Die COPDGene®-Kohortenstudie
Bericht:
Reno Barth
Medizinjournalist
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Die in den USA durchgeführte Kohortenstudie COPDGene® sollte genetische Risikomarker für die Entwicklung einer COPD liefern. Mittlerweile gehen die Informationen aus dieser Kohorte weit über die Genetik hinaus und haben zu wertvollen Erkenntnissen betreffend unterschiedliche COPD-Phänotypen geführt.
In einer Kohorte von mehr als 10000 Rauchern und rund 500 nichtrauchenden Kontrollen untersucht die COPDGene®-Studie eine auf den ersten Blick einfache Frage: Welche Faktoren sind dafür verantwortlich, dass manche Raucher COPD entwickeln und andere nicht? Darüber hinaus wird in COPDGene® mithilfe von CT-Scans an einer verbesserten Klassifikation der Erkrankung gearbeitet. Die so identifizierten Phänotypen werden in einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) mit genetischen Markern in Verbindung gebracht. Die Finanzierung kommt von den amerikanischen National Institutes of Health und über die COPD-Foundation von der Industrie.
Nur schwache Assoziationen zwischen Risikogenen und Erkrankung
Prof. Meilan Han von der University of Michigan betonte am ERS-Kongress, dass die Ziele der Studie in den mittlerweile mehr als 20 Jahren ihres Verlaufs deutlich über die Genetik hinaus erweitert wurden. Hinsichtlich der Genetik fand COPDGene® eine Vielzahl von Genen, die jeweils (mit Ausnahme von Alpha-1-Antitrypsin) schwach mit dem COPD-Risiko assoziiert sind. Laut einer Metaanalyse, in die auch andere Studien einbezogen wurden, sind es 82.1 Bei den meisten dieser Gene wisse man jedoch nicht, wie sie mit der COPD-Pathologie in Zusammenhang stehen. Schliesst man die bekannten Gene in einen polygenetischen Risikoscore ein, so gelangt man zu relevanteren Risikoprognosen mit höherem Prädiktionswert im Vergleich zu klinischen Scores. Auch Assoziationen des Scores mit bestimmten CT-Merkmalen konnten identifiziert werden.2 Alles in allem habe sich jedoch gezeigt, so Han, dass die Gene nicht die alleinige Antwort auf die offenen Fragen rund um die COPD sein werden.
Stattdessen habe COPDGene® eine Reihe von Erkenntnissen von deutlich höherer klinischer Relevanz gebracht. Eine davon bezieht sich auf Raucher, die keine Atemwegsobstruktion aufweisen und damit die Kriterien für die Diagnose einer COPD nicht erfüllen. Diese Personen können allerdings in gleichem Mass von Symptomen, Exazerbationen und Auffälligkeiten in der Bildgebung betroffen sein wie typische COPD-Patienten. Beispielsweise war die Häufigkeit von Exazerbationen in dieser Gruppe «GOLD 0» genauso hoch wie in GOLD 1.3
Progression direkt von PRISm zu fortgeschrittener COPD
Eine andere spezielle Risikogruppe, die nicht unter die Diagnose COPD fällt, sind Patienten mit PRISm («preserved ratio impaired spirometry»), also einer erniedrigten Einsekundenkapazität (FEV1) bei gleichzeitig normal erhaltenem Tiffeneau-Index (FEV1/FVC >70%). Für diese Patientengruppe wurde nicht nur ein erhöhtes Risiko für eine Progression zur COPD, sondern auch eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität gefunden, die sogar etwas höher sein dürfte als jene von COPD-Patienten.4 Han: «Diese Daten zeigen, dass es sich um eine Gruppe von kranken Menschen handelt.» Dafür spreche auch, dass es bei rund einem Drittel der PRISm-Patienten zu einer Progression in Richtung COPD kommt, wobei sich die grosse Mehrzahl direkt zu GOLD-Gruppe 2 bis 4 und nicht zunächst zu GOLD 1 verschlechtert. Leider wisse man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, ob eine frühe Behandlung gemäss COPD-Empfehlungen in dieser Population Vorteile bringe.
Eine frühe Publikation aus COPDGene® zeigte, dass bei 24% der COPD-Patienten in den GOLD-Gruppen 2 bis 4 der Lungenkreislauf in Mitleidenschaft gezogen ist, was sich in einer Vergrösserung der Pulmonalarterie äussert. Dies erwies sich als assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Exazerbationen.5 Seit dieser Publikation werde an der University of Michigan bei COPD-Patienten routinemässig die Pulmonalarterie mittels CT vermessen, so Han.
Seltener, aber prognostisch ebenfalls ungünstig sind interstitielle Auffälligkeiten bei COPD, die in COPDGene® bei rund 8% der COPD-Patienten gefunden wurden und die Mortalität um 80% erhöhten. «Eine interstitielle Beteiligung kann in allen GOLD-Gruppen auftreten», betonte Han. Leider wisse man aktuell nicht, wie den Betroffenen am besten geholfen werden könne.
Relevante Informationen lieferte COPDGene® nicht zuletzt zu den unterschiedlichen Phänotypen der COPD. Beispielsweise zeigte sich, dass eine Beteiligung der peripheren Lunge («small airway disease») der Entwicklung eines Emphysems vorangeht und dass selbst ein minimales Emphysem für einen aggressiven Verlauf spricht. Han: «Ein Emphysem zeigt einen malignen Phänotyp an.»
Quelle:
ERS-Kongress, 9. bis 13. September 2023, Milano
Literatur:
1 Sakornsalkopat P et al.: Nat Genet 2019; 51: 494-505 2 Moll M et al.: Lancet Respir Med 2020; 8: 696-708 3 Regan EA et al.: JAMA Intern Med 2015; 175: 1539-49 4 Wan ES et al.: JAMA 2021; 326: 2287-98 5 Wells JM et al.: N Engl J Med 2012; 367: 913-21 6 Washko GR et al.: N Engl J Med 2011; 364: 897-906
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