
Triggermanagement statt Triggervermeidung
Als Triggermanagement bezeichnet man einen verhaltenstherapeutischen Therapieansatz zur Migränebehandlung. Dr. Timo Klan, Psychologisches Institut, Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, zeigt in seinem Vortrag die Einsatzmöglichkeiten und Grenzen des Triggermanagements auf.
Laut einer Metaanalyse zu Kopfschmerztriggern bei Migräne und Spannungskopfschmerzen, in der 85 Studien mit insgesamt 27122 Patienten ausgewertet wurden, sind die häufigsten Auslöser Stress, Faktoren, die mit Schlaf assoziiert sind, sowie emotionale Faktoren.1 Interessant ist die große Schwankungsbreite der einzelnen Faktoren zwischen den Studien, die darauf hinweist, dass es eine große Variabilität bei den Auslösepotenzialen gibt.
Das von Prof. Paul R. Martin postulierte Triggervermeidungs-Modell revidierte er 2010 selbst und formulierte stattdessen Triggermanagement als Weg der Wahl im Umgang mit Kopfschmerzen.2 Die Triggervermeidung bringt in Martins Augen folgende Probleme mit sich:
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Reizsensibilisierung und -generalisierung (Gewöhnungseffekte)
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Triggervermeidung ist nicht immer möglich.
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Die Angst, Kopfschmerzen zu bekommen, kann als Stress erlebt und zum eigentlichen Trigger werden.
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Reduktion der Lebensqualität
Triggermanagement
Das Triggermanagement bei Migräne umfasst drei grundlegende Schritte
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Triggeranalyse – welche individuellen Trigger hat der Patient?
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Auswahl der Strategie auf Basis des EASE-Approachs3
Experiment (z.B. Nahrungsmittel)
Avoid (v.a. Gesundheitsschädliches)
Stress Management
Exposure (steigert die Belastbarkeit) Umsetzung, Bewertung, nachjustieren
Klan et al. haben aufbauend auf den Prinzipien des Triggermanagements ein 7-Module-Programm zum verhaltenstherapeutischen Management der Migräne entwickelt: MIMA (siehe Buchtipp rechts).
Folgende Module werden mit den Patienten erarbeitet:
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Psychoedukation
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migränespezifische Basismaßnahmen
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Umgang mit Attackenangst
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Bewältigung der Migräneattacke
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Triggermanagement
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Stressbewältigung
Abschluss
Jede Gruppentherapiesitzung dauert 90 Minuten und enthält eine Einheit mit Entspannungsübungen.
Migränestudie Mainz
Die randomisiert-kontrollierte Studie an der Universität Mainz verglich MIMA mit anderen Therapieoptionen. Sie bestand aus drei Armen:
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MIMA – Migränemanagement
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RLX – Entspannungstraining
WLC – Wartekontrollgruppe
Eingeschlossen wurden Erwachsene mit episodischer oder chronischer Migräne, die keine medikamentöse Prophylaxe oder andere psychotherapeutische Interventionen parallel bekamen. Erste Ergebnisse zeigten, dass sowohl MIMA als auch RLX (Psychoedukation und Muskelentspannung nach Jacobson) sich reduzierend auf die Zahl der Kopfschmerztage auswirkten. Die Anzahl konnte bei circa 40% der Patienten durchschnittlich um 2 Tage pro Monat reduziert werden. Weiters führten beide Interventionen zu einer signifikanten Reduktion der Beeinträchtigung sowie zur Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartung. Die Analyse von Subgruppen wies darauf hin, dass bei Kopfschmerzpatienten mit einer starken Triggervermeidung MIMA wirksamer war als RLX.
Fazit für die Praxis
Kopfschmerzpatienten sollten über nicht medikamentöse Therapieoptionen informiert werden, und es sollten ihnen zusätzliche Optionen angeboten werden. Eine initiale Psychoedukation in Verbindung mit progressiver Muskelentspannung ist effektiv, bei stärker belasteten Patienten und Patienten mit starker Triggervermeidung braucht es eventuell gezieltere Intervention (Triggermanagement, Bewältigung der Attackenangst etc.).
Bericht:
Dr. Gabriele Senti
Quelle:
Dreiländertagung Kopfschmerz, 27.–29. Februar 2020, Wien
Literatur:
1 Pellegrino A et al.: Cephalalgia 2018; 38(6): 1188-98 2 Martin PR: Cephalalgia 2010; 30(5): 434-7 3 Martin PR, Timmings YH: doi.org/10.1111/ap.12177
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