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ESOC 2018

Schlaganfall: neueste Studienerkenntnisse zu Prävention, Behandlung und Reha

<p class="article-intro">Die 4. European Stroke Organisation Conference (ESOC) demonstrierte ihren beachtlichen Umfang mit Präsentationen der neuesten Ergebnisse aus führenden Studien in den Bereichen Schlaganfallprävention, Akutbehandlung und Rehabilitation. Etwa 4500 Kardiologen, Neurologen und andere Experten in der Behandlung und Pflege von Schlaganfallpatienten aus 90 Ländern besuchten die verschiedenen Präsentationsformate und Netzwerkaktivitäten. Einige Höhepunkte des Treffens in Göteborg sind in diesem Bericht zusammengefasst.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Wichtige Erkenntnisse aus gro&szlig;en Kollaborationen</h2> <p>TIARegistry.com, ein Forscher-Register mit Daten von 42 Zentren aus 21 L&auml;ndern (n=3847 Patienten), untersuchte die Kurz- (1 Jahr) und Langzeitergebnisse (5 Jahre) bei Patienten mit transitorischer isch&auml;mischer Attacke (TIA) oder einem geringf&uuml;gigen isch&auml;mischen Schlaganfall, um die Risikobewertung nach TIA oder leichterem Schlaganfall zu pr&auml;zisieren. Der prim&auml;re Endpunkt war eine Kombination aus Schlaganfall, Myokardinfarkt oder vaskul&auml;rem Tod. Die Ergebnisse zeigten, dass das 5-Jahres-Risiko nach einer TIA oder einem geringf&uuml;gigen isch&auml;mischen Schlaganfall bei gro&szlig;en kardiovaskul&auml;ren Ereignissen (12,9 % ) und bei wiederkehrenden Schlaganf&auml;llen (9,5 % ) hoch bleibt.<sup>1</sup> Die H&auml;lfte der Ereignisse ereignete sich zwischen dem ersten und dem f&uuml;nften Jahr.<br /><br /> Zwei gro&szlig;e Kollaborationen, AURORA und The Stroke Thrombolyse Trialists&rsquo; Collaboration, bewerteten, welche Patienten am meisten von einer akuten Schlaganfallbehandlung profitieren k&ouml;nnten.<br /><br /> F&uuml;r AURORA wurden 458 Patienten in diese vordefinierte Metaanalyse auf Patientenebene der Studien DAWN, DEFUSE 3, ESCAPE, POSITIVE und REVASCAT eingeschlossen. Ziel war die Verbesserung der Genauigkeit der Sch&auml;tzung der positiven Wirkung der Thrombektomie nach 6 Stunden f&uuml;r akute isch&auml;mische Schlaganf&auml;lle in Verbindung mit gro&szlig;em Gef&auml;&szlig;verschluss und die Identifizierung jener Untergruppen, die am wahrscheinlichsten von dieser Methode profitieren. Im Durchschnitt wurde die Reperfusion nach ungef&auml;hr 12 Stunden durchgef&uuml;hrt.<sup>2</sup> Es wurde eine signifikante Verbesserung des funktionellen Outcomes beobachtet, wobei es der Behandlung von 2,5 Patienten bedurfte, um das funktionelle Outcome nach 90 Tagen zu verbessern. 46,7 % der behandelten Patienten versus 16,7 % erreichten ein gutes funktionelles Ergebnis, trotz eines nicht signifikanten Anstiegs der symptomatischen Blutungen (OR 1,75; p=0,26). Sowohl in der Gesamtanalyse von AURORA2 als auch in einer gesonderten Pr&auml;sentation von Prof. Albers aus der DEFUSE- 3-Studie3 zeigte sich ein gr&ouml;&szlig;erer offensichtlicher Nutzen bei Patienten mit anhaltender Inkongruenz bei der Bildgebung trotz einer l&auml;ngeren Zeit seit Beginn des Schlaganfalls.<br /><br /> Die Stroke Thrombolysis Trialists&rsquo; Collaboration ist eine individuelle Patienten- Metaanalyse von vordefinierten Untergruppen, die randomisiert zu Alteplase im Vergleich zu Placebo sind. Bei 6756 Patienten in neun randomisierten kontrollierten Thrombolysetests bei akutem Schlaganfall zeigte sich kein signifikanter Unterschied im Nutzen der Thrombolyse gem&auml;&szlig; der vordefinierten Untergruppe des Patienten, einschlie&szlig;lich Alter, Geschlecht, Blutdruck, Diabetes, Vorhofflimmern, Schlaganfallgeschichte, Einnahme von Aspirin, und eine hohe Wahrscheinlichkeit eines schlechten Ergebnisses.<sup>4</sup> Daher sind alle Patienten gleicherma&szlig;en f&uuml;r eine Behandlung mit Thrombolyse geeignet.</p> <h2>Schlaganfallversorgung und Rehabilitation</h2> <p>Megastroke, eine gro&szlig;e internationale Kollaboration von Experten f&uuml;r Schlaganfallgenetik, bewertete DNA-Proben von mehr als einer halben Million europ&auml;ischer, nord- und s&uuml;damerikanischer, asiatischer, afrikanischer und australischer Teilnehmer, von denen 67 000 einen Schlaganfall erlitten hatten. Die Studie identifizierte 22 neue genetische Risikofaktoren f&uuml;r einen Schlaganfall, wobei die Gesamtzahl der Loci 32 betrug.<sup>5</sup> Die Ergebnisse zeigen eine gemeinsame genetische Variation mit etablierten vaskul&auml;ren Risikofaktoren wie Blutdruck, Koronararterienerkrankung und Vorhofflimmern sowie spezifische Assoziationen mit bekannten Schlaganfall-Subtypen.<br /><br /> SETIN-Hypertension ist eine Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit von therapeutisch induzierter Hypertonie bei Patienten mit akutem nicht kardioembolischem isch&auml;mischem Schlaganfall. In die Studie aufgenommen waren 163 Patienten von acht Standorten in S&uuml;dkorea, um eine standardisierte medizinische Behandlung oder eine induzierte Hypertonie zu erhalten. Die Studie zeigte, dass eine therapeutisch induzierte Hypertonie bei Patienten, die nicht f&uuml;r eine intraven&ouml;se Thrombolyse infrage kommen, durchf&uuml;hrbar und gut vertr&auml;glich war.<sup>6</sup> Die Behandlung mit intraven&ouml;sem Phenylephrin war mit einer fr&uuml;hen neurologischen Verbesserung und einer verbesserten funktionellen Unabh&auml;ngigkeit nach 3 Monaten verbunden, wobei dies bei 8 Patienten, die eine Behandlung ben&ouml;tigten, zu einer signifikanten Verbesserung f&uuml;hrte. Diese Ergebnisse rechtfertigen eine weitere Validierung in einer gro&szlig;en randomisierten kontrollierten Phase-III-Studie.</p> <h2>Neue Akutbehandlungsm&ouml;glichkeiten</h2> <p>POINT: Diese Phase-III-Studie an Patienten, die in den vorangegangenen zw&ouml;lf Stunden einen geringf&uuml;gigen isch&auml;mischen Schlaganfall oder transiente isch&auml;mischen Attacken (TIA) mit hohem Risiko erfahren hatten, untersuchte, ob eine Kombination von Aspirin und Clopidogrel die Rate der gro&szlig;en isch&auml;mischen Ereignisse im Vergleich zu Aspirin reduzieren k&ouml;nnte. Das Daten&uuml;berwachungsgremium der Studie stoppte die Randomisierung, nachdem 4890 Patienten von geplanten 5840 rekrutiert worden waren. POINT zeigte, dass eine Clopidogrel-Aspirin-Kombination im Vergleich zu Aspirin w&auml;hrend einer 90-t&auml;gigen Behandlung den prim&auml;ren Endpunkt (Risiko eines isch&auml;mischen Schlaganfalls, Myokardinfarkts und isch&auml;mischen vaskul&auml;ren Todes) bei 15 Patienten von 1000 behandelten Patienten verhinderte, auf Kosten von 5 weiteren Patienten, die schwere Blutungen erlitten. <sup>7</sup> Der gr&ouml;&szlig;te Nutzen der Behandlung wurde in den ersten 30 Tagen gesehen.<br /><br /> Die Phase-III-Studie WAKE-UP (503 Patienten mit akutem Schlaganfall mit unbekanntem Symptombeginn) untersuchte, ob eine erweiterte Bildgebung verwendet werden kann, um die Anzahl jener Patienten zu erh&ouml;hen, welchen Gerinnselaufl&ouml;sende Medikamente verabreicht werden, und zwar um die Zahl jener Patienten, die beim Erwachen einen Schlaganfall erleiden. WAKE-UP zeigte, dass bei Patienten mit unbekanntem Symptombeginn und einem MRI-Muster, das ein DWIFLAIR- Mismatch zeigte, ein fr&uuml;herer Zeitpunkt des Auftretens wahrscheinlich war. Die Behandlung mit Alteplase f&uuml;hrte zu einem besseren funktionellen Ergebnis nach 90 Tagen bei zus&auml;tzlichen 11 % der behandelten Patienten im Vergleich zu Placebo, trotz eines erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r intrazerebrale Blutungen.<sup>8</sup> Die Effektgr&ouml;&szlig;e der MRT-gesteuerten Thrombolyse bei unbekanntem Symptombeginn war vergleichbar mit der Wirksamkeit der Thrombolyse &lt;4,5 Stunden. Es bestand jedoch ein Trend zu einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r einen fr&uuml;hen Tod. Den Autoren zufolge stellen diese Daten einen Paradigmenwechsel bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten mit einem unbekannten Zeitpunkt des Symptombeginns dar. Dies ist die erste positive Studie zur intraven&ouml;sen Thrombolyse, die auf der Patientenselektion durch fortgeschrittene Bildgebung des Gehirns basiert, ohne dass Informationen &uuml;ber die Zeit des Symptombeginns vorliegen.<br /><br /> DATAS ist eine multizentrische randomisierte, offene, verblindete Studie mit 300 Teilnehmern mit nicht kardioembolischer transitorischer isch&auml;mischer Attacke/ isch&auml;mischem Schlaganfall (NIHSSScore &lt;9) und diffusionsgewichteten MRT-Volumina &lt;25ml. Diese Phase-II-Sicherheitsstudie untersucht die fr&uuml;he Antikoagulation mit Dabigatran bei Patienten mit akutem transitorischem isch&auml;mischem Schlaganfall als Mittel zur Verringerung von rezidivierenden fr&uuml;hen isch&auml;mischen Ereignissen und beurteilt, ob weitere Untersuchungen gerechtfertigt sind. Die Teilnehmer wurden innerhalb von 72 Stunden nach Symptombeginn randomisiert zu Aspirin 81mg einmal t&auml;glich oder Dabigatran 150/110mg zweimal t&auml;glich f&uuml;r 30 Tage. Es gab keine symptomatischen intrazerebralen Blutungen in beiden Gruppen und keinen signifikanten Unterschied in der Rate der asymptomatischen Blutungen bei einer wiederholten MRT-Untersuchung am Tag 30.<sup>9</sup> Dies deutet auf ein &auml;hnliches Sicherheitsprofil von Dabigatran und Aspirin beim akuten isch&auml;mischen Schlaganfall hin. (red)</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 4<sup>th</sup> European Stroke Organisation Conference, 16.–18. Mai 2018, Göteborg </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Amarenco P et al.: ESOC 2018; Abstract AS03-004 <strong>2</strong> Jovin T et al.: ESOC 2018; Abstract AS02-037 <strong>3</strong> Albers GW et al.: ESOC 2018; Abstract AS02-026 <strong>4</strong> Lees KR et al.: ESOC 2018; Abstract AS02-011 <strong>5</strong> Dichgans M et al.: ESOC 2018; Abstract AS29-015 <strong>6</strong> Chung JW et al.: ESOC 2018; Abstract AS01-009 <strong>7</strong> Johnston SC et al.: ESOC 2018; Abstract AS03-012 <strong>8</strong> Thomalla G et al.: ESOC 2018; Abstract AS02- 009 <strong>9</strong> Buck B et al.: ESOC 2018; AS01-017</p> </div> </p>
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