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Von STI über Acne vulgaris bis Haarwuchs

Neue Behandlungen in der LGBTQIA+-Gesundheitspflege

Menschen aus der LGBTQIA+-Personengruppe haben besondere Bedürfnisse in Bezug auf die Hautpflege. Dabei geht es natürlich auch um die Therapie von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) wie HIV, aber eben nicht nur. Auch das Krankheitsbild der Acne vulgaris und das Thema Haarwuchs bzw. -entfernung spielen für diese Zielgruppen eine wichtige Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit einer Hormonersatztherapie.

Angesichts von mehr als 14 Millionen Erwachsenen alleine in den USA, die sich als LGBTQIA+ identifizieren, sind die jüngsten medizinischen Fortschritte wichtiger denn je, um HIV vorzubeugen und die Gefahr von sexuell übertragbaren Krankheiten zu verringern: „LGBTIQ+-Personen haben ein höheres Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten als die Allgemeinbevölkerung, und es ist wichtig, dass diese Patienten wissen, dass es neue Behandlungsmöglichkeiten gibt, die ihre Gesundheit und Lebensqualität verbessern können“, erklärte der Dermatologe John Zampella, Professor für Dermatologie an der New York University School of Medicine (USA), auf der Jahrestagung 2024 der American Academy of Dermatology (AAD).

HIV-Infektionen

Zu den neuen Behandlungsmöglichkeiten gehört ein von der FDA zugelassenes injizierbares Medikament, das vor einer HIV-Exposition eingenommen werden kann und bis zu zwei Monate lang vor einer Ansteckung mit HIV schützt – ein potenzieller Vorteil für Patienten, die nicht gerne täglich eine Tablette einnehmen. Darüber hinaus haben die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den Vereinigten Staaten Richtlinien verabschiedet, die darauf hinweisen, dass Doxycyclin auch zur Vorbeugung von bakteriellen sexuell übertragbaren Krankheiten wie Syphilis, Chlamydien und Tripper nützlich sein kann und nach einer möglichen STI-Exposition eingenommen werden kann.Doxycyclin ist ein orales Antibiotikum, welches häufig zur Behandlung anderer dermatologischer Erkrankungen eingesetzt wird. Beide Medikamente, so Dr. Zampella, seien ein wichtiger Durchbruch, um die Ansteckung mit HIV und anderen Geschlechtskrankheiten zu minimieren.

Pilzinfektionen

Jüngste Berichte weisen auf neue Arten von Pilzinfektionen hin, wie z.B. Ringelflechte, die sich insbesondere unter homosexuellen und bisexuellen Männern (MSM) ausbreiten und sexuell übertragen werden können. Diese neuen Pilzarten sind resistent gegen einige übliche antimykotische Behandlungen, und die Patienten benötigen möglicherweise eine längere Behandlungsdauer, so Dr. Zampella. Wenn Patienten einen sich ausbreitenden Ausschlag in der Leistengegend oder am Gesäß bemerken, der nicht auf Behandlungen anspricht, sollten sie einen zertifizierten Dermatologen zur Beurteilung aufsuchen.

Acne vulgaris

Eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen, die der New Yorker Dermatologe in seiner Klinik bei seinen LGBTIQ+-Patienten feststellt, ist Acne vulgaris. „Die Behandlung von Akne bei Transgender-Personen kann schwierig sein, da die Ursache oft auf die Hormontherapie zurückzuführen ist“, so Dr. Zampella. „Bei diesen Patienten kann die Akne schwerwiegend und die Hormone können lebenslang wirksam sein, sodass diese Menschen oft die Unterstützung eines Dermatologen benötigen.“ Um die durch die Hormonersatztherapie verursachte Akne wirksam zu behandeln, empfiehlt Dr. Zampella seinen Patienten häufig Isotretinoin, ein Aknemedikament, das in schweren Fällen eingesetzt wird, um die Haut zu reinigen.

Wenn die Haare nicht so wachsen, wie sie sollen

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Betreuung von Transgender-Patienten ist die Anpassung des Aussehens an die Geschlechtsidentität. Haarwuchs und Haarentfernung sind ein häufiges Anliegen von Transgender- und Gender-Diversity-Patienten (TGD), die hormonelle Veränderungen und Nebenwirkungen von Medikamenten durchlaufen. Um TGD-Personen dabei zu helfen, ihre Geschlechtsidentität mit ihrem Geschlechtsausdruck in Einklang zu bringen, steht Dermatologen eine Reihe von geschlechtsangleichendenHaarentfernungsverfahren (GAHR) zur Verfügung, darunter Elektrolyse und Laserhaarentfernung. Die Haarentfernung kann auch ein wesentlicher Schritt im Prozess der Geschlechtsumwandlung sein.

„Haarwuchs ist bei Transgender-Männern oft eine wichtige persönliche Zielsetzung und kann eine echte Herausforderung darstellen“, so der in New York tätige Dermatologe.„Es gibt zwar zahlreiche Behandlungen gegen Haarausfall, aber Dermatologen stellen fest, dass Therapien wie orales Minoxidil, ein gängiges Blutdruckmedikament, das Haarwachstum verbessern können.“ Und er fügte hinzu: „Auch bei vielen Transgender-Frauen passt die Behaarung im Gesicht nicht zu ihrer Geschlechtsidentität, sodass häufig eine Haarreduzierung per Laser angestrebt wird.“ In einem solchen Fall können Laser eingesetzt werden, um unerwünschte Gesichts- und Körperbehaarung sicher und effektiv zu entfernen, wobei die Ergebnisse nach sechs oder mehr Sitzungen sichtbar sind.

Aufmerksam sein und aktiv zuhören

„Wie bei jeder Patientengruppe trägt die Fähigkeit, Patienten auf verständnisvolle und kulturell kompetente Weise anzusprechen, dazu bei, die Qualität der Behandlung zu verbessern“, bringt es Dr. Zampella auf den Punkt.

Wo stehen wir aktuell in Österreich?

Der LGBTIQ+-Gesundheitsbericht des Sozial- und Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 2022 macht deutlich, dass LGBTIQ+-Personen signifikant häufiger über einen schlechten Gesundheitszustand sowie psychische Gesundheitsprobleme berichten als die Allgemeinbevölkerung.1 Im Anschluss an die Ergebnisse veröffentlichte das Ministerium zwei Broschüren zur Unterstützung von LGBTIQ+-Personen, insbesondere intergeschlechtlichen Menschen und Beschäftigten im Gesundheitswesen, die über den Broschürenservice des Gesundheitsministeriums kostenfrei bezogen werden können („Coming out“; „Geschlechtersensibel werden“).

https://www.sozialministerium.at/Services/Leichter-Lesen/Services/Broschueren-Service.html

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Im April 2023 wurde z.B. auf Antragder FPÖ ein Vorschlag vonseiten des Gesundheitsminsteriums Österreich auf Zulassung von Pubertätsblockern für Trans-Minderjährige abgelehnt.2

LGBTQIA+: Was steckt hinter dieser Formulierung?

LGBTQIA+ ist die Abkürzung für die englische Formulierung „lesbian, gay, bisexual, transgender, queer, intersexual and asexual“. Das Plus am Ende symbolisiert, dass es noch andere sexuelle Orientierungen gibt. Dadurch sollen alle sexuellen Identitäten miteingeschlossen werden. Im Deutschen wird manchmal auch die Abkürzung „LSBTTIQ“ verwendet, die für „lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, transsexuell, intersexuell und queer“ steht. LGBT* und LGBTIQ* sind die meistverwendeten Zeichenfolgen und die favorisierten Bezeichnungen der Community. Die Bezeichnung LGBTIQ* kann nicht nur Aufschluss über die sexuelle Orientierung, sondern ebenfalls über die Geschlechtsidentität einer Person geben.3

Pressemitteilung anlässlich des Jahreskongresses der American Academy of Dermatology, (AAD) 2024: „New treatments for HIV and other STIs provide hope for better quality of life“, März 2024, San Diego (USA)

1 LGBTIQ+ Gesundheitsbericht 2022. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. 2022 2 Annual review 2024 of the human right situation of lesbian, gay, bisexual, trans and intersex people in europe an central Asia. Februar 2024: https://www.ilga-europe.org/sites/default/files/2024/full_annual_review.pdf (letzter Zugriff: 19. März 2024) 3 LGBTQIA+ – Statistiken und Daten, Statista Research Department: https://de.statista.com/themen/4641/lgbt/#topicOverview (letzter Zugriff: 19. März 2024)

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