussch&ouml;pfen&ldquo; der BR (&lt; 25 % ) bis zur atemmechanischen Grenze ist allerdings in gewissem Ma&szlig;e &bdquo;trainierbar&ldquo; und somit kein verl&auml;ssliches Ma&szlig; einer pulmonalen Limitierung im (Hoch-)Leistungssport.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Raschka C, Nitsche L: Praktische Sportmedizin. Thieme 2016; 77-92 <strong>2</strong> Westhoff M et al.: Positionspapier der AGSpiroergometrie zu ventilatorischen und Laktatschwellen. www.ag-spiroergometrie.de; 2011 <strong>3</strong> Wasserman K et al.: Anaerobic threshold and respiratory gas exchange during exercise. J Appl Physiol 1973; 35: 236-43 <strong>4</strong> Whipp BJ et al.: Parameters of ventilator and gas exchange dynamics during exercise. J Appl Physiol 1982; 52: 1506-13 <strong>5</strong> Kroidl RF et al.: Kursbuch Spiroergometrie. Thieme 2014; 3. Auflage <strong>6</strong> Trappe HJ, L&ouml;llgen H: Leitlinien zur Ergometrie. Z Kardiol 2000; 89: 821-37</p> </div> </p>
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