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13. PneumoUpdate 9.–11. Juni 2016, Igls

Asthma, COPD, Emphysem – kein Stein bleibt auf dem anderen

<p class="article-intro">In der Diagnostik von Asthma bronchiale, COPD und Emphysem sind viele Faktoren neu zu betrachten. So bedeutet Eosinophilie nicht automatisch Asthma, Obstruktion ist nicht gleich COPD, und beim Emphysem gilt es, die unterschiedlichen Phänotypen zu unterscheiden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Pneumo_1603_Weblinks_Seite6.jpg" alt="" width="897" height="707" /> &bdquo;Das Buch der obstruktiven Lungenerkrankungen wird gerade neu ge&ouml;ffnet. Wir wissen, dass wir diesbez&uuml;glich fast gar nichts wissen.&ldquo; Mit diesen Worten er&ouml;ffnete Univ.-Prof. Dr. Christian K&auml;hler vom Lungenzentrum S&uuml;d-West, Wangen im Allg&auml;u, die Hauptsitzung zu Asthma, COPD und Emphysem im Rahmen des 13. PneumoUpdates 2016 in Igls. &bdquo;Die COPD ist keine klassische Erkrankung mehr. Wir m&uuml;ssen viele Dinge unter einem neuen Licht betrachten.&ldquo;</p> <h2>Diagnostik und Management obstruktiver Lungenerkrankungen</h2> <p>Zu den obstruktiven Lungenerkrankungen z&auml;hlen COPD, Asthma bronchiale und Emphysem. &bdquo;Aber auch Sarkoidose, Histiozytose X, Lymphangioleiomatose oder zystische Fibrose k&ouml;nnen eine obstruktive Ventilationsst&ouml;rung verursachen&ldquo;, veranschaulicht K&auml;hler. &bdquo;Die Diagnose einer Lungenerkrankung sowie die Beurteilung ihres Schweregrades m&uuml;ssen daher &uuml;ber das Ausma&szlig; der Obstruktion erfolgen.&ldquo; Demnach bedeutet eine Obstruktion bei der Erstdiagnose nicht automatisch eine COPD, sondern zun&auml;chst eine obstruktive Ventilationsst&ouml;rung, die weiter aufgeschl&uuml;sselt werden muss &ndash; idealerweise durch einen Pneumologen.</p> <p><strong>Maximale Bronchodilatation</strong></p> <p>Nach wie vor wird standardm&auml;&szlig;ig eine Broncholyse mit einem kurz wirksamen Betamimetikum durchgef&uuml;hrt, um zwischen COPD und Asthma bronchiale zu differenzieren. &bdquo;Bei einer Verbesserung der FEV<sub>1</sub> &uuml;ber 12 % und &ge;200ml ist die Broncholyse positiv und die Obstruktion reversibel, was f&uuml;r Asthma bronchiale spricht&ldquo;, erkl&auml;rt K&auml;hler. In der UPLIFT-Studie wurde ein zweiter Ansatz f&uuml;r diesen Test gew&auml;hlt, der heute in der Therapie eingesetzt wird: F&uuml;r die Broncholyse wurde zus&auml;tzlich zum Betamimetikum ein Anticholinergikum eingesetzt, also eine duale Bronchodilatation, um den maximalen Effekt zu erreichen.<sup>1</sup> &bdquo;Dabei hat sich gezeigt, dass &uuml;ber 50 % der Patienten mit einer COPD im Stadium II im Broncholysetest positiv waren, aber auch 40 % der Patienten mit COPD im Stadium III und sogar 3&ndash;4 % der Patienten mit COPD im Stadium IV&ldquo;, so K&auml;hler. &bdquo;Dies wurde in anderen Studien best&auml;tigt. Der Broncholysetest kann auf eine Reversibilit&auml;t hinweisen, aber nicht mehr zur Differenzialdiagnose zwischen COPD und Asthma herangezogen werden.&ldquo;</p> <p><strong>Auch die Entz&uuml;ndung z&auml;hlt</strong><br /> &bdquo;Wenn sich die Hinweise auf Asthma verdichten, so war bisher klar, dass die Eosinophilen &uuml;berwiegen und die Neutrophilen keine so gro&szlig;e Rolle spielen&ldquo;, erl&auml;utert K&auml;hler. Aber die Sache wird komplexer: Nach Rothe et al werden folgende Asthmatypen je nach Entz&uuml;ndungskomponente unterschieden:<sup>2</sup></p> <ul> <li>Asthma mit eosinophiler Entz&uuml;ndung: allergisches Asthma (IgE-vermittelt), intrinsisches Asthma</li> <li>Asthma mit neutrophiler Entz&uuml;ndung: neutrophiles Asthma (mit oder ohne allergische Reaktion), adip&ouml;ser nicht&shy;eosinophiler Asthma-Ph&auml;notyp, belas&shy;tungsinduzierte Bronchokonstriktion beim Athleten</li> <li>Berufsasthma: IgE-vermittelt, chemisch-irritativ</li> <li>therapierefrakt&auml;res Asthma: schweres Asthma und schwer zu kontrollierendes Asthma</li> </ul> <p>&bdquo;Eine neutrophile Entz&uuml;ndung ist bei Asthma m&ouml;glich, sie kann mit einer allergischen Reaktion vergesellschaftet sein oder auch nicht, sie ist h&auml;ufig infektgetriggert und kaum steroidsensitiv, da Neutrophile nicht auf Kortikosteroide ansprechen&ldquo;, wei&szlig; K&auml;hler.</p> <p><strong>COPD und ICS</strong><br /> Bei der COPD stehen haupts&auml;chlich Neutrophile im Mittelpunkt. Ein wichtiger Faktor im Management ist neben der maximalen Bronchodilatation die Un&shy;terbindung von Exazerbationen. In den Empfehlungen sind nach wie vor inhalative Steroide (ICS) als prim&auml;re Option f&uuml;r alle COPD-Patien&shy;ten enthalten. &bdquo;ICS bieten einen gewissen Benefit bei COPD-Exazerbationen, aber sie erh&ouml;hen auch die Rate an Pneumonien, die wiederum einer schweren Exazerbation entsprechen&ldquo;, gibt K&auml;hler zu bedenken.<sup>3</sup> ICS m&uuml;ssen also richtig eingesetzt werden: Denn Patienten mit Eosinophilie wiederum profitieren hinsichtlich der Exa&shy;zerbationen von ICS, &bdquo;dies haben auch rezentere Studien best&auml;tigt&ldquo;, sagt K&auml;hler.<sup>4</sup> &bdquo;Die Diagnose von Lungenerkrankungen ist komplexer geworden und erfordert bei bestimmten Patienten ein Feintuning.&ldquo;</p> <h2>Emphysemph&auml;notypen unterscheiden</h2> <p>&bdquo;Es wird noch komplizierter, denn unter dem Begriff Emphysem sind sehr viele Ph&auml;notypen subsumiert&ldquo;, erg&auml;nzt Prof. Dr. Andreas Rembert Koczulla, Klinik f&uuml;r Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie, Universit&auml;tsklinikum Marburg. Die emphysematische Lunge weist abnormale, permanente Erweiterungen der distalen Bronchien auf, welche mit der Zerst&ouml;rung der Architektur unabh&auml;ngig von einer Fibrose assoziiert sind.<sup>5</sup> Bei der COPD tritt das Emphysem wesentlich h&auml;ufiger auf als bei Asthma.</p> <p><strong>Zentrilobul&auml;res Emphysem (CLE)</strong><br /> Das CLE wird in 5 Untertypen eingeteilt:<sup>6</sup></p> <ul> <li>in Spuren vorhandenes CLE: minimale zentrilobul&auml;re Aufhellungen (&lt;0,5 % eines Lungenbereiches)</li> <li>mildes CLE (0,5&ndash;5 % eines Lungenbereiches)</li> <li>moderates CLE (&gt;5 % eines Lungenbereiches)</li> <li>konfluentes CLE (gro&szlig;e Bereiche mit maximal destruierenden Ver&auml;nderungen, aber erhaltener Architektur)</li> <li>fortgeschrittenes, destruktives Emphysem (ADE) &ndash; ohne Alpha-1-Antitrypsinmangel (AAT1-Mangel): Die Lunge ist maximal zerst&ouml;rt, die Architektur ist zum Teil aufgehoben (Destruktionen &uuml;ber die Lobulusgrenze hinweg).</li> </ul> <p>&bdquo;Ein zentrilobul&auml;res Emphysem kann so weit fortschreiten, dass es sich zu einem panlobul&auml;ren Emphysem entwickelt&ldquo;, unterstreicht Koczulla.</p> <p><strong>Panlobul&auml;res Emphysem</strong><br /> &bdquo;Bei dieser Auspr&auml;gung ist eine Abgrenzung zum AAT1-Mangel notwendig&ldquo;, stellt Koczulla klar. &bdquo;Jeder Patient mit einer COPD bzw. mit einem fixierten Asthma bronchiale sollte einmal auf AAT1-Mangel getestet werden.&ldquo; Panazin&auml;re Ver&auml;nderungen sind beim panlobul&auml;ren Emphysem typisch, es kommt zu einer maximalen Destruktion, die &uuml;ber die anatomischen Strukturen hinausgeht.</p> <p><strong>Paraseptales Emphysem (PSE)</strong><br /> Hierbei werden zwei Formen unterschieden: die milde Auspr&auml;gung mit Ver&auml;nderungen &lt;1cm sowie die substanzielle paraseptale Form mit juxtapleuralen Ver&auml;nderungen &gt;1cm.</p> <p><strong>Medikament&ouml;se Therapie</strong><br /> Kein Medikament kann derzeit die strukturellen Ver&auml;nderungen aufgrund eines Emphysems r&uuml;ckg&auml;ngig machen oder therapieren. Aber mit lang wirksamen Betamimetika (LABA) bzw. lang wirksamen Muskarinrezeptorantagonisten (LAMA) kann die &Uuml;berbl&auml;hung als Folge der strukturellen Ver&auml;nderungen reduziert werden.<sup>7</sup> Bei einem Emphysem aufgrund eines AAT1-Mangels hat sich im RAPID-Trial nach 24 Monaten gezeigt, dass die Lungenstruktur unter Placebo rascher abnimmt als unter dem Alpha-1-Proteinase-Inhibitor.<sup>8</sup></p> <p><strong>Training</strong><br /> Die ATS/ERS-Leitlinien empfehlen Kraft- und Ausdauertraining (2&ndash;3 mal pro Woche mit 60&ndash;70 % der Maximalbelas&shy;tung, 1&ndash;3 Sets und 8&ndash;12 Wiederholungen, bzw. 3&ndash;5-mal pro Woche mit 60 % der Maximalbelastung bei einer Dauer von 20&ndash;60min), z.B. Laufen oder Radfahren.<sup>9</sup> Ein Intervalltraining wird bei Patienten mit schweren Atemwegsobstruktionen und geringer Leistungsf&auml;higkeit (&lt;60 % ), niedriger O<sub>2</sub>-S&auml;ttigung (&le;85 % ), starker Dyspnoe und zeitlich geringer Belastbarkeit (&lt;10min) empfohlen.</p> <p><strong>Endoskopie</strong><br /> &bdquo;Sehr kontrovers diskutiert werden Ventile und Coils&ldquo;, so Koczulla. Eine signifikante Verbesserung von Lungenfunktion und Trainingskapazit&auml;t konnte bei Patienten mit schwerem Emphysem ohne Kollateralventilation durch eine Ventilimplantation erreicht werden.<sup>10</sup> Den Effekt von endobronchialen Coils bei Patienten mit Emphysem und schwerer &Uuml;berbl&auml;hung untersuchte rezent eine Gruppe um Sciurba.<sup>11</sup> Die Verbesserung war nur moderat und das Risiko f&uuml;r schwere Komplikationen erh&ouml;ht. &bdquo;Die endoskopische Lungenvolumenreduktion sollte nicht au&szlig;erhalb von klinischen Studien durchgef&uuml;hrt werden&ldquo;, zitiert Koczulla die GOLD-Leitlinien.</p> <p><strong>Chirurgie</strong><br /> &bdquo;Daten der National Emphysem Treatment Trial Research Group von mehr als 1.200 Patienten zeigen, dass die Emphysemchirurgie keinen &Uuml;berlebensvorteil gegen&uuml;ber der medikament&ouml;sen Therapie bringt&ldquo;, berichtet Koczulla.<sup>12</sup> &bdquo;Allerdings profitieren Patienten mit apikal betontem Emphysem mit einem deutlichen &Uuml;berlebensvorteil von einer Operation, was auch die GOLD-Leitlinien festhalten.&ldquo; <br />Koczulla abschlie&szlig;end: &bdquo;Die Ph&auml;notypisierung der Emphysempatienten und das korrekte Ausw&auml;hlen der aktuell vorhandenen Therapien sind deshalb immens wichtig.&ldquo;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Tashkin DP et al: Eur Respir J 2008; 31(4): 742-50 <br /><strong>2</strong> Rothe T et al: Praxis 2013; 112: 211-8 <br /><strong>3</strong> Calverley PM et al: N Engl J Med 2007; 356(8): 775-89 <br /><strong>4</strong> Boorsma M et al: COPD 2008; 5(2): 97-104 <br /><strong>5</strong> Storbeck B et al: Rofo 2015; 187(7): 543-54 <br /><strong>6</strong> Lynch DA et al: Radiology 2015; 277(1): 192-205 <br /><strong>7</strong> Watz H et al: BMC Pulm Med 2009; 14: 158 <br /><strong>8</strong> Chapman KR et al: Lancet 2015; 386(9991): 360-8 <br /><strong>9</strong> Spruit MA et al: Am J Respir Crit Care Med 2013; 188(8): e13-64 <br /><strong>10</strong> Kloos&shy;ter K et al: N Engl J Med 2015; 373(24): 2325-35 <br /><strong>11</strong> Sciurba FC et al: JAMA 2016; 315(20): 2178-89 <br /><strong>12</strong> Fishman A et al: N Engl J Med 2003; 348(21): 2059-73</p> </div> </p>
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