
©
Getty Images/iStockphoto
Rare Daten über E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung
Leading Opinions
30
Min. Lesezeit
11.07.2019
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">E-Zigaretten sind mittlerweile weit verbreitet und werden auch als Mittel zur Raucherentwöhnung angepriesen. Dazu gibt es aus medizinischer Sicht jedoch noch viele offene Fragen, Daten sind rar. Die vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte ESTxENDS-Studie der Universitäten Bern, Lausanne und Genf prüft nun die Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit von nikotinhaltigen E-Zigaretten zur Tabakentwöhnung.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Für die Nikotin-Ersatztherapie (Nicotin Replacement Therapy, NRT) im Rahmen der Tabakentwöhnung wurden bisher vor allem Kaugummis und Pflaster eingesetzt. Ein entscheidender Nachteil der NRT-Produkte ist die im Vergleich zur Zigarette deutlich verzögerte Freisetzung des Nikotins. Eine Ausnahme bildet der Nikotin-Mundspray, dessen Wirkung bereits nach ca. 5 Minuten eintritt.<sup>1</sup> «Ein grosser Nachteil des Sprays ist aber, dass Nikotin sehr scharf ist und deshalb im Mund brennt», sagte Prof. Dr. med. Reto Auer vom Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) der Universität Bern. «Das schränkt die Anwendbarkeit des Sprays ein.»<br /> Im Unterschied zu den NRT-Produkten liefern E-Zigaretten («electronic nicotine delivery systems», ENDS) in kurzer Zeit hohe Dosen an Nikotin und kommen damit der Zigarette sehr nahe.<sup>2</sup> Neuere Produkte schneiden in dieser Hinsicht besser ab als ältere.<sup>2</sup> Dies macht ENDS interessant für die Raucherentwöhnung. Ob sie dafür geeignet sind und welche Risiken mit der Inhalation der neuen Produkte verbunden sind, ist aber nach wie vor ungeklärt. Der Einsatz von ENDS zur Raucherentwöhnung wurde zwar in verschiedenen Studien, zumeist Querschnitts- oder Beobachtungsstudien, untersucht, deren Aussagekraft ist aber beschränkt. «Um eine Aussage dazu machen zu können, benötigen wir mehr randomisierte kontrollierte Studien», sagte Auer.<br /> Eine kürzlich im «New England Journal of Medicine» erschienene randomisierte kontrollierte Studie mit 886 Teilnehmern zeigte, dass in der ENDS-Gruppe signifikant mehr Personen eine einjährige Rauchabstinenz erreichten als in der NRT-Gruppe (18 % vs. 9,9 %; RR: 1,83; 95 % CI: 1,30–2,58; p < 0,001).<sup>3</sup> Von den Personen, die ein Jahr lang keine Zigaretten mehr rauchten, benutzten in der ENDS-Gruppe 80 % weiterhin die E-Zigarette, während in der Kontrollgruppe nur 9 % weiterhin eine NRT verwendeten. Es besteht deshalb die Befürchtung, dass aufgrund der immer besseren Imitation der Zigarette, mehr Personen von den ENDS abhängig werden. «Wir sprechen dann nicht mehr von einer Nikotin-, sondern von einer Tabakabstinenz », so Auer.<br /> Aus diesem Grunde ist es wichtig, sich über die Inhaltsstoffe der ENDS Gedanken zu machen. Eine Studie, die die Inhaltsstoffe von Vaporizern und «Heat-not-burn »-Zigaretten untersucht hat, kommt zum Schluss, dass das kanzerogene Potenzial der ENDS im Allgemeinen niedriger ist als jenes herkömmlicher Zigaretten, wobei Vaporizer besser abschneiden als «Heat-not- burn»-Zigaretten.<sup>4</sup><br />Was die gesundheitlichen Effekte angeht, zeigte die o. g. NEJM-Studie, dass die Raucherentwöhnung mit ENDS die Inzidenz respiratorischer Symptome wie Husten und Schleimbildung stärker reduzierte als die Vergleichsbehandlung mit NRT.<sup>3</sup> Noch unklar sind die Effekte der ENDS auf das kardiovaskuläre System.</p> <h2>Studienteilnehmer gesucht</h2> <p>Die durch Forscher initiierte und mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds durchgeführte Studie ESTxENDS (<strong>E</strong>fficacy, <strong>S</strong>afety and <strong>T</strong>oxicology of <strong>E</strong>lectronic<strong> N</strong>icotine <strong>D</strong>elivery <strong>S</strong>ystems as an aid for smoking cessation: The ESTxENDS multicentre randomized controlled trial) der Universitäten Bern, Lausanne und Genf soll dazu beitragen, offene Fragen zur Tabakentwöhnung mit E-Zigaretten zu klären.<br /> «Für die Studie werden noch Teilnehmer gesucht», so Auer, der als Studienverantwortlicher fungiert. Haben sie Patienten, die älter als 18 Jahre sind, seit mindestens einem Jahr fünf oder mehr Zigaretten pro Tag rauchen und in den nächsten drei Monaten mit dem Rauchen aufhören möchten? Dann wenden Sie sich an eines der Studienzentren (Bern: rauchstoppstudie@ insel.ch; Lausanne: etudetabac@hospvd. ch; Genf: etudetabac@hcuge.ch) oder informieren Sie sich unter www.estxends. ch.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für
Pneumologie, 9. und 10. Mai 2019, Montreux
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Kraiczi H et al.: Single-dose pharmacokinetics of nicotine when given with a novel mouth spray for nicotine replacement therapy. Nicotine Tob Res 2011; 13: 1176-82 <strong>2</strong> Hajek P et al.: Nicotine delivery to users from cigarettes and from different types of e-cigarettes. Psychopharmacology 2017; 234: 773-9<strong> 3</strong> Hajek P et al.: A randomized trial of e-cigarettes versus nicotine-replacement therapy. N Engl J Med 2019; 380: 629-37 <strong>4</strong> Stephens WE: Comparing the cancer potencies of emissions from vapourised nicotine products including e-cigarettes with those of tobacco smoke. Tob Control 2017 [epub ahead of print]</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Pathobiologie und Genetik der pulmonalen Hypertonie
Für die 7. Weltkonferenz für pulmonale Hypertonie (World Symposium on Pulmonary Hypertension; WSPH) 2024 beschäftigten sich zwei Task-Forces aus 17 internationalen Experten allein mit ...
COPD: State of the Art
Vom reaktiven zum proaktiven Management – Präventivmassnahmen werden in der Versorgung von COPD-Patient:innen immer wichtiger. Das unterstreichen auch die Aktualisierungen im GOLD-Report ...