Neue Therapien gegen Covid-19
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
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Bei den Pharmakotherapien gegen Covid-19 bewegt sich einiges. Neue Medikamente werden zugelassen, andere haben angesichts neuer SARS-CoV-2-Varianten an Wirkung verloren. Prof. Dr. med. Nina Khanna vom Universitätsspital Basel fasste die Entwicklungen am Jahreskongress der Schweizer Pneumologen zusammen.
Frühe ambulante Covid-19-Behandlung
Antikörpertherapien («monoclonal antibodys», mAb)
Bis November 2021 war die mAb-Kombination von Casirivimab plus Imdevimab (Ronapreve®) ein effektives Mittel, um bei Personen mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion und einem hohen Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung das Hospitalisations- und Sterberisiko zu reduzieren. Mit dem Auftreten der Omikronvariante BA.1. zeigt jedoch die Kombinationstherapie keine Wirkung mehr.1 Dies im Gegensatz zu den beiden mAb-Therapien Sotrovimab und Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld®)a. Sotrovimab (Xevudy®) verfügt über eine «pan-sarbecovirus binding-site» und führt zur Neutralisierung von SARS-CoV-1- und SARS-CoV-2-Varianten. Der in Bellinzona entwickelte mAb hat in der COMET-ICE-Studie bei nicht geimpften Patienten, die ≤5 Tage an Covid-19-Symptomen litten und mindestens einen Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf hatten, das relative Risiko (RR) für eine Hospitalisation oder Tod innerhalb von 29 Tagen um 85% reduziert.2
Antivirale Medikamente
Grosse Hoffnungen wurden auf Molnupiravirb gesetzt, ein Prodrug, das bei frühzeitiger Behandlung die Replikation von SARS-CoV-2 inhibieren kann. Die Ergebnisse der MOVe-OUT-Studie fielen mit einer Inzidenz der Hospitalisationen und Todesfälle von 6,8% und 0,1% vs. 9,7% und 1,3% unter Placebo jedoch weniger gut aus als erwartet.3 Die in der PINETREE-Studie untersuchte, frühe Therapie mit dem Virustatikum Remdesivir (Veklury®) reduzierte das Risiko für Covid-19-assoziierte Hospitalisationen und Todesfälle jeglicher Ursache im Vergleich zu Placebo um 87%.4 Interessanterweise scheint die Viruslast in den oberen Atemwegen und damit das Transmissionsrisiko von der Behandlung mit Remdesivir unbeeinflusst zu bleiben. Für die orale antivirale Kombination mit Nirmatrelvir und Ritonavir (Paxlovid®)c zeigen die erst kürzlich publizierten Ergebnisse der EPIC-HR-Studie, dass sich durch den frühen Einsatz der Kombinationstherapie das Risiko für eine Krankheitsprogression bei Covid-19-positiven Risikopatienten um ca. 89% reduzieren liess.5 Die Viruslast in den Atemwegen nahm im Vergleich zu Placebo unter der antiviralen Kombinationstherapie um den Faktor 10 ab.
Übrige Medikamente
In der TOGETHER-Studie wurde gezeigt, dass eine 10-tägige Behandlung mit dem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluvoxamin das Risiko für eine Notfallbehandlung oder Hospitalisation bei SARS-CoV-2-positiven, symptomatischen Hochrisikopatienten reduziert.6 SARS-CoV-2-positive Patienten, die aufgrund ihres Alters und vorhandener Komorbiditäten ein erhöhtes Komplikationsrisiko hatten, erholten sich rascher von ihrer Covid-19-Erkrankung, wenn sie Budesonid (2xtägl. 800µg) inhalierten, das zeigte die PRINCIPLE-Studie.7
Limitationen der neuen Therapien
Die Aussagekraft der hier aufgeführten Studienergebnisse ist vor dem Hintergrund der aktuellen Omikronwelle limitiert, da die Studien Patienten mit früher zirkulierenden Virusvarianten eingeschlossen hatten. In die Studien waren zudem nur ungeimpfte Personen eingeschlossen. Die Wirkung von Molnupiravir auf die Krankheitsprogression scheint weniger effektiv zu sein als jene des mAb Sotrovimab oder der antiviralen Therapien mit Remdesivir und Nirmatrelvir/Ritonavir. Doch auch diese haben ihre Limitationen: Sotrovimab zeigt eine eingeschränkte Wirkung gegen die Omikronvariante BA.2., bei Nirmatrelvir birgt die Kombination mit Ritonavir, einem CYP3A4-Inhibitor, der die Pharmakokinetik von Nirmatrelvir verstärkt, ein erhöhtes Interaktionsrisiko mit allfälligen Begleitmedikamenten. Als herausfordernd für Patienten und Spitäler hat sich auch die parenterale antivirale Therapie mit Remdesivir erwiesen, für die die Patienten während dreier aufeinanderfolgender Tage das Spital aufsuchen müssen. Bereits die massive Zunahme von Antikörpertherapien seit September 2021 hatte die Spitäler vor ein logistisches Problem gestellt. Dies wurde beispielsweise in den USA durch die Einrichtung von «Drive-in»-Stationen vereinfacht.
Neue Therapien gegen Covid-19 bei hospitalisierten Patienten
«Bis Februar 2021 waren systemische Steroide die einzige lebensrettende Therapie für schwerkranke Covid-19-Patienten», sagte die Spezialistin. Erst die Behandlung mit dem Interleukin-6-Rezeptorantikörper Tozilizumab (Actemra®) führte im Vergleich zur Standardbehandlung bei kritisch kranken Covid-19-Patienten zu einer Reduktion der 28-Tages-Mortalität (31% vs. 35%) und zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, lebend aus der Spitalpflege entlassen zu werden (57% vs. 50%).8 Patienten, die zusätzlich mit systemischen Steroiden behandelt wurden, profitierten besonders deutlich von der Therapie.
Im September 2021 folgte die Publikation der COV-BARRIER-Studie, die den Januskinase-Inhibitor Baricitinib (Olumiant®) bei hospitalisierten Covid-19-Patienten mit erhöhten Entzündungsmarkern untersucht hat. Dabei zeigte sich hinsichtlich des kombinierten primären Endpunkts (Krankheitsprogression oder Tod nach 28 Tagen) kein signifikanter Unterschied zu der verglichenen Therapie mit Placebo (27,8% vs. 30,5%, p=0,18).9 Die 28-Tages-Gesamtmortalität war in der Baricitinib-Gruppe allerdings signifikant niedriger (8% vs. 13%, p=0,0018).10 Die aktuellen Covid-19-Behandlungsempfehlungen internationaler und nationaler Gesundheitsorganisationen und Fachgesellschaften für Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und kritisch kranke Patienten sind in Abbildung 1 zusammengefasst.
Abb. 1: Aktuelle Behandlungsempfehlungen bei Covid-19 (adaptiert nach World Health Organization [WHO], Infectious Diseases Society of America [IDSA], National Institutes of Health [NIH], Schweizerische Gesellschaft für Infektionskrankheiten [SSI] und der Clinical Care Group [CCG] der Swiss National Covid-19 Science Task Force)
Blick in die Zukunft
Die Pharmakotherapie bei Covid-19 bleibt in Bewegung: Aktuell befinden sich mehr als 200 mAb und verschiedene antivirale Medikamente in Entwicklung. Bei der Behandlung von immunsupprimierten Patienten dürfte die Kombination von mAb und antiviralen Therapien an Bedeutung gewinnen. Eine wichtige Ergänzung des vorhandenen Armamentariums stellt die Entwicklung einer oralen Anwendungsform von Remdesivir dar. «Die wichtigste initiale Massnahme zur Prävention einer schweren Covid-19-Erkrankung bleibt jedoch die Initiierung einer spezifischen Immunität mittels Impfung», so die Professorin.
a In der Schweiz noch nicht zugelassen. Bei Swissmedic wurde im Februar 2022 für Tixagevimab/Cilgavimab ein Zulassungsgesuch eingereicht.10 Bis zum Zulassungsentscheid darf das Arzneimittel gemäss der Covid-19-Verordnung 3 zur Infektionsverhütung bei immunsupprimierten Personen ohne Zulassung in Verkehr gebracht werden.11,12 Dabei darf das Produkt ausschliesslich gemäss den Empfehlungen der EKIF/SSI (Eidgenössische Kommission für Impffragen/Schweizerische Gesellschaft für Infektionskrankheiten) angewendet werden.13
b In der Schweiz noch nicht zugelassen.
c Am 15.06.2022 hat Swissmedic Paxlovid, das gestützt auf die Covid-19-Verordnung 3 in der Schweiz bereits verschrieben werden durfte, befristet auf zwei Jahre zugelassen.14
Quelle:
Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie, 30. März bis 1. April 2022, Luzern
Literatur:
1 Weinreich DM et al.: REGEN-COV antibody combination and outcomes in outpatients with Covid-19. N Engl J Med 2021; 385: e81 2 Gupta A et al.: Early treatment for Covid-19 with SARS-CoV-2 neutralizing antibody sotrovimab. N Engl J Med 2021; 385: 1941-50 3 Bernal AJ et al.: Molnupiravir for oral treatment of Covid-19 in nonhospitalized patients. N Engl J Med 2022; 386: 509-20 4 Gottlieb RL et al.: Early remdesivir to prevent progression to severe Covid-19 in outpatients. N Engl J Med 2022; 386: 305-15 5 Hammond J et al.: Oral nirmatrelvir for high-risk, nonhospitalized adults with Covid-19. N Engl J Med 2022; 386: 1397-408 6 Reis G et al.: Effect of early treatment with fluvoxamine on risk of emergency care and hospitalisation among patients with COVID-19: the TOGETHER randomised, platform clinical trial. Lancet Glob Health 2022; 10: e42-51 7 Yu LM et al.: Inhaled budesonide for COVID-19 in people at high risk of complications in the community in the UK (PRINCIPLE): a randomised, controlled, open-label, adaptive platform trial. Lancet 2021; 398: 843-55 8 RECOVERY Collaborative Group: Tocilizumab in patients admitted to hospital with COVID-19 (RECOVERY): a randomised, controlled, open-label, platform trial. Lancet 2021; 397: 1637-45 9 Marconi VC et al.: Efficacy and safety of baricitinib for the treatment of hospitalised adults with COVID-19 (COV-BARRIER): a randomised, double-blind, parallel-group, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet Respir Med 2021; 9: 1407-18 10 https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/stand-zl-bekaempfung-covid-19.html . Letzter Zugriff 01.06.22 11 BAG: Der Bund unterzeichnet einen Vertrag zur Beschaffung von Arzneimittel zur Prävention von Covid-19. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-87536.html . Letzter Zugriff 02.05.22 12 Fedlex: Verordnung 3 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19). https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2020/438/de . Letzter Zugriff 02.05.22 13 EFIK/SSI: Position paper on the use of monoclonal antibodies against SARS-CoV-2 as passive immunization treatments in severely immunocompromised persons in Switzerland. https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/biomed/heilmittel/COVID-19/positionspapier_praeexpositionsprophylaxe_pdf.pdf.download.pdf/220421_position%20paper_mAK%20Pr%C3%A4v_COVID_final_de.pdf . Letzter Zugriff 01.06.22 14 https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/news/coronavirus-covid-19/paxlovid-fuer-covid-19-patienten.html . Letzter Zugriff 18.06.22
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