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Malignes Pleuramesotheliom: Neue onkologische Therapieansätze sollen Prognose verbessern
Jatros
Autor:
Dr. Christian Geltner, MSc, MBA
Kreisklinik Bad Reichenhall<br> Abteilung für Pneumologie und<br> Beatmungsmedizin<br> E-Mail: christian@geltner.at
30
Min. Lesezeit
13.12.2018
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<p class="article-intro">Das maligne Pleuramesotheliom (MPM) ist durch eine sehr schlechte Prognose gekennzeichnet. Je nach Stadium reichen die Behandlungsstrategien von multimodal bei frühen Stadien und jungen, fitten Patienten (neoadjuvante Polychemotherapie, Operation, Radiotherapie) bis zu palliativen Chemotherapien in fortgeschrittenen inoperablen Stadien.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>KEYPOINTS</h2> <ul> <li>Das maligne Pleuramesotheliom bleibt eine Erkrankung mit schlechter Prognose und erfordert ein interdisziplinäres Management.</li> <li>Bei jungen Patienten in frühen Stadien ist eine multimodale Therapie möglich.</li> <li>Bei fortgeschrittenen Stadien ist oft nur eine Palliation möglich.</li> <li>Neue Therapien sind vielversprechend und werden derzeit evaluiert.</li> <li>Die Pleurodese sollte möglichst früh angeboten werden, wobei dicke Drainagen bevorzugt werden.</li> <li>Die Verwendung von IPCs ist sehr sinnvoll und kann die Erfolgsrate verbessern.</li> <li>NSAR dürfen gegeben werden, eine Fibrinolyse ist nicht sinnvoll.</li> </ul> </div> <p>In den österreichischen Konsensusstatements<sup>1– 3</sup> zur Diagnose und Behandlung des malignen Pleuramesothelioms haben wir bei multimodalen Konzepten eine frühe Einbindung sämtlicher Disziplinen vorgesehen, um die bestmögliche Behandlung des Patienten zu garantieren.</p> <h2>Zytotoxische Chemotherapie</h2> <p>Die einzige bisher zugelassene Chemotherapie war die mit Cisplatin und Pemetrexed (CIS/Pem), was einen Überlebensvorteil von 2,8 Monaten in der Zulassungsstudie erbrachte.<sup>4</sup> CIS/Pem wird sowohl neoadjuvant in einem trimodalen Konzept als auch als onkologische Therapie im fortgeschrittenen Stadium eingesetzt. Zahlreiche modernere Substanzen (Erlotinib, Gefitinib, Imatinib, Thalidomid, Bevacizumab) wurden ohne Erfolg getestet.</p> <h2>Neue Therapieansätze</h2> <p>Die Mesothelzelle und damit das MPM zeigen in der molekularbiologischen Analyse einige mögliche Angriffsziele für zielgerichtete Therapien. Der erste Ansatz wurde mit Angionese- Hemmern versucht. Die Blockade des VEGF-Rezeptors durch Bevacizumab in Kombination mit CIS/Pem zeigte eine zusätzliche Verlängerung des Überlebens und kann nun als Standard der onkologischen Therapie angesehen werden.<sup>5</sup> Die VEGF-Blockade mittels Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) wurde im LUME-Meso-Trial mit Nintedanib untersucht. Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die zielgerichtete Blockade von Mesothelin mit Anetumab ravtansine, einem Antikörper-Toxin-Konjugat, das in Phase-II-Studien respektable Ergebnisse brachte. Dieser Mechanismus kann auch durch Anti-SSIP-Toxine, durch Amatuximab und eventuell Vakzinen adressiert werden.<sup>6</sup> Die Arginin-Synthetase (ASS) ist in Mesothelzellen unterdrückt, so kann ein beschleunigter enzymatischer Argininabbau zu einem weiteren Zelltod führen (ADI-PEG).<sup>7<br /></sup> Immun-Checkpoint-Inhibitoren (CTLA-4; PD-1 und PD-L1) haben die Behandlungen von vielen Malignomen in den letzten Jahren revolutioniert. So können z. B. Melanome und Bronchialkarzinome mit deutlich besserer Prognose behandelt werden. <br />Die erste in einer Phase-III-Studie getestete Substanz war Tremelimumab, ein Anti-CTLA-4-Antikörper. Er erbrachte jedoch keinen Unterschied im Überleben von Patienten mit MPM, was die ursprüngliche Euphorie etwas bremste.<sup>8</sup> Die Monotherapien mit Avelumab, Pembrolizumab und Nivolumab ebenso wie Kombinationstherapien (Nivolumab/Ipilimumab, Durvalumab/ Tremelimumab) werden derzeit noch in Studien getestet. Die Ergebnisse werden in den nächsten beiden Jahren erwartet. Über eine verbesserte Wirkung von Immuntherapie in Kombination mit CIS/Pem kann noch keine Aussage getroffen werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass vielversprechende Substanzen in der Erprobung sind, die Ergebnisse jedoch noch ausstehen.</p> <h2>Pleurodese und palliative Therapie</h2> <p>Für die Behandlung des malignen Pleuraergusses, zu dem auch der Pleuraerguss bei MPM zu zählen ist, gibt es die Leitlinien der British Thoracic Society (BTS) von 2010. Sie sind noch gültig, werden aber zurzeit aktualisiert. Zur Behandlung sind die Talkumpleurodese, die Talkuminstillation, die Implantation von untertunnelten Kathetern (IPC) oder die Kombination IPC plus Pleurodese möglich.<sup>9</sup> <br />Um die Aktualisierung der Leitlinien zu begründen, wurden für die wichtigsten Fragestellungen endlich neue randomisierte Studien durchgeführt und eingepflegt. Zunächst ist eine neue Risikoevaluierung des malignen Ergusses, der LENT-Score, publiziert worden, der die Lebenserwartung des Patienten prognostiziert, um die weiteren Maßnahmen zu personalisieren.<sup>10</sup> <br />Talkum gilt nach wie vor als sklerosierendes Agens mit den besten Erfolgsraten, wobei bisher davon auszugehen ist, dass die Poudrage bessere Ergebnisse liefert als die „slurry instillation“. Dazu wird demnächst eine große randomisierte Studie veröffentlicht werden (TAPPS Trial).</p> <h2>Pleurodese – dünne versus dicke Drainage? (TIME-1-RCT)</h2> <p>Aufgrund von weniger Schmerzen wurden von den Guidelines 2010 dünne Drainagesysteme (12F) empfohlen. Diese für Pleuraergüsse häufig verwendeten Systeme zeigen allerdings keinen Vorteil hinsichtlich Schmerzempfindung und haben schlechtere Ergebnisse, was den Erfolg der Talkumpleurodese betrifft.<sup>11 </sup></p> <h2>Pleurodese – NSAR: ja oder nein? (TIME-1-RCT)</h2> <p>Die Anwendung nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) ist nach Pleurodese grundsätzlich möglich. Die Behandlung ist gleich wirksam wie mit Opiaten (aber auch nicht besser). Es gibt nachweislich keinen negativen Einfluss auf die Pleurodeserate, sodass NSAR nach Pleurodese durchaus sinnvoll und auch empfohlen sind.<sup>11 </sup></p> <h2>IPC versus Pleurodese? (TIME-2-RCT)</h2> <p>Spezielle untertunnelte Katheter (IPC) werden seit über zehn Jahren zur Behandlung von malignen Pleuraergüssen verwendet. Sie ermöglichen eine einfache Heimbehandlung der Patienten durch ambulant anzuwendende Absaugflaschen. Die Pleuraergüsse können selbstständig regelmäßig entleert werden, wodurch es auf einfachem Weg zu einer natürlichen Pleurodesewirkung kommt und die Ergussbildung geringer wird. Sowohl IPC als auch Talkuminstillation (einmalig) verbessern gleich gut Atemnot, Lebensqualität und Thoraxschmerzen. Bei den IPC sind aber mit deutlich kürzeren Krankenhausaufenthalten verbunden, sie können ambulant implantiert und zu Hause entleert werden. Die Komplikationsrate, vor allem aufgrund von Infektionen, ist allerdings etwas höher.<sup>12 </sup></p> <h2>Fibrinolyse: ja oder nein? (TIME-3-RCT)</h2> <p>Urokinase wurde bei Patienten mit septiertem malignem Pleuraerguss gegen Placebo untersucht und brachte keinerlei Verbesserung – weder der Symptomatik noch der Pleurodeserate. Auf die Fibrinolyse sollte bei diesen Patienten verzichtet werden.<sup>13</sup></p> <h2>Pleurodese via IPC: ja oder nein? (IPC Plus trial)</h2> <p>Die Kombination von IPCs, über die dann Talkum appliziert wird, erhöhte die akute Pleurodeserate auf das Doppelte. Komplette Pleurodese wird bei 45 % der Patienten nach fünf Wochen erreicht. Nach heutiger Sicht sollte eine Talkumapplikation nach Anlage eines IPC durchgeführt werden. Die Entfernung des Katheters ist dadurch in zahlreichen Fällen früher möglich.<sup>14</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1806_Weblinks_s26_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1712" /></p> <p> </p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1806_Weblinks_s26_abb2.jpg" alt="" width="400" height="324" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Geltner C. et al.: Wien Klin Wochenschr 2016; 128: 611-7 <strong>2</strong> Hoda MA et al.: Wien Klin Wochenschr 2016; 128: 618-26 <strong>3</strong> Klikovits T et al.: Wien Klin Wochenschr 2016; 128: 627- 34 <strong>4</strong> Vogelzang NJ: J Clin Oncol 2003; 21: 2636-44 <strong>5</strong> Zalcman G et al.: Lancet 2016; 387:1405-14 <strong>6</strong> McCambrige A: J Thorac Oncol 2017; 13: 606-23 <strong>7</strong> Szlosarek PW et al.: Clin Cancer Res 2006; 12: 7126-31 <strong>8</strong> Maio M et al.: Lancet Oncol 2017; 18: 1261–1273 <strong>9</strong> Roberts ME et al.: Thorax 2010; 65: ii32-40 <strong>10</strong> Clive AO et al.: Thorax 2014; 69: 1098-104 <strong>11</strong> Rahman NM et al.: JAMA 2015; 314: 2641-53 <strong>12</strong> Davies HE et al.: JAMA 2012; 307: 2383-9 <strong>13</strong> Mishra EK et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 197: 502-8 <strong>14</strong> Bhatnagar R et al.: N Engl J Med 2018; 378: 1313-22</p>
</div>
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