
Welche ist die optimale Position des Implantates nach Sofortrekonstruktion?
Bericht:
Dr. Rita Rom
Validiert duch:
PD Dr. med. Elisabeth Artemis Kappos
FMH (Plast), Fellow of EBORAS
Oberärztin Plastische, Rekonstruktive,
Ästhetische u. Handchirurgie
Prof. Dr. med. Walter Paul Weber
Breast Surgeon SSO
Chefarzt Brustchirurgie
Universitätsspital Basel
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Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich eine pragmatische, multizentrische, randomisierte Überlegenheitsstudie, die vom «Oncoplastic Breast Consortium», unter der Leitung von Prof. Dr. med. Walter P. Weber, unterstützt von PD Dr. med. Elisabeth A. Kappos vom Universitätsspital Basel kürzlich gestartet wurde.
Keypoints
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Diese internationale, multizentrische, randomisierte Überlegenheitsstudie hat das Potenzial, die klinische Praxis der implantatbasierten Brustrekonstruktion (IBBR) zu beeinflussen.
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Das pragmatische Design der Studie wird die Vielfalt der klinischen Praxis widerspiegeln und dadurch verallgemeinerbare Ergebnisse liefern.
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Patientenvertreter waren intensiv in das Studiendesign involviert, was sich auch im primären Endpunkt widerspiegelt, der sich auf die Messung der von Patienten gemeldeten Ergebnisse konzentriert.
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Die präpektorale IBBR wird immer häufiger durchgeführt, obwohl in vielen Ländern die subpektorale IBBR immer noch die Standardbehandlung darstellt. Dies führt zu einer Heterogenität in der Praxis, was die Durchführung randomisierter klinischer Studien zur Unterstützung von Behandlungsentscheidungen erforderlich macht.
Der Wunsch vieler Patienten nach einem ästhetisch ansprechenden Ergebnis und hoher Lebensqualität nach erfolgter Mastektomie zur Behandlung von Brutkrebs oder als Präventionsmassnahme ist nur allzu gut nachvollziehbar. Er hat Chirurgen dazu motiviert, hautsparende («skin sparing mastectomy», SSM) und brustwarzenschonende («nipple sparing mastectomy», NSM) Methoden zu entwickeln, bei denen im gleichen Operationsgang die sofortige Brustrekonstruktion durchgeführt wird. Dabei kann die Brust durch Positionierung eines Brustimplantats oberhalb (präpektoral) oder unterhalb (subpektoral) des Musculus pectoralis major oder durch Verwendung von Eigengewebe (autologe Rekonstruktion) rekonstruiert werden.1, 2 Die optimale Positionierung des Implantats wird derzeit allerdings noch diskutiert.
Nach Einführung der sofortigen implantatbasierten Brustrekonstruktion (IBBR) in der klinischen Praxis wurden die Implantate nach NSM und SSM ursprünglich oberhalb des Musculus pectoralis major positioniert, um die Brust in ihrer natürlichen Tasche zu rekonstruieren (präpektorale Positionierung). Anfangs war diese Technik jedoch mit hohen Komplikationsraten verbunden.3 Mit dem Ziel, das Komplikationsrisiko zu minimieren, wurde das Verfahren daraufhin modifiziert und man wechselte zu einer Positionierung des Implantates unterhalb des Musculus pectoralis major (also subpektoral). Mittlerweile ist die einstufige direkte Implantatplatzierung in vielen europäischen Ländern als Standardbehandlung etabliert und löst mehr und mehr den traditionellen Ansatz der zweistufigen IBBR (anfängliche Platzierung des Gewebeexpanders und späterer Austausch gegen das Implantat) ab.4–8
Von den Patienten wird die präpektorale Positionierung im Vergleich zur subpektoralen Technik als weniger unangenehm empfunden, ohne Unterschied in den Gesamtkomplikationsraten.9,10 Da die präpektorale Positionierung des Implantats die anatomische Lage der Brust respektiert und chirurgische Manipulation am Musculus pectoralis major vermeidet, verspricht sie zudem eine Reihe potenzieller Vorteile, darunter ein verbessertes körperliches Wohlbefinden, eine leichtere Genesung und aus ästhetischer Sicht keine Animationsdeformität. Die Anzahl präpektoraler IBBR nimmt stetig zu, obwohl die subpektorale IBBR in vielen Ländern immer noch als Standardmethode für die Brustrekonstruktion nach Mastektomie gilt.
Wie auf der ersten Konsensuskonferenz des Oncoplastic Breast Consortium (OPBC) von spezialisierten onkologischen, onkoplastischen und rekonstruktiven Brustchirurgen festgestellt wurde, besteht bis heute eine grosse Heterogenität in der Durchführung von Brustrekonstruktionen.11 Das Gremium forderte die Durchführung randomisierter klinischer Studien (RCTs) zur Erhebung der sichersten und wirksamsten Rekonstruktionstechniken, um so künftige Behandlungsentscheidungen zu unterstützen.
Das primäre Ziel dieser internationalen, pragmatischen, multizentrischen, randomisierten Überlegenheitsstudie ist es, zu prüfen, ob die präpektorale IBBR gegenüber der subpektoralen IBBR bei Patientinnen, die sich einer SSM oder NSM zur Vorbeugung oder Behandlung von Brustkrebs unterziehen, eine bessere Lebensqualität (QoL) in Bezug auf das langfristige (24 Monate) körperliche Wohlbefinden (Brust) bietet. Primärer Endpunkt ist die von den Patienten angegebene Bewertung der QoL-Skala «Körperliches Wohlbefinden: Brust» (BREAST-Q), die 24 Monate nach der Mastektomie bewertet wird.12 Sekundäre Endpunkte sind der Vergleich der prä- mit der subpektoralen IBBR in Bezug auf Sicherheit, Lebensqualität und Patientenzufriedenheit, ästhetische Ergebnisse und Belastung für die Patienten. Gesamtzahl der einzuschliessenden Patienten: 372 (186 pro Arm).
Studiendesign
In dieser pragmatischen, multizentrischen, randomisierten, internationalen Überlegenheitsstudie werden zwei chirurgische Strategien für IBBR parallel mit einer 1:1-Zuordnung zu prä- oder subpektoraler Brustrekonstruktion verglichen (Abb. 1). Insgesamt werden 372 Patientinnen in über 20 Zentren in Europa, China und den USA rekrutiert. Nach einem pragmatischen Ansatz wird die zufällig zugewiesene IBBR entsprechend der üblichen chirurgischen Standardbehandlung mit einem ein- oder zweistufigen Ansatz, mit oder ohne zusätzliches Netz, durchgeführt. Die Studiendauer ist auf 13 Jahre angelegt: ca. 2 Jahre Rekrutierungsphase, Ende der Hauptstudie und Analyse des primären Ziels nach 24 Monaten Follow-up (FU) des letzten Patienten, Ende der erweiterten onkologischen FU 10 Jahre nach Rekrutierung des letzten Patienten und Ende der abschliessenden Analyse 1 Jahr darauf.
Diskussion
Bislang gibt es nur kleine, schwer vergleichbare Beobachtungsstudien zur präpektoralen IBBR, wobei die Methode vorwiegend als sicher und wirksam beurteilt wird.9,10,13–18 Angesichts des Mangels an eindeutigen wissenschaftlichen Beweisen ist die klinische Entscheidungsfindung bei der IBBR sehr heterogen. Diese Heterogenität verlangt nach RCTs wie dieser, um Behandlungsentscheidungen zu unterstützen. In der vorgestellten Studie von Kappos et al. wird die präpektorale mit der subpektoralen IBBR verglichen, wobei die Hypothese aufgestellt wird, dass der präpektorale Ansatz in Bezug auf das körperliche Wohlbefinden der Brust nach 24 Monaten überlegen ist. Ziel ist es, sich so weit wie möglich an den Behandlungsstandard zu halten und ein pragmatisches Studiendesign zu verfolgen, um Daten zu gewinnen, die in der heutigen Praxis anwendbar sind. Aufgrund des randomisierten Studiendesigns und des pragmatischen Charakters ist diese Studie in ihrer Anwendbarkeit und Durchführbarkeit für verschiedene Zentren auf der ganzen Welt einzigartig. Die Ergebnisse der Studie werden einen bedeutenden Einfluss auf die klinische Entscheidungsfindung und die chirurgischen Standards weltweit im Bereich der sich entwickelnden IBBR haben.
Infobox OPBC
Das «Oncoplastic Breast Consortium» (OPBC) besteht aus Brustkrebschirurgen der gynäkologischen Onkologie, der allgemeinen und plastischen Brustchirurgie und einer starken Patientinnenvertretung. Das Konsortium konzentriert sich auf onkoplastische brusterhaltende Chirurgie, brustwarzen-/hautschonende Mastektomie mit sofortiger Rekonstruktion und optimalem Wundverschluss nach konventioneller Mastektomie mit dem Ziel die onkoplastische Brustchirurgie kontinuierlich zu verbessern. Die Aktivitäten dieser unabhängigen Non-Profit-Organisation werden von einem einzigen onkoplastischen Chirurgen pro Land koordiniert. Das OPBC besteht derzeit aus 624 Mitgliedern aus 83 Ländern. Jeder aus den drei oben genannten Disziplinen, der sich für die onkoplastische Chirurgie interessiert, ist herzlich eingeladen, sich als Mitglied zu registrieren.
Originalpublikation:
Kappos EA, Schulz A, Regan MM, et al.: Prepectoral versus subpectoral implant-based breast reconstruction after skin-sparing mastectomy or nipple-sparing mastectomy (OPBC-02/PREPEC): a pragmatic, multicentre, randomised, superiority trial. BMJ Open 2021;11:e045239. doi:10.1136/bmjopen-2020-045239
Literatur:
1 Frey JD et al.: Plast Reconstr Surg 2017; 139: 1300-10 2 Fischer JP et al.: Ann Surg 2015; 262: 692-9 3 Gabriel A, Maxwell GP: Clin Plast Surg 2015; 42: 399-404 4 Caputo GG et al.: Clin Breast Cancer 2020; 2021; 21: 344-51 5 Liu Y et al.: Aesthetic Plast Surg 2020 6 Cuomo R.: Medicina 2020; 56: 256 7 Harvey KL et al.: BMJ Open 2020; 10: e033641 8 Vidya R et al.: World J Plast Surg 2019; 8: 311-5 9 Sigalove S et al.: Plast Reconstr Surg 2017; 139: 287-94 10 Woo A et al.: Breast J 2017; 23: 545-53 11 Weber WP et al.: Breast Cancer Res Treat 2018; 172: 523-37 12 Pusic AL et al.: Plast Reconstr Surg 2009; 124: 345-53 13 Baker BG et al.: Plast Reconstr Surg 2018; 141: 1077-84 14 Bettinger LN et al.: Plast Reconstr Surg Glob Open 2017; 5: e1433 15 Sbitany H et al.: Plast Reconstr Surg 2017; 140: 432-43 16 Jafferbhoy S et al.: Gland Surg 2017; 6: 682-8 17 Downs RK, Hedges K: APlast Reconstr Surg Glob Open 2016; 4: e821 18 Sobti N et al.: Sci Rep 2020; 10: 1137