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Neue Biologika bei Asthma

<p class="article-intro">In den letzten Jahren wurden verschiedene monoklonale Antikörper (Biologika) entwickelt, die einzelne Signalwege der asthmatischen Entzündung selektiv unterbinden. Einige dieser neuen Biologika sind bereits zur Behandlung des unkontrollierten Asthmas zugelassen, bei anderen ist mit der Zulassung zu rechnen. Dieser Artikel stellt die Grundlage und potenzielle Wirkung dieser Biologika dar.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Asthma ist eine &bdquo;Volkskrankheit&ldquo;, deren Pr&auml;valenz in vielen L&auml;ndern seit Jahren stetig zunimmt. Weltweit leiden derzeit etwa 300 Mio. Menschen unter Asthma. Diese Zahl wird in den n&auml;chsten 10 bis 15 Jahren auf etwa 400 Mio. ansteigen.<sup>1, 2</sup> Beim Asthma handelt es sich um eine chronisch-entz&uuml;ndliche Atemwegserkrankung, die durch eine reversible Atemflusslimitation, eine bronchiale Hyperreagibilit&auml;t auf dem Boden einer IgE-vermittelten, Th2-assoziierten eosinophilen Entz&uuml;ndung und durch einen Atemwegsumbau (Remodeling) charakterisiert ist.<sup>3</sup> Das Verst&auml;ndnis der pathogenetischen Prozesse erlaubt es, verschiedene Ans&auml;tze zur Behandlung des Asthmas zu erkennen, um diese Prozesse durch selektiv wirkende Biologika zu blockieren. Verschiedene monoklonale Antik&ouml;rper (Biologika), die einzelne Signalwege der asthmatischen Entz&uuml;ndung selektiv unterbinden, wurden bereits in den vergangenen Jahren entwickelt. Hierzu geh&ouml;ren neben Th2-Antagonisten oder Transkriptionsfaktoren auch monoklonale Antizytokinantik&ouml;rper oder Antizytokinrezeptor-Antagonisten, die entweder das IgE-Signal (Omalizumab), das IL-5-Signal (Benralizumab, Reslizumab, Mepolizumab), das IL-13-Signal (Lebrikizumab, Tralokinumab) oder die IL-4/IL-13-Signale (Dupilumab) unterbrechen. Der Wirkmechanismus und die klinische Wirksamkeit der f&uuml;r die Praxis relevantesten Biologika werden hier dargestellt.</p> <h2>Die asthmatische Entz&uuml;ndung</h2> <p>An der asthmatischen Atemwegsentz&uuml;ndung sind verschiedenste Immunzellen, proinflammatorische Molek&uuml;le bzw. Mediatoren und bronchiale Zellen bzw. Gewebe beteiligt. Diese formen in unterschiedlicher Auspr&auml;gung das Muster der Entz&uuml;ndung, was wiederum f&uuml;r die Entwicklung, Persistenz und Schwere der Erkrankung und den Ph&auml;notyp verantwortlich ist.<sup>4</sup> Hierbei gelten die IgE-Bildung, eosinophile Granulozyten, Mastzellen und Th2(T-helper 2)-Lymphozyten sowie verschiedene Zytokine (IL-4, IL-5, IL-9, IL-13 und IL-33) und Chemokine (Eotaxin) derzeit als pathogenetisch relevanteste Faktoren (Abb. 1). <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1606_Weblinks_seite6.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Blockade des IL-5-Signals</h2> <p>Aufgrund der zentralen Bedeutung des IL-5 f&uuml;r die Reifung und Aktivierung eosinophiler Granulozyten bildet die Blockade dieses Zytokins einen potenziellen Therapieansatz beim Asthma bronchiale.<sup>5</sup> Mit Mepolizumab und Reslizumab wurden zwei neutralisierende Anti-IL-5-Antik&ouml;rper und mit Benralizumab ein IL-5-Rezeptorantagonist entwickelt. Mepolizumab (Nucala&reg;) ist seit Februar 2016 in Europa erh&auml;ltlich. Reslizumab (Cinqaero&reg;) ist seit August 2016 in Europa zugelassen. <br />F&uuml;r alle drei Biologika liegen randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studien an Patienten mit einem schweren und zum Teil Kortison-abh&auml;ngigen Asthma vor. Sie f&uuml;hren zu einer signifikanten Reduktion der Eosinophilenzahl im Blut und Sputum, in den Atemwegen und im Knochenmark. Zugleich nimmt die Exazerbationsrate ebenso wie die H&auml;ufigkeit und Dauer von Hospitalisierungen signifikant ab. Schlie&szlig;lich kommt es zu einer Verbesserung der FEV<sub>1</sub>-Werte und der Symptome bzw. der Lebensqualit&auml;t.<sup>6&ndash;14</sup> Schlie&szlig;lich konnte unter Mepolizumab die mediane orale Kortikosteroiddosis um 50 % reduziert werden.<sup>15</sup> Die Biologika besitzen ein akzeptables Nebenwirkungsprofil. <br />Die wichtigste Einschr&auml;nkung der Therapie mit Anti-IL-5-Antik&ouml;rpern ist die direkte Abh&auml;ngigkeit von der Eosinophilenzahl. Bei etwa einem Drittel der Asthmatiker bleibt eine therapeutische Wirkung aus oder diese ist nur gering. Daher gilt als Indikation zur Therapie der Nachweis einer Bluteosinophilie von &gt;150 Zellen/&micro;l (Mepolizumab), &gt;300 Zellen/&micro;l (Benralizumab) bzw. &gt;400 Zellen/&micro;l (Reslizumab) im Blut.<sup>6, 11, 12</sup> Trotzdem bleibt eine Wirkung bei einzelnen Asthmatikern aus, zumal die oft bestehende Kortisontherapie bei schwerem Asthma eine korrekte Bestimmung der Eosinophilenzahl nicht zul&auml;sst.</p> <h2>IL-4-Blockade</h2> <p>IL-4 ist unter anderem an der Differenzierung von CD4<sup>+</sup>-T-Lymphozyten zu Th2-Zellen, der Hemmung des Th1-Zytokins Interferon-&gamma; (IFN-&gamma;), der Regulation der Eosinophilenfunktion und der Induktion des B-Zell-Isotyp-Switchings mit Produktion von IgE beteiligt.<sup>4</sup> Verschiedene mit dem IL-4-Signal interferierende Biologika (Anti-IL-4-Antik&ouml;rper, l&ouml;sliche IL-4-Rezeptoren und IL-4-Transkriptionsinhibitoren) wurden entwickelt und untersucht. Die vorliegenden Studien mit den IL-4R-Antagonisten Altrakincept und Pascolizumab ergeben bisher keine eindeutige Aussage zu deren Wirksamkeit.<sup>4</sup></p> <h2>IL-13-Blockade</h2> <p>Gemeinsam mit IL-4 beeinflusst IL-13 die Atemwegsentz&uuml;ndung &uuml;ber die Mukusproduktion, die IgE-Synthese sowie die Rekrutierung eosinophiler und basophiler Granulozyten.<sup>5</sup> Dar&uuml;ber hinaus f&ouml;rdert das Zytokin das bronchiale Remodeling mittels Proliferation bronchialer Fibroblasten und glatter Muskelzellen, die Hyperplasie der Dr&uuml;senzellen sowie die Kollagendeposition (Abb. 1).<sup>16, 17</sup> <br />Zwei Anti-IL-13-Antik&ouml;rper (Lebriki&shy;zumab, Tralokinumab) wurden in der Zwischenzeit entwickelt und in Phase-II-Studien untersucht.<sup>4</sup> Bei nicht selektionierten Patienten mit unkontrolliertem Asthma war die Wirkung der Anti-IL-13-Biologika gering. Bei der Subgruppe mit erh&ouml;hter Periostinkonzentration im Blut (&gt;50mg/ml) kam es jedoch zu einer signifikanten Verbesserung der FEV<sub>1</sub>-Werte, zum R&uuml;ckgang der Exazerbationsrate um mehr als die H&auml;lfte und zu einer Reduktion des SABA-Bedarfs.<sup>16&ndash;19</sup> Periostin dient als Biomarker f&uuml;r den sogenannten Th2-Ph&auml;notyp (siehe oben), er wird von Epithelzellen unter dem Einfluss von IL-13 gebildet. Allerdings waren die Ergebnisse der Phase-III-Studien zu Lebrikizumab (LAVOLTA I und II) uneinheitlich, sodass die Entwicklung dieses Bio&shy;logikums vor Kurzem eingestellt wurde. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1606_Weblinks_seite8.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>IL-4/IL-13-Blockade</h2> <p>Die Rezeptoren f&uuml;r IL-4 und IL-13 teilen sich eine Rezeptoruntereinheit ihrer Rezeptorkomplexe.<sup>4</sup> Beide Zytokine vermitteln ein sich &uuml;berlappendes Signal, das f&uuml;r die Entwicklung des Th2-Immunmusters erforderlich ist. Der humane monoklonale Antik&ouml;rper Dupilumab blockiert diese Rezeptoruntereinheit. In Phase-II-Studien f&uuml;hrte Dupilumab bei Asthmatikern unabh&auml;ngig vom Schweregrad der Erkrankung zu einem signifikanten FEV<sub>1</sub>-Anstieg und zu einer Reduktion der Zahl an Exazerbationen und des Bedarfs an kurz wirksamen Beta-2-Agonisten (SABA) und verbesserte die Asthmakontrolle ab der 12. Therapiewoche, auch nach Beendigung der inhalativen Behandlung mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA).<sup>20&ndash;22</sup> Die Wirkung war zudem weniger abh&auml;ngig von der peripheren Eosinophilenzahl als Anti-IL-5-Biologika. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.</p> <h2>IFN-&alpha;</h2> <p>IFN-&alpha; wirkt als immunmodulatorisches Zytokin und hemmt das bei Asthma dominierende Th2-Immunmuster.<sup>23</sup> Bei zwei Dritteln der Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma bronchiale f&uuml;hrt es zu einer Reduktion der Symptome am Tag und in der Nacht, zur Krankheitskontrolle und zu einem geringeren Bedarf an SABA sowie oralen Kortikosteroiden.<sup>24, 25</sup> Potenzielle Nebenwirkungen sind grippale Beschwerden in den ersten Wochen der Therapie ebenso wie eine passagere M&uuml;digkeit bzw. Inappetenz. Eine Autoimmunthyreoiditis, An&auml;mie oder eine depressive Verstimmung sind m&ouml;glich, bilden sich aber nach der Beendigung der Therapie wieder zur&uuml;ck. IFN-&alpha; ist allerdings bisher f&uuml;r die Therapie des schwergradigen Asthma bronchiale nicht zugelassen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lemanske RF Jr et al: J Allergy Clin Immunol 2003; 111(2 Suppl): S502-19 <strong>2</strong> Kroegel C: Expert Rev Clin Immunol 2009; 5: 239-49 <strong>3</strong> Kroegel C: Asthma. Kroegel C, Costabel U (Hrsg.): Klinische Pneumologie: Das Referenzwerk f&uuml;r Klinik und Praxis. 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