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Jatros
Autor:
Hannes Sucher
Physiotherapeut<br> Wilhelminenspital Wien<br> E-Mail: hannes.sucher@wienkav.at
30
Min. Lesezeit
23.03.2017
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<p class="article-intro">Das Einbringen von Medikamenten in die Lunge stellt uns besonders bei jungen Patienten mitunter vor eine große Herausforderung. Die Berücksichtigung einiger Variablen kann jedoch eine erfolgreiche Inhalation begünstigen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Falls ein Kind weint, schreit oder sich wegdreht, war der Inhalationsvorgang nicht effizient und er muss wiederholt werden.</li> <li>Nicht alle Medikamente sind für Ultraschallvernebler geeignet.</li> <li>Im Zweifelsfall (Fehlen adäquater Überprüfungsmethoden) ist das Dosieraerosol mit Vorschaltkammer dem Pulverinhalator vorzuziehen.</li> </ul> </div> <p>Die Atemwege der Lunge unterliegen physikalischen Gesetzen, die – je nach Alter eines Kindes, Art der Erkrankung, Komorbiditäten und Mitarbeit des Patienten – weiteren Varianzen unterliegen können. Die Inhalationsmedikamente selbst erfordern je nach Form der Verabreichung und Inhalatortyp ebenso unterschiedliche Einatemtechniken. Das Wissen um diese Variablen ist für die behandelnde Person essenziell, damit dem Kind und der Bezugsperson die für sie am besten geeignete und wirkungsvollste Inhalation vermittelt werden kann.</p> <h2>Partikelgröße</h2> <p>Um ein Medikament gut in die gewünschten Lungenareale (Segmentbronchien und kleiner) einbringen zu können, sollten die Partikel zwischen 2 und 5μm groß sein; das ist etwa 20- bis 30-mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Damit die Partikel gut den Wirkungsort erreichen, müssen sie wie Seifenblasen in die Lunge hineingleiten, da sie sonst, bei zu hoher Geschwindigkeit, an der Bronchialwand und an den Bifurkationen anprallen. Die optimale Geschwindigkeit wird durch die unterschiedlichen Inhalationstechniken je nach Gerät und Medikament erreicht.</p> <h2>Medikation</h2> <p>Grundsätzlich kann man die Medikamente in drei Gruppen unterteilen: Die Bronchien erweiternde Medikation (wie Betamimetika, Muskarinrezeptorantagonisten); Sekretolytika (Kochsalzlösungen in unterschiedlichen Konzentrationen und sonstige sekretverflüssigende Medikamente) und schließlich die Kortikosteroide und Antibiotika.</p> <p>Die Inhalation sollte auch, wenn alle drei Komponenten notwendig sind, entsprechend der Reihenfolge:</p> <ol> <li>Tür öffnen,</li> <li>Sekret verflüssigen (als Basis für eine sekretfördernde Atemtherapie),</li> <li>freie Bahn für weitere Helfer (die somit tiefer in die Lunge eindringen können) erfolgen.</li> </ol> <h2>Verabreichungsformen</h2> <p>Zur Inhalation stehen folgende Verabreichungsformen zur Verfügung: Feuchtinhalation (über Kompressor-, Mesh-, Ultraschallvernebler und ähnliche) und Trockeninhalation. Dazu zählen Dosieraerosole (Spray) mit Vorschaltkammer (Spacer) und Trockenpulverinhalatoren, die in unterschiedlichsten Ausführungen auf dem Markt erhältlich sind (z.B. Blister-, Kartuschen-, Kapselinhalatoren etc.).</p> <h2>Inhalation beim Säugling</h2> <p>Da Trockenpulverinhalatoren eine bestimmte Einatemkraft oder einen definierten Einatemsog verlangen, stehen beim Säugling nur die Feuchtinhalation und die Inhalation mit einem Dosieraerosol zur Verfügung.</p> <p><strong>Feuchtinhalation</strong><br /> Die gängigste Feuchtinhalationsform ist die mit dem Kompressorvernebler. Da Säuglinge über die Nase atmen, ist eine Maskeninhalation notwendig. Die Hersteller bieten bei Säuglingsinhalatoren einen Babywinkel an, der eine ökonomische Inhalation im Liegen und im Sitzen ermöglicht. Bietet ein Hersteller unterschiedliche Verneblerdüsen an, ist für Säuglinge immer die Düse mit dem feinsten Nebel zu wählen.</p> <p>Inhalationstechnik beim Säugling:</p> <ul> <li>Inhalation mit Maske und Babywinkel</li> <li>zuerst im Liegen oder am Arm</li> <li>später im Sitz</li> <li>dichter Sitz der Maske</li> </ul> <p>Ideal verläuft das Inhalationsmanöver, wenn das Kind ruhig atmet. Schreit es, weint es oder dreht es sich von der Maske weg, kann das Inhalat nicht in die Lunge gelangen und die Inhalation ist nicht erfolgreich.</p> <p>Tipp: Geben Sie dem Kind vor der Inhalation die Maske und den Inhalator zum Spielen und Begutachten in die Hände, dies kann die Angst vor der Maske nehmen und die Inhalation für das Kind tolerabler machen. Inhalationstechnik ab dem ca. 4. Lebensjahr (Umstellung von Maske auf Mundstück):</p> <ul> <li>aufrechter Sitz</li> <li>Mundstück umschließen, mit Zähnen darauf beißen</li> <li>tiefe Ruheatmung</li> <li>evtl. Nasenklemme</li> <li>Nutzen der Unterbrechertaste (wenn vorhanden), um die Inhalation noch effizienter zu gestalten</li> </ul> <p><strong>Inhalation mit einem Dosieraerosol</strong><br /> Das Aerosol tritt aus der Kartusche mit ca. 70–100km/h aus. Es ist nicht möglich, diese Geschwindigkeit mit einer suffizienten Einatmung zu koordinieren, deshalb sollten auch Erwachsene die Inhalation eines Dosieraerosols unbedingt mit einem Spacer durchführen.</p> <p>Der Spacer bremst die Geschwindigkeit des Aerosols ab, und der Patient kann die respirablen Partikel mit einer langsamen Einatmung in die Lunge gleiten lassen. Weiters ermöglicht der Spacer eine bessere Trennung des Medikaments vom Trägerstoff, wodurch die Inhalation noch effektiver wird. Kinder bis zum 3. bzw. 4. Lebensjahr inhalieren mit einem Spacer mit Maske.</p> <p><em>Inhalationstechnik</em></p> <ul> <li>Dosieraerosol schütteln</li> <li>Spacer mit Maske fest auf das Gesicht drücken</li> <li>Hub abgeben</li> <li>je nach Spacergröße 5–10 Atemzüge abwarten</li> <li>Sollten mehrere Hübe verordnet worden sein, den Vorgang wiederholen. Nicht 2 Sprühstöße in die Kammer abgeben. Die Partikel stoßen sich ab und werden an die Kammerwand geschleudert.</li> </ul> <p>Tipp: Vorschaltkammern werden zu den verschiedensten Modellen angeboten. Für Säuglinge ideal sind Modelle mit einem gut erkennbaren Ein- und Ausatemventil, um den Atemzug des Kindes beobachten zu können. Ebenso wäre eine Kammer, die sich nicht elektrostatisch auflädt, empfehlenswert. Für größere Kinder gibt es Modelle mit akustischem Feedback.</p> <p><strong>Trockenpulverinhalation</strong><br /> Sobald ein Kind ein gezieltes Einatemmanöver sicher durchführen kann, wird gerne ein Trockenpulverinhalator verordnet, da man im Gegensatz zum Aerosol nur ein Gerät benötigt. Um die richtige Inhalationstechnik zu schulen, bieten einige Hersteller Trainingsgeräte mit akustischem Feedback an. Weiters gibt es Schulungsgeräte, an denen man die Einatemwiderstände der gängigsten Pulverinhalatoren einstellen kann.</p> <p><em>Inhalationstechnik</em></p> <ul> <li>neben dem Inhalator ausatmen</li> <li>Mundstück mit den Lippen umschließen, ruhig und tief einatmen</li> <li>den Inhalator vom Mund nehmen und bis 10 zählen</li> <li>langsam ausatmen</li> </ul> <p>Tipp: Nach der Inhalation mit einem Kortisonpräparat unbedingt den Mund ausspülen, um eine Soorbildung zu vermeiden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1701_Weblinks_jatros_pneumo_1701_s33_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="367" /></p> <p>Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mehrfache Schulungen empfehlenswert sind, um eine optimale Handhabung zu gewährleisten.</p></p>
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