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Kongenitale Malformationen der Lunge beim Erwachsenen

<p class="article-intro">Kongenitale Malformationen der Lunge werden heute in der Mehrzahl der Fälle bereits in der Kindheit diagnostiziert und behandelt. Manche dieser Fehlbildungen werden allerdings erst nach Erreichen des Erwachsenenalters der geplanten Therapie zugeführt. Ein weiterer Anteil kongenitaler, pulmonaler Malformationen wird bei asymptomatischen Patienten als Zufallsbefund diagnostiziert. Die dritte Gruppe besteht aus Patienten, die wegen komplizierter Sekundärphänomene Symptome entwickeln. Der Grossteil dieser Patienten wird im frühen Erwachsenen- bis mittleren Lebensalter symptomatisch.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>&Uuml;ber die H&auml;ufigkeit der kongenitalen Lungenfehlbildungen beim Erwachsenen existieren keine sicheren Daten. Angesichts der immer besseren Diagnostik und Therapie dieser Malformationen im Kindesalter ist in entwickelten L&auml;ndern jedoch mit einem R&uuml;ckgang der kumulativen Inzidenz im Erwachsenenalter zu rechnen.<sup>1</sup> Von einer Dunkelziffer nie diagnostizierter F&auml;lle ist allerdings auszugehen.<sup>2</sup></p> <h2>Subtypen kongenitaler Malformationen beim Erwachsenen</h2> <p>Die h&auml;ufigsten Subtypen kongenitaler Malformationen beim Erwachsenen sind die intralob&auml;re Sequestration, die zystisch- adenomatoide Malformation (CAM) und bronchogene Zysten. Deutlich seltener finden sich extralob&auml;re Sequestrationen und arterioven&ouml;se Fisteln.</p> <p><strong>Intralob&auml;re Sequestration</strong><br /> Bei der intralob&auml;ren Sequestration handelt es sich um einen Bereich von afunktionalem, dysplastischem Lungengewebe, das in einem Lungenlappen vorhanden ist. Pr&auml;dilektionsort ist der Unterlappen, mit Bevorzugung der dorsobasalen Anteile der linken Seite. Die arterielle Versorgung erfolgt &uuml;ber eine oder mehrere atypische Systemarterien, die meist aus der Aorta descendens (Abb. 1), seltener aus der A. mesenterica superior entspringen. Die ven&ouml;se Drainage der intralob&auml;ren Sequestration erfolgt entweder in die Lungenvene, &uuml;ber eine atypische Systemvene oder kombiniert. Das dysplastische Parenchym der intralob&auml;ren Sequestration kann sich zu Zysten und Bronchiektasen erweitern oder sekund&auml;r pseudotumor&ouml;s konsolidieren. Da der Sequester sekund&auml;r Anschluss an das normale Bronchialsystem findet, kommt es zu Superinfektionen durch mitunter problematische Keime. Tuberkulose und Aspergillome f&uuml;hren in diesem Zusammenhang zu komplizierten Verl&auml;ufen. Durch die chronische Entz&uuml;ndung kann neben Abszessen und ortskonstant rezidivierenden Pneumonien auch H&auml;moptoe entstehen. Die gravierendste Komplikation ist die sekund&auml;re Ausbildung einer Neoplasie (Bronchuskarzinom oder Bronchuskarzinoid) im sequestrierten Lungengewebe.<sup>2</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s28_abb1.jpg" alt="" width="1051" height="941" /></p> <p><strong>Extralob&auml;re Sequestration</strong><br /> Diese Malformation besteht ebenfalls aus afunktionalem, dysplastischem Lungengewebe, das jedoch als &laquo;zus&auml;tzlicher Lappen&raquo; mit einem eigenen pleuralen &Uuml;berzug angelegt ist.<sup>3</sup> Die arterielle Versorgung erfolgt &uuml;ber eine Systemarterie, wiederum meist aus der Aorta descendens oder der A. mesenterica superior, die ven&ouml;se Drainage immer &uuml;ber eine Systemvene. Somit liegt ein arterioven&ouml;ser Shunt vor, der jedoch im Erwachsenenalter h&auml;modynamisch fast nie relevant ist. Pr&auml;dilektionsort f&uuml;r die extralob&auml;re Sequestration ist der zwerchfellnahe Bereich, sowohl intrathorakal als auch intraabdominell. Da kein Kontakt zum Bronchialsystem besteht, bleiben infekti&ouml;se Komplikationen aus. Es kann sich jedoch ein spontaner, mitunter dramatischer H&auml;matothorax entwickeln.</p> <p><strong>Zystisch-adenomatoide Malformation (CAM)</strong><br /> Auch hier liegt ein Bereich dysplastischen, teilweise zystisch, teilweise solid ver&auml;nderten Lungengewebes innerhalb eines Lappens vor. Nicht selten ist ein gesamter Lappen betroffen. Die Gef&auml;ssversorgung ist jedoch regul&auml;r. In der Systematik der CAM werden je nach Auspr&auml;gungsgrad und vorwiegender Art der Dysplasie mittlerweile 5 Typen (0 bis 4) unterschieden. F&uuml;r das Erwachsenenalter ist jedoch fast nur der &ndash; auch insgesamt h&auml;ufigste &ndash; Typ 1 relevant. Es finden sich Zysten unterschiedlicher Gr&ouml;sse, mintunter in Form einer sehr grossen, dominanten Zyste und umgebender kleinerer Zysten.<sup>4</sup> Auch bei der CAM sind die Unterlappen am h&auml;ufigsten betroffen (Abb. 2).<br /> Die Symptome und Komplikationen sind de facto identisch mit denen der intralob&auml;ren Sequestration.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Leading Opinions_Innere_1901_Weblinks_lo_innere_1901_s29_abb2.jpg" alt="" width="400" height="389" /></p> <p><strong>Bronchogene Zyste</strong><br /> Diese mit bronchialem Epithel ausgekleideten, paramediastinal gelegenen Zysten sind im Kindesalter h&auml;ufig noch klein. Durch st&auml;ndige Sekretion in das Lumen nehmen die Zysten kontinuierlich an Gr&ouml;sse zu und werden meist als radiologischer Zufallsbefund auff&auml;llig. Symptome k&ouml;nnen durch Verdr&auml;ngungsph&auml;nomene und &ndash; selten &ndash; bei sekund&auml;rem Anschluss an das Bronchialsystem in Form von Superinfektion entstehen.</p> <p><strong>AV-Malformationen in der Lunge</strong><br /> Es handelt sich um anlagebedingte arterioven&ouml;se Shunts &ndash; h&auml;ufig in Form von kleinen Gef&auml;sskonvoluten im Lungenparenchym. Klinisch manifestiert sich die pulmonale AV-Malformation durch rezidivierende H&auml;moptoe, die sich in Einzelf&auml;llen dramatisch darstellen kann.<br /> Die &Uuml;berg&auml;nge zwischen CAM, bronchogenen Zysten und intralob&auml;rer Sequestration sind fliessend, jegliche Klassifikation und Subtypisierung sind grobe Versuche der Erstellung einer Systematik f&uuml;r die variantenreichen pulmonalen Fehlbildungen. Daher wird zunehmend dazu &uuml;bergegangen, von kongenitalen thorakalen Malformationen (&laquo;congenital thoracic malformations &raquo;, CTM) zu sprechen.<sup>5</sup></p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Die Befunde im &Uuml;bersichtsr&ouml;ntgen sind meist unspezifisch. Die kongenitalen Malformationen k&ouml;nnen als pneumonische Infiltrate, Atelektasen, Zysten oder Tumoren imponieren. Die Lokalisation derartiger Ver&auml;nderungen im Unterlappen, vor allem dorsobasal, sollte bei entsprechender Klinik Anlass zu weiterer Abkl&auml;rung sein.<br /> Durch Kontrastmittel-CT des Thorax, optional mit 3D-Rekonstruktion der vaskul&auml;ren Versorgung, ist im Erwachsenenalter die Diagnosestellung in fast allen F&auml;llen m&ouml;glich. Besteht der Verdacht auf ein solides Areal, sollte die Abkl&auml;rung auch in Richtung Malignomausschluss gehen. Allerdings ist dabei die Positronenemissionstomografie (PET) infolge sekund&auml;rer entz&uuml;ndlicher Ver&auml;nderungen h&auml;ufig nicht aussagekr&auml;ftig. Endobronchiale bzw. transbronchiale Biopsieverfahren k&ouml;nnen &uuml;ber die Dignit&auml;t der Ver&auml;nderungen besser Aufschluss geben.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Bei allen Sequestrationsformen, bei der CAM und bei bronchogenen Zysten ist die Resektion Therapie der Wahl. Bei den intrapulmonalen Fehlbildungen erfolgen, je nach Ausdehnung der Ver&auml;nderungen, anatomische Segmentresektionen oder Lobektomie. Die Eingriffe k&ouml;nnen &uuml;ber Thorakotomie und &uuml;ber videoassistierte Thorakoskopie (VATS) erfolgen.<sup>6, 7</sup><br /> Atypische Arterien haben eine gegen&uuml;ber normalen Systemarterien ver&auml;nderte, vulnerable Gewebetextur, die bei der Versorgung ber&uuml;cksichtigt werden muss. In speziellen F&auml;llen kann daher pr&auml;operativ die Embolisation atypischer Gef&auml;sse erfolgen. Dadurch wird das Blutungsrisiko deutlich reduziert und die Resektion technisch erleichtert.<br /> Bei allen kongenitalen pulmonalen Malformationen, vor allem aber bei den Sequestrationen und bei der CAM k&ouml;nnen weitere, in der pr&auml;operativen Bildgebung nicht erkennbare anatomische Varianten vorliegen. Die Pr&auml;paration muss dieser Tatsache Rechnung tragen.<br /> F&uuml;r AV-Malformationen stellt die Embolisation die Therapie der Wahl dar. Nur in seltenen F&auml;llen, wenn trotz Blutung keine eindeutige Identifikation des zuf&uuml;hrenden Gef&auml;sses gelingt, muss reseziert werden.<br /> Die Wertigkeit der Embolisation als definitive Therapie von intra- bzw. extralob&auml;rer Sequestration ist beim Erwachsenen fraglich. Es wurde zwar danach in kasuistischen Darstellungen Involution des Sequesters beobachtet, dies ist aber nicht bei allen Formen zu erwarten. Die Erfahrungen sind derzeit noch gering. Zudem besteht weiterhin die Gefahr der sekund&auml;ren Malignomentstehung im dysplastischen Gewebe.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Kongenitale Fehlbildungen der Lunge sind bei Erwachsenen sehr selten. Ortskonstant rezidivierende Infekte bzw. Schmerzen &ndash; vor allem im Unterlappen &ndash; k&ouml;nnen einen diagnostischen Hinweis darstellen. Neben Abszessen und Blutungskomplikationen stellt die sekund&auml;re Malignomentwicklung in einem fehlgebildeten Areal die gravierendste Komplikation dar. Nach Diagnose durch ein Kontrastmittel- CT ist in den meisten F&auml;llen die Resektion die Therapie der Wahl.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Papagiannopoulos K et al.: Cystic lung lesions in the pediatric and adult population: surgical experience at the Brompton Hospital. Annals of Thoracic Surgery 2002; 73(5): 1594-8 <strong>2</strong> Sun X, Xiao Y: Pulmonary sequestration in adult patients: a retrospective study. Eur J Cardiothorac Surg 2015; 48(2): 279-82 <strong>3</strong> Ke FJ et al.: Extralobar pulmonary sequestration presenting as an anterior mediastinal tumor in an adult. Chest 1993; 104(1): 303-4 <strong>4</strong> Abu Omar M et al.: Congenital pulmonary airway malformation (CPAM) with initial presentation in an adult: a rare presentation of a rare disease. BMJ Case Reports 2016; pii: bcr2016216957 <strong>5</strong> Eber E.: Antenatal diagnosis of congenital thoracic malformations: early surgery, late surgery, or no surgery? Semin Respir Crit Care Med 2007; 28(3): 355-66 <strong>6</strong> Vogt-Moykopf I et al.: Surgery for congenital malformations of the lung. [Review] [75 refs] Ann Chir 1992; 46(2): 141-56 <strong>7</strong> Dewan RK et al.: Congenital malformation of lung parenchyma: 15 years experience in a thoracic surgical unit. Indian J Chest Dis Allied Sci 2012; 54(2): 105-9</p> </div> </p>
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