<p class="article-intro">Der Anspruch an Stabilität und Mobilität des Kniegelenks macht die Operation nach einer Kreuzbandreruptur erforderlich. Genaue Angaben über die Anzahl der Reoperationen in Österreich fehlen. In den USA werden pro Jahr etwa 200 000 Kreuzbandoperationen durchgeführt. Durch Transplantatversagen oder neuerliches Trauma kommt es in 4–25 % der Fälle zur neuerlichen Instabilität. </p>
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<p class="article-content"><p>Unterschieden werden sollte, ob ein neuerliches, adäquates Trauma mit Reruptur des vorderen Kreuzbandes oder eine Auslockerung des vorderen Kreuzbandes ohne adäquates Trauma besteht.</p> <h2>Ursachen</h2> <p>Um das Problem zu lösen, muss man zunächst die Ursache für das Fehlschlagen der Kreuzbandrekonstruktion analysieren. Die höchste Rerupturrate besteht bei sehr jungen, aktiven Patienten, die mit Allograft versorgt wurden. Weitere Ursachen sind:</p> <ul> <li>Fehler in der chirurgischen Technik (nicht anatomische Bohrkanalplatzierung)</li> <li>Fehler bei der Transplantatfixation</li> <li>Fehler bei der Transplantatauswahl, Präparation</li> <li>Fehlende Transplantateinheilung bzw. mechanische Überlastung in der Früh­rehabilitation</li> <li>Rückkehr zum Sport zum falschen Zeitpunkt</li> <li>Nichtberücksichtigung bzw. Nichttherapie von Begleitverletzungen</li> <li>Infektion</li> </ul> <p>Der häufigste technische Fehler ist die nicht anatomische Anlage eines oder mehrerer Bohrkanäle. Die Platzierung des tibialen und femoralen Bohrkanals innerhalb des anatomischen Footprints hat höchste Bedeutung. Die Transplantatfixierung muss ein stabiles Einheilen des Ersatzkreuzbandes gewährleisten. Bei der Transplantatwahl haben vor allem Kunstbänder, wie LARS-Band, Dacron, GoreTex etc., eine höhere Rate an Rerupturen und präsentieren sich teilweise mit Schwellung und Synovitis. Auch Allografts haben eine höhere Rerupturrate. <br />Nicht behandelte Zusatzverletzungen, wie mediale Instabilität und Verletzungen der posteromedialen und der posterolateralen Ecke oder der anterolateralen Strukturen, können zu einem Transplantatversagen beitragen. Die Auswirkungen des anterolateralen Ligaments (ALL) werden noch kontrovers diskutiert. Eine Wiederherstellung des Meniskus ist von Bedeutung, da der Meniskus einen zusätzlichen Stabilisator darstellt. Dazu zählt die Behandlung der Meniskuswurzelrisse und der Rampenläsionen. <br />Eine Infektion nach Kreuzbandersatzoperation kann eine operative Revision und unter Umständen auch die Entfernung des vorderen Kreuzbandersatzes erforderlich machen.</p> <h2>Voruntersuchungen</h2> <p>Als Voruntersuchungen werden empfohlen:</p> <ul> <li>Röntgen beider Kniegelenke a.p. und seitlich im Stehen sowie Patella-Tangentialaufnahme. Bei deutlicher Achsenfehlstellung kann eine Ganzbeinaufnahme durchgeführt werden.</li> <li>Eine CT-Untersuchung zur Evaluierung von Tunnelposition, Tunnelweite, Knochenentkalkung und Zystenbildung. Eine 3D-Rekonstruktion vereinfacht die Planung und wird empfohlen.</li> <li>Eine MRT-Untersuchung zur Beurteilung von Begleitverletzungen/-schäden (Knorpel, Meniskus, Knochenmark­ödem etc.) wird standardmäßig durchgeführt.</li> </ul> <h2>Aufklärung und Vorbereitung</h2> <p>Der geplante Eingriff und insbesondere die ein- oder zweizeitige Vorgangsweise werden mit dem Patienten besprochen. Dabei sind einerseits sozioökonomische Aspekte und andererseits insbesondere bei Profisportlern die Zeitdauer bis zur Rückkehr zum Sport zu berücksichtigen.<br />Eine genaue Operationsplanung und -vorbereitung ist erforderlich. Vorzubereiten sind:</p> <ul> <li>Dimension und notwendige Schraubenzieher für etwaige zu entfernende Schrauben</li> <li>Ein Set zur Entnahme von Beckenkammspongiosa (z.B. Arthrex Harvester 8, 9, 10mm), eventuell Allograft zur Bohrkanalauffüllung</li> <li>Ausreichende Operationszeit</li> </ul> <p>Grundsätzlich wird nur störendes Osteosynthesematerial entfernt. Insbesondere bei einzeitigen Operationen kann die Schraubenentfernung die Knochenstruktur zusätzlich schwächen.</p> <h2>Transplantatwahl und -entnahme</h2> <p>In Abhängigkeit von den bereits primär verwendeten Sehnen stehen folgende zur Verfügung:</p> <ul> <li>Semitendinosus- und Gracilissehne</li> <li>Patellasehne</li> <li>Quadrizepssehne</li> </ul> <p>Alternativ können Allografts verwendet werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass Allograft-Transplantate eine deutlich längere Heilungsdauer benötigen. Kunststoffbänder stellen keinen adäquaten Ersatz dar. Die Transplantat­entnahme kann grundsätzlich von demselben Knie oder vom kontralateralen Knie erfolgen.</p> <h2> </h2> <p> </p> <h2>Einzeitige versus zweizeitige Operation</h2> <p>Entscheidend ist, ob Knochentunnel aufgefüllt werden müssen oder nicht. Dies ist in erster Linie von Folgendem abhängig:</p> <ul> <li>Sind die vorbestehenden Kanäle extraanatomisch und interferieren daher nicht mit den neuen Kanälen?</li> <li>Wie weit sind die alten Kanäle bzw. haben sich zystische Aufweitungen gebildet?</li> <li>Können Kanäle wiederverwendet werden?</li> </ul> <h2>Revisionschirurgie</h2> <p>Unterschieden werden in der Revisionschirurgie:<br />1) Refixation des vorderen Kreuzbandes, Kreuzbandnaht, funktionelle Verfahren, z.B. Internal Brace <br />2) Implantatfreie PressFit-Technik oder ähnliches Verfahren <br />3) Nicht anatomische Tunnelplatzierung <br />4) Anatomische Tunnelplatzierung ohne Tunnelerweiterung<br />Diese Verfahren können üblicherweise einzeitig revidiert werden und bedürfen keiner Kanalauffüllung. Dabei wird nach Debridierung der Kreuzbandreste eine Kreuzbandersatzoperation mit autologem (STG, BTB, Quadrizeps) oder allogenem Bandersatz je nach Prämisse des Chirurgen durchgeführt. Es ist zu beachten, dass bei anatomischer Tunnellage ohne Ausweitung der Kanal nach dem Debridement weiter wird.<br />5) Halbanatomische Platzierung<br />6) Anatomische Tunnelplatzierung mit Tunnelerweiterung<br />Die Revision nach nahezu anatomischen oder halbanatomischen Voroperationen und auch bei Tunnelausweitung kann eine zweizeitige Revisionschirurgie erforderlich machen.<br />7) Revision nach Doppelbündeltechnik <br />Bei der Revision nach primärer Doppelbündelrekonstruktion kann in Abhängigkeit von der Transplantatlage und der Kanalweite einzeitig oder zweizeitig vorgegangen werden. Der Wechsel von der Zweibündeltechnik auf eine Einbündeltechnik ist möglich. Dabei kann auch einer der Doppelbündelkanäle verwendet werden.</p> <h2> </h2> <p> </p> <h2>Nachbehandlung</h2> <p>Patienten nach Revisionsoperation des vorderen Kreuzbandes wird ein etwas rigideres Nachbehandlungsschema empfohlen. Dazu zählen die Verwendung von Stützkrücken (3 Wochen) und eines Brace (6 Wochen). Die Rückkehr zum „Start stop“-Sport wird frühestens nach 12 Monaten erfolgen. Voraussetzung dafür ist eine möglichst vollständige muskuläre und koordinative Rehabilitation. Die Ergebnisse nach Revision des vorderen Kreuzbandes sind in der Literatur schlechter als nach primärer Kreuzbandrekonstruktion. Auch die Rate der Rückkehr zum Sport auf demselben Niveau wie vor der Verletzung ist niedriger als bei primärer Kreuzbandersatzoperation.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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