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Rheumatoide Arthritis und Osteoporose

<p class="article-intro">Osteopenie und Osteoporose treten bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) häufiger auf als in der Normalbevölkerung. Eine verminderte Knochendichte ist bereits im Frühstadium der RA nachweisbar.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bei der RA handelt es sich um die h&auml;ufigste entz&uuml;ndliche Gelenkserkrankung. Ca. 0,5 % bis 1 % der Bev&ouml;lkerung sind betroffen, Frauen dreimal h&auml;ufiger als M&auml;nner. Die Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, am h&auml;ufigsten jedoch zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr.<sup>1</sup> Es handelt sich dabei um eine chronisch-entz&uuml;ndliche Gelenkserkrankung, wobei eine Beteiligung von Sehnen, Gef&auml;&szlig;en und inneren Organen m&ouml;glich ist.<sup>1</sup><br />Die Osteoporose tritt bereits im Fr&uuml;hstadium der RA auf. Sie f&uuml;hrt zu einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r Frakturen sowie erh&ouml;hter Morbidit&auml;t und Sterblichkeit und ist mit hohen Kosten im Gesundheitswesen verbunden. Urs&auml;chlich f&uuml;r die Osteoporose sind bei entz&uuml;ndlich-rheumatischen Erkrankungen v.a. die Krankheitsaktivit&auml;t, die Glukokortikoidtherapie, gastrointestinale Beeintr&auml;chtigungen mit Malabsorption, Untergewicht und Inaktivit&auml;t bzw. Immobilit&auml;t. Die Krankheitsaktivit&auml;t ist von entscheidender Bedeutung: In der Bruneck-Studie konnte bei Patienten mit einem erh&ouml;hten hs-CRP-Wert (&gt;3,0mg/l) ein bis zu 7,8-fach h&ouml;heres Frakturrisiko als bei Personen mit einem hs-CRP-Wert &lt;1,0mg/l nachgewiesen werden.<sup>2</sup> <br />Proinflammatorische Zytokine f&uuml;hren zum lokalen und systemischen Knochenverlust bei RA, wobei vor allem TNF-&alpha; und Interleukin(IL)-6 eine Rolle spielen. Durch eine Therapie mit TNF-Blockern wird die Knochenbildung verst&auml;rkt und die Knochenresorption vermindert. Es wird dabei das Verh&auml;ltnis von RANKL zu OPG durch Induktion von OPG und Reduktion von RANKL in Richtung Knochenerhalt verschoben.<sup>3</sup> Weiters werden durch TNF Wnt-Signalwegsantagonisten wie Dickkopf (DKK1) induziert, wodurch die Knochenbildung gehemmt wird. <br />Wie bereits erw&auml;hnt, ist auch IL-6 am entz&uuml;ndungsbedingten Knochenabbau beteiligt. Es wirkt katabol, sowohl durch direkte als auch indirekte Stimulierung der Osteoklasten. So konnten bei mit TNF-Blockern vortherapierten RA-Patienten durch IL-6R-Inhibition eine Knochenprotektion und eine erh&ouml;hte Knochendichte beobachtet werden.<sup>4</sup> Ein weiteres wichtiges Zytokin ist IL-1. Es wirkt wie IL-6 haupts&auml;chlich katabol durch F&ouml;rderung der Osteoklastenbildung.<sup>5</sup></p> <h2>Bedeutung der ACPA f&uuml;r den Knochen</h2> <p>Einen wichtigen Stellenwert haben Antik&ouml;rper gegen citrullinierte Proteine (ACPA). Diese sind bei ca. zwei Dritteln der Patienten mit RA im Serum nachweisbar. Bekanntlich ist das Vorhandensein dieser Antik&ouml;rper mit schweren Krankheitsverl&auml;ufen und erh&ouml;htem Knochenabbau assoziiert. Schon viele Jahre vor der Diagnose der RA sind ACPA im Serum nachweisbar. Interessanterweise konnten bei ACPA-positiven Menschen, die noch keine klinischen Symptome einer RA zeigten, eine signifikant verringerte Knochendichte und kortikale Knochenverluste nachgewiesen werden.<sup>6</sup> Es zeigte sich auch, dass ACPA die Osteoklastengenese nicht nur indirekt beeinflussen k&ouml;nnen, sondern auch direkt an citrullinierte Proteine auf der Zelloberfl&auml;che von Osteoklastenvorl&auml;ufern binden und diese zu einer vermehrten Osteoklastenbildung anregen.<sup>7</sup> In einer k&uuml;rzlich publizierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass die Bindung von ACPA an Osteoklastenvorl&auml;ufer die Expression des proinflam&shy;matorischen Chemokins IL-8 f&ouml;rdert. Dieses f&ouml;rdert wiederum die Osteoklastogenese. Die Bedeutung dieses Zytokins wurde in einem Mausmodell best&auml;tigt, bei dem durch die Gabe des IL-8-Rezeptorantagonisten Reparixin ein durch ACPA induzierter systemischer Knochenabbau verhindert werden konnte.<sup>8</sup></p> <h2>Studienlage zu Osteoporose und Rheuma</h2> <p>Arain et al. konnten 2016 in einer Studie nachweisen, dass eine erniedrigte Knochendichte bereits bei 25 % der Patienten in einem fr&uuml;hen Stadium der RA besteht. Ein positiver Rheumafaktor und Menopause bedeuten ein zus&auml;tzlich erh&ouml;htes Risiko.<sup>9</sup><br />In einer deutschen Studie aus dem Jahr 2011 zeigte sich eine Pr&auml;valenz der Osteoporose bei Frauen mit RA von 22 % (M&auml;nner 20 % ) und der Osteopenie von 49 % (M&auml;nner 50 % ). Eine normale Knochendichte konnte nur bei 30 % der Studienteilnehmer mit RA nachgewiesen werden.<sup>10</sup><br />Eine amerikanische Untersuchung konnte bei Patienten mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren und einer neu diagnostizierten RA ein erh&ouml;htes Frakturrisiko, abh&auml;ngig von der Dosis der eingenommenen Glukokortikoide, nachweisen. Die Frakturinzidenzraten f&uuml;r eine Prednisondosis &lt;1mg/Tag lagen zwischen 5 und 9/1000 Patientenjahre, f&uuml;r Dosen von &gt;15mg &uuml;ber 16. Bei einer kumulativen Dosis von mehr als 5,4g lag das Fraktur&shy;inzidenzrisiko bei 13,4. Das Risiko verminderte sich nach einem halben Jahr Kortisonpause um etwa 29 % , nach einem Jahr Pause war es vergleichbar mit jenem von Patienten ohne Glukokortikoideinnahme.<sup>11</sup><br />Eine EULAR-Task-Force versuchte herauszufinden, unter welcher Glukokortikoiddosis ein m&ouml;glichst niedriges Risiko besteht. Die Literaturrecherche ergab, dass es keine eindeutige Evidenz f&uuml;r diese Frage gibt. Man einigte sich auf die Formulierung, dass ein geringeres Risiko f&uuml;r die Mehrzahl der Patienten mit einer langfristigen Dosis von 5mg Prednison pro Tag oder weniger besteht, bei Dosen &uuml;ber 10mg ein eindeutig erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r einen Schaden. Bei Dosen zwischen 5mg und 10mg bestimmen Patientencharakteristika das Risiko.<sup>12</sup></p> <h2>Erh&ouml;hte Mortalit&auml;t</h2> <p>In einer k&uuml;rzlich publizierten d&auml;nischen Studie konnte eindrucksvoll das erh&ouml;hte Mortalit&auml;tsrisiko nach osteoporotischen Frakturen nachgewiesen werden. Die Autoren betonen, dass eine Fraktur der Ausgangspunkt f&uuml;r viele Gesundheitsprobleme ist, die noch lange nach dem Abheilen der Fraktur bestehen und zu einem fr&uuml;heren Tod f&uuml;hren. So kann das erh&ouml;hte Mortalit&auml;tsrisiko &uuml;ber eine Dekade nach der H&uuml;ftfraktur bestehen, bei anderen Frakturen (au&szlig;er kleineren oder distalen Frakturen) etwa 5 Jahre. Im Jahr nach dem H&uuml;ftbruch hatten M&auml;nner ein um 33 % h&ouml;heres Todesrisiko und Frauen ein um 20 % h&ouml;heres Risiko. Bei Oberschenkel- oder Beckenfrakturen lag die 1-Jahres-&Uuml;berschussmortalit&auml;t zwischen 20 % und 25 % . Ein signifikantes Todesrisiko wurde noch 10 Jahre nach dem Bruch einer H&uuml;fte und etwa 5 Jahre nach Frakturen, die nicht die H&uuml;fte betrafen, beobachtet.<sup>13</sup><br />Das wichtigste Ziel ist somit, osteoporotische Frakturen zu vermeiden. Die Therapie der Osteoporose orientiert sich an den Osteoporoseempfehlungen des Dachverbandes f&uuml;r Osteologie (DVO). Darin wird die RA als unabh&auml;ngiger Risikofaktor f&uuml;r Frakturen angesehen (relatives Risiko 1,6 f&uuml;r alle osteoporotischen Frakturen und 1,62 f&uuml;r H&uuml;ftfrakturen). Die Leitliniengruppe empfiehlt bei allen Patienten eine Basisdiagnostik und die Durchf&uuml;hrung einer DXA.</p> <h2>Therapie</h2> <p>Die Osteologen der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Knochen- und Mineralstoffwechsel (OEGKM) betonen die Notwendigkeit einer ad&auml;quaten Versorgung mit Kalzium und Vitamin D. Bei &uuml;ber 70 % der Patienten mit osteoporotischen Frakturen besteht ein erniedrigter Vitamin-D-Spiegel. Die Dosis sollte bei jungen gesunden Menschen zwischen 800 und 2000 IE/Tag liegen. &Auml;ltere Patienten oder solche mit einem ausgepr&auml;gten Mangel sollten eine Dosis von 4000 IE/Tag &uuml;ber einen Zeitraum von einigen Monaten einnehmen. Von regelm&auml;&szlig;igen Messungen des (25-OH-)Vitamin-D-Spiegels oder zu hoch angesetzten Dosierungen raten die Osteologen ab. <br />Unbedingt notwendig ist eine ausreichende Kalziumversorgung, sie muss im Rahmen einer Osteoporosebehandlung immer durchgef&uuml;hrt werden. Empfohlen ist eine Dosis von 500&ndash;1200mg t&auml;glich, am besten mit der Nahrung. Um die Kalziumaufnahme mit der Nahrung besser einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen, sollte ein &bdquo;Kalziumrechner&ldquo; verwendet werden, die OEGKM empfiehlt www.kalziumrechner.at.<sup>14</sup> <br />Eine spezifische Osteoporosetherapie sollte mit Anhebung der Therapiegrenze um +0,5 des T-Scores erfolgen. Sie sollte so lange durchgef&uuml;hrt werden, wie ein erh&ouml;htes Frakturrisiko besteht. Die Therapiedauer f&uuml;r Teriparatid ist auf 24 Monate begrenzt, Bisphosphonate sollten 3&ndash;5 Jahre verabreicht werden und Denosumab hat einen therapeutischen Nutzen in Bezug auf Frakturen f&uuml;r mindestens 10 Jahre. Bei Beendigung der Therapie mit Denosumab sollte eine kurzfristige Therapie mit Bisphosphonaten angeschlossen werden, um den Therapieerfolg aufrechtzuerhalten. <br />Eine seltene, aber sehr gef&uuml;rchtete Nebenwirkung sind avaskul&auml;re Knochennekrosen. Hier muss zwischen osteoporotischen und onkologischen Therapien unterschieden werden. Bei nicht onkologischen Therapien kommt es sehr selten, n&auml;mlich in 0,001&ndash;0,01 % der F&auml;lle, zum Auftreten dieser Nebenwirkung, die H&auml;ufigkeit ist mit der Inzidenz bei der Normalbev&ouml;lkerung vergleichbar.<sup>15</sup> Seit Kurzem ist die Pathogenese der avaskul&auml;ren Kiefernekrose bekannt, es handelt sich um eine Infektionskrankheit mit Actinomyceten. Therapiert wird langfristig antibiotisch mit Penicillin V, Amoxicillin oder Tetrazyklinen. Die antiresorptive Therapie muss nicht beendet werden.<sup>16</sup><br />Neben der medikament&ouml;sen Osteoporosetherapie sollte die regelm&auml;&szlig;ige k&ouml;rperliche Aktivit&auml;t gef&ouml;rdert werden, um Muskelkraft, Koordination und Gleichgewicht zu verbessern.<sup>17</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kulpers JG, Zeidler H: Seropositive rheumatoide Arthritis. In: Zeidler H, Zacher I, Hiepe F (Hrsg): Interdisziplin&auml;re klinische Rheumatologie. 2. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag 2008. 497-536 <strong>2</strong> Schett G et al.: High-sensitivity C-reactive protein and risk of nontraumatic fracture in the Bruneck study. Arch Intern Med 2006; 166: 2495-301 <strong>3</strong> Kitaura H et al.: Immunological reaction in TNF-alpha-mediated osteoclast formation and bone resorption in vitro and in vivo. Clin Dev Immunol 2013; Article ID 181849 <strong>4</strong> Catrina Al et al.: Antitumor necrosis factor ther&shy;apy increases synovial osteoprotegerin expression in rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum 2006; 54: 76-81 <strong>5</strong> Lange U et al.: Wirkung einer IL-6R-Inhibition bei Patienten mit rheumatoider Arthritis auf den Knorpel- und Knochenmetabolismus sowie die Knochendichte. Osteologie 2013; Suppl 01: P25 <strong>6</strong> Kleyer A et al.: Bone loss before the clinical onset of rheumatoid arthritis in subjects with anticitrullinated protein antibodies. Ann Rheum Dis 2014; 73: 854-60 <strong>7</strong> Harre U et al.: Induction of osteoclastogenesis and bone loss by human autoantibodies against citrullinated vimentin. J Clin Invest 2012; 122: 1791-802 <strong>8</strong> Krishnamurthy A et al.: Identification of a novel chemokine-dependent molecular mechanism underlying rheumatoid arthritis-associated autoantibody-mediated bone loss. Ann Rheum Dis 2016; 75(4): 721-9 <strong>9 </strong>Arain SR et al.: Low bone mineral density among patients with newly diagnoses rheumatoid arthritis. J Ayub Med Coll Abbottabad 2016; 28(1): 175-8 <strong>10</strong> Heberlein I et al.: Prophylaxis and treatment of osteoporosis in pa&shy;tients with rheumatoid arthritis (ORA study). Z Rheumatol 2011; 70(9): 793-8, 800-2 <strong>11</strong> Balasubramanian A et al.: Glucocorticoid exposure and fracture risk in patients with new-onset rheumatoid arthritis. Osteoporos Int 2016; 27(11): 3239-49 <strong>12</strong> Strehl C et al.: Defining conditions where long-term glucocorticoids treatment has an acceptably low level of harm to facilitate implementation of existing recommendations: viewpoints from an EULAR task force. Ann Rheum Dis 2016; 75(6): 952-7 <strong>13</strong> Tran T et al.: Persistence of excess mortality following individual non-hip fractures: a relative survival analysis. J Clin Endocrinol Metab 2017; jc.2017-02656 <strong>14</strong> Arznei und Vernunft: Neue Osteoporose-Leitlinie und Patienteninformation. Journal f&uuml;r Mineralstoffwechsel &amp; Muskuloskelettale Erkrankungen 2018; 25(2): 75-6 <strong>15</strong> Svejda B et al.: Positionspapier zur medikamentenassoziierten Osteonekrose des Kiefers (MRONJ). Wiener Med Wochenschr 2016; 166(1-2): 68-74 <strong>16</strong> Svejda B: Osteonecrosis of the jaw. 26. Osteoporoseforum, 3.&ndash;5. Mai 2018, St. Wolfgang <strong>17</strong> DVO-Leitlinie 2017: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose. http://www.dv-osteologie.org/dvo_leitlinien/dvo-leitlinie-2017</p> </div> </p>
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