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Brauchen wir ästhetische Medizin?
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Daisy Kopera, MBA, MEd
Zentrum für Ästhetische Medizin<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: daisy.kopera@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
16.05.2019
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<p class="article-intro">Schönheit liegt im Auge des Betrachters: Was ist schön? Was ist hässlich? Nur im Märchen gibt der Spiegel die Antwort. Heute bietet uns die ästhetische Medizin viele Möglichkeiten, unserem Schönheitsideal ein Stück mehr zu entsprechen. Doch inwieweit soll oder darf man diese ausschöpfen?</p>
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<p class="article-content"><p>Verschiedene Zeitepochen prägten ihren eigenen Schönheitsbegriff – oft abstrakt und bizarr. In der antiken Götterwelt entschied Paris den Streit um die Schönheit zugunsten von Aphrodite. Kriege wurden der Schönheit willen geführt und ganze Völker ins Unglück gestürzt. Geschmacklos? Und was hat der Mensch versucht, um die Schönheit und Jugendlichkeit zu bewahren? Er hat Elixiere gebraut und nach Wundermitteln Ausschau gehalten, selbst ein Pakt mit dem Teufel schien eine Lösung zu sein. Doch alles ist vergänglich, das wusste schon der Prophet Kohelet im Alten Testament. So bleibt die Frage nach der ewigen Schönheit durch das Leben unbeantwortet. Schönheitsideale gab es zu allen Zeiten, ob es nun Kleopatra war, die in Eselsmilch badete, oder Sisi, die unglückliche Kaiserin von Österreich, die dem Schönheitswahn mit Sport und Diät verfallen war. Sie alle sind Geschichte! Auch wir sind Teil dieser Geschichte – einer Geschichte von Macht und Geld, von Reich und Arm und nicht zuletzt vom Ende und von der Unendlichkeit.<br /> Selbst wenn diese Erkenntnis zwar realistisch und unabwendbar erscheint, gaukeln uns Hochglanzmagazine vor, was „normal“ sein soll, und verleiten uns dazu, mitzumachen und das Unmögliche zu versuchen. Alle wollen alt werden, ohne alt auszusehen. Daraus hat sich ein neuer Zweig der Medizin entwickelt, der teilweise wirklich Methoden anbietet, die (fast) die Jugend für die Ewigkeit erhalten können.<br /> Während die tägliche Hautpflege mit Sonnenschutz die wichtigste Grundvoraussetzung darstellt, um dem Altern vorzubeugen, bietet die ästhetische Medizin auch Methoden an, um bereits entstandene Altersveränderungen zu entfernen und Defizite auszubessern.<br /> Heutzutage ist es möglich, in vielerlei Hinsicht anders alt zu werden, als es vor 100 Jahren der Fall war. Wir bleiben länger körperlich aktiv und pflegen soziale Kontakte. Die 60-Jährigen geben sich und sehen aus wie die 40-Jährigen der 1980er-Jahre. Dieses „neue“ Selbstwertgefühl ist uns viel wert und deshalb sind wir bemüht, möglichst lange attraktiv zu bleiben. Dennoch, die Zeit vergeht und Altersveränderungen treten auf. Andere Organe altern im Verborgenen, die Haut jedoch ist als einziges Organ des Körpers sichtbar davon betroffen.<br /> Die ästhetische Medizin und die moderne Kosmetik können einiges an bereits eingetretenen Alterserscheinungen mildern und mit seriösen, sinnvollen Methoden der Hautalterung entgegenwirken.<br /> Egal ob Altersflecken, Fältchen, Couperose und andere gutartige, aber störende „Makel“ oder unerwünschte Haare: Der Trend in der ästhetischen Dermatologie geht in die Richtung, mit minimal invasiven Verfahren ohne nennenswerte Nebenwirkungen zufriedenstellende Behandlungsergebnisse zu erzielen.</p> <h2>Fundierte Ausbildung ist Grundvoraussetzung</h2> <p>Die Behandlung von Veränderungen des Körpers, die das ästhetische Empfinden einer Person negativ beeinträchtigen, wurde in allen Epochen und Weltgegenden seit Menschengedenken praktiziert. Attraktiv zu wirken ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Makellosigkeit gilt als das Schönheitsideal unserer Zeit. Daraus hat sich ein boomender Markt entwickelt, für den medizinisches Know-how erforderlich ist, um zum Schutz der Konsumenten die Qualität der verschiedenen Methoden zu sichern und die Rate unerwünschter Nebenwirkungen möglichst niedrig zu halten. Deshalb ist eine fundierte Ausbildung in diesem Spezialfach von großer Bedeutung, für die es kaum universitäre Anlaufstellen gibt.<br /> Ein gutes Beispiel dafür, dass auch in diesem Spezialgebiet Forschung und Lehre betrieben werden, ist das bereits seit einigen Jahren durch Kooperation der Fachrichtungen Dermatologie und plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie entwickelte und etablierte Zentrum für Ästhetische Medizin an der Hautklinik der Medizinischen Universität Graz im LKH-Univ.- Klinikum. Das breite Leistungsspektrum umfasst oberflächliche chemische Peelings, Augmentation mit Hyaluronsäure oder Botulinumtoxin gegen Falten, Verödung von Besenreisern, diverse Hochenergie-Laserbehandlungen bis zur Entfernung von Permanent- Make-up oder Tätowierungen.<br /> Gemäß seiner universitären Verpflichtung wird sich das Zentrum für Ästhetische Medizin an der Hautklinik auch den Anforderungen von Lehre und Forschung stellen. Die Ausbildung der nachfolgenden Generationen, die Betreuung von Diplomarbeiten zu einschlägigen Projekten in der medizinischen Ästhetik und die Durchführung von klinischen Studien zur Etablierung neuer Methoden werden auch in Zukunft ein besonderes Anliegen dieser Einrichtung sein.</p> <h2>Gut in den Alltag integrierbar</h2> <p>Die meisten dieser Behandlungen sind gut mit dem beruflichen Alltag vereinbar und erfordern kaum Rekonvaleszenzzeit, denn Krankenstand aufgrund ästhetischmedizinischer Therapien ist volkswirtschaftlich undenkbar. Deshalb muss auch festgehalten werden, dass die Behandlung von Veränderungen des Körpers bzw. der Haut, die zwar optisch störend, aber aus rein medizinischer Sicht harmlos sind, nicht zur Gesunderhaltung des Körpers beitragen. Sie sind deshalb nicht als medizinische Indikation, also nicht als „Heilbehandlung“, anzusehen und nicht durch die ASVG-Versicherungen gedeckt. Es handelt sich dabei um medizinische Leistungen, die privat verrechnet werden.<br /> Selbstverständlich wird mit fachlicher Expertise auch die ambulante Behandlung medizinischer Indikationen wie Gesichtsdermatosen (Akne, Rosacea, seborrhoische Dermatitis u. v. m.) oder Haar- und Kopfhauterkrankungen durchgeführt.</p> <h2>Beispiele aus dem praktischen ästhetisch-medizinischen Alltag</h2> <p>Hochenergielaserbehandlung: Rubinlaser, KTP-Nd-YAG-Laser, Nd-YAG-Laser, Farbstofflaser, fraktionierter CO<sub>2</sub>-Laser zur Entfernung/Verbesserung von Aknenarben, Angiomen, Couperose, diversen Epitheliomen, Falten/Fältchen, Fibromen, Keratosen, Narben, Naevi flammei, Permanent- Make-up, Tätowierungen, Teleangiektasien, Spidernävi, seborrhoischen Warzen, Viruswarzen u. v. m. Die Laserbehandlung ist meist unblutig und kontaktlos. Der Effekt im Gewebe entsteht durch Umwandlung von Licht in Hitze. Die Abheilungszeit dauert etwa sieben bis zehn Tage.<br /><br /> <strong>Chemisches Peeling</strong><br /> Dabei handelt es sich um die Anwendung verschiedener Säuren (Milchsäure, Salicylsäure, div. Fruchtsäuren, Trichloressigsäure) zur Exfoliation oberflächlicher Hautschichten, mit dem Ziel, Hautunreinheiten zu bessern, Närbchen zu glätten, Fältchen „auszubügeln“, Poren zu verkleinern, Feuchtigkeitsbindungskapazität zu erhöhen, durch Fibroblastenstimulation Kollagenbildung anzuregen. Je nach Konzentration der Säure ist der Peeling-Effekt oberflächlich, epidermal oder bis in die obere Dermis reichend.<br /><br /> <strong>Hyaluronsäure-Augmentation</strong><br /> Das ist die Einbringung von Hyaluronsäure direkt in die Haut, um Falten zu minimieren, Lippen-/Wangenvolumen zu vergrößern, eingesunkene Narben zu bessern. Der gewünschte Effekt ist unmittelbar nach der Behandlung sichtbar. Diese Substanzen werden innerhalb von etwa neun Monaten rückstandsfrei abgebaut.<br /><br /> <strong>Botulinumtoxin-Injektion</strong><br /> Die Applikation von Botulinumtoxin direkt in bestimmte Gesichts-/Halsmuskeln bezweckt, durch Mimik bedingte Faltenbildung zu verhindern bzw. zu verzögern. Das Neurotoxin kann auch gegen Hyperhidrose intrakutan in die betroffenen Hautareale eingebracht werden. Der die Schweißdrüsen hemmende Effekt tritt nach etwa sieben Tagen ein und hält etwa ein Jahr an.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die am Beginn dieses Berichts gestellte Frage, ob wir ästhetische Medizin brauchen oder nicht, ist eine philosophische. Rein hippokratisch muss man sie mit einem klaren Nein beantworten, psychologisch jedoch mit einem Ja, denn „Mängel“, Makel und Alt-Aussehen mindern das Selbstwertgefühl und können so zum psychosomatischen Unwohlsein beitragen.</p> </div></p>
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<p>bei der Verfasserin</p>
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