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Schweiz setzt neue Akzente für Frauengesundheit

Der Bundesrat hat diese Woche einen Postulatsbericht verabschiedet, der breiten Handlungsbedarf bei der Gesundheitsversorgung von Frauen aufzeigt. Von BAG bis Swissmedic werden mehrere Stellen beauftragt, Massnahmen umzusetzen.

Bern. Die gesundheitlichen Bedürfnisse von Frauen und damit verbundene Versäumnisse in der Vergangenheit rücken zunehmend in den Fokus der Schweizer Gesundheitspolitik. Mit 1. Mai dieses Jahres hat die Universität Zürich (UZH) den ersten Lehrstuhl für Gendermedizin in der Schweiz besetzt, Leading Opinions Wochenbulletin berichtete. Nun hat der Bundesrat Mitte der Woche einen Postulatsbericht verabschiedet, in dem ebenfalls breiter Handlungsbedarf aufgezeigt wird: Frauen hätten andere gesundheitliche Bedürfnisse als Männer. Diesem Umstand werde heute bei der Behandlung und in der Forschung zu wenig Rechnung getragen. Der Bundesrat beauftragt daher mehrere Bundesstellen, in der Forschung, Prävention und Ausbildung Massnahmen zu ergreifen.
Frauen und Männer sind unterschiedlichen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Sie zeigen ein anderes Gesundheitsverhalten und sind unterschiedlich von Krankheiten betroffen. Auch werden sie im Gesundheitswesen unterschiedlich behandelt. Während die Schweiz zwar über ein qualitativ hochstehendes Gesundheitssystem verfüge, gebe es doch geschlechterspezifische Ungleichheiten und eine tendenziell männliche Perspektive in Forschung und Versorgung, lautet die Einschätzung des Bundesrats. Basis dafür ist ein Bericht in Erfüllung des Postulats Fehlmann Rielle, in dem konkret Handlungsbedarf in der Forschung, Bildung, bei den Arbeitsbedingungen, bei Prävention und Gesundheitsversorgung geortet wird. Für jeden dieser Bereiche werden Massnahmen für verschiedene Bundesstellen abgeleitet.

Verbesserungen in Forschung und Versorgung
Im Bereich Forschung wird das Heilmittelinstitut Swissmedic beauftragt zu prüfen, ob Bedarf besteht, die geschlechtersensiblen Faktoren in der klinischen Forschung besser zu berücksichtigen und diese Aspekte in wichtige Gremien und Leitlinien einzubringen. Mit der Lancierung des Nationalen Forschungsprogramms «Gendermedizin und Gesundheit» hat der Bundesrat 2023 bereits einen Akzent gesetzt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation werden evaluieren, ob in der Ausbildung für das Gesundheitspersonal biologische und soziale Geschlechteraspekte genügend berücksichtigt werden und welche weiteren Schritte allenfalls unternommen werden müssten. Weiters soll das BAG prüfen, wie Geschlechteraspekte noch besser in Präventionsstrategien hinsichtlich nichtübertragbarer Krankheiten sowie im Bereich Sucht verankert werden können. Beim Thema Gesundheitsversorgung wird das BAG zudem beauftragt, den spezifischen Bedürfnissen von Frauen im Rahmen der Nationalen Plattform Demenz Rechnung zu tragen. Demenzerkrankungen treten bei Frauen häufiger auf, als bei Männern - werden jedoch im Durchschnitt später diagnostiziert.

Besserer Umgang am Arbeitsplatz
Auch die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen sind stark vom Geschlecht geprägt (z.B. sexuelle Belästigung). Das Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben nun den Auftrag erhalten, das Präventionsmaterial gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu aktualisieren. Ausserdem sollen spezifische Massnahmen für den Gesundheitssektor geprüft werden. Die Timeline für die Umsetzung der zahlreichen Aufträge und Massnahmen ist bis Ende 2029 gesetzt, dann soll dem Bundesrat erneut Bericht erstattet werden.

Der Herzinfarkt als Paradebeispiel
Die Kardiologin und Gendermedizinerin Carolin Lerchenmüller, die mit Mai den ersten fachspezifischen Lehrstuhl an der UZH übernommen hat, formulierte im Vorfeld eine der wesentlichen Herausforderungen wie folgt: «Wir müssen lernen, geschlechtsspezifische Symptome als typisch anzusehen und nicht als atypisch abzustempeln». Ein Paradebeispiel dafür kommt aus ihrem eigenen Fach, der Kardiologie: Es geht um den Herzinfarkt, der mittlerweile immer häufiger in der Öffentlichkeit genannt wird, um die Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu verdeutlichen. «Die Herzinfarktsymptome bei Frauen sind häufig diffuser», erklärt Lerchenmüller, dazu zählen «etwa Magen-, Rücken- oder Kieferschmerzen». Statt in der Kardiologie landen betroffene Frauen deshalb oft zuerst – und fälschlicherweise - bei Neurolog:innen oder Orthopäd:innen. (ehs)

Quelle: Medienmitteilung des Bundesrats

Service: Faktenblatt zur Frauengesundheit

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