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ERS 2016

Multiresistente Tuberkulose: neue Waffen dringend gesucht

<p class="article-intro">Multiresistente Tuberkuloseerreger haben sich längst zu einem weltweiten Problem entwickelt. Im Kampf gegen diese schwer zu behandelnden Mykobakterien setzt man auf neue Substanzen und komplizierte Kombinationstherapien.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Von den weltweit sch&auml;tzungsweise 2 Mrd. mit <em>Mycobacterium tuberculosis</em> infizierten Personen entwickeln weniger als 10 % eine aktive Tuberkulose. Dies bedeutet jedoch immer noch mehr als 8 Mio. neue F&auml;lle pro Jahr und rund 1,4 Mio. Tote, wobei Patienten mit HIV-Koinfektion besonders gef&auml;hrdet sind. Ein besonderes Problem stellt das Auftreten von antibiotikaresistenten St&auml;mmen des Tuberkuloseerregers dar. Von &bdquo;multi drug resistance&ldquo; (MDR) spricht man bei Resistenz zumindest gegen Isoniazid und Rifampicin. Dies trifft gegenw&auml;rtig, so Dr. Andreas Diacon von der Stellenbosch University in Kapstadt, S&uuml;dafrika, auf rund 4 % der Tb-Erkrankungen zu. Bei Patienten, die bereits einmal gegen Tb behandelt wurden, ist allerdings bereits in 20 % der F&auml;lle ein MDR-Stamm im Spiel. Doch es geht noch schlimmer. Von extensiver Resistenz (XDR-Tb) spricht man, wenn ein MDR-Keim zus&auml;tzlich Resistenzen gegen Fluorchinolone und parenterale Antibiotika aufweist. XDR-Tb macht rund 9 % der MDR-Tb-F&auml;lle aus und wurde bislang in mehr als 100 L&auml;ndern nachgewiesen. Die potenziellen Konsequenzen sind katastrophal. Die Prognose der multiresistenten Tb n&auml;hert sich wieder jener der Tuberkulose vor Einf&uuml;hrung der Antibiotikatherapie an. In der Pr&auml;-Chemotherapie-&Auml;ra lag die Zehn-Jahres-Sterblichkeits-Rate bei Tb im Bereich von 70 % .<sup>1</sup> Heute ist bei XDR-Tb eine Drei-Jahres-Sterblichkeits-Rate von 60 % zu verzeichnen.<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1605_Weblinks_seite24.jpg" alt="" width="385" height="253" /></p> <h2>Complianceprobleme und Behandlungsfehler</h2> <p>Das Problem ist geografisch sehr unterschiedlich verteilt. Am h&auml;ufigsten sind MDR-St&auml;mme in den L&auml;ndern der ehemaligen Sowjetunion, wo sie mehr als 18 % der Tb-Erkrankungen verursachen. Allerdings fehlen f&uuml;r weite Teile Afrikas oder f&uuml;r Afghanistan schlicht epidemiologische Daten. Migration ist in dieser Hinsicht durchaus relevant. Ursachen der Resis&shy;tenzbildung sind einerseits eingeschr&auml;nkte Patientencompliance, andererseits jedoch auch Behandlungsfehler. So sind Resistenzen bei Tuberkulose immer pr&auml;sent und jede antibiotische Monotherapie einer aktiven Tuberkulose f&uuml;hrt zwangsl&auml;ufig zur Selektion resistenter St&auml;mme.<sup>3</sup> Dr. Diacon unterstreicht jedoch, dass viele in der Tb-Behandlung verwendeten Substanzen schon sehr lange eingesetzt werden und das Auftreten von Resistenzen insofern nicht verwundert.<br /> Die Antwort besteht gegenw&auml;rtig in komplizierten Kombinationstherapien, die &uuml;ber lange Zeit eingenommen werden m&uuml;ssen. So empfahl die WHO bis vor Kurzem bei MDR-Tb Kombinationen von mindestens vier Zweitlinienantibiotika &uuml;ber 18 bis 24 Monate, was Therapieerfolgsraten zwischen 50 und 60 % versprach. Im Mai 2016 wurde diese Empfehlung auf ein Regime von 7 Substanzen &uuml;ber 9 Monate ge&auml;ndert, was zu einer Heilungsrate von 85 % f&uuml;hrte. Ben&ouml;tigt werden jedoch auch neue Substanzen. Die FDA erteilte 2012 die Zulassung f&uuml;r das Diarylchinolin Bedaquilin, das die mykobakterielle ATP-Synthase hemmt und den Erreger so an der Energiegewinnung hindert. Eine weitere neue Option in der Behandlung der multiresistenten Tb ist das Dihydronitroimidazooxazol Delamanid, das 2013 von der EMA zugelassen wurde. In Studien f&uuml;hrte Delamanid zu klinischen Verbesserungen und h&ouml;heren &Uuml;berlebenschancen.<sup>4</sup> Eine Option der Zukunft k&ouml;nnte allerdings aus einer altbekannten Ecke kommen: Betalaktamantibiotika haben sich in vitro als wirksam gegen MDR-Tb erwiesen.<sup>5</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Tiemersma EW et al: Natural history of tuberculosis: duration and fatality of untreated pulmonary tuberculosis in HIV negative patients: a systematic review. PLoS One 2011 Apr 4; 6(4): e17601 <strong>2</strong> Dheda K et al: Early treatment outcomes and HIV status of patients with extensively drug-resistant tuberculosis in South Africa: a retrospective cohort study. Lancet 2010; 375(9728): 1798-807 <strong>3</strong> Gandhi NR et al: Multidrug-resistant and extensively drug-resistant tuberculosis: a threat to global control of tuberculosis. Lancet 2010; 375(9728): 1830-43 <strong>4</strong> Skripconoka V et al: Delamanid improves outcomes and reduces mortality in multidrug-resistant tuberculosis. Eur Respir J 2013; 41(6): 1393-400 <strong>5</strong> Diacon AH et al: &beta;-Lactams against tuberculosis--new trick for an old dog? N Engl J Med 2016; 375(4): 393-4<br /><br /></p> </div> </p>
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