© Ilya - stock.adobe.com

Hirnstruktur und Kognition

Funktionelle Hirnnetzwerke nach einem Schlaganfall

Aktuelle Untersuchungen funktioneller Konnektivität definieren die Beziehung zwischen Hirnstruktur und kognitiven Funktionen neu. Es zeigt sich, dass fokale Hirnläsionen weitgehende Auswirkungen auf entfernte Hirngebiete haben, welche Teil intra- oder interhemisphärischer Netzwerke sind.

Trotz jahrzehntelanger Forschung ist der Zusammenhang zwischen Hirnanatomie und kognitiver Funktion nach wie vor schwer charakterisierbar, zumal er sich je nach Hirnareal und untersuchter Funktion zu unterscheiden scheint. Ergebnisse funktioneller Bildgebung (zumeist mit Magnetresonanztomografie, MRT) und moderner Läsionsmethoden haben uns allmählich von der Vorstellung eines starren, linearen Zusammenhangs zwischen Struktur und Funktion weggeführt. Eine starre Beziehung würde bestehen, wenn eine Hirnfunktion einem (und nur diesem) Hirnareal zugeordnet werden könnte (es handelt sich hierbei um eine sogenannte Eins-zu-eins-Beziehung). Auch klassische Hirnareale wie das Broca-Areal oder das sogenannte «Gesichtsareal» im rechten fusiformen Gyrus spielen viel komplexere Rollen als ursprünglich gedacht. So ist Ersteres nicht nur für Phonologie, Syntax und generell expressive Sprache zuständig, sondern auch für Handlungsplanung und -verständnis. Letzteres wiederum wird nicht nur durch Gesichter aktiviert, sondern auch durch andere visuelle Kategorien. Wie sich immer wieder herausstellt, entspricht eine «Viele zu viele»-Beziehung der Funktionsweise des Gehirns am besten: Mehrere Hirnareale sind am Entstehen mehrerer kognitiver Funktionen beteiligt. Deshalb versucht moderne Hirnforschung die Funktionsweise von Netzwerken zu untersuchen, anstatt sich auf einzelne, isolierte Hirnareale zu konzentrieren. Neben dem Prinzip der verteilten Verarbeitung von Information gibt es dabei ein zweites wichtiges Prinzip zu beachten. Funktionelle Netzwerke bestehen aus Gebieten (auch Knoten genannt), die eine mehr oder weniger zentrale Rolle spielen. Sogenannte «Hubs» zeichnen sich durch die Bündelung sehr vieler bilateraler Verbindungen aus. Zudem kommunizieren sie bevorzugt mit Hubs, die oft entfernt sind und anderen Netzwerken angehören. Hubs sind eher wenig spezialisiert und werden durch sehr unterschiedliche kognitive (oder sogar motorische und sensorische) Aufgaben aktiviert, was eher auf eine supramodale Kontrollfunktion hinweist. Kognitive Funktionen können deshalb nicht einzelnen Regionen zugeordnet werden, sondern entstehen durch die jeweilige Konfiguration oder das dynamische Zusammenspiel zwischen Hubs und anderen Knotenpunkten. Aus dieser Perspektive kann auf ein Gehirn geschlossen werden, das sehr dynamisch und anpassungsfähig ist, was im Gegensatz zum etwas statischen Bild von Hirnfunktionen steht, das uns Läsionsmethoden übermitteln.

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.


Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:

Login

Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)

Registrieren

Back to top