ILD: Wege zur Diagnose und mögliche «treatable traits»
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) haben oft eine ungünstige Prognose, insbesondere wenn sie mit Lungenfibrose auftreten. Krankheitsspezifische Therapien gibt es nur für einen Teil dieses weiten Felds an pathologischen Entitäten. Neuerdings wird gefordert, auch bei den ILD «treatable traits» zu identifizieren und diese im Sinne einer patientenzentrierten Behandlung zu managen.
Prävalenz
Im globalen Vergleich wird die Prävalenz interstitieller Lungenerkrankungen (ILD) sehr unterschiedlich angegeben: von einer Erkrankung auf 100000 Patientenjahre in Belgien bis zu mehr als 200 Erkrankungen in den USA und Kanada. Dabei verändern sich die Krankheitsursachen aufgrund einer Reihe von Faktoren wie Demografie, Schadstoffbelastung und Lebensstil.1,2
Einige der interstitiellen Lungenerkrankungen, wie die exogen allergische Alveolitis oder ILD in Zusammenhang mit Bindegewebserkrankungen, treten in unterschiedlichen Regionen mit sehr unterschiedlicher Prävalenz auf. Alles in allem macht die mittlerweile einigermassen gut erforschte idiopathische Lungenfibrose (IPF) nur rund 20% der ILD aus. Dazu Prof. Katerina Antoniou von der Universität Kreta: «Wir müssen allerdings auch die restlichen 80% so gut versorgen, wie das aktuell möglich ist.» Aufgrund ihrer oftmals unvorhersehbaren Entwicklung ist in der Behandlung fibrosierender Lungenerkrankungen ein patientenzentrierter Zugang zu wählen, so Antoniou. Diagnose, Behandlung und Monitoring interstitieller Lungenerkrankungen sollen multidisziplinäre Teams übernehmen.3
Im Fokus: die frühe Diagnose
In Zeiten besser werdender Optionen im Management dieser Erkrankungen gewinnen auch Früherkennung und frühe Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum an Bedeutung. Damit kommen Allgemeinmedizinern und Radiologen wichtige Rollen im Management der ILD zu, wobei sie die Kooperation mit Pneumologen suchen sollen. Es gelte, so Antoniou, die Brücke zwischen der primären und der tertiären Versorgung zu schlagen: «Wir gehen davon aus, dass auch die Patienten davon profitieren, wenn wir mit der Behandlung beginnen, solange die Lungenfunktion noch gut ist und nicht zu viele Komorbiditäten die Situation komplizieren.»
Die frühe Diagnose wird jedoch durch unspezifische Symptomatik und mangelndes Wissen um die interstitiellen Lungenerkrankungen erschwert. Letzteres betrifft nicht nur Patienten, sondern häufig auch jene Ärzte, die selten ILD sehen und vielfach auch keine Zuweisungsmöglichkeit für moderne Bildgebung wie die hochauflösende CT (HR-CT) haben, die für die ILD-Diagnostik von entscheidender Bedeutung ist. In die spezialisierten Zentren mit Erfahrung und adäquater Ausstattung kommen die Patienten meist erst spät.4 Fehldiagnosen auf diesem Weg sind keine Seltenheit und verzögern den Weg zur Diagnose weiter. Die Erfahrung zeige, so Antoniou, dass es bis zu zwei Jahre dauere, bis symptomatische Patienten eine korrekte ILD-Diagnose erhalten.
«Treatable traits» identifizieren
Allerdings wurde kürzlich die Frage aufgeworfen, wie sinnvoll starre diagnostische Raster bei den ILD überhaupt sind und ob es nicht besser wäre, «treatable traits» zu identifizieren und adäquat zu behandeln. Tatsächlich zeigen ILD-Patienten eine ganze Reihe individuell unterschiedlicher, sowohl extrapulmonaler als auch pulmonaler «treatable traits», wie zum Beispiel Angst, Depression, gastroösophagealen Reflux oder Schlafapnoe.5 Auch Lifestylefaktoren wie Rauchen oder Bewegungsmangel können als «treatable traits» gewertet werden.
Wege zur Diagnose
Im allgemeinmedizinischen Setting sollte öfter an ILD gedacht werden. Die Kombination von Dyspnoe und trockenem Husten ist grundsätzlich verdächtig. Bereits die Auskultation kann wichtige Hinweise liefern. Hinweise können auch aus der Anamnese oder der Serologie abgeleitet werden. Bei weiter bestehendem Verdacht sollte an ein ILD-Zentrum überwiesen werden, in dem eine definitive Diagnose gestellt werden kann. Eine internationale Befragung zeigte jedoch, dass am ehesten Pneumologen an ILD-Zentren überweisen, während Allgemeinmediziner und auch Rheumatologen hier zögerlich sind.6
Dabei ist die Auskultation eine einfache Methode, die in der ILD-Diagnostik hohe Aussagekraft hat. Eine aktuelle Studie zeigt, dass das charakteristische Knisterrasseln über den basalen Lungenabschnitten, vergleichbar einem Klettverschluss («velcro crackles»), stark mit dem Bild einer UIP («usual interstitial pneumonia») im HR-CT verbunden ist, welche wiederum den typischen Befund bei einer progredienten ILD darstellt.7
In Zukunft könnte sich auch der Ultraschall als hilfreich erweisen, wie kürzlich die erste multizentrische Studie zum Einsatz von Sonografie in dieser Indikation zeigte. Die Studie wurde als Kooperation von Pneumologen und Rheumatologen durchgeführt und ergab, dass eine ILD mit dem Thorax-Ultraschall recht sicher ausgeschlossen werden kann.8 Antoniou: «Wir wollen damit nicht die HR-CT ersetzen, aber wir denken, dass Ultraschall eine gute und leicht verfügbare Screening-Methode für ILD werden kann.»
Nicht zuletzt wies Antoniou auch auf den Faktor Gebrechlichkeit (Frailty) hin, der für die oftmals alten und multimorbiden ILD-Patienten von hoher Wichtigkeit ist. Eine Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass Frailty, gemessen mit der Clinical Frailty Scale, bei ILD-Patienten nicht nur mit Mortalität assoziiert ist, sondern auch mit einer beschleunigten Abnahme der forcierten Vitalkapazität.9 Dieses Bild war durch alle unterschiedlichen fibrosierenden ILD konstant. Frailty ist durch Ernährungs- und Bewegungstherapie sowie ein umfassendes geriatrisches Assessment managebar.
Quelle:
ERS Congress 2025, 27. September bis 1. Oktober 2025, Amsterdam
Literatur:
1 Spagnolo P et al.: Global epidemiology and burden of interstitial lung disease. Lancet Respir Med 2025; 13: 739-55 2 Antoniou KM et al.: Efficacy and safety of nintedanib in a Greek multicentre idiopathic pulmonary fibrosis registry: a retrospective observational cohort study. Lancet Respir Med 2014; 2: e1 3 Antoniou KM et al.: New treatments for idiopathic pulmonary fibrosis: ‘die another day‘ if diagnosed early? Respiration 2015; 90: 352 4 Spagnolo P et al.: Early diagnosis of fibrotic interstitial lung disease: challenges and opportunities. Lancet Respir Med 2021; 9: 1065-76 5 Khor YH et al.: Assessment of home-based monitoring in adults with chronic lung disease. An official American Thoracic Society research statement. Respir Med 2025; 17: 108353 6 Lough G et al.: The interstitial lung disease patient pathway: from referral to diagnosis. ERJ Open Res 2025; 11: 00899-2024 7 Sgalla G et al.: Reliability of crackles in fibrotic interstitial lung disease. Respir Res 2024; 25: 352 8 Otaola M, Davidsen JR: Lung ultrasound as a screening tool for interstitial lung disease in patients with rheumatoid arthritis: state of the art. Curr Opin Pulm Med 2025; 31: 476-83 9 Guler SA et al.: The clinical frailty scale for risk stratification in patients with fibrotic interstitial lung disease. Chest 2024; 166: 517-27
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